Archiv der Kategorie: GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

Versorgungszusage: Pensionsalter von beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer

Versorgungszusage: Pensionsalter von beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer

Kernaussage
Ein Mindestalter ist keine Voraussetzung für die Pensionszusage gegenüber dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer. Lediglich die Jahresbeträge vom Zeitpunkt des Diensteintritts bis zum vorgesehenen Eintritt des Versorgungsfalls sind für die Berechnung des Teilwerts der Pensionsrückstellung maßgeblich. Eine Änderung der Beteiligungshöhe und folglich vom Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer zum Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer führt daher zu keiner Korrektur des Mindestalters.

Sachverhalt
Die Klägerin erteilte ihrem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer A im Jahr 1987 eine Pensionszusage i. H. v. 60 % seiner jährlichen Gesamtbezüge bei seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen mit Vollendung des 60. Lebensjahr. Im Jahr 2002 wurde A zum Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer. Die Klägerin änderte daraufhin jedoch nicht die Grundlage der Rückstellungsbewertung. Im Streitjahr 2005 wurden der Pensionsrückstellung einkommenswirksam 117.189 EUR zugeführt. Bei einem Pensionsalter von 65 Jahren hätte die Zuführung 60.601 EUR betragen. Das Finanzamt (FA) vertrat in Änderungsbescheiden die Auffassung, dass von einem Pensionsalter von 65 Jahren auszugehen sei und somit 461.213 EUR einkommenswirksam aufgelöst werden müssten. Hiergegen wurde Klage erhoben.

Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Köln gab der Klage überwiegend statt. Die Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH) hatte keinen Erfolg. Eine Auflösung der Pensionsrückstellung zum 31.12. und ein Ansatz eines höheren Pensionsalters komme nicht in Betracht, da der Gesellschafterwechsel das Versorgungsversprechen nicht berührt und daher keinen Einfluss auf die Ermittlung des Teilwertes habe. Nach der BFH-Rechtsprechung kann eine Pensionszusage den steuerlichen Gewinn nur mindern, wenn die Voraussetzungen des § 6a EStG eingehalten wurden. Die Zuführung zu einer Pensionsrückstellung kann aus steuerrechtlicher Sicht als eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) gelten, wenn die Pensionsverpflichtung nicht nur durch das Dienstverhältnis, sondern auch durch das Gesellschafterverhältnis begründet ist. Das FA machte diesbezüglich geltend, dass die Rückstellung bereits dem Grunde nach aufgrund des falschen Renteneintrittsalters zu hoch gebildet worden sei, weil sie nicht dem Pensionsalter von 65 Jahren entspreche. Damit sei die Pension gesellschaftsrechtlich veranlasst. Ein Mindestpensionsalter ist jedoch weder Tatbestandsvoraussetzung des § 6a Abs. 1 und 2 EStG noch Gegenstand der Teilwertberechnung nach § 6a Abs. 3 Satz 1 EStG. Demnach ist die Pensionszusage mit Vollendung des 60. Lebensjahrs für die Berechnung des Teilwerts maßgeblich und eine vGA nicht anzunehmen.

Konsequenz
Das Urteil ist zu begrüßen, da es aufzeigt, dass die veränderte Gesellschafterstellung nicht zu einer Anpassungsverpflichtung hinsichtlich der in der Vergangenheit vereinbarten Pensionszusage führt. Gesellschafter-Geschäftsführer sollten jedoch unbedingt die weiteren Bedingungen für die steuerliche Anerkennung von Pensionszusagen im Auge behalten. Diese sind beispielsweise die Angemessenheit der Pensionsbezüge, der ausreichende Erdienungszeitraum zwischen Zusage und Versorgungseintritt sowie die geforderte ratierliche Unverfallbarkeit

Pensionszusage: Verdeckte Gewinnausschüttung wegen vorzeitiger Kapitalabfindung

Pensionszusage: Verdeckte Gewinnausschüttung wegen vorzeitiger Kapitalabfindung

Kernaussage
Die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) bei einer GmbH liegen vor, wenn eine Pension entgegen der ursprünglichen Vereinbarung im Wege einer Einmalzahlung ausgezahlt wird. Dies gilt auch dann für den gesamten Vorgang, wenn der Rückdeckungsanspruch mit der Pensionsrückstellung saldiert wird und in Summe lediglich eine geringe Vermögensminderung vorliegt.

