Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Mindestlohn – Keine Anrechnung von Urlaubsgeld und jährlicher Sonderzahlung

Der Arbeitgeber darf ein zusätzliches Urlaubsgeld und eine jährliche Sonderzahlung nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen. Eine Änderungskündigung, mit der eine derartige Anrechnung erreicht werden sollte, ist unwirksam. Dies hat das Arbeitsgericht Berlin entschieden.

Die Arbeitnehmerin wurde von der Arbeitgeberin gegen eine Grundvergütung von 6,44 Euro je Stunde zuzüglich Leistungszulage und Schichtzuschlägen beschäftigt; sie erhielt ferner ein zusätzliches Urlaubsgeld sowie eine nach Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte Jahressonderzahlung. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis und bot ihr gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis mit einem Stundenlohn von 8,50 Euro bei Wegfall der Leistungszulage, des zusätzlichen Urlaubsgeldes und der Jahressonderzahlung fortzusetzen.

Das Arbeitsgericht hat die Änderungskündigung für unwirksam gehalten. Der gesetzliche Mindestlohn solle unmittelbar die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelten. Der Arbeitgeber dürfe daher Leistungen, die – wie das zusätzliche Urlaubsgeld und die Jahressonderzahlung – nicht diesem Zweck dienten, nicht auf den Mindestlohn anrechnen. Eine Änderungskündigung, mit der diese unzulässige Anrechnung erreicht werden solle, sei unzulässig.

Gegen das Urteil ist die Berufung an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zulässig.

Quelle: ArbG Berlin, Pressemitteilung vom 05.03.2015 zum Urteil 54 Ca 14420/14 vom 04.03.2015

 

Klinikärzte ohne Unternehmerrisiko sind abhängig beschäftigt

Stationsärzte einer Klinik sind keine freiberuflichen Honorarkräfte, sondern abhängig beschäftigt, wenn sie in die Arbeitsorganisation der Station eingegliedert sind und kein Unternehmerrisiko tragen. Dies entschied das Sozialgericht Dortmund im Falle von vier Ärzten, die auf der Grundlage von Honorarverträgen in der neurologischen und der psychiatrischen Abteilung des Klinikums Arnsberg tätig waren.

Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund beanstandete dies bei einer Betriebsprüfung von forderte für die Beschäftigung der Ärzte Sozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge nach.

Die hiergegen gerichtete Klage des Klinikums Arnsberg wies das Sozialgericht Dortmund ab. Die Nachforderung der DRV Bund sei rechtmäßig, weil das Klinikum für die abhängige Beschäftigung der beigeladenen Ärzte keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet habe. Maßgeblich für das Vorliegen einer Beschäftigung sei die Eingliederung der Stationsärzte in die Arbeitsorganisation und die Arbeitsabläufe der Stationen. So hätten die Ärzte innerhalb der vereinbarten Arbeitszeiten wie ihre angestellten Kollegen im Rahmen der Erfordernisse der Stationen Patienten behandelt, Dokumentationen und Berichte gelesen und geschrieben sowie an Visiten und Besprechungen teilgenommen. Für die Patienten sei es nicht erkennbar gewesen, dass sie von nicht zum Stammpersonal gehörenden Honorarärzten behandelt wurden. Die Ärzte hätten kein eigenes Kapital eingesetzt und hätten auf Grund des garantierten Stundenlohns nebst Kost und Logis keinerlei Unternehmerrisiko getragen.

Quelle: SG Dortmund, Pressemitteilung vom 09.03.2015 zum Urteil S 34 R 2153/13 vom 20.02.2015

 

Krankenversicherung: Beitragssenkung möglich!

BdSt fordert Begrenzung der Gesundheitsfonds-Reserve

Die Bürger sollten beim Krankenversicherungsbeitrag entlastet werden. Dies ist möglich, weil der Gesundheitsfonds über hohe Rücklagen verfügt. Der Bund der Steuerzahler (BdSt) fordert daher, die Reserve des Gesundheitsfonds gesetzlich zu begrenzen. Das überschüssige Geld sollten die Beitragszahler erhalten.

