Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 22. April 2025 (Az. VIII B 88/24) die Nichtzulassung der Revision gegen ein Urteil des Sächsischen Finanzgerichts bestätigt. Im Zentrum stand die Frage, ob ein Kfz-Meister, der als Sachverständiger tätig ist, eine freiberufliche oder eine gewerbliche Tätigkeit ausübt.
Das Urteil hat praktische Bedeutung für viele selbstständige Handwerksmeister, die neben oder nach ihrer Tätigkeit im Handwerk gutachterlich oder beratend tätig werden – etwa als Kfz-Sachverständige.
Der Streitfall: Freiberufler oder Gewerbetreibender?
Ein Kfz-Meister war als Kfz-Sachverständiger tätig und wollte seine Einkünfte als freiberuflich i. S. v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG behandeln – mit dem Vorteil, keine Gewerbesteuer zahlen zu müssen.
Zur Begründung verwies er auf die Gleichstellung des Meistertitels mit einem Bachelorabschluss nach dem Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) bzw. dem Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR).
Die Entscheidung des BFH: Kein Automatismus durch DQR oder EQR
Der BFH wies die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurück. Die Begründung:
- Gleichstellung im Qualifikationsrahmen genügt nicht:
Der DQR/EQR stuft zwar Meisterabschlüsse als gleichwertig zu einem Bachelor ein – nicht aber als gleichartig in Inhalt, Tiefe und Breite eines Ingenieurstudiums. Das ist jedoch Voraussetzung für die Einordnung als „ingenieurähnlicher Beruf“ i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. - Abgrenzung bleibt Einzelfallprüfung:
Ob eine Tätigkeit einem Katalogberuf ähnlich ist, hängt immer vom konkreten Ausbildungs- und Tätigkeitsprofil ab – pauschale Gleichwertigkeiten reichen nicht. - Selbststudium und Praxiserfahrung möglich – aber zu belegen:
Wer kein Ingenieurstudium absolviert hat, kann die erforderlichen Kenntnisse auch durch Selbststudium oder berufliche Praxis erwerben. Entscheidend ist aber der nachweisbare Umfang ingenieurmäßiger Arbeit – z. B. durch eigene Projekte, technische Gutachten oder methodische Arbeitsweise.
Was bedeutet das für Kfz-Sachverständige mit Meisterbrief?
🔍 Freiberuflichkeit ist nicht ausgeschlossen, aber sie ist nicht selbstverständlich. Die steuerliche Anerkennung setzt voraus:
- Eine tätigkeitsbezogene Vergleichbarkeit mit einem Ingenieur (nicht nur formale Gleichwertigkeit),
- Eine Tätigkeit, die über routinemäßige Gutachtenerstellung hinausgeht,
- Nachweise über breit angelegte technische Analysen, Entwicklungen oder Planungen.
Praxistipp: Klare Dokumentation und steuerliche Prüfung
Wer als Kfz-Sachverständiger (oder in ähnlicher Funktion) tätig ist und keine Gewerbesteuer zahlen möchte, sollte:
✅ Sein Tätigkeitsbild detailliert beschreiben,
✅ Nachweise für die ingenieurmäßige Arbeitsweise (z. B. komplexe Gutachten, Methodenberichte) bereithalten,
✅ Fortbildungen, berufliche Praxis und ggf. technische Eigenentwicklungen dokumentieren.
Fazit: Freiberuf oder Gewerbe? – Es kommt auf den Inhalt an
Die Tätigkeit als Kfz-Sachverständiger kann unter bestimmten Voraussetzungen freiberuflich sein. Ein Meistertitel allein genügt dafür jedoch nicht. Die Einordnung bleibt eine Einzelfallentscheidung, die gut vorbereitet und steuerlich begleitet werden sollte.
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Quelle:
BFH, Beschluss vom 22.04.2025 – VIII B 88/24
👉 Volltext über die Entscheidungsdatenbank des BFH oder im Bundessteuerblatt (BStBl I) verfügbar.