BFH, Pressemitteilung Nr. 33/24 vom 22.08.2024 zum Urteil I R 1/20 vom 13.03.2024
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 13.03.2024 (I R 1/20) entschieden, dass die Besteuerung ausländischer Investmentfonds nach dem Investmentsteuergesetz 2004 (InvStG 2004) unionsrechtswidrig ist, wenn sie zu einer ungleichen Behandlung im Vergleich zu inländischen Fonds führt.
Hintergrund:
Ein ausländischer Investmentfonds, der Dividenden von inländischen Aktiengesellschaften erhielt und darauf Kapitalertragsteuer entrichten musste, hat nach Unionsrecht grundsätzlich Anspruch auf Erstattung dieser Steuer. Der BFH hat festgestellt, dass die Besteuerungspraxis gemäß InvStG 2004 in der damaligen Form gegen die unionsrechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, wenn ausländische Fonds schlechter gestellt werden als inländische.
Der Streitfall:
Im konkreten Fall hatte ein französischer Investmentfonds über mehrere Jahre hinweg Dividenden von deutschen Aktiengesellschaften bezogen. Auf diese Dividenden war Kapitalertragsteuer erhoben und abgeführt worden. Der Fonds beantragte später die Erstattung dieser Steuern und berief sich dabei auf die steuerliche Gleichstellung mit inländischen Fonds, die keine Kapitalertragsteuer zahlen müssen. Das Finanzgericht lehnte den Antrag ab, jedoch gab der BFH dem Fonds Recht.
Entscheidung des BFH:
Der BFH stellte klar, dass ausländische Fonds nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Anspruch auf dieselben Steuervergünstigungen haben, die inländischen Fonds zustehen. Da inländische Fonds im Ergebnis keine Steuer auf ihre Dividenden entrichten müssen, darf ausländischen Fonds diese steuerliche Vergünstigung nicht vorenthalten werden. Dies würde die im Unionsrecht verankerte Kapitalverkehrsfreiheit verletzen.
Die Tatsache, dass in Deutschland die Besteuerung letztlich bei den Anlegern inländischer Fonds nachgeholt wird, während dies im Ausland möglicherweise nicht der Fall ist, sei unerheblich. Daher muss die auf die Dividenden eines ausländischen Fonds erhobene Kapitalertragsteuer an diesen Fonds zurückerstattet werden. Darüber hinaus ist der Erstattungsanspruch grundsätzlich mit 6 % p.a. zu verzinsen.
Reform des InvStG:
Seit dem 01.01.2018 wurde das Investmentsteuergesetz reformiert, wodurch sowohl inländische als auch ausländische Fonds nun einheitlich mit Ertragsteuer belastet werden.
Dieses Urteil hat erhebliche finanzielle Auswirkungen, da zahlreiche ausländische Fonds vergleichbare Erstattungsansprüche geltend gemacht haben, die nach Schätzungen des Bundesrechnungshofs ein Milliardenvolumen erreichen könnten.
Weitere Informationen und der Volltext des Urteils sind unter der LEXinform-Dokumentnummer 0952866 abrufbar.
Quelle: Bundesfinanzhof