BRAK kritisiert Gesetzentwurf: Meldepflichten bei Steuergestaltung: Bürokratieflut ohne Mehrwert

Das Bundesfinanzministerium hat am 30.01.2019 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung von Steuergestaltungen zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2018/822/EU vom 25. Mai 2018 in die Ressortabstimmung gebracht. Nach der EU-Richtlinie ist Deutschland verpflichtet, bis Ende 2019 eine Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen einzuführen. Über diese Regelung hinaus sieht der Referentenentwurf eine solche Meldepflicht auch für rein nationale Steuergestaltungen vor. Mit diesen neu geschaffenen Anzeigepflichten soll der Gesetzgeber in die Lage versetzt werden, bestehende Gesetzeslücken schneller durch eine Anpassung des Steuerrechtes zu schließen. Dabei, und darauf ist besonders hinzuweisen, handelt es sich um legale Steuergestaltungen, die allein aus den bestehenden Gesetzen entwickelt werden.

Nach den Vorgaben der EU-Richtlinie sollen Steuergestaltungen angezeigt werden, wenn sie bestimmte Kriterien (sog. „Hallmarks“) erfüllen. Diese Kriterien sind bewusst sehr weit gefasst und nicht durch Untergrenzen beschränkt. Erfasst sind demnach selbst alltägliche und häufig genutzte legale Gestaltungen, die zu einer steuerlichen Optimierung führen. Die Größe der individuellen Steuerlast oder des beabsichtigen steuerlichen Vorteils sind ohne Bedeutung.

Nach der Richtlinie ist vorrangig der steuerliche Berater (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt und andere, sog. „Intermediäre“) anzeigepflichtig, der die Gestaltung entwickelt, vermarktet oder hierzu berät. In Ausnahmefällen, wenn beispielsweise eine berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht besteht, kann die Meldepflicht auf den Steuerpflichtigen selbst übergehen. Die Richtlinie sieht gleichwohl stets nur einen Verantwortlichen für die Abgabe der Meldung vor.

Der nun vorliegende Gesetzentwurf spaltet die Anzeigepflicht zusätzlich auf. Der Intermediär ist stets in der Pflicht, die geplante Steuergestaltung anzuzeigen. Zusätzlich muss der Steuerpflichtige die Verwendung der Steuergestaltung anzeigen. In aller Regel müssen also zwei Meldungen für ein und denselben Sachverhalt abgegeben werden. Eine solche Aufteilung der Meldepflicht für grenzüberschreitende und nationale Beratung lehnen wir nachdrücklich ab. Sie potenziert die ohnehin zu erwartende Meldeflut und führt bei allen Beteiligten zu erheblich mehr Bürokratie. Der Referentenentwurf setzt sich nicht mit der Frage auseinander, ob die personelle Ausstattung der Verwaltung eine Bearbeitung der Meldungen überhaupt zulässt. Ein Vergleich mit zehntausenden eingehenden, nicht abschließend bearbeiteten, Geldwäschemeldungen bei der Financial Intelligence Unit (FIU) lässt begründete Zweifel aufkommen. Auch die beim Bundeszentralamt für Steuern eingehenden, aber derzeit nicht an die Bundesländer übertragbaren Daten aus dem Abkommen zum Internationalen Informationsaustausch stimmen diesbezüglich pessimistisch.

Der geplanten Einführung der Anzeigepflicht für rein nationale Gestaltungsmodelle treten wir entgegen.

Der Finanzverwaltung stehen aktuell ausreichend Instrumente zur Verfügung, um unerwünschte Gestaltungen aufzudecken. Die Regelung zur verbindlichen Auskunft des Fiskus könnte um einen Auskunftsanspruch ergänzt werden. Dies böte einen Anreiz, die Finanzverwaltung über Gestaltungen zu informieren und damit frühzeitig Rechtssicherheit auf beiden Seiten zu schaffen. Die Lösung darf nicht darin liegen, (Rechts-)Berater zum Erfüllungsgehilfen des Steuergesetzgebers zu machen. Insbesondere bei anwaltlicher Beratung muss sich der Mandant auf den Schutz des Mandatsgeheimnisses verlassen können. Dieser liefe leer, ganz gleich ob eine Meldung durch den Berater oder den Mandanten selbst erfolgen muss.

Die Umsetzung der Richtlinie muss ohne jegliche Erweiterung erfolgen.

„Die absolute Vertraulichkeit mandatsbezogener Kommunikation muss geschützt werden! Das Persönlichkeitsrecht der Mandanten und die Institution einer freien und unabhängigen Anwaltschaft dürfen nicht durch Meldepflichten ausgehöhlt werden. Wir lehnen eine Anzeigepflicht – für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gleichermaßen wie für Mandantinnen und Mandanten – daher nachdrücklich ab“, resümiert BRAK-Präsident Dr. Ulrich Wessels.

Quelle: BRAK, Presseerklärung vom 01.02.2019