Archiv der Kategorie: Privatbereich

Sind Beerdigungskosten naher Angehöriger außergewöhnliche Belastungen?

Sind Beerdigungskosten naher Angehöriger außergewöhnliche Belastungen?

Kernproblem
Aufwendungen für die Beerdigung eines nahen Angehörigen sind grundsätzlich außergewöhnlich. Der Abzug bei der Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastung (agB) verlangt jedoch zusätzlich die Zwangsläufigkeit des Aufwands aus rechtlichen, sittlichen oder tatsächlichen Gründen. Dagegen scheidet ein Abzug der Beerdigungskosten von vornherein aus, wenn sie aus dem Nachlass bestritten werden können. Die Grundsätze dieser ständigen Rechtsprechung sah ein Erbe für seinen Streitfall als nicht erfüllt an, weil er seiner Meinung nach wesentlich mehr aufwendete, als er aus dem Nachlass erhielt. Hierüber musste das Finanzgericht Münster entscheiden.

Sachverhalt
Der spätere Erbe hatte bereits im Jahr 1991 ein Zweifamilienhaus von seinen Eltern erhalten. In einem Übergabevertrag verpflichtete er sich zur Übernahme einer Grundschuld von 85.000 DM, der Einräumung eines Wohnrechts an einer Wohnung des Zweifamilienhauses (Jahreswert 6.430 DM) sowie der Zahlung von 20.000 DM nach Übergabe. Daneben sollten die Eltern versorgt und nach deren Tod die Kosten der Beerdigung und Instandhaltung der Grabstätte übernommen werden. Nach dem Tod des letztversterbenden Elternteils sollten die beiden Geschwister mit jeweils 20.000 DM gegen Erb- und Pflichtteilsverzicht abgefunden werden. Entsprechendes wurde in einem Erbvertrag vereinbart, wobei den Geschwistern das komplette Spar-, Bar- und bewegliche Vermögen als Vermächtnis zustand. Im Jahr 2010 trat der Erbfall ein. Die aufgewendeten Beerdigungskosten machte der Erbe als außergewöhnliche Belastungen geltend und sah diese als zwangsläufig an, weil er den Wert des unter Einräumung des Wohnrechts erhaltenen Zweifamilienhauses als wesentlich niedriger ansah, als seine Abstandszahlungen, für die er Kredite aufnehmen musste. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab.

Entscheidung
Das FG Münster hat nicht zu einer Fortentwicklung des Rechts beigetragen und die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte man aus, dass die Verpflichtung zur Übernahme der Beerdigungskosten keine persönliche Verpflichtung des Erben, sondern eine Nachlassverbindlichkeit darstelle. Wenn der Erbe die Erbschaft annehme, so beruhe die Verpflichtung auf einem von ihm selbst gesetzten Rechtsgrund und sei deshalb nicht zwangsläufig. Zudem stand nach Überzeugung des Gerichts fest, dass der Erbe mit dem Zweifamilienhaus einen Gegenwert erhalten hatte, der über den gesamten Verpflichtungen aus dem Übergabevertrag lag, denn ansonsten wäre der Vertrag nicht oder nicht mit dem Inhalt geschlossen worden. Somit schied der Abzug selbst bei einer weiteren Verpflichtung aus sittlichen Gründen als außergewöhnliche Belastung von vornherein aus.

Konsequenz
Eine Nichtzulassungsbeschwerde des Erben wurde durch den BFH zurückgewiesen. Das Urteil ist damit rechtskräftig und deckt sich mit der bisherigen Rechtsprechung.

Grunderwerbsteuerrecht: Einheitlicher Erwerbsgegenstand

Grunderwerbsteuerrecht: Einheitlicher Erwerbsgegenstand

Kernaussage
Grunderwerbsteuer fällt nicht bereits an, wenn der Veräußerer eine umfangreiche Vorplanung vornimmt. Der Erwerber übernimmt dann das Grundstück nicht im bebauten oder sanierten Zustand. Hinzukommen muss für einen Grunderwerbsteueranfall, dass die auf der Veräußererseite handelnden Personen auch zur Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet sind.

