BFH: Steuerbare Leistungserbringung durch Gesellschafter nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 10 Abs. 5 UStG

Leitsatz

  1. Verpflichtet sich der Gesellschafter einer Personengesellschaft, für diese ein speziell für deren Zwecke geeignetes Gebäude zu errichten, wobei er die Baukosten hierfür nur bis zu einer bestimmten Höhe zu tragen hat, während die Gesellschaft zur Übernahme der Mehrkosten verpflichtet ist, kann trotz vereinbarter Unentgeltlichkeit der späteren Nutzungsüberlassung eine ‑ dieser vorgeschaltete ‑ entgeltliche sonstige Leistung („Bebauungsleistung“) des Gesellschafters vorliegen.
  2. Zur Auslegung von § 10 Abs. 5 UStG in der Fassung von Art. 7 Nr. 2 Buchst. a und b i. V. m. Art. 28 Abs. 1 des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften.

Quelle: Bundesfinanzhof

Hintergrund

Der BFH hat mit dem Urteil vom 12. Oktober 2023 entschieden, dass ein Gesellschafter einer Personengesellschaft eine entgeltliche sonstige Leistung erbringen kann, wenn er sich verpflichtet, für die Gesellschaft ein Gebäude zu errichten. Dies gilt auch dann, wenn die Gesellschaft sich verpflichtet, die Mehrkosten für das Gebäude zu tragen.

Entscheidung

Der BFH hat die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf aufgehoben, das die entgeltliche Leistungserbringung des Gesellschafters verneint hatte. Das FG hatte argumentiert, dass die Vereinbarung der Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung des Gebäudes durch den Gesellschafter der Gesellschaft den Schluss auf eine entgeltliche Leistungserbringung des Gesellschafters ausschließe.

Der BFH hat diese Argumentation des FG nicht gefolgt. Er hat ausgeführt, dass die Vereinbarung der Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung lediglich die rechtliche Beziehung zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft regelt. Die entgeltliche Leistungserbringung des Gesellschafters ergibt sich hingegen aus der tatsächlichen Durchführung der Leistung, nämlich dem Errichten des Gebäudes für die Gesellschaft.

Für die entgeltliche Leistungserbringung des Gesellschafters ist es nach Auffassung des BFH nicht erforderlich, dass der Gesellschafter die gesamten Baukosten selbst trägt. Es genügt, dass der Gesellschafter die Kosten bis zu einer bestimmten Höhe trägt, während die Gesellschaft die Mehrkosten übernimmt.

Auswirkungen

Die Entscheidung des BFH hat weitreichende Auswirkungen für die Umsatzbesteuerung von Personengesellschaften. Sie stellt klar, dass ein Gesellschafter einer Personengesellschaft eine entgeltliche sonstige Leistung erbringen kann, wenn er sich verpflichtet, für die Gesellschaft ein Gebäude zu errichten. Dies gilt auch dann, wenn die Gesellschaft sich verpflichtet, die Mehrkosten für das Gebäude zu tragen.

Die Entscheidung des BFH ist auch für andere Leistungen von Gesellschaftern an ihre Gesellschaft relevant. So kann z. B. ein Gesellschafter, der sich verpflichtet, für die Gesellschaft eine Maschine zu beschaffen, ebenfalls eine entgeltliche sonstige Leistung erbringen, auch wenn die Gesellschaft sich verpflichtet, die Mehrkosten für die Maschine zu tragen.

Praxishinweise

Gesellschafter einer Personengesellschaft sollten sich vor der Erbringung von Leistungen für ihre Gesellschaft bewusst sein, dass diese Leistungen unter Umständen umsatzsteuerpflichtig sein können. Um die Umsatzsteuerpflicht zu vermeiden, sollte die Vereinbarung einer entgeltlichen Gegenleistung für die Leistung erfolgen.