Sachverhalt
Die klagende GmbH hatte ihren beiden Gesellschafter-Geschäftsführern im August 1984 eine Versorgungszusage erteilt, wonach sie eine einmalige Kapitalabfindung von 750.000 DM erhalten sollten, wenn sie nach Vollendung des 60. Lebensjahr aus dem Dienst ausscheiden. Im Februar 1996 wurde die Kapitalabfindung aufgrund des gestiegenen Gehaltsniveaus auf 850.000 DM (434.598 EUR) angepasst. Die Rückdeckungsversicherung (798.256 EUR) wurde zum 30.12.2005 fällig und der Klägerin ausgezahlt. Im Januar 2006 wurde die Pension an den Geschäftsführer H geleistet, der sich weiterhin im Dienst der Gesellschaft befand. Der Wert der Rückdeckungsversicherung wurde mit der Pensionsrückstellung saldiert. Der darüber hinausgehende Betrag wurde gewinnerhöhend behandelt. Die Kapitalabfindung an den Gesellschafter überstieg die gebildete Rückstellung um 130.299 EUR. Der Betrag wurde gewinnmindernd behandelt. Das Finanzamt (FA) unterstellte insgesamt eine vGA, da die Erhöhung der Kapitalabfindung von H um 100.000 EUR nicht mehr erdienbar gewesen sei und die Auszahlung der Versorgungsleistung in einem Einmalbetrag auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhe. Zudem könne die für eine vGA notwendige Vermögensminderung nicht dadurch vermieden werden, dass die Auflösungen der Rückdeckungsversicherung und der Pensionsrückstellung saldiert werden. Die GmbH reichte hiergegen Klage ein. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Die Revision des FA beim Bundesfinanzhof (BFH) war erfolgreich. Die Klage wurde abgewiesen und das Urteil des FG insgesamt aufgehoben.

Entscheidung
Nach Auffassung des BFH ist die vorzeitige Auszahlung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Bei einem fremden Dritten wäre der Zeitpunkt der Auszahlung überprüft worden. Eine vGA liege dann vor, wenn zeitgleich zur Kapitalabfindung die Pensionsrückstellung aufgelöst werde, da dann die ursprünglich als Rentenzahlung vereinbarte Pension in einem Einmalbetrag abgelöst werde. Die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis sei auch dadurch gekennzeichnet, dass die Abfindung vor Beendigung des Dienstverhältnisses erfolgte.

Konsequenz
Die Entscheidung der Richter beruht auf dem Grundsatz des Fremdvergleichs. Da ein ordentlicher und gewissenhafter Kaufmann keine vorzeitige Auszahlung der Pension in einem Einmalbetrag geduldet hätte, liegt insgesamt eine Veranlassung aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses vor. Gesellschafter-Geschäftsführer sollten zur Vermeidung einer vGA entsprechende Klauseln in Pensionsvereinbarungen einbauen. So kann eine Kapitalabfindung zum (niedrigeren) Rückkaufswert dem Fremdvergleich standhalten, wenn sie bereits zu Vertragsschluss vereinbart wurde. Sodann liegt allerdings in Höhe des Auszahlungsbetrags steuerpflichtiger Arbeitslohn vor, für den eine Tarifermäßigung Anwendung finden kann.

Zur Geschäftsführerhaftung: Nicht abgeführte Lohnsteuer an das Finanzamt

Zur Geschäftsführerhaftung: Nicht abgeführte Lohnsteuer an das Finanzamt

Kernaussage
Das Prinzip der Gesamtverantwortung eines jeden gesetzlichen Vertreters verlangt zumindest eine gewisse Überwachung der Geschäftsführung im Ganzen. Selbst bei Vorliegen einer klaren, eindeutigen und schriftlichen Aufgabenverteilung unter den Geschäftsführern muss der nicht mit den steuerlichen Angelegenheiten einer Gesellschaft betraute Geschäftsführer einschreiten, wenn die Person des anderen Geschäftsführers oder die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft dies erfordern.

Sachverhalt
Der Kläger war zusammen mit dem H. Geschäftsführer einer GmbH. Im Jahr 2010 war für die beschäftigten Arbeitnehmer für mehrere Monate keine Lohnsteuer an das Finanzamt (FA) abgeführt worden. Nach erfolglosen Vollstreckungsmaßnahmen bei der GmbH nahm das FA den Kläger mit einem Haftungsbescheid in Anspruch. Der Kläger legte gegen den Haftungsbescheid Einspruch ein und machte geltend, dass nach einer internen Zuständigkeitsvereinbarung nur der H. für die Erledigung steuerlicher Aufgaben zuständig gewesen sei. Er selbst sei seiner Überwachungspflicht nachgekommen, indem er sich in regelmäßigen Abständen darüber informiert habe, dass die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft erfüllt worden seien. Nach erfolglosem Einspruch klagte der Kläger.

Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Trotz der internen Aufgabenverteilung haftet hier der Kläger. Aus dem Prinzip der Gesamtverantwortung folgt die Pflicht zu einer gewissen Überwachung etwaiger anderer Geschäftsführer. Zwar kann durch eine interne Aufgabeverteilung die Verantwortlichkeit des einzelnen Geschäftsführers beschränkt werden. Allerdings muss diese Aufgabeverteilung schriftlich fixiert sein, was vorliegend nicht der Fall war. Aber selbst bei Vorliegen einer klaren schriftlichen Aufgabenverteilung muss der nicht mit den steuerlichen Angelegenheiten einer Gesellschaft betraute Geschäftsführer einschreiten, wenn die Person des anderen Geschäftsführers oder die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft dies erfordern. Dies gilt etwa in finanziellen Krisensituationen. Außerdem muss er dafür sorgen, dass er im Fall des Eintritts einer solchen Krise rechtzeitig davon erfährt. Vorliegend fehlte es an einem Einschreiten, konkret hätte der Kläger darauf hinwirken müssen, dass die Löhne nur gekürzt ausgezahlt werden und die Lohnsteuer abgeführt werden kann.

Konsequenz
Durch die rechtskräftige Entscheidung wird die Haftungsbeschränkung durch Ressortverteilung extrem eingeschränkt und die Geschäftsführerhaftung ausgeweitet.

Aufrechnung zwischen Gehaltsansprüchen des Geschäftsführers und Haftungsansprüchen

Aufrechnung zwischen Gehaltsansprüchen des Geschäftsführers und Haftungsansprüchen

Kernaussage
Besteht vor Insolvenzeröffnung eine Aufrechnungslage zwischen rückständigen Gehaltsansprüchen des Geschäftsführers und den Ansprüchen aus der Haftung des Geschäftsführers für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist diese insolvenzrechtlich nicht geschützt. Insofern greift ein Aufrechnungsverbot ein, weil der Geschäftsführer die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erworben hat.

Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH. Er nimmt den Beklagten, der Geschäftsführer der GmbH war, auf Erstattung von Zahlungen der Schuldnerin im Monat vor Insolvenzantragstellung in Anspruch. Der Beklagte verteidigt sich dahingehend, dass die GmbH nicht zahlungsunfähig gewesen sei und er nicht schuldhaft gehandelt habe. Das Landgericht gab der Klage statt. Im Berufungsverfahren erklärte der Beklagte die Aufrechnung gegen die Klageforderung mit einem Teil seiner rückständigen Gehaltsforderungen, die in einem weiteren Verfahren durch Urteil als Insolvenzforderung rechtskräftig festgestellt wurden. Von weiterem Verteidigungsvorbringen wurde Abstand genommen. Wegen der Aufrechnung wurde die Klage nunmehr abgewiesen.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Kläger Recht. Die bestehende Aufrechnungslage ist insolvenzrechtlich nicht geschützt, weil ein Aufrechnungsverbot eingreift. Die erklärte Aufrechnung ist insolvenzrechtlich unwirksam, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Vorliegend hat der Beklagte die Aufrechnungslage durch verbotene Zahlungen in der Krise der GmbH herbeigeführt, die eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger zur Folge hatten. Zwar führten die Zahlungen zu einem Haftungsanspruch der Schuldnerin gegen den Beklagten, zugleich ermöglichten sie aber auch die Aufrechnung, ohne die der Beklagte nur eine Insolvenzforderung hätte geltend machen können. Die Herstellung der Aufrechnungslage durch den Beklagten führte zu einer inkongruenten Deckung.

Konsequenz
Die Frage, ob der Haftungsanspruch gegen den Geschäftsführer für verbotene Zahlungen generell die Aufrechnung ausschließt, musste nicht mehr entschieden werden. Ein Geschäftsführer kann in der Insolvenz der GmbH mit seinen rückständigen Gehaltsforderungen nicht gegen die Forderungen des Insolvenzverwalters gegen ihn aufrechnen, wenn er die Aufrechnungslage durch verbotene Zahlungen herbeigeführt hat.

Geschäftsführer: Vortrag zu etwaigen stillen Reserven oder in Bilanz nicht abgebildeten Werten

Geschäftsführer: Vortrag zu etwaigen stillen Reserven oder in Bilanz nicht abgebildeten Werten

Kernaussage
Hat der Insolvenzverwalter durch Vorlage einer Handelsbilanz und den Vortrag, dass keine stillen Reserven sowie keine aus der Bilanz nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind, die Überschuldung einer GmbH dargelegt, genügt der wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch genommene Geschäftsführer seiner sekundären Darlegungslast nicht, wenn er lediglich von der Handelsbilanz abweichende Werte behauptet. Der in Anspruch genommene Geschäftsführer hat vielmehr substantiiert zu etwaigen stillen Reserven oder in der Bilanz nicht abgebildeten Werten vorzutragen.

Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A-GmbH, die eine Modeboutique betrieb. Die Beklagte war Geschäftsführerin der A-GmbH. Die Bilanz der A-GmbH wies einen durch Eigenkapital nicht gedeckten Fehlbetrag aus. Nachdem die A-GmbH erstmals im August 2005 ihre Miete nicht mehr bezahlen konnte, erhöhten sich bis August 2008 die unbezahlten Mietverbindlichkeiten. Die Vermieterin kündigte daraufhin das Mietverhältnis fristlos. Der Kläger behauptet, die A-GmbH sei spätestens seit 31.12.2007 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen und verlangt von dem Geschäftsführer Schadensersatz. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hob das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zurück. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers zum Bundesgerichtshof (BGH).

Entscheidung
Der BGH hob die Vorentscheidung auf. Das Berufungsgericht hatte zu Unrecht einen Verfahrensfehler angenommen. In der Sache zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Kläger nach Vorlage der Handelsbilanz, aus der sich die Überschuldung ergab, seiner Darlegungslast durch den Vortrag genügt habe, es seien keine stillen Reserven und auch keine sonstigen aus der Handelsbilanz nicht ersichtlichen Vermögenswerte vorhanden gewesen. In dieser Situation ist es Sache des beklagten Geschäftsführers, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vorzutragen, welche stillen Reserven oder sonstigen für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind. Hierzu reicht es nicht aus, lediglich von der Handelsbilanz abweichende Werte zu behaupten. Der in Anspruch genommene Geschäftsführer hat vielmehr substantiiert zu stillen Reserven oder sonstigen in der Handelsbilanz nicht abgebildeten Werten vorzutragen.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt in interessanter Weise die Anforderungen an die Darlegungslast bei einer bilanziellen Überschuldung.

Ausgewogene Altersstruktur im Insolvenzverfahren: kein AGG-Verstoß

Ausgewogene Altersstruktur im Insolvenzverfahren: kein AGG-Verstoß

Kernaussage
Auch in der Insolvenz ist eine Kündigung nur dann wirksam, wenn die Sozialauswahl beachtet und der Betriebsrat ordnungsgemäß beteiligt wurde. Die Sozialauswahl beschränkt sich auf die Kriterien Alter, Betriebszugehörigkeit und Unterhaltsverpflichtungen und kann vom Arbeitsgericht auch nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sozialauswahl ist nur dann grob fehlerhaft, wenn sie jede Ausgewogenheit vermissen lässt. Nach der ausdrücklichen insolvenzrechtlichen Regelung (125 Abs. 1 Nr. 2 InsO) ist die Sozialauswahl nicht grob fehlerhaft, wenn dadurch eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird. Deshalb kann der Insolvenzverwalter insbesondere solche Arbeitnehmer von der Kündigung ausnehmen, die er zur Erhaltung oder Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur braucht. Diese im Insolvenzverfahren eröffnete Möglichkeit der Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur durch Bildung von Altersgruppen verletzt das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung nicht; dies entschied aktuell das Bundesarbeitsgericht (BAG).