Sachverhalt
Mit notariellem Kaufangebot bot eine Erbengemeinschaft ein unbebautes Grundstück an. Gemäß der Baubeschreibung eines Architekten sollte auf dem Grundstück ein Wohngebäude entstehen. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der der Kläger beteiligt ist, kaufte das Grundstück. Das Finanzamt (FA) gelangte auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen zu der Auffassung, die Verträge zur Errichtung des Wohnhauses stünden im Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag und seien daher als sogenanntes einheitliches Vertragswerk zu beurteilen. Dementsprechend setzte das FA die Grunderwerbsteuer für den Kläger unter Einbeziehung seines Anteils an den Baukosten auf 3.790 EUR fest, wobei nur 286 EUR auf das unbebaute Grundstück entfielen. Hiergegen klagte der Kläger erfolglos vor dem Finanzgericht (FG). Anschließend ging er in Revision zum Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidung
Der BFH gab der Klage statt. Zu Unrecht sind FA und FG davon ausgegangen, dass die anteiligen Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind. Es fehlt die dafür erforderliche Verpflichtung der Veräußererseite, das Grundstück körperlich zu verändern. Ergibt sich aus Vereinbarungen, die mit dem Grundstückskauf in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand. Ein solcher einheitlicher Erwerbstatbestand ist auch gegeben, wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen aufgrund eines abgestimmten Verhaltens auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken und diese zur Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet sind, woran es hier aber fehlt.

Konsequenz
Die Finanzämter konstruieren bei engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang gerne ein sogenanntes einheitliches Vertragswerk. Hier sollte zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer exakt darauf geachtet werden, dass keine Verpflichtung der Veräußerer besteht.

Freiwillige Feuerwehren in Hamburg: Besteuerung von Einnahmen aus Festen

Freiwillige Feuerwehren in Hamburg: Besteuerung von Einnahmen aus Festen

Kernaussage
Steuersubjekt ist diejenige natürliche Person, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse (z. B. Stiftung), die den Tatbestand erfüllt, an den ein bestimmtes Steuergesetz die Steuerpflicht knüpft. Schwierig sind dabei die Fälle, in denen ein Steuersubjekt nicht bewusst, sondern stillschweigend begründet worden ist.

Sachverhalt
Die Freiwillige Feuerwehr hat in den Streitjahren jeweils ein Osterfeuer veranstaltet. Der Erlös floss in die Kameradschaftskasse. Das Finanzamt hat hierin die stillschweigende Gründung eines nichtrechtsfähigen Vereins gesehen. Es hat entsprechende Steuerbescheide erlassen.

Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Hamburg gab der Klage statt und hob die Steuerbescheide auf. Die Durchführung des Osterfeuers ist als kulturelles und soziales Ereignis Bestandteil des hoheitlichen Aufgabenbereiches einer Freiwilligen Feuerwehr. Zudem existiert eine Verordnung mit der Verpflichtung, zur Pflege der Kameradschaft eine Kameradschaftskasse einzurichten.

Konsequenzen
Der Urteilstenor ist zu begrüßen. Andernfalls bergen viele Tätigkeiten die Gefahr, damit unwissentlich ein eigenständiges Steuersubjekt begründet zu haben. Das letzte Wort hat gegebenenfalls der Bundesfinanzhof.

Abfindung: Zusammenballung von Einkünften (Einkommensteuer)

Abfindung: Zusammenballung von Einkünften (Einkommensteuer)

Kernproblem
Für außerordentliche Einkünfte kann ein ermäßigter Steuersatz bei Bemessung der Einkommensteuer in Betracht kommen. Werden an einen Arbeitnehmer Abfindungen gezahlt, wird in ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzlich dann eine Außerordentlichkeit bejaht, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Das ist dann der Fall, wenn die Abfindung in einem Veranlagungsjahr gezahlt wird und die entgehenden Einnahmen übersteigt. Erhält der Arbeitnehmer weniger oder ebenso viel, wie er bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte, besteht nach Auffassung des BFH für eine Ermäßigung des Steuersatzes kein Anlass. Ob bei dieser Betrachtung immer nur Vorjahre heranzuziehen sind oder inwieweit sich außergewöhnliche Ereignisse bei der Prognose auswirken, war Streitgegenstand beim Niedersächsischen Finanzgericht (FG).

