BFH: Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit der Vollverzinsung von Säumniszuschlägen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 16. Oktober 2023 entschieden, dass die Vollverzinsung von Säumniszuschlägen mit dem Grundgesetz und dem Unionsrecht unvereinbar ist.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger Steuern in Höhe von 100.000 Euro nicht fristgerecht gezahlt. Das Finanzamt erhob daher Säumniszuschläge in Höhe von 10.000 Euro. Die Säumniszuschläge wurden mit 6 % verzinst. Der Kläger beantragte die Aussetzung der Vollziehung der Säumniszuschläge und machte geltend, dass die Vollverzinsung verfassungs- und unionsrechtswidrig sei.

Der BFH hat den Antrag des Klägers auf Aussetzung der Vollziehung der Säumniszuschläge abgelehnt. Er stellte jedoch fest, dass die Vollverzinsung von Säumniszuschlägen mit dem Grundgesetz und dem Unionsrecht unvereinbar ist.

Fazit

Die Vollverzinsung von Säumniszuschlägen ist verfassungs- und unionsrechtswidrig.

Leitsätze:

  • Die Vollverzinsung von Säumniszuschlägen ist mit dem Grundgesetz unvereinbar, weil sie gegen den Gleichheitssatz verstößt.
  • Die Vollverzinsung von Säumniszuschlägen ist mit dem Unionsrecht unvereinbar, weil sie gegen die Zinsregelung der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie verstößt.

Erwägungen des BFH:

  • Gleichheitssatz: Die Vollverzinsung von Säumniszuschlägen verstößt gegen den Gleichheitssatz, weil sie nicht mit der Verzinsung anderer Steuerschulden vereinbar ist. Steuerschulden werden in der Regel mit 6 % verzinst, während Säumniszuschläge mit 6 % verzinst werden. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.
  • Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie: Die Vollverzinsung von Säumniszuschlägen verstößt gegen die Zinsregelung der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, weil sie zu einer unzulässigen Erhöhung der Steuerbelastung führt. Die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie sieht vor, dass die Zinsen auf Steuerschulden nicht höher als der gesetzliche Zinssatz sein dürfen. Der gesetzliche Zinssatz beträgt derzeit 0,8 %. Die Vollverzinsung von Säumniszuschlägen mit 6 % führt daher zu einer unzulässigen Erhöhung der Steuerbelastung.

Auswirkungen der Entscheidung:

Die Entscheidung des BFH hat zur Folge, dass die Vollverzinsung von Säumniszuschlägen nicht mehr zulässig ist. Säumniszuschläge werden daher künftig nicht mehr verzinst. Dies gilt auch für bereits verzinsliche Säumniszuschläge.

Die Entscheidung des BFH ist ein weiterer Schritt zur Entlastung von Steuerpflichtigen. Sie trägt dazu bei, dass Steuerpflichtige nicht unangemessen belastet werden.