BFH: Unterkunftskosten bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland

Mit dem Urteil vom 09. August 2023, VI R 20/21, hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland im Einzelfall zu prüfen ist, welche Unterkunftskosten notwendig sind.

In dem zugrunde liegenden Fall war ein deutscher Staatsangehöriger als Botschafter in einem ausländischen Staat tätig. Er unterhielt in seinem Heimatort eine Wohnung, die er an seine Ehefrau vermietete. In dem ausländischen Staat war ihm eine Dienstwohnung zugewiesen.

Das Finanzamt (FA) hatte die Unterkunftskosten des Klägers im Rahmen der doppelten Haushaltsführung lediglich anteilig bezogen auf eine Wohnfläche von 60 qm anerkannt. Das FA ging davon aus, dass die Kosten für eine größere Wohnfläche nicht notwendig seien.

Der Kläger erhob dagegen Einspruch gegen den Steuerbescheid. Er vertrat die Auffassung, dass die Unterkunftskosten für die gesamte Wohnfläche der Dienstwohnung als Werbungskosten abziehbar seien.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) gab dem Einspruchsführer Recht und hob den Steuerbescheid teilweise auf. Das FG führte aus, dass die Notwendigkeit der Unterkunftskosten im Einzelfall zu prüfen sei. Dabei seien alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Größe der Dienstwohnung, die Höhe der Unterkunftskosten und die Möglichkeit, die Unterkunftskosten zu senken.

Das FA legte Revision ein.

Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG. Der BFH führte aus, dass die bisherige Verwaltungsauffassung, wonach die Unterkunftskosten bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland stets anteilig bezogen auf eine Wohnfläche von 60 qm zu berücksichtigen seien, nicht zutreffe.

Der BFH wies darauf hin, dass die Notwendigkeit der Unterkunftskosten im Einzelfall zu prüfen sei. Dabei seien alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere:

  • die Größe der Dienstwohnung
  • die Höhe der Unterkunftskosten
  • die Möglichkeit, die Unterkunftskosten zu senken
  • die berufliche oder betriebliche Notwendigkeit der doppelten Haushaltsführung

Der BFH stellt mit dieser Entscheidung klar, dass Steuerpflichtige, die im Ausland eine doppelte Haushaltsführung unterhalten, die Möglichkeit haben, die Unterkunftskosten für die gesamte Wohnfläche der Dienstwohnung als Werbungskosten abzusetzen. Die Entscheidung gilt auch für die Vergangenheit.

Bedeutung des Urteils

Dieses Urteil hat signifikante Bedeutung für Arbeitnehmer mit doppelter Haushaltsführung im Ausland:

  1. Vollständiger Abzug der Unterkunftskosten: Arbeitnehmer können nun die tatsächlichen Kosten für ihre Unterkunft im Ausland als Werbungskosten geltend machen, ohne durch eine Größenbeschränkung oder Typisierung eingeschränkt zu sein. Dies erhöht die steuerliche Abzugsfähigkeit und kann zu einer erheblichen Steuerersparnis führen.
  2. Individualisierte Betrachtung: Das Urteil betont die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung, um zu bestimmen, welche Unterkunftskosten notwendig sind. Dies erfordert eine individuelle Betrachtung der Lebensumstände des Arbeitnehmers und der spezifischen Anforderungen seiner Tätigkeit im Ausland.
  3. Keine Anwendung der „60 qm-Rechtsprechung“ im Ausland: Der BFH stellt klar, dass die in Deutschland entwickelte Typisierung der notwendigen Unterkunftskosten nicht auf Auslandssachverhalte übertragbar ist. Dies eröffnet die Möglichkeit, auch für größere Wohnungen oder Dienstwohnungen die vollen Kosten geltend zu machen.

Handlungsempfehlungen

Für Arbeitnehmer, die im Ausland tätig sind und eine doppelte Haushaltsführung unterhalten, ergeben sich aus diesem Urteil neue Möglichkeiten zur steuerlichen Optimierung. Es empfiehlt sich, die tatsächlich entstandenen Unterkunftskosten genau zu dokumentieren und im Rahmen der Steuererklärung geltend zu machen. Dabei sollte auf eine detaillierte Darlegung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Kosten geachtet werden, um den Anforderungen einer Einzelfallprüfung gerecht zu werden.

Fazit

Das Urteil des BFH vom 9. August 2023 markiert einen wichtigen Schritt hin zu einer gerechteren steuerlichen Behandlung von im Ausland tätigen Arbeitnehmern. Es erkennt die Besonderheiten und Herausforderungen einer doppelten Haushaltsführung im Ausland an und ermöglicht einen vollständigen Abzug der tatsächlich entstandenen Unterkunftskosten. Dieses Urteil sollte von betroffenen Arbeitnehmern und ihren steuerlichen Beratern sorgfältig analysiert und in der Praxis umgesetzt werden, um die steuerlichen Vorteile voll ausschöpfen zu können.

https://www.steuerschroeder.de/steuer/unterkunftskosten-bei-einer-doppelten-haushaltsfuehrung-im-ausland-bfh-urteil-vom-09-august-2023-vi-r-20-21/