Sachverhalt
Ein Arbeitnehmer erkrankte im November 2010 dauerhaft und erhielt bis zum Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente im April 2012 Krankengeld. Im Mai 2011 kündigte sein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen. Vor dem Arbeitsgericht einigte man sich auf eine Abfindung von 50.000 EUR, die im Jahr 2012 zusammen mit noch nicht abgerechneten Reisekosten von 5.166 EUR ausbezahlt wurde. Daneben wurden Kranken- und Arbeitslosengelder von 29.826 EUR vereinnahmt. Das Finanzamt lehnte eine Steuerermäßigung ab, weil der Arbeitnehmer in den 3 Jahren vor der Krankheit Einkünfte von durchschnittlich 96.155 EUR bezog und die Abfindung damit nach Auffassung der Verwaltung keinen Progressionsnachteil nach sich zog. Der Arbeitnehmer sah die Prognose des Finanzamts aufgrund seiner Krankheit als realitätsfern an und klagte vor dem FG.

Entscheidung
Die Finanzrichter gewährten die Steuerermäßigung. Für die Vergleichsbetrachtung der Einkünfte sei maßgebend, was sich bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses voraussichtlich ergeben hätte. Hierfür orientiere sich der BFH zwar grundsätzlich an dem Vorjahr. Dies gelte aber nur, solange die Verhältnisse des Vorjahres auch diejenigen des Folgejahres mit großer Wahrscheinlichkeit abbilden würden. Dagegen seien außergewöhnliche Ereignisse bei der Prognose zu berücksichtigen. Diesen Grundsatz habe auch das Bundesfinanzministerium in seinem aktuellen BMF-Schreiben zu Entlassungsentschädigungen aufgenommen. Folglich seien die Erkrankung des Steuerpflichtigen und darauf beruhende niedrigere Einkünfte zu berücksichtigen.

Konsequenz
Obwohl das FG die Revision zugelassen hatte, ist das Urteil rechtskräftig geworden. Das lässt eine allgemeine Anwendung durch die Verwaltung vermuten.

Sogenanntes „Treaty override“ bei ausländischen Mitunternehmern – Verstoß gegen Verfassungsrecht?

Sogenanntes „Treaty override“ bei ausländischen Mitunternehmern – Verstoß gegen Verfassungsrecht?

Kernaussage
Der Bundesfinanzhof (BFH) ist der Auffassung, dass die Regelungen in § 50d Abs. 10 EStG gegen Völkerrecht verstoßen und deshalb wegen der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes auch gegen Verfassungsrecht. Er legt dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) daher die Frage vor, ob der Gesetzgeber durch ein sogenanntes Treaty override gegen Verfassungsrecht verstößt.

Sachverhalt
Strittig war die Besteuerung von Zinseinkünften eines italienischen Staatsbürgers, der atypisch still an einer deutschen GmbH & Co. KG beteiligt war. Während der Kläger Art. 11 des DBA Italien – und damit eine alleinige Besteuerung der Zinseinkünfte im Ansässigkeitsstaat – durchsetzten wollte, ging das Finanzamt davon aus, dass die Zinsen über § 50d Abs. 10 EStG als gewerbliche Einkünfte in Deutschland zu versteuern waren.

Ansicht des BFH
Der BFH führt zunächst aus, dass die Zinsen nach § 49 Abs. 1 Nr. 2a) EStG grundsätzlich in Deutschland zu besteuern sind. Die Darlehensforderung sei in diesem Zusammenhang der Betriebsstätte der deutschen GmbH & Co. KG zuzurechnen. Betriebsstättenlose Einkünfte aus Gewerbebetrieb kann es nach Ansicht des BFH nicht geben. Er verweist hierbei auf die Neuregelung durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRUmsG), wonach die Zuordnung bei der Betriebsstätte erfolge, bei der die Vergütungen für den Gesellschafter in Abzug gebracht worden sind. Gleichwohl hält der I. Senat die Regelung in § 50d Abs. 10 EStG für verfassungswidrig. Er begründet dies mit einem Verstoß gegen Völkerrecht, welcher ohne tragfähige Gründe erfolge und den Kläger damit in seinem subjektiven Grundrecht auf die Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung verletzte. Kritisch gesehen wird dabei insbesondere Folgendes: Durch die einseitige Umqualifizierung kommt es gegebenenfalls zu einer Doppelbesteuerung, weil der ausländische Staat die betreffenden Einkunftsquellen in vollem Umfang besteuert, ohne dass es zu einer Anrechnung der deutschen Steuer kommt. Durch die rückwirkende Anwendung der mit dem AmtshilfeRUmsG geänderten Regelungen kommt es zu einem Verstoß gegen das Rückwirkungsprinzip.

