BFH, Beschluss VIII B 113/23 (AdV) vom 07.06.2024
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Beschluss vom 7. Juni 2024 (VIII B 113/23) festgestellt, dass die Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei summarischer Prüfung nicht mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar ist.
Leitsatz des Beschlusses
Bei der im Aussetzungsverfahren nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebotenen summarischen Prüfung ist die Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2020 vom 21.12.2020 (BGBl. I 2020, 3096) nicht mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbar.
Hintergrund des Falls
Die Antragsteller, die für das Jahr 2021 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden, erzielten neben anderen Einkünften auch Gewinne und Verluste aus Termingeschäften. Das Finanzamt (FA) beschränkte die Verrechnung der Verluste aus Termingeschäften auf 20.000 €, was zu einer höheren Steuerbelastung führte. Die Antragsteller erhoben Einspruch und beantragten die Aussetzung der Vollziehung (AdV), da sie die Verlustverrechnungsbeschränkung für verfassungswidrig hielten.
Entscheidung des BFH
Der BFH wies die Beschwerde des FA gegen den Beschluss des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz zurück und bestätigte die AdV. Dabei führte er aus, dass ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkung bestehen.
Wesentliche Gründe
- Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit:
- Der BFH erkannte bei summarischer Prüfung, dass die Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen könnte. Die Regelung führt zu einer Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen, die Verluste aus Termingeschäften erzielen, gegenüber solchen mit Verlusten aus anderen Kapitalanlagen.
- Asymmetrische Besteuerung:
- Die Regelung führt zu einer asymmetrischen Besteuerung, bei der Gewinne aus Termingeschäften voll besteuert werden, Verluste jedoch nur begrenzt verrechnet werden können. Dies widerspricht dem objektiven Nettoprinzip, wonach Gewinne und Verluste steuerlich gleich behandelt werden sollten.
- Keine ausreichende Rechtfertigung:
- Die gesetzliche Differenzierung wird nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Der angebliche Zweck, Verlustrisiken zu begrenzen, wird durch die Regelung nicht erreicht. Vielmehr werden Steuerpflichtige dazu angehalten, weiterhin in Termingeschäfte zu investieren, um ihre Verluste verrechnen zu können.
- Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit:
- Die Beschränkung beeinträchtigt die freie Wahl der Kapitalanlageobjekte und -formen, was gegen die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG verstößt.
- Gefahr des endgültigen Verlustuntergangs:
- Die Regelung kann dazu führen, dass Verluste aus Termingeschäften in der Totalperiode nicht vollständig ausgeglichen werden können, was den Kernbereich einer Nettoertragsbesteuerung verletzt.
Quelle
Bundesfinanzhof, Beschluss VIII B 113/23 (AdV) vom 07.06.2024
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