Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 29. August 2024 (Az. V R 19/22) zur Frage der Korrektur von Umsatzsteuerfestsetzungen Stellung genommen, wenn ein Unternehmer seine Umsätze nicht im Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung, sondern erst im Voranmeldungszeitraum der Entgeltvereinnahmung versteuert hat.
Hintergrund: Versteuerungszeitpunkt bei Umsätzen
Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 und 4 Umsatzsteuergesetz (UStG) ist die Umsatzsteuer für eine Leistung grundsätzlich im Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung zu versteuern, unabhängig davon, wann das Entgelt vereinnahmt wird. Diese Regelung gilt insbesondere für Unternehmen, die ihre Umsätze nach der Soll-Versteuerung ermitteln.
Fehlerhaftigkeiten können auftreten, wenn die Versteuerung erst im Zeitraum der Entgeltvereinnahmung erfolgt, obwohl die Leistung bereits in einem früheren Zeitraum erbracht wurde.
Kernaussagen des BFH-Urteils
- Fehlerhafte Versteuerung korrigierbar:
Unternehmer, die ihre Umsätze fälschlicherweise erst im Voranmeldungszeitraum der Entgeltvereinnahmung versteuert haben, können die Rechtswidrigkeit der Steuerfestsetzung für diesen Zeitraum geltend machen. - Keine Analogie zu § 20 Satz 3 UStG:
Die Möglichkeit zur Korrektur wird nicht durch eine Analogie zu § 20 Satz 3 UStG (Regelung für die Ist-Versteuerung) eingeschränkt, selbst wenn für den Zeitraum der Leistungserbringung bereits die Festsetzungsverjährung eingetreten ist. - Festsetzungsverjährung der Leistungserbringung unerheblich:
Das Urteil betont, dass die Korrektur unabhängig davon möglich ist, ob der Besteuerungszeitraum der ursprünglichen Leistungserbringung bereits verjährt ist. Es zählt allein die Rechtswidrigkeit der Steuerfestsetzung für den Zeitraum der Entgeltvereinnahmung.
Praktische Bedeutung
- Korrekturmöglichkeit bei Fehlern:
Unternehmer, die Umsätze versehentlich nicht im richtigen Zeitraum versteuert haben, können auch nachträglich eine Anpassung der Steuerfestsetzung beantragen, um Doppelbesteuerung oder unzutreffende Steuerfestsetzungen zu vermeiden. - Vermeidung von Analogieproblemen:
Das Urteil schafft Klarheit, dass die Regeln des § 20 Satz 3 UStG für die Ist-Versteuerung nicht auf Soll-Versteuerungsfälle übertragen werden können. - Rechtsicherheit trotz Verjährung:
Selbst wenn der Besteuerungszeitraum der Leistungserbringung nicht mehr änderbar ist, bleibt die Möglichkeit bestehen, eine Korrektur für den späteren Zeitraum der Entgeltvereinnahmung vorzunehmen.
Fazit
Das Urteil bietet Unternehmen eine klare Grundlage, um fehlerhafte Umsatzsteuerfestsetzungen zu korrigieren, wenn Umsätze versehentlich im falschen Zeitraum versteuert wurden. Besonders relevant ist dies in Fällen, in denen die Festsetzungsverjährung für den ursprünglichen Leistungszeitraum bereits eingetreten ist. Unternehmer sollten dennoch ihre Versteuerungszeiträume regelmäßig prüfen, um Fehler zu vermeiden. Eine steuerliche Beratung ist hierbei oft sinnvoll.