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Umsatzsteuerliche Behandlung des Handels mit Non-Fungible Token (NFT)

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Mit Urteil vom 10. Juli 2025 (Az. 5 K 26/24, rechtskräftig) hat sich der 5. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts erstmals mit der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des Handels mit Non-Fungible Token (NFT) befasst.


Der Streitfall

Der Kläger handelte im Jahr 2021 als Einzelunternehmer mit sogenannten NFT Collectibles, also digitalen Sammelobjekten, die über die Plattform OpenSea vertrieben wurden.

Besonderheiten des Falles:

  • gehandelt wurde nicht die digitale Datei selbst, sondern ein Blockchain-Eintrag (Token)
  • Erwerber waren weltweit verteilt, aber ohne Identifizierung als Unternehmer (keine USt-IdNr.)
  • der Kläger argumentierte, es handele sich um Leistungen an die Plattform OpenSea (USA) oder um nicht steuerbare Umsätze mangels Identifizierbarkeit der Käufer
  • das Finanzamt setzte Umsatzsteuer in voller Höhe mit 19 % fest

Die Entscheidung des FG Niedersachsen

Das Finanzgericht gab der Klage teilweise statt und stellte im Kern fest:

  • Leistungstyp: NFT-Handel stellt sonstige Leistungen i. S. v. § 3 Abs. 9 UStG dar, keine Lieferungen.
  • Leistungsempfänger: sind die Käufer, nicht die Plattform OpenSea. Die Voraussetzungen einer Dienstleistungskommission (§ 3 Abs. 11a UStG) lagen nicht vor.
  • Identifizierbarkeit: die pseudonymisierten Wallet-Adressen stehen einer umsatzsteuerlichen Zurechnung nicht entgegen.
  • Unternehmereigenschaft der Käufer: nicht nachgewiesen, daher sind diese als Nichtunternehmer zu behandeln.
  • Leistungsort: es handelt sich um elektronisch erbrachte sonstige Leistungen (§ 3a Abs. 5 UStG). Mangels ordnungsgemäßer Feststellung der Ansässigkeit der Kunden schätzte das Gericht den Anteil der inländischen Leistungen auf 50 % der Umsätze.
  • Steuerbefreiungen oder ermäßigte Steuersätze kamen nicht in Betracht.
  • Ein strukturelles Vollzugsdefizit bei NFT-Geschäften sah das Gericht nicht.

Das Urteil ist rechtskräftig. Die Revision zum BFH wurde zugelassen, aber nicht eingelegt.


Bedeutung für die Praxis

  1. NFT-Handel ist umsatzsteuerpflichtig
    Der Verkauf von NFT Collectibles unterliegt grundsätzlich der Umsatzsteuer.
  2. Leistungsort entscheidend
    Bei Verkäufen an Nichtunternehmer sind die Umsätze dort steuerbar, wo der Kunde ansässig ist. Ohne belastbare Nachweise kann das Finanzamt eine Schätzung zulasten des Unternehmers vornehmen.
  3. Mitwirkungspflichten beachten
    Händler von NFT müssen verstärkt prüfen und dokumentieren, wo ihre Kunden ansässig sind. Dies erfordert gegebenenfalls ergänzende Abfragen oder Plausibilitätsprüfungen.
  4. Kein strukturelles Vollzugsdefizit
    Ein Verweis auf die praktische Schwierigkeit der Kontrolle führt nicht zur Umsatzsteuerfreiheit.

Fazit

Das Urteil des FG Niedersachsen zeigt: NFT-Verkäufe sind keine „Grauzone“ mehr, sondern klar steuerbar. Unternehmer, die NFT handeln, müssen sich auf erweiterte Aufzeichnungs- und Mitwirkungspflichten einstellen und das Risiko einer Schätzung durch das Finanzamt vermeiden.

Die Finanzverwaltung und die Gerichte sehen im NFT-Handel eine steuerbare, umsatzsteuerpflichtige Leistung – ein strukturelles Vollzugsdefizit liegt nicht vor.

Checkliste: NFT-Handel & Umsatzsteuer – 5 Punkte, die Sie beachten müssen

  1. Unternehmerstatus prüfen
    • Wer regelmäßig NFT handelt, gilt steuerlich als Unternehmer.
    • Gewinne aus dem Handel sind nicht nur einkommensteuerpflichtig, sondern auch umsatzsteuerlich relevant.
  2. Leistung richtig einordnen
    • NFT-Verkäufe sind keine „Lieferungen“, sondern sonstige Leistungen (§ 3 Abs. 9 UStG).
    • Regelsteuersatz: derzeit 19 %.
  3. Leistungsort feststellen
    • Verkäufe an Unternehmer (B2B) → Leistungsort im Sitzstaat des Käufers (§ 3a Abs. 2 UStG).
    • Verkäufe an Privatpersonen (B2C) → Leistungsort im Sitzstaat des Kunden (§ 3a Abs. 5 UStG).
    • Ohne Nachweise (z. B. Wohnsitzbestätigung, IP-/Zahlungsdaten) droht eine Schätzung durch das Finanzamt.
  4. Dokumentations- und Mitwirkungspflichten
    • Wallet-Adressen allein reichen nicht aus.
    • Prüfen Sie, ob ergänzende Daten erhoben werden können (E-Mail, Zahlungsdienstleister, Geolocation).
    • Dokumentation mindestens 10 Jahre aufbewahren.
  5. Steuerliche Risiken vermeiden
    • Kein Verlass auf „Steuerfreiheit wegen Anonymität“.
    • Schätzungen können zu hohen Steuernachzahlungen führen.
    • Frühzeitig steuerliche Beratung einholen und Buchhaltungssystem auf digitale Assets anpassen.