Konsequenzen
Der seit Jahren schwelende Streit zwischen Rechtsprechung und Finanzverwaltung beziehungsweise Gesetzgeber wird nun auch für gewerbliche Einkünfte vor dem BVerfG ausgetragen. Steuerpflichtige sollten entsprechende Steuerbescheide offenhalten.

Vermietung und Verpachtung: Zur Behandlung einer Vergleichszahlung nach Verletzung eines Gebrauchsmusters

Vermietung und Verpachtung: Zur Behandlung einer Vergleichszahlung nach Verletzung eines Gebrauchsmusters

Kernproblem
Zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören auch Einnahmen aus zeitlich begrenzter Überlassung von Rechten, insbesondere von schriftstellerischen, künstlerischen oder gewerblichen Urheberrechten und Erfahrungen. Ob die Entschädigungszahlung für eine widerrechtliche Nutzung eines Gebrauchsmusters auch eine ertragsteuerlich nicht steuerbare Zahlung für Schadensersatz darstellen kann, hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden.

Sachverhalt
Die Ehefrau von zusammenveranlagten Ehegatten besaß ein geschütztes Gebrauchsmuster für eine „Tragevorrichtung zum Ankoppeln an Fahrzeugen“. Die ausschließliche Lizenz hieran übertrug sie im Jahr 1999 an ihren Ehemann, der dann auch später im Jahr 2005 das Gebrauchsmuster erwarb. Eine niederländische Firma hatte nach Auffassung der Eheleute über Jahre hinweg gegen das Recht verstoßen und Heckträger produziert. Nach langjährigen Rechtsstreitigkeiten wurde im Jahr 2008 wegen der Verletzung von Rechten aus dem Gebrauchsmuster ein Vergleich geschlossen. Die in den Jahren 2008 und 2009 zugeflossenen Vergleichszahlungen behandelte das Finanzamt als steuerpflichtigen Ersatz für entgangene Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Hiergegen klagten die Eheleute vor dem FG, weil es sich bei den Zahlungen um Schadensersatz für die Verletzung von Persönlichkeitsrechten oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen handele. Dafür sprach nach deren Ansicht auch, dass die Vergleichszahlung wesentlich höher war, als mögliche Lizenzentgelte.

Entscheidung
Das FG folgte der Ansicht des Finanzamts. Der Senat konnte nicht feststellen, dass die Zahlungen unabhängig von der Gebrauchsmusterverletzung allein oder auch wegen einer Persönlichkeitsverletzung beziehungsweise Gesundheitsbeeinträchtigung vereinbart wurden. Die vergleichsweise gezahlten Beträge standen damit nach Auffassung des FG in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den durch die widerrechtliche Lizenznutzung entgangenen Einnahmen. Daher war für die Richter auch unerheblich, dass sich nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ein anderer Vergleichsbetrag ergeben hätte oder dieser, wie behauptet, ohne Einkunftserzielungsabsicht erlangt wurde.

Konsequenz
Entscheidungserheblich dürfte gewesen sein, dass der Vergleich keine Regelungen zu nicht steuerbaren Bestandteilen der Ausgleichszahlung enthielt. Die Revision wurde jedoch zugelassen und ist bereits beim Bundesfinanzhof anhängig.

§ 35a EStG: Neues Anwendungsschreiben des BMF

§ 35a EStG: Neues Anwendungsschreiben des BMF

Kernproblem
Die Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und Dienstleistungen sowie Handwerkerleistungen ist Bestandteil fast jeder Einkommensteuererklärung geworden und hat in jüngster Vergangenheit den Bundesfinanzhof (BFH) beschäftigt. Dabei ging es häufig um die Frage, was eine haushaltsnahe Tätigkeit ist oder wie weit der Haushalt reicht. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hatte zuletzt im Jahr 2010 ein Anwendungsschreiben veröffentlicht, das jetzt komplett überarbeitet wurde und neuere Rechtsprechung des BFH enthält. Im Wesentlichen gibt es folgende Neuerungen:

Heimbewohner ohne eigenen (abgeschlossenen) Haushalt
Begünstigt sind auch Aufwendungen, die wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit sie auf Dienstleistungen entfallen, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind. Das können z. B. Aufwendungen sein für die Raumreinigung oder den Wäscheservice am Unterbringungsort. Das Vorhandensein eines eigenen Haushalts im Heim oder am Ort der dauernden Pflege ist in diesen Fällen nicht erforderlich. Nicht begünstigt sind die Mietzahlungen für die Unterbringung, die Aufwendungen für den Hausmeister, den Gärtner sowie sämtliche Handwerkerleistungen. Nicht mit einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind Pflege- und Betreuungsleistungen.

Heimbewohner mit eigenen Haushalt
Aufwendungen für die Zubereitung von Mahlzeiten in der hauseigenen Küche einer solchen Einrichtung und das Servieren der Speisen in dem zur Gemeinschaftsfläche rechnenden Speisesaal sind ebenfalls als haushaltsnahe Dienstleistungen begünstigt. Nicht begünstigt ist die Zubereitung von Mahlzeiten außer Haus einschließlich der Anlieferung, wie z. B. bei „Essen auf Rädern“.

Abgrenzung zum nicht begünstigten Neubau
Wesentliches Merkmal ist, ob die jeweilige Maßnahme in einem vorhandenen Haushalt durchgeführt wird. Auf die ertragsteuerliche Einordnung als Erhaltungs- oder Herstellungsaufwand kommt es nicht an. Maßnahmen im Zusammenhang mit neuer Wohn- bzw. Nutzflächenschaffung in einem vorhandenen Haushalt sind daher begünstigt. Das gilt auch dann, wenn der Gebrauchswert der Immobilie dadurch erhöht wird. Nicht begünstigt sind alle Neubaumaßnahmen, die im Zusammenhang mit der Errichtung eines Haushalts bis zu dessen Fertigstellung anfallen. Eine beispielhafte Aufzählung enthält Anlage 1 zu dem neuen Anwendungsschreiben.

Gutachtertätigkeit
Die Tätigkeit eines Gutachters gehört weder zu den haushaltsnahen Dienstleistungen, noch handelt es sich um eine Handwerkerleistung. Das gilt z. B. für Mess- oder Überprüfungsarbeiten, eine Legionellenprüfung, Kontrolle von Aufzügen oder von Blitzschutzanlagen, die Feuerstättenschau des Schornsteinfegers sowie andere technische Prüfdienste. Für die künftig ab 2014 nicht mehr berücksichtigungsfähige Gutachtertätigkeit von Schornsteinfegern (Feuerstättenschau) ist eine Nichtbeanstandungsregelung enthalten. Bis einschließlich 2013 können die Leistungen von Schornsteinfegern insgesamt in einer Summe geltend gemacht werden. Ab 2014 ist aufzuteilen in Kehr- und Prüfungsarbeiten.

Konsequenz

Das BMF-Schreiben ist grundsätzlich in allen offenen Fällen anzuwenden und enthält viele für die Praxis hilfreiche Beispiele. Nichtsdestotrotz ist die Rechtsprechung zu verfolgen, denn es sind noch Revisionsverfahren anhängig (z. B. Straßen- und Gehwegreinigung auf öffentlichem Grundstück oder Müllabfuhr).

Insolvenzverfahren: Einstellung bei Restschuldbefreiung wegen Wegfall des Eröffnungsgrunds?

Insolvenzverfahren: Einstellung bei Restschuldbefreiung wegen Wegfall des Eröffnungsgrunds?

Kernaussage
Wird dem Schuldner nach Abschluss der Wohlverhaltensphase Restschuldbefreiung erteilt, wandeln sich die Insolvenzforderungen zu unvollkommenen Verbindlichkeiten, d. h. sie sind weiterhin erfüllbar, aber deren Durchsetzbarkeit ist nicht mehr erzwingbar. Bei noch laufendem Insolvenzverfahren begründet die Restschuldbefreiung nicht die Möglichkeit das Insolvenzverfahren wegen Wegfall des Eröffnungsgrunds einzustellen. Zwar entfällt der Insolvenzbeschlag für den Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Wohlverhaltensphase. Hinsichtlich des zuvor in die Masse gefallenen Vermögens ist jedoch das Insolvenzverfahren zu Ende zu führen.

Sachverhalt
Mit Beschluss von Mai 2004 wurde über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zum Insolvenzverwalter bestellt. Entsprechend der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 3.12.2009 erlangte der Schuldner nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung rechtskräftig Restschuldbefreiung. Das Insolvenzverfahren dauerte an. Der Schuldner begehrt die Einstellung des Insolvenzverfahrens mit der Begründung, dass nach Erteilung der Restschuldbefreiung der Insolvenzeröffnungsgrund weggefallen sei. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde blieb erfolglos.

Entscheidung
Die Einstellung des Insolvenzverfahrens ist zwar möglich, wenn keine (drohende) Zahlungsunfähigkeit vorliegt, jedoch sind die im laufenden Insolvenzverfahren zur Tabelle angemeldeten und festgestellten Insolvenzforderungen zu berücksichtigen. Durch die Restschuldbefreiung werden die Insolvenzforderungen zu unvollkommenen Verbindlichkeiten und können somit bei der Feststellung einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit für ein nach der Restschuldbefreiung zu eröffnendes Insolvenzverfahren nicht berücksichtigt werden. Doch im laufenden Insolvenzverfahren sind sie weiterhin zu berücksichtigen. Durch die Loslösung der Erteilung der Restschuldbefreiung von dem Insolvenzverfahren sollen die Insolvenzgläubiger im laufenden Verfahren ihre Rechte nicht verlieren. Bei Einstellung des Insolvenzverfahrens würde der Schuldner nämlich das Recht zurückerlangen, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen, während die Gläubiger ihre Forderungen nicht mehr durchsetzen könnten. Hierdurch würde der Zweck des Insolvenzverfahrens, nämlich die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger, verfehlt.

Konsequenz
Unabhängig von der Erteilung einer Restschuldbefreiung ist das laufende Insolvenzverfahren fortzuführen.

Häusliches Arbeitszimmer: Aufteilbarkeit der Kosten (Vorlage an Großen Senat)

Häusliches Arbeitszimmer: Aufteilbarkeit der Kosten (Vorlage an Großen Senat)

Kernproblem
Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) tritt nur zusammen, wenn er von einem Senat des BFH angerufen wird. Dies ist vor allem der Fall, wenn der vorlegende Senat in einer Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Senats abweichen will oder eine grundsätzliche Rechtsfrage zu klären ist. Der 11 Mitglieder umfassende Große Senat ist nun zur Frage der Aufteilbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer angerufen worden.

Rechtslage
Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH muss das Arbeitszimmer so gut wie ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt werden, um die Aufwendungen zumindest anteilig (bis 1.250 EUR) oder bei qualitativem Mittelpunkt auch vollständig anerkannt zu bekommen. Das lag in der Vergangenheit am streng ausgelegten Aufteilungsverbot von gemischt veranlassten Aufwendungen. Damit ist es aber nach einer bedeutenden Entscheidung des Großen Senats im Jahr 2009 vorbei, als dieser gemischt veranlasste Reisekosten zu einer Messe nach Las Vegas anteilig zum Abzug als Werbungskosten zuließ. Der BFH hatte sich damit weg von seinem früheren Aufteilungsverbot und hin zu einem Aufteilungsgebot bewegt. Dass diese Entwicklung vor den Finanzgerichten (FG)nicht Halt machen würde, konnte man bereits an einer Entscheidung des FG Köln erkennen, das sogar die Kosten einer „Arbeitsecke“ im Wohnzimmer zum Abzug zuließ. Bei anderen dem BFH vorliegenden Fällen wurde ein normal eingerichtetes Arbeitszimmer nachweislich nur zu einem Bruchteil für die Einkunftsart verwendet. Der IX. Senat nahm das jetzt zum Anlass für eine Anfrage an den Großen Senat.