Sachverhalt
Der 1960 geborene Kläger war bei dem Schuldnerunternehmen seit 1998 als Produktionsmitarbeiter beschäftigt. Am 1.4.2011 wurde über das Vermögen des Unternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser schloss am selben Tag mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste, auf der sich auch der Name des Klägers befand. Die Sozialauswahl wurde nach Altersgruppen vorgenommen. In der von Kündigungen ausgenommenen Altersgruppe 1 waren alle bis zu 44-jährigen Arbeitnehmer zusammengefasst. Das Durchschnittsalter aller Arbeitnehmer lag bei 51 Jahren. Mit Schreiben vom 1.4.2011 kündigte der beklagte Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.7.2011. Am 5.4.2011 ging der Betrieb auf ein weiteres Unternehmen über. Mit seiner Klage wandte sich der Kläger gegen die Kündigung und verlangt seine Weiterbeschäftigung bei dem übernehmenden Unternehmen. Er meinte, die Sozialauswahl sei grob fehlerhaft.

Entscheidung
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat das BAG den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Unterinstanz zurückverwiesen. Die Darlegungen des beklagten Insolvenzverwalters ließen nicht erkennen, dass die Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur durch die vorgenommene Altersgruppenbildung sanierungsbedingt erforderlich war. Die streitenden Parteien werden nun Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vortrags haben, denn bei einer Sozialauswahl ohne Altersgruppenbildung wäre die Auswahl bezogen auf den Kläger grob fehlerhaft.

Konsequenz
Die Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur durch Bildung von Altersgruppen ist grundsätzlich durch das legitime Ziel der Sanierung eines insolventen Unternehmens gerechtfertigt. Dennoch müssen die Arbeitsgerichte prüfen, ob die Altersgruppenbildung im konkreten Interessenausgleich auch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gerechtfertigt ist. Der kündigende Insolvenzverwalter ist darlegungs- und beweispflichtig für die sanierungsbedingte Erforderlichkeit der Altersgruppenbildung.

2014: Lohnsteuerliche Behandlung von unentgeltlichen oder verbilligten Mahlzeiten von Arbeitnehmern

2014: Lohnsteuerliche Behandlung von unentgeltlichen oder verbilligten Mahlzeiten von Arbeitnehmern

Kernproblem
Eine vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer während einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung gestellte „übliche“ Mahlzeit stellt Arbeitslohn dar und wird mit einem amtlichen Sachbezugswert besteuert. Die Mahlzeit ist dann vom Arbeitgeber veranlasst, wenn er Tag und Ort der Mahlzeitengestellung bestimmt. Davon ist auszugehen, wenn die Verpflegungskosten im Hinblick auf die beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit dienst- oder arbeitsrechtlich erstattet werden und die Rechnung auf den Arbeitgeber ausgestellt ist. Der Rechnungsausweis auf den Arbeitgeber ist im Fall einer sog. umsatzsteuerlichen Kleinbetragsrechnung von bis zu 150 EUR entbehrlich, soweit diese dem Arbeitgeber im Original vorliegt. Die für die Besteuerung maßgeblichen Beträge werden jährlich in der Sozialversicherungsentgeltverordnung neu festgelegt.

Neues Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) 
Nach Mitteilung des BMF betragen die Sachbezugswerte für ab dem Kalenderjahr 2014 gewährte „übliche“ Mahlzeiten für ein Mittag- oder Abendessen jeweils 3 EUR (2013: 2,93 EUR) und ein Frühstück 1,63 EUR (2013: 1,60 EUR). Die Üblichkeit einer Mahlzeit ist ab dem Jahr 2014 gesetzlich geregelt. Hierfür gilt eine Höchstgrenze von 60 EUR; bis zum Jahr 2013 galt durch Verwaltungsanweisung ein Betrag von bis zu 40 EUR noch als üblich. Die zur Mahlzeit eingenommenen Getränke sind bei der Prüfung einzubeziehen. Mahlzeiten von über 60 EUR dürfen nicht mit dem amtlichen Sachbezugswert angesetzt werden, denn hierbei unterstellt die Finanzverwaltung ein „Belohnungsessen“, das mit dem tatsächlichen Preis als Arbeitslohn angesetzt wird.