Im Einzelnen: Weil eine gesetzliche Obergrenze fehlt, darf der Gesundheitsfonds derzeit Rücklagen in unbeschränkter Höhe bilden. So beträgt seine Finanzreserve aktuell 12,5 Milliarden Euro. Nach Ansicht des BdSt reichen jedoch rund vier Milliarden Euro aus, um die Liquidität zu sichern. Das restliche Geld sollte an die Beitragszahler ausgeschüttet werden. Dazu sollte der allgemeine Beitragssatz reduziert werden. Denn schließlich haben die Beitragszahler bisher zu viel Geld an die Krankenversicherung gezahlt. Eine gesetzliche Begrenzung der Fondsreserve würde zudem verhindern, dass sich der Bundesfinanzminister wie in den Vorjahren am Geld der Beitragszahler bedient.

Hintergrund
Seit 1. Januar 2015 entrichten die gesetzlich Krankenversicherten einen Beitragssatz von 14,6 Prozent ihres beitragspflichtigen Einkommens. Die Beiträge werden – vereinfacht ausgedrückt – im Gesundheitsfonds gesammelt und an die Krankenkassen weitergeleitet. Wenn die Fondszuweisungen nicht ausreichen, um die Ausgaben zu decken, dürfen die Krankenkassen einen Zusatzbeitrag erheben. Tatsächlich machen dies die meisten Krankenkassen. Übrigens verfügen die Krankenkassen selbst über Finanzreserven von 15,5 Milliarden Euro, so dass die Gesamtrücklage der gesetzlichen Krankenversicherung 28 Milliarden Euro beträgt.

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 06.03.2015

 

Immer mehr Rentner müssen Steuern zahlen

Für viele Senioren wird im Juni die Einkommensteuererklärung fällig

Immer mehr Senioren zahlen Steuern und müssen zum Beispiel wegen ihrer Rente eine Einkommensteuererklärung abgeben. Grund ist die so genannte nachgelagerte Besteuerung. Danach bleibt nur noch ein Teil der Rente steuerfrei. Das bedeutet: Je später man in Rente geht, desto geringer wird der steuerfreie Anteil.

Senioren, die im Jahr 2005 oder früher in Rente gegangen sind, können noch mehr als 1.500 Euro pro Monat im Jahr steuerfrei einstreichen. Wer im vergangenen Jahr Rentner wurde, kann nur noch rund 1.220 Euro im Monat steuerfrei erhalten.

Der BdSt-Tipp:
Jetzt heißt es auch für immer mehr Senioren: Belege sammeln. Damit lässt sich die Steuerlast bei der Einkommensteuererklärung womöglich senken.

Und was kann sich steuersparend auswirken? Zum Beispiel Ausgaben für die Gesundheit oder Ausgaben für Handwerker oder eine Haushaltshilfe.

Wer als lediger Senior die nachfolgenden Beträge mit seiner gesetzlichen Rente überschreitet, sollte sich um seine Einkommensteuererklärung kümmern. Kommen weitere Einnahmen etwa aus privaten Versicherungen oder Vermietungen hinzu, muss neu gerechnet werden. Dafür gelten dann andere steuerrechtliche Regelungen.

Bis spätestens Montag, 1. Juni 2015, muss die Erklärung für das Jahr 2014 beim Finanzamt abgegeben werden. Wer seine Erklärung bei einem Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein anfertigen lässt, hat bis zum Jahresende Zeit.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des BdSt.