Sachverhalt
Der Vermieter zweier Mehrfamilienhäuser bewohnte ein Einfamilienhaus, in dem er ein mit Schreibtisch, Büroschränken, Regalen sowie einem Computer ausgestattetes häusliches Arbeitszimmer nutzte. Für die Verwaltung seiner vermieteten Immobilen hatte er das Arbeitszimmer nachweislich zu 60 % genutzt. Der IX. Senat will der positiven Vorentscheidung des Niedersächsischen FG folgen und die Aufwendungen zeitanteilig aufteilen, weil das Gesetz die nahezu ausschließliche Nutzung nicht verlange. Dagegen haben der VIII. und der die „Arbeitsecke“ behandelnde X. Senat die Frage aufgeworfen, ob der Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers nicht eine so gut wie ausschließliche Nutzung impliziere. Der IX. Senat misst der Vorlagefrage grundsätzliche Bedeutung und große Breitenwirkung zu.

Konsequenz
Bis der Große Senat die Entscheidung getroffen hat, ob der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der jeweilige Raum (nahezu) ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird oder die Aufwendungen entsprechend der jeweiligen Nutzung aufgeteilt werden können, sollten alle Verfahren offengehalten und zum Ruhen gebracht werden.

Grunderwerbsteuer bei Grundstücksschenkung unter Auflage

Grunderwerbsteuer bei Grundstücksschenkung unter Auflage

Kernaussage
Die schenkungsteuerliche Begrenzung des Jahreswerts einer Nutzung findet für Zwecke der Grunderwerbsteuer keine Anwendung. Auflagen, die der Grunderwerbsteuer unterliegen, müssen grunderwerbsteuerlich folglich nicht nach übereinstimmenden Maßstäben des Schenkungsteuergesetzes berechnet werden.

Sachverhalt
Die Klägerin überließ dem B ein Wohngrundstück, der ihr ein unentgeltliches lebenslängliches Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht einräumte. Der Jahreswert des Wohnungsrechts wurde mit 9.000 EUR beziffert. Bei der Bemessung der Schenkungsteuer wurden das Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht unter Berücksichtigung des für schenkungsteuerliche Zwecke geltenden Maximaljahreswerts einer Nutzung mit 98.110 EUR erwerbsmindernd berücksichtigt. Das Finanzamt ermittelte als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer indes einen Wert von 109.170 EUR (9.000 EUR x 12,130) und berücksichtigte dabei gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 2 Bewertungsgesetz (BewG) nicht die Begrenzung des Jahreswerts nach § 16 BewG. Der hiergegen eingereichten Klage folgte das Finanzgericht mit der Begründung, bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer sei der Kapitalwert nur in der Höhe zu berücksichtigen, in der er bei der Schenkungssteuer bereicherungsmindernd abgezogen würde (98.110 EUR). Hiergegen legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof ein.

Entscheidung
Im Revisionsverfahren folgten die Richter der Argumentation des Finanzamtes. Bei einer Schenkung unter Nutzungs- oder Duldungsauflagen unterliegt die Auflage mit ihrem Wert der Grunderwerbsteuer. Dieser Wert ermittele sich nach §§ 14 und 15 BewG. Die schenkungsteuerliche Beschränkung des Jahreswerts gemäß § 16 BewG sei für Zwecke der Grunderwerbsteuer nicht anwendbar. Die Festsetzung der Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer habe somit grundsätzlich unabhängig voneinander zu erfolgen.

Konsequenz
Die Entscheidung steht im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 BewG findet § 16 BewG auf die Grunderwerbsteuer keine Anwendung. Sie betrifft jedoch nur Fälle, in denen keine sonstige Grunderwerbsteuerbefreiung eintritt. Die Einräumung von Nutzungsrechten durch den Ehegatten oder den eingetragenen Lebenspartner des Übertragenden sowie Einräumungen an Verwandte in gerader Linie unterliegen beispielsweise nicht der Grunderwerbsteuer.