Konsequenz
Die neuen Sachbezugswerte sind ab dem Jahr 2014 anzusetzen. Eine Besteuerung als Arbeitslohn hat jedoch zu unterbleiben, wenn der Arbeitnehmer anlässlich einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit eine Verpflegungspauschale beanspruchen kann, z. B. bei Abwesenheit von mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte oder einer mehrtätigen Auswärtstätigkeit mit Übernachtung. Im Gegenzug sind die Verpflegungspauschalen des Arbeitnehmers entsprechend zu kürzen, und zwar für ein Mittag- oder Abendessen um jeweils 40 % und ein Frühstück um 20 % der zustehenden Verpflegungspauschale. Nicht zum Arbeitslohn gehören Mahlzeiten, die im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers abgegeben werden, z. B. anlässlich einer geschäftlich veranlassten Bewirtung oder bei herkömmlichen Betriebsveranstaltungen.

Reisekostenreform 2014: Überblick über die Neuregelungen

Reisekostenreform 2014: Überblick über die Neuregelungen

Kernaussage
Das Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) zur „Reform des steuerlichen Reisekostenrechts – Grundsätze ab dem 1. Januar 2014“ vom 30.9.2013 soll die bisherigen Bestimmungen des Reisekostenrechts neu definieren. Im Wesentlichen erfolgt dies durch Vereinfachungen der Berechnungsgrundlagen sowie durch Anpassungen und Erhöhung der Pauschalen zu Gunsten der Arbeitnehmer.

Ausgewählte Neuregelungen
Im Wesentlichen finden sich im BMF-Schreiben folgende Neuregelungen: Zum Einen wird die regelmäßige Arbeitsstätte durch die so genannte „erste Tätigkeitsstätte“ ersetzt. Zum Anderen werden die Verpflegungspauschalen erhöht und es erfolgt eine Pauschalbesteuerung mit 25 % bis zu 100 % der steuerfrei zu erstattenden Mehraufwendungen. Ferner werden die Verpflegungspauschalen bei arbeitgeberseitig gestellten Mahlzeiten gekürzt und die Behandlung von Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu gestellten Mahlzeiten neu geregelt. Zudem werden neue Kriterien zur Vereinfachung in Bezug auf die Unterscheidung zwischen Unterkunftskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung und einer Auswärtstätigkeit festgelegt. Schließlich erfolgt noch eine Anhebung der Höchstbeträge für steuerfreie Erstattungen der Unterkunftskosten.

Konsequenz
Die Neuregelung der Reisekostenreform bietet erstmalig Gestaltungsmöglichkeiten zu Gunsten der Arbeitnehmer. Zu beachten ist, dass noch vor dem 1.1.2014 erheblicher Handlungsbedarf in der Praxis besteht, um möglichen Mehraufwand zu vermeiden. Unter anderem sind die internen Reisekostenrichtlinien und Arbeitsverträge zu prüfen und gegebenenfalls zu ändern. Schulungen der Mitarbeiter sind für eine reibungslose Umsetzung ebenfalls zu erwägen.

Gewerbesteuer-Messbetrag: Schachtelprivileg und Besitzzeitanrechnung

Gewerbesteuer-Messbetrag: Schachtelprivileg und Besitzzeitanrechnung

Kernaussage
Das Umwandlungsteuergesetz (UmwStG) behandelt in § 23 die steuerlichen Auswirkungen bei der übernehmenden Gesellschaft, wenn diese eingebrachtes Betriebsvermögen mit einem unter dem gemeinen Wert liegenden Wert ansetzt. Die dort angeordnete „entsprechende“ Anwendung bedeutet, dass eine Besitzzeitanrechnung bei der übernehmenden Gesellschaft auch für vorher im Privatvermögen gehaltene Anteile erfolgt (§ 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG). In der Folge ist dies auch bei den Hinzurechnungs- und Kürzungsbeträgen im Rahmen der Ermittlung des Gewinns aus einem Gewerbebetrieb zu beachten (§ 8 Nr. 5, § 9 Nr. 2a GewStG).