💡 Tipp: Wenn Sie NFT nicht nur privat, sondern regelmäßig handeln, sollten Sie prüfen, ob Sie die Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) nutzen können oder ob eine Umsatzsteuer-Registrierung im EU-Ausland (OSS-Verfahren) notwendig wird.

Verordnung zum Abruf von Kindergelddaten durch Sozialleistungsträger


Am 08. August 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Referentenentwurf einer neuen Verordnung zum Abruf von Kindergelddaten durch Sozialleistungsträger (SozKiGAbV) veröffentlicht.

Ziel ist es, Verwaltungsverfahren für Familienleistungen zu vereinfachen und unnötige Mehrfachangaben durch Eltern zu vermeiden.


Hintergrund

Die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit verwaltet die Kindergeldakten. Diese enthalten sensible Daten, die bisher dem Steuergeheimnis unterlagen und deshalb nicht ohne Weiteres für andere Sozialleistungen genutzt werden durften.

Durch die Schaffung einer neuen Rechtsgrundlage in § 68 Abs. 5 EStG ist nun ein rechtssicherer Datenaustausch möglich. Damit steht dem Abruf durch Sozialleistungsträger das Steuergeheimnis nicht mehr entgegen.


Welche Leistungen sind betroffen?

Die Kindergelddaten können künftig auch für folgende Leistungen genutzt werden:

  • Leistungen der Arbeitsförderung nach § 19 SGB I
  • Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 19a SGB I
  • Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz
  • Leistungen für Bildung und Teilhabe
  • Elterngeld nach § 25 SGB I
  • Leistungen der Sozialhilfe nach § 28 SGB I
  • Unterhaltsvorschuss nach dem Unterhaltsvorschussgesetz

Vorteile für Eltern und Verwaltung

  • Eltern müssen den Kindergeldbezug nicht erneut nachweisen, wenn sie zusätzliche Leistungen beantragen.
  • Doppelarbeit und Medienbrüche in den Antragsverfahren werden reduziert.
  • Verwaltungsvorgänge werden schneller und effizienter, was sowohl Familien als auch die Behörden entlastet.

Abgrenzung zum Kinderzuschlag

Die Nachnutzung der Kindergelddaten für den Kinderzuschlag ist bereits seit 2023 in einer separaten Verordnung geregelt (BGBl. 2023 I Nr. 376). Diese bleibt bestehen und wird von der neuen Verordnung nicht berührt.

Übersicht: Nutzung der Kindergelddaten ab 2025

LeistungBisher: Eltern mussten …Künftig: durch Datenaustausch …
Arbeitsförderung (§ 19 SGB I)Kindergeldbescheinigung einreichenDaten werden automatisch von der Familienkasse bereitgestellt
Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 19a SGB I)Nachweise über Kindergeldbezug beilegenKeine zusätzlichen Nachweise mehr erforderlich
Kindergeld (BKGG)Eigenständige Angaben erneut eintragenDaten liegen bereits vor, Doppelangaben entfallen
Bildung und TeilhabeKindergeldnachweis als Anspruchsgrundlage vorlegenDaten werden automatisiert abgerufen
Elterngeld (§ 25 SGB I)Kindergeldbezug separat nachweisenFamilienkasse stellt Daten direkt zur Verfügung
Sozialhilfe (§ 28 SGB I)Kindergeldbescheid mit Antrag einreichenAutomatischer Zugriff durch Sozialämter
Unterhaltsvorschuss (UVG)Anspruch durch Kindergeldbescheinigung belegenDirekter Abruf durch die zuständige Stelle

Fazit

Die geplante SozKiGAbV ist ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung und Entbürokratisierung der Sozialverwaltung. Eltern profitieren von weniger Aufwand bei der Antragstellung, während die Behörden durch den automatisierten Datenaustausch entlastet werden.

Es bleibt abzuwarten, wie schnell die technische Umsetzung erfolgt – für betroffene Familien bedeutet die Verordnung jedenfalls eine spürbare Erleichterung im Alltag.

Muster der Lohnsteuer-Anmeldung 2026

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Mit Schreiben vom 14. August 2025 (Az. IV C 5 – S 2533/00120/006/009) hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) das neue Muster der Lohnsteuer-Anmeldung 2026 bekannt gemacht.

Die Lohnsteuer-Anmeldung ist für Arbeitgeber ein zentrales Instrument, um die einbehaltene Lohnsteuer fristgerecht an das Finanzamt abzuführen. Änderungen im Vordruck wirken sich unmittelbar auf die monatlichen oder vierteljährlichen Meldungen aus.


