BFH: Vorsteuerberichtigung nach § 17 UStG im Dreipersonenverhältnis als Masseverbindlichkeit gem. § 55 InsO

Leitsatz

  • Der Vorsteuerabzug ist nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 UStG zu berichtigen, wenn der Leistende ein (bereits vereinnahmtes) Entgelt zurückzahlt, da ein Dritter das Entgelt entrichtet und dessen Insolvenzverwalter die Zahlung erfolgreich angefochten hat, sowie im Zeitpunkt der Rückzahlung über das Vermögen des Leistungsempfängers das Insolvenzverfahren eröffnet ist.
  • Dieser Vorsteuerberichtigungsanspruch ist keine Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO im Insolvenzverfahren des Leistungsempfängers und darf daher nicht durch Steuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Im Hinblick auf die insolvenzrechtliche Trennung der Verfahren über die personenverschiedenen Insolvenzschuldner ist hierbei unerheblich, wenn in beiden Verfahren dieselbe Person als Insolvenzverwalter eingesetzt wurde.

Quelle: BFH, Urteil V R 29/21 vom 24.08.2023

Hintergrund

§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 UStG regelt die Vorsteuerberichtigung bei Rückzahlungen von Entgelten. Danach ist der Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn der Leistende ein (bereits vereinnahmtes) Entgelt zurückzahlt, da ein Dritter das Entgelt entrichtet und dessen Insolvenzverwalter die Zahlung erfolgreich angefochten hat.

§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO regelt, dass Masseverbindlichkeiten diejenigen Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners sind, die in dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet sind und die zur Zeit der Eröffnung der Insolvenzforderungen noch nicht fällig waren oder die erst nach der Eröffnung entstehen.

Entscheidung

Der BFH hat mit dem Urteil vom 24. August 2023 entschieden, dass der Vorsteuerberichtigungsanspruch nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 UStG im Dreipersonenverhältnis keine Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist.

Der BFH hat ausgeführt, dass der Vorsteuerberichtigungsanspruch ein Anspruch des Leistenden gegen den Leistungsempfänger ist. Dieser Anspruch entsteht erst mit der Rückzahlung des Entgelts. Im Zeitpunkt der Rückzahlung ist jedoch bereits das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Leistungsempfängers eröffnet. Der Vorsteuerberichtigungsanspruch ist daher eine Forderung gegen einen insolventen Schuldner.

Der BFH hat weiter ausgeführt, dass der Vorsteuerberichtigungsanspruch nicht durch die Insolvenz des Leistungsempfängers erlischt. Der Anspruch ist vielmehr ein eigenständiger Anspruch, der nicht von der Insolvenz des Leistungsempfängers berührt wird.

Der BFH hat schließlich entschieden, dass es für die Zuordnung des Vorsteuerberichtigungsanspruchs zur Masse unerheblich ist, wenn in den beiden Verfahren über die personenverschiedenen Insolvenzschuldner dieselbe Person als Insolvenzverwalter eingesetzt wurde. Die insolvenzrechtliche Trennung der Verfahren führt dazu, dass die Masseverbindlichkeiten in jedem Verfahren getrennt voneinander zu ermitteln sind.

Auswirkungen

Die Entscheidung des BFH hat weitreichende Auswirkungen für die Zuordnung von Vorsteuerberichtigungsansprüchen im Dreipersonenverhältnis zur Masse im Insolvenzverfahren. Sie stellt klar, dass solche Ansprüche keine Masseverbindlichkeiten sind und daher nicht durch Steuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden können.

Praxishinweise

Unternehmen, die in einem Dreipersonenverhältnis Leistungen erbringen, sollten sich bewusst sein, dass der Vorsteuerberichtigungsanspruch nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 UStG im Insolvenzverfahren des Leistungsempfängers nicht als Masseverbindlichkeit geltend gemacht werden kann. Der Anspruch ist vielmehr ein eigenständiger Anspruch, der gegenüber dem Leistungsempfänger geltend gemacht werden muss.