Sachverhalt
Klägerin ist die eine GmbH, die wiederum nur einen alleinigen Gesellschafter hat. Im Dezember 2009 wurde eine Stammkapitalerhöhung um 25.000 EUR beschlossen. Der neue Geschäftsanteil wurde vom Alleingesellschafter übernommen; er leistete dafür 100 % seiner im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung an der GmbH. Die Beteiligung wurde zum Buchwert angesetzt und als qualifizierter Anteilstausch behandelt. Die anschließend beschlossene Gewinnausschüttung wurde zu 95 % als steuerfrei behandelt. Entsprechend erging ein Gewerbesteuermessbescheid. Infolge einer Außenprüfung im Jahr 2011 erging ein geänderter Gewerbesteuermessbescheid, da die Voraussetzungen des Schachtelprivilegs nicht erfüllt worden seien. Hiergegen klagte die GmbH.

Entscheidung
Das Finanzgericht Köln gab der Klage statt. Die Revision wurde aber aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen. Zu Unrecht hatte die Steuerbehörde zum Gewerbeertrag der Klägerin die Gewinnausschüttung hinzugerechnet. Die in § 23 Abs. 1 UmwStG angeordnete „entsprechende“ Anwendung bedeutet, dass in § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG eine Besitzzeitanrechnung auch für vorher im Privatvermögen gehaltene Anteile erfolgt. In der Folge ist dies auch bei § 8 Nr. 5 bzw. § 9 Nr. 2a GewStG (Hinzurechnungen bzw. Kürzungen) zu beachten. Hätte der Alleingesellschafter die Beteiligung nicht im Privat-, sondern im Betriebsvermögen gehalten, wäre die dann teilweise steuerfreie Gewinnausschüttung nicht bei der Gewerbesteuer erhöhend berücksichtigt worden. Diese „günstige Position“ darf nicht durch einen Anteilstausch verloren gehen.

Konsequenz
Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof (BFH) letztinstanzlich entscheiden wird. Die Rechtsprechung der Finanzgerichte ist zur Besitzzeitanrechnung für im Privatvermögen gehaltener Anteile bisher uneinheitlich.

Verspätete Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen

Verspätete Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen

Kernaussage
Allein aus dem Umstand der verspäteten Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen über einen Zeitraum von 10 Monaten muss der Sozialversicherungsträger nicht auf die Zahlungseinstellung des Schuldners schließen.

Sachverhalt
Der Kläger ist seit Mai 2007 Verwalter in dem auf Eigenantrag eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH & Co. KG (Schuldnerin). Im Zeitraum von Februar bis Oktober 2006 zahlte die Schuldnerin mit jeweils etwa 3 bis 4 Wochen Verspätung ihre gesamten Sozialversicherungsbeiträge zuzüglich angefallener Säumniszuschläge und Mahngebühren. Der Kläger verlangt unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung die Erstattung sämtlicher Zahlungen.

Entscheidung
Die Klage blieb mangels Kenntnis der beklagten Einzugsstelle von der Liquiditätslage der Schuldnerin über sämtliche Instanzen erfolglos. Aus der verzögerten Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge können keine Rückschlüsse auf die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin gezogen werden. Von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Schuldnerin hatte die Beklagte keine Kenntnis; insbesondere wusste sie nicht, dass die Schuldnerin auch anderen Gläubigern gegenüber Schulden hatte, die nicht pünktlich beglichen wurden. Zudem erfolgten die Zahlungen ohne Androhung der Zwangsvollstreckung mit etwa 3 bis 4 Wochen Verzögerung in voller Höhe zuzüglich Säumniszuschlägen und Mahngebühren. Aufgrund der vollständigen Zahlung der Beiträge sowie der Säumniszuschläge und Mahngebühren war nicht anzunehmen, dass andere Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht beglichen wurden. In den Fällen der verspäteten Zahlung kann erst bei einer mehrmonatigen Nichtabführung auf eine Zahlungseinstellung geschlossen werden.

Konsequenz
Das Urteil der Bundesgerichtshofs (BGH) ist angesichts der Zahlungsmoral einer Vielzahl von Schuldnern zu begrüßen. Anderenfalls müssten die Gläubiger bei jedem wiederholten Zahlungsverzug bereits von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldner ausgehen. Um das Anfechtungsrisiko zu minimieren, ist beim Forderungseinzug stets darauf zu achten, keine hohen Verbindlichkeiten auflaufen zu lassen.