Wesentliche Inhalte des BMF-Schreibens

  • Geltung ab Januar 2026
    Das neue Vordruckmuster gilt für Lohnsteuer-Anmeldungszeiträume ab 1. Januar 2026.
  • Maßgeblichkeit für elektronische Formulare
    Das Vordruckmuster ist auch für die Gestaltung der elektronischen Vordrucke maßgebend. Softwarehersteller müssen ihre Programme entsprechend anpassen.
  • Neues Freitextfeld zu Kennzahl 23
    Abweichend vom Vordruckmuster wird in den elektronischen Formularen zusätzlich ein Freitextfeld für die Kennzahl 23 vorgesehen.
  • Neue Kennzahl 21 (§ 19a Abs. 4a EStG)
    Arbeitgeber haben künftig die Möglichkeit, über Kennzahl 21 eine Erklärung abzugeben, wenn im Zusammenhang mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bei Vermögensbeteiligungen eine Haftungserklärung nach § 19a Abs. 4a Satz 1 EStG abgegeben wird.
    → Falls zutreffend, ist in das Feld eine „1“ einzutragen.
  • Trennung nach Kalenderjahren (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG)
    Die Lohnsteuer ist getrennt nach Kalenderjahren anzugeben. Diese Regelung ist insbesondere relevant, wenn Lohnzahlungen über den Jahreswechsel hinausgehen oder als im Vorjahr bezogen gelten.
    → Die erforderlichen Kennzahlen und weitere Informationen finden Sie unter www.elster.de.
  • Hinweis zu Korrekturen
    Eintragungen zur Lohnsteuer des Vor- oder Folgejahres dienen ausschließlich der Zuordnung zum jeweiligen Kalenderjahr. In Korrekturfällen müssen die betroffenen Lohnsteuer-Anmeldungen geändert werden – eine nachträgliche Umbuchung in anderen Formularen ist nicht zulässig.

Praxis-Hinweis für Arbeitgeber

Arbeitgeber sollten rechtzeitig prüfen, ob:

  • die eingesetzte Lohnsoftware die neuen Vorgaben ab Januar 2026 berücksichtigt,
  • interne Prozesse zur Abgabe der Lohnsteuer-Anmeldung angepasst werden müssen,
  • die Finanzbuchhaltung auf die neuen Kennzahlen (insbesondere Kennzahl 21) vorbereitet ist.

Gerade bei Vermögensbeteiligungen und bei Zahlungen, die Jahresgrenzen überschreiten, empfiehlt sich eine enge Abstimmung mit der Lohnbuchhaltung und ggf. dem Steuerberater.


Fazit

Das Muster der Lohnsteuer-Anmeldung 2026 bringt keine grundlegende Umstellung, wohl aber einige präzise Anpassungen im Detail – vor allem durch die neue Kennzahl 21 und das zusätzliche Freitextfeld bei Kennzahl 23. Arbeitgeber sollten die Neuerungen frühzeitig in ihre Systeme und Abläufe integrieren, um eine reibungslose Abgabe sicherzustellen.

Vorsorgepauschale im Lohnsteuerabzugsverfahren ab 2026

Am 14. August 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) das Schreiben IV C 5 – S 2367/00012/004/033 veröffentlicht. Es handelt sich um einen koordinierten Ländererlass, der ab dem 1. Januar 2026 gilt und das BMF-Schreiben vom 26. November 2013 ersetzt.

Hintergrund

Die Vorsorgepauschale ist ein steuerlicher Pauschalbetrag, der im Lohnsteuerabzugsverfahren automatisch berücksichtigt wird, um die wichtigsten Vorsorgeaufwendungen von Arbeitnehmer:innen (z. B. Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung) steuerlich zu erfassen. Mit den Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2020, das Jahressteuergesetz 2022 sowie das Kreditzweitmarktförderungsgesetz 2023 wurde die Berechnung und Systematik der Vorsorgepauschale angepasst.

Ab 2026 gilt nun ein aktualisiertes Verfahren, das im neuen BMF-Schreiben detailliert geregelt ist.

Wesentliche Inhalte des neuen BMF-Schreibens

1. Allgemeines

  • Die Vorsorgepauschale wird ausschließlich im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigt (§ 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 EStG).
  • Sie gilt in allen Steuerklassen.
  • Darüber hinausgehende individuelle Vorsorgeaufwendungen können erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung geltend gemacht werden.

2. Bemessungsgrundlage

Die Berechnung der Vorsorgepauschale stützt sich auf das Bruttoarbeitsentgelt, wobei bestimmte Höchstbeträge und Prozentsätze Anwendung finden.

3. Teilbeträge der Vorsorgepauschale

Die Vorsorgepauschale setzt sich ab 2026 aus mehreren Teilbeträgen zusammen:

  • Rentenversicherung (§ 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. a EStG)
  • Gesetzliche Krankenversicherung (§ 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. b EStG)
  • Soziale Pflegeversicherung (§ 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. c EStG)
  • Private Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung (§ 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. d EStG)
  • Arbeitslosenversicherung (§ 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. e EStG)

4. Neue Bescheinigungspflichten

  • Arbeitgeber müssen künftig bestimmte Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung des Arbeitnehmers in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b EStG) ausweisen.

5. Wegfall der Mindestvorsorgepauschale

Ab 2026 entfällt die bisherige Mindestvorsorgepauschale.

6. Weitere Änderungen

  • Anpassungen im Bereich des Lohnsteuer-Jahresausgleichs (§ 42b EStG).
  • Überarbeitete Lohnsteuertabellen für die manuelle Berechnung (§ 51 Abs. 4 Nr. 1a EStG).
  • Auswirkungen auf die Pauschalierung der Lohnsteuer in besonderen Fällen (§ 40 Abs. 1 EStG).

Praxisrelevanz für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

  • Arbeitgeber müssen ihre Lohnabrechnungsprogramme rechtzeitig an die neuen Vorgaben anpassen, da die Vorsorgepauschale direkt in der monatlichen Lohnabrechnung wirkt.
  • Arbeitnehmer:innen profitieren von einer realistischeren Berücksichtigung ihrer Vorsorgeaufwendungen, müssen aber beachten, dass zusätzliche Beiträge (z. B. private Zusatzversicherungen) weiterhin nur in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden können.
  • Steuerberater:innen sollten ihre Mandanten frühzeitig informieren, insbesondere zu den neuen Bescheinigungspflichten und dem Wegfall der Mindestvorsorgepauschale.

Quelle: Bundesministerium der Finanzen – BMF-Schreiben vom 14.08.2025, IV C 5 – S 2367/00012/004/033.

Mindeststeuer-Berichte: Bekanntgabe des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes

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Am 05. August 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) das Schreiben IV B 5 – S 1100/00001/002/121 veröffentlicht. Darin wird der amtlich vorgeschriebene Datensatz für die elektronische Übermittlung der Mindeststeuer-Berichte bekanntgegeben.

Hintergrund: Gesetz zur globalen Mindestbesteuerung

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 vom 21. Dezember 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 397) wurden die internationalen Vereinbarungen zur globalen Mindestbesteuerung in nationales Recht überführt.

  • Geltung: Für Geschäftsjahre, die nach dem 30. Dezember 2023 beginnen.
  • Ziel: Sicherstellung einer effektiven Mindestbesteuerung multinationaler Unternehmensgruppen mit einem Jahresumsatz von mindestens 750 Mio. Euro.

Ein zentrales Element der neuen Pflichten ist die Abgabe eines Mindeststeuer-Berichts.

Neuer Datensatz für die elektronische Übermittlung

  • Der Bericht ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle elektronisch zu übermitteln (§ 75 Abs. 3 Satz 4 MinStG).
  • Der Datenaustausch erfolgt im XML-Format.
  • Die Übermittlung läuft über die DIP-Schnittstelle (Digitaler Posteingang – Schnittstelle), die speziell für den Massenverkehr von Steuerdaten vorgesehen ist.

Der aktuell gültige Datensatz sowie zukünftige Versionen stehen auf der Website des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) www.bzst.bund.de zum Abruf bereit. Auch die Datensatzbeschreibung ist dort sowie als Anlage zum BMF-Schreiben verfügbar.

Veröffentlichung und Rechtsfolgen

  • Die Bekanntgabe erfolgt im Bundessteuerblatt Teil I.
  • Der amtlich vorgeschriebene Datensatz ist für alle verpflichteten Unternehmen verbindlich.
  • Änderungen und Aktualisierungen werden künftig ebenfalls über das BZSt veröffentlicht.

Praxisrelevanz für Unternehmen

  • Betroffen sind insbesondere international tätige Unternehmensgruppen oberhalb der Umsatzschwelle von 750 Mio. Euro.
  • IT-Schnittstellen müssen rechtzeitig angepasst werden, damit die Meldungen korrekt und fristgerecht übermittelt werden können.
  • Steuerabteilungen sollten die aktuellen Vorgaben des BZSt beobachten, da sich die Datensatzbeschreibung aufgrund von internationalen Standards und technischer Harmonisierung ändern kann.

Quelle: Bundesministerium der Finanzen – BMF-Schreiben vom 05.08.2025, IV B 5 – S 1100/00001/002/121.

Zurückweisung von Einsprüchen zur Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 (Altfälle vor 2020)

Am 4. August 2025 haben die obersten Finanzbehörden der Länder per Allgemeinverfügung zahlreiche noch offene Einsprüche und Änderungsanträge zum Solidaritätszuschlag erledigt. Betroffen sind ausschließlich Veranlagungszeiträume vor 2020 – und nur dort, wo als Begründung die angebliche Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 (SolZG 1995) geltend gemacht wurde. Solche anhängigen und zulässigen Rechtsbehelfe werden pauschal zurückgewiesen. Grundlage sind u. a. § 367 Abs. 2b AO und § 172 Abs. 3 AO sowie einschlägige Entscheidungen von BVerfG und BFH.

Kurzfassung für die Praxis

  • Was ist passiert? Die obersten Finanzbehörden der Länder haben per Allgemeinverfügung angeordnet, dass alle am 4. August 2025 anhängigen und zulässigen Einsprüche gegen den Solidaritätszuschlag (SolZ) für Veranlagungszeiträume vor 2020 zurückgewiesen werden – soweit die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 geltend gemacht wird.
  • Gleiches gilt für zulässige Änderungsanträge außerhalb eines Einspruchs-/Klageverfahrens, die am 4.8.2025 anhängig waren und die Verfassungsmäßigkeit bestreiten.
  • Konsequenz: Ein individueller Abhilfebescheid ist nicht zu erwarten; Rechtsmittel sind zentral über die Klage gegen die Allgemeinverfügung zu führen.

Rechtlicher Hintergrund (Auszug)

Die Allgemeinverfügung stützt sich u. a. auf:

  • § 367 Abs. 2b AO (Zurückweisung gleichgelagerter Einsprüche durch Allgemeinverfügung) und § 172 Abs. 3 AO (Ablehnung von Änderungsanträgen),
  • Beschlüsse des BVerfG vom 10.06.2013 (2 BvR 1942/11; 2 BvR 2121/11) sowie vom 07.06.2023 (2 BvL 6/14),
  • Urteile des BFH vom 14.11.2018 (II R 64/15, BStBl II 2019, 289) und vom 20.02.2024 (IX R 27/23 [II R 27/15], BStBl II 2024, 444).

Wen betrifft das?

  • Steuerpflichtige mit Einsprüchen/Anträgen zum Solidaritätszuschlag für Zeit­räume vor 2020,
  • deren Begründung (allein oder überwiegend) die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 ist,
  • und deren Verfahren am 04.08.2025 beim Finanzamt anhängig und zulässig waren.

Was sollten Sie jetzt tun?

  1. Bescheide prüfen: Betrifft Ihr Einspruch/Antrag ausschließlich die Verfassungsmäßigkeit, ist mit Zurückweisung per Allgemeinverfügung zu rechnen.
  2. Weitere Streitpunkte sichern: Enthält Ihr Rechtsbehelf zusätzliche Sach- oder Rechtsfragen (z. B. Bemessungsgrundlage, Festsetzungshöhe), sollten diese gesondert weiterverfolgt werden.
  3. Fristen im Blick behalten: Gegen die Allgemeinverfügung ist nur Klage möglich (Einspruch ausgeschlossen). Die Klagefrist beträgt 1 Jahr ab dem Tag nach der BStBl-Veröffentlichung.
  4. Formalia beachten: Die Klage ist beim örtlich zuständigen Finanzgericht gegen das zuständige Finanzamt zu erheben. Elektronische Einreichung nach § 52a, § 52d FGO möglich.

Rechtsbehelfsbelehrung (auszugsweise, verständlich erläutert)

  • Rechtsmittel: Klage (kein Einspruch).
  • Frist: 1 Jahr ab dem Tag nach der BStBl-Veröffentlichung der Allgemeinverfügung.
  • Zuständigkeit: Finanzgericht des Bezirks, in dem das erlassende Finanzamt sitzt.
  • Inhalt der Klage: Angaben zu Kläger, Beklagtem (Finanzamt), Klagebegehren, angegriffenem Verwaltungsakt und Allgemeinverfügung; möglichst bestimmter Antrag, Sachverhaltsdarstellung und Beweismittel.
  • Beizufügen: Abschrift des angefochtenen Verwaltungsakts und der Allgemeinverfügung (bei elektronischer Klage: Upload).
  • Tipp: Reichen Sie die Klageschrift zweifach ein, sofern nicht elektronisch.

Unsere Einschätzung

  • Die Finanzverwaltung bündelt gleichgelagerte Verfahren zum SolZ vor 2020 und verweist auf die bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung.
  • Für Mandate mit rein verfassungsrechtlicher Argumentation zum SolZ 1995 ist die Erfolgsaussicht begrenzt.
  • Einzelfallchancen können bestehen, wenn weitere – nicht verfassungsrechtliche – Punkte im Raum stehen (z. B. Rechen-/Abgrenzungsfragen, Grundlagenbescheide, Vorläufigkeitsvermerke).

Handlungsempfehlungen für Mandanten

  • Lassen Sie Ihre Unterlagen prüfen. Wir klären, ob neben der Verfassungsfrage weitere Ansatzpunkte bestehen.
  • Entscheiden Sie über Klage: Wir beurteilen mit Ihnen Nutzen, Kosten und Risiken einer Klage gegen die Allgemeinverfügung.
  • Fristenmanagement: Wir übernehmen die Fristenkontrolle und die korrekte Einreichung beim Finanzgericht.
  • Dokumente bereitstellen: Bescheid(e), Einspruch, Verwaltungsakte, Korrespondenz mit dem Finanzamt, ggf. bereits erteilte Vorläufigkeits- oder Ruhensverfügungen.

Quelle: Bundesministerium der Finanzen

Was regelt die Allgemeinverfügung genau?

  • Geltungsbereich: Alle am 04.08.2025 noch anhängigen und zulässigen Einsprüche gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags für Jahre vor 2020, soweit allein die Verfassungswidrigkeit des SolZG 1995 gerügt wird. Gleiches gilt für entsprechende Änderungsanträge außerhalb von Einspruchs- oder Klageverfahren.
  • Rechtsmittel: Gegen die Allgemeinverfügung selbst ist nur Klage möglich (Einspruch ausgeschlossen). Die Klagefrist beträgt ein Jahr ab dem Tag nach der Veröffentlichung im Bundessteuerblatt.
  • Formalien: Die Klage ist beim örtlich zuständigen Finanzgericht gegen das Finanzamt zu richten; Details zur elektronischen Einreichung ergeben sich aus § 52a FGO und § 52d FGO.

Rechtlicher Hintergrund in Kürze

  • Das BMF verweist in der Allgemeinverfügung u. a. auf frühere BVerfG-Beschlüsse (2013; 2023) und BFH-Urteile (2018; 2024).
  • Zusätzlich hat das BVerfG am 26.03.2025 eine Verfassungsbeschwerde gegen den Solidaritätszuschlag zurückgewiesen und die Vereinbarkeit des SolZG mit dem Grundgesetz bekräftigt (Az. 2 BvR 1505/20).
  • Speziell für die Argumentation „Übermaßbesteuerung“ bei SolZ verweist die Verwaltung u. a. auf das BFH-Urteil vom 20.02.2024, IX R 27/23 (II R 27/15).

Wer ist betroffen – und wer nicht?

  • Betroffen: Steuerpflichtige mit offenen Einsprüchen/Anträgen zum SolZ bis einschließlich 2019, die nur auf die (Un-)Verfassungsmäßigkeit des SolZG 1995 gestützt sind.
  • Nicht automatisch betroffen:
    • Fälle ab 2020 (hierzu trifft die Allgemeinverfügung keine Regelung).
    • Einsprüche, in denen weitere, andere Gründe (z. B. Verfahrens- oder Sachfehler) geltend gemacht wurden – diese bleiben vom pauschalen Verwerfen unberührt und sind separat zu prüfen. (Folgt aus der Formulierung „soweit… geltend gemacht wird“.)

Was sollten Sie jetzt tun? (Praxisleitfaden)

  1. Posteingang prüfen: Geht Ihnen ein Sammel-/Allgemeinverfügungs-Hinweis oder eine Mitteilung des Finanzamts zu, ordnen Sie den Fall den betroffenen Jahren (bis 2019) zu.
  2. Einspruchsbegründung checken: Stand nur die Verfassungsmäßigkeit im Raum, ist der Einspruch mit Wirkung der Allgemeinverfügung erledigt. Enthielt er weitere Punkte, bestehen diese unabhängig fort – hier Nachfassen und gesonderte Bescheidung einfordern. (Ableitbar aus dem begrenzten Anwendungsbereich der Verfügung.)
  3. Klagefrist im Blick behalten: Wollen Sie die Allgemeinverfügung angreifen, beachten Sie die Jahresfrist ab BStBl-Veröffentlichung. Einspruch ist nicht zulässig.
  4. Mandantenkommunikation: Transparent erklären, dass die Finanzverwaltung nach höchstrichterlicher Linie agiert und altanhängige „Soli-Verfassungs“-Fälle abschließt. (BVerfG-Darstellung im BMF-Monatsbericht als Hintergrund nutzen.)

Häufige Fragen (FAQ)

Gilt das auch für Körperschaften?
Ja, soweit es um den festgesetzten Solidaritätszuschlag (als Ergänzungsabgabe zur KSt/ESt) vor 2020 geht und der Verfassungsangriff der einzige Streitpunkt ist.

Ich habe zusätzlich materielle Einwendungen erhoben – sind die auch weg?
Nein. Die Allgemeinverfügung wirkt nur insoweit, wie Verfassungsbedenken gegen das SolZG 1995 vorgebracht wurden. Andere Streitpunkte sind separat zu entscheiden.

Wo finde ich die Verfügung?
Die BMF-Fassung ist veröffentlicht; einige Länder (z. B. Sachsen) stellen identische Fassungen mit Länderzeichen (inkl. BW-Az. FM3-S 0338-1/43) bereit.

Grundsteuerwertfeststellung: Beschwer bleibt auch nach Grundstücksübertragung bestehen

FG Münster, Zwischenurteil vom 18.06.2025 – 3 K 6/25 F (nicht rechtskräftig, Revision BFH II R 34/25)
Mitteilung vom 15.08.2025


Kernaussage

Ein Steuerpflichtiger bleibt auch dann formell beschwert und kann gegen einen Grundsteuerwertbescheid vorgehen, wenn er das Grundstück bereits vor dem maßgeblichen Grundsteuerjahr veräußert hat und ihm künftig keine Grundsteuer mehr festgesetzt wird.


Sachverhalt

  • Eigentumsübertragung: Kläger übertrug 2022 seinen Grundbesitz an seine Tochter.
  • Feststellung: 2023 setzte das Finanzamt gegenüber dem Kläger den Grundsteuerwert zum 1. Januar 2022 fest.
  • Grundsteuermessbetrag: Für den 1. Januar 2025 zunächst festgesetzt, aber 2024 wieder aufgehoben.
  • Einspruch: Vom Finanzamt als unzulässig verworfen – Begründung: keine Beschwer mehr.

Entscheidung des FG Münster

Der 3. Senat stellte im Zwischenurteil klar:

  1. Fortbestehende formelle Beschwer
    • Der Kläger ist Inhaltsadressat des Grundlagenbescheids (Grundsteuerwertfeststellung) und bleibt damit Feststellungsbeteiligter.
    • Die Rechtswirkungen bestehen unabhängig davon, ob zukünftig Grundsteuer gegenüber ihm festgesetzt wird.
  2. Verfahrensrechtliche Position bleibt erhalten
    • Auch ohne spätere materielle Steuerbelastung behält der Kläger das Recht, den Bescheid gerichtlich überprüfen zu lassen.
    • Das Finanzamt durfte den Einspruch daher nicht mangels Beschwer verwerfen.

Praxishinweis

  • Grundlagenbescheide wirken fort: Selbst nach einer Eigentumsübertragung können Feststellungen zum Grundsteuerwert für den bisherigen Eigentümer relevant bleiben – insbesondere in Bezug auf Folgeänderungen oder andere Steuerarten.
  • Einspruchsfristen wahren: Wer Inhaltsadressat eines Grundlagenbescheids ist, sollte prüfen, ob eine Anfechtung sinnvoll ist – unabhängig von einer zukünftigen Steuerbelastung.
  • BFH-Verfahren abwarten: Die Revision (Az. II R 34/25) kann weitere Klarheit zur Reichweite der Beschwer bringen.

Quelle: Finanzgericht Münster, Zwischenurteil vom 18.06.2025 – 3 K 6/25 F, Newsletter August 2025

Werterhöhung einer Pensionszusage nach interner Teilung – Besteuerung bei der geschiedenen Ehefrau eines Gesellschafters

FG Münster, Urteil vom 18.06.2025 – 3 K 569/23 F (nicht rechtskräftig, Revision BFH IV R 12/25)
Mitteilung vom 15.08.2025


Kernaussage

Erhöht sich der Teilwert einer Pensionszusage, die im Rahmen einer internen Teilung (§ 10 VersAusglG) auf die geschiedene Ehefrau eines Gesellschafters übertragen wurde, kann diese Werterhöhung als „Leistung aus diesen Anrechten“ i. S. d. § 3 Nr. 55a Satz 2 EStG zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen – selbst wenn die geschiedene Ehefrau nicht Gesellschafterin der Personengesellschaft ist.


Sachverhalt

  • Klägerin: geschiedene Ehefrau eines Kommanditisten einer GmbH & Co. KG
  • Scheidungsfolgenvereinbarung: Übertragung eines Teils der Pensionszusage des Ex-Ehemanns auf die Klägerin im Wege der internen Teilung (§ 10 VersAusglG)
  • Steuerliche Behandlung:
    • Erstmalige Aktivierung der Pensionszusage in der Sonderbilanz der Klägerin: steuerfrei (§ 3 Nr. 55a Satz 1 EStG)
    • Jahresende: Wertsteigerung der Pensionszusage um 37.897 €
  • Finanzamt: Behandlung der Werterhöhung als Gewinn aus Sonderbetriebsvermögen und Feststellung bei der Klägerin
  • Klägerin: Widerspruch, da keine Liquidität zugeflossen sei und – falls Einbeziehung in die Feststellung – auch anteiliges negatives Ergebnis der Gesamthand zugewiesen werden müsse.

Entscheidung des FG Münster

Das Gericht wies die Klage ab:

  1. Fiktive Gleichstellung mit dem Ausgleichsverpflichteten
    • § 3 Nr. 55a Satz 2 EStG ordnet an, dass erhaltene Leistungen aus der internen Teilung der Einkunftsart des Ausgleichsverpflichteten zugeordnet werden.
    • Folge: Klägerin wird wie eine Mitunternehmerin behandelt.
  2. Steuerfreie Erstaktivierung – aber steuerpflichtige Wertsteigerung
    • Die interne Teilung selbst war steuerfrei.
    • Wertänderungen einer aktivierten Pensionszusage sind hingegen Sonderbetriebseinnahmen.
  3. Kein Anspruch auf negatives Gesamthandsergebnis
    • Die Klägerin partizipiert nur an Chancen und Risiken der Pensionszusage – nicht am sonstigen Ergebnis der Gesamthand.
  4. Parallelen zur BFH-Rechtsprechung
    • Für Gesellschafterwitwen und ausgeschiedene Gesellschafter ist ein vergleichbares Vorgehen bereits vom BFH bestätigt worden.

Praxishinweis

  • Steuerliche Folgen der internen Teilung reichen über die Erstaktivierung hinaus: Wertsteigerungen sind einkommensteuerpflichtig.
  • Betroffene (und deren Berater) sollten frühzeitig die Liquiditätswirkungen und Folgebesteuerung einkalkulieren.
  • Bei laufender Wertentwicklung von Pensionszusagen empfiehlt sich eine jährliche steuerliche Simulation.
  • Da die Revision beim BFH (Az. IV R 12/25) anhängig ist, bleibt die endgültige Rechtslage abzuwarten – dennoch sollten entsprechende Fälle vorsorglich so gestaltet werden, dass eine spätere Steuerbelastung finanziell abgesichert ist.

Quelle: Finanzgericht Münster, Urteil vom 18.06.2025 – 3 K 569/23 F, Newsletter August 2025

Streitwert bei Anfechtung eines Gewinnfeststellungsbescheids – Abweichung vom 25 %-Pauschalsatz bei ausschließlich körperschaftsteuerpflichtigen Beteiligten

FG Münster, Beschluss vom 01.07.2025 – 15 Ko 1417/25 GK
Mitteilung vom 15.08.2025


Bei der Anfechtung gesonderter und einheitlicher Gewinnfeststellungsbescheide wird der Streitwert nach § 52 Abs. 1 GKG grundsätzlich typisiert ermittelt: In der Praxis bedeutet das, dass in der Regel 25 % des streitigen Gewinns oder Verlusts als Maßstab dienen. Doch gilt diese Vereinfachungsregel auch dann, wenn ausschließlich körperschaftsteuerpflichtige Beteiligte betroffen sind?

Das Finanzgericht Münster hat hierzu in einem aktuellen Beschluss eine praxisrelevante Klarstellung getroffen.


Hintergrund des Falls

Im zugrunde liegenden Klageverfahren (Az. 15 K 421/21 G,F) stritten die Beteiligten über die Rechtmäßigkeit von Bescheiden zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sowie des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für eine GmbH & Co. KG.

Das Finanzamt hatte die D GmbH statt eines E e.V. als wirtschaftlichen Eigentümer eines Gesellschaftsanteils angesehen. Das führte zu Änderungen der Besteuerungsgrundlagen, die sich ausschließlich auf körperschaftsteuerpflichtige Beteiligte auswirkten. Die Klage wurde abgewiesen.

Für die Gerichtskostenrechnung setzte das Gericht zunächst den Streitwert auf Basis des pauschalen 25 %-Satzes an. Hiergegen legte die Klägerin Erinnerung ein.


Entscheidung des FG Münster

Der Einzelrichter des 15. Senats gab der Erinnerung statt und reduzierte den Streitwert. Begründung:

  • Grundsätzlich gilt bei der Streitwertbemessung in Gewinnfeststellungsverfahren der 25 %-Pauschalsatz – unabhängig von den individuellen Steuersätzen der Gesellschafter.
  • Ausnahme: Wenn ausschließlich Kapitalgesellschaften (körperschaftsteuerpflichtige Beteiligte) betroffen sind und der entsprechende Anteil der strittigen Einkünfte ohne aufwendige Ermittlungen feststeht, ist der lineare Körperschaftsteuersatz von 15 % maßgeblich.
  • Diese Anpassung berücksichtigt den tatsächlichen steuerlichen Belastungseffekt im summarischen Streitwertverfahren besser als der allgemeine Pauschalsatz.

Praxishinweis

Für die Streitwertberechnung bedeutet der Beschluss:

  • Bei rein körperschaftsteuerpflichtigen Beteiligten kann der Streitwert spürbar niedriger ausfallen als nach der bisherigen Pauschalregel.
  • Das kann insbesondere bei kostenintensiven Klageverfahren relevant sein, da sich die Gerichtskosten direkt am Streitwert orientieren.
  • In der Praxis sollte bei Gewinnfeststellungsverfahren stets geprüft werden, ob die Beteiligtenstruktur eine Abweichung vom 25 %-Satz rechtfertigt.

Quelle: Finanzgericht Münster, Beschluss vom 01.07.2025 – 15 Ko 1417/25 GK, Newsletter August 2025

Inflationsrate im Juli 2025 bei +2,0 % – Energiepreise wirken weiter dämpfend

Statistisches Bundesamt – Pressemitteilung vom 13.08.2025

Die Inflationsrate in Deutschland lag im Juli 2025 unverändert bei +2,0 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Damit bleibt die Teuerung bereits den zweiten Monat in Folge auf diesem Niveau. Hauptgrund für die Stabilisierung: sinkende Energiepreise. Dagegen halten sich die Preissteigerungen bei Dienstleistungen und bestimmten Konsumgütern auf überdurchschnittlichem Niveau.


1. Entwicklung im Überblick

  • VPI gesamt: +2,0 % zum Vorjahr, +0,3 % zum Vormonat
  • Harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI): +1,8 % zum Vorjahr, +0,4 % zum Vormonat
  • Kerninflation (ohne Energie und Nahrungsmittel): +2,7 % (unverändert)

2. Energiepreise weiter rückläufig

  • Energie insgesamt: –3,4 % zum Vorjahr
  • Rückgänge vor allem bei:
    • Kraftstoffen (–4,5 %)
    • Haushaltsenergie (–2,6 %)
    • Brennholz/Holzpellets (–5,3 %)
    • Heizöl (–5,0 %)
  • Leichter Anstieg nur bei Erdgas (+0,3 %)

3. Nahrungsmittelpreise leicht über Gesamtteuerung

  • Insgesamt: +2,2 % zum Vorjahr
  • Deutliche Anstiege bei:
    • Obst (+7,6 %)
    • Süßwaren inkl. Marmelade/Honig (+5,6 %)
    • Molkereiprodukten und Eiern (+4,1 %)
  • Rückgänge bei:
    • Gemüse (–3,2 %)
    • Zucker (–29,4 %)
    • Kartoffeln (–16,1 %)

4. Dienstleistungen als Preistreiber

  • Dienstleistungen gesamt: +3,1 %
  • Stärkste Anstiege:
    • Kombinierte Personenbeförderung (+11,3 %)
    • Post- und Paketdienste (+9,0 %)
    • Soziale Einrichtungen (+8,2 %)
    • Versicherungen (+5,8 %)
    • Gaststättenleistungen (+4,1 %)
  • Nettokaltmieten: +2,0 %

5. Monatliche Preisentwicklung

  • +0,3 % gegenüber Juni 2025
  • Preistreiber im Monatsvergleich:
    • Internationale Flüge (+12,7 %)
    • Auslands-Pauschalreisen (+10,7 %)
  • Saisonbedingte Rückgänge:
    • Bekleidung (–3,5 %)
    • Frisches Obst (–0,9 %)
    • Frisches Gemüse (–1,4 %)

💡 Einschätzung:
Für Verbraucher bleibt die Gesamtrate moderat, doch die anhaltend hohe Kerninflation zeigt, dass der Preisauftrieb bei Dienstleistungen und Teilen des Konsumbereichs weiterhin über dem Durchschnitt liegt. Für Unternehmen im Dienstleistungs- und Gastgewerbe können Preissteigerungen Chancen zur Margensicherung bieten, während im Handel die Kaufkraftentwicklung genau im Blick behalten werden sollte.


📌 Quelle: Statistisches Bundesamt