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 09.03.2015

 

Familien stärker entlasten

Der Bund der Steuerzahler kritisiert den Verfassungsbruch beim Kinderfreibetrag aufs Schärfste. „Weil der Kinderfreibetrag zu niedrig ist, zahlen Familien seit 2014 zu viel Steuern. Dass die Bundesregierung den Kinderfreibetrag noch nicht angepasst hat, ist ein Affront für die betroffenen Familien“, kritisiert BdSt-Präsident Reiner Holznagel. Der BdSt beanstandet, dass derzeit für 2014 keine rückwirkende Erhöhung geplant ist. „Wenn sich die Politik nicht bewegt, unterstützen wir die betroffenen Steuerzahler mit einer Musterklage bis zum Bundesverfassungsgericht.“

Zugleich fordert der BdSt, den Kinderfreibetrag schon jetzt mindestens auf das Niveau anzuheben, das für 2016 verfassungsrechtlich geboten ist. Dieser Betrag in Höhe von rund 7.250 Euro stellt aber nur die unterste Grenze des Existenzminimums dar. Optimal wäre also eine sofortige Erhöhung auf 7.300 Euro. Holznagel: „Mit einem solchen Sicherheitspuffer zum Existenzminium hätte nicht nur die Regierung Planungssicherheit, sondern vor allem auch die Familien! Die Große Koalition darf diese wichtige Entscheidung nicht länger auf Kosten der Familien verschleppen.“

Wussten Sie, dass die Bundesregierung den Existenzminimumbericht für das Jahr 2014 bereits am 17. November 2012 vorgelegt hat? Seitdem ist also bekannt, dass der Kinderfreibetrag erhöht werden muss. Dennoch ist die Politik bis heute und damit exakt 837 Tage untätig geblieben!

Zum Hintergrund
Der Kinderfreibetrag stellt das Existenzminimum eines Kindes steuerlich frei. Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Kinderfreibetrag regelmäßig anzupassen. Hierfür legt die Bundesregierung alle zwei Jahre einen Existenzminimumbericht vor. Für den Zeitraum 2014 bis 2016 besteht Anpassungsbedarf. Diese Beträge stellen jedoch nur die verfassungsrechtliche Untergrenze dar. Die Politik kann durchaus auch einen höheren Kinderfreibetrag festsetzen.

Durch den bisher unveränderten Kinderfreibetrag werden viele Familien seit 2014 zu stark belastet. So müssen Familien zu viel Einkommensteuer zahlen, sofern die Steuerentlastung durch den Kinderfreibetrag bei ihnen höher ausfällt als das ausgezahlte Kindergeld. Zudem wird auch zu viel Solidaritätszuschlag fällig, weil bei Zuschlagsteuern der Kinderfreibetrag generell abgezogen wird.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des BdSt.

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 04.03.2015

 

Auf Lieferung von E-Books darf – anders als bei Büchern aus Papier – kein ermäßigter Mehrwertsteuersatz angewendet werden

Frankreich und Luxemburg dürfen auf die Lieferung elektronischer Bücher, anders als bei Büchern aus Papier, keinen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden. Frankreich und Luxemburg wenden auf die Lieferung elektronischer Bücher einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz an. In Frankreich liegt der Satz seit dem 1. Januar 2012 bei 5,5 %, in Luxemburg bei 3 %.

Bei den in Rede stehenden elektronischen (oder digitalen) Büchern handelt es sich um Bücher in elektronischem Format, die mit einem Computer, einem Smartphone, einem E-Book-Lesegerät oder einem anderen Lesegerät entgeltlich über Herunterladen oder Streaming von einer Website abgerufen werden können.

Die Kommission hat die Feststellung beantragt, dass Frankreich und Luxemburg dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Mehrwertsteuerrichtlinie (Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1).) verstoßen haben, dass sie auf die Lieferung elektronischer Bücher einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz angewandt haben.

In seinen Urteilen vom 05.03.2015 gibt der Gerichtshof den Vertragsverletzungsklagen der Kommission statt.

Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz nur auf die in Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie genannten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen angewandt werden darf. Dieser Anhang nennt u. a. die „Lieferung von Büchern auf jeglichen physischen Trägern“. Der Gerichtshof schließt daraus, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz auf einen Umsatz anwendbar ist, der in der Lieferung eines Buches besteht, das sich auf einem physischen Träger befindet. Zwar benötigt ein elektronisches Buch, um gelesen zu werden, einen solchen physischen Träger (wie einen Computer), jedoch wird ein solcher Träger nicht zusammen mit dem elektronischen Buch geliefert, so dass die Lieferung solcher Bücher nicht in den Anwendungsbereich des genannten Anhangs III fällt.

Ferner stellt der Gerichtshof fest, dass die Mehrwertsteuerrichtlinie die Möglichkeit ausschließt, einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf „elektronisch erbrachte Dienstleistungen“ anzuwenden. Nach Ansicht des Gerichtshofs stellt die Lieferung elektronischer Bücher eine solche Dienstleistung dar. Der Gerichtshof verwirft das Argument, wonach die Lieferung elektronischer Bücher eine Lieferung von Gegenständen (und nicht eine Dienstleistung) darstelle. Denn allein der physische Träger, der das Lesen elektronischer Bücher erlaubt, kann als ein „körperlicher Gegenstand“ angesehen werden, aber die Lieferung elektronischer Bücher schließt einen solchen Träger nicht ein.

Die Kommission beanstandete außerdem, dass Luxemburg einen stark ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 3 % anwandte, obwohl die Mehrwertsteuerrichtlinie Mehrwertsteuersätze von unter 5 % grundsätzlich verbiete. Insoweit erinnert der Gerichtshof daran, dass ein Mitgliedstaat gemäß der Mehrwertsteuerrichtlinie auch ermäßigte Mehrwertsteuersätze von unter 5 % anwenden kann, sofern die ermäßigten Mehrwertsteuersätze insbesondere mit den Rechtsvorschriften der Union im Einklang stehen. Da der Gerichtshof aber zuvor bereits festgestellt hat, dass die Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf die Lieferung elektronischer Bücher nicht mit der Mehrwertsteuerrichtlinie im Einklang steht, ist diese Voraussetzung der Vereinbarkeit mit den Rechtsvorschriften der Union nicht erfüllt, so dass Luxemburg auf die Lieferung elektronischer Bücher nicht den stark ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 3 % anwenden darf.

Die Urteile vom 05.03.2015 hindern die Mitgliedstaaten nicht daran, einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Bücher auf physischen Trägern, wie insbesondere Bücher aus Papier, vorzusehen.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 05.03.2015 zu den Urteilen C-479/13 und C-502/13 vom 05.03.2015

 

Vorsteuerabzugsberechtigung vor Gründung einer Ein-Mann-GmbH

Der Kläger wollte sich mit der Montage von und dem Handel mit Bauelementen selbständig machen. Er beabsichtigte, eine Ein-Mann-GmbH zu gründen, die einen bestehenden Betrieb übernehmen sollte. Zur Klärung der Rentabilität seines Vorhabens holte er ein Existenzgründungsgutachten ein. Außerdem ließ er sich rechtlich und steuerlich beraten. Die Umsetzung seiner Pläne scheiterte schließlich daran, dass ihm die Banken die Finanzierung versagten; eine GmbH gründete er nicht. Mit seiner Steuererklärung machte er die Umsatzsteuerbeträge aus den Rechnungen der Berater als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug mit der Begründung ab, dass der Kläger kein Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sei, denn zur Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit sei es nicht gekommen.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat der Klage stattgegeben. Eine Einzelperson, die ernsthaft die Absicht habe, eine Ein-Mann-Kapitalgesellschaft zu gründen und mit dieser umsatzsteuerpflichtige Umsätze zu erzielen, sei vor Gründung der Gesellschaft zum Vorsteuerabzug berechtigt. Insoweit sei die Einzelperson mit einer Vorgründungsgesellschaft vergleichbar.

Nach dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer müsse dem (späteren) Gesellschafter einer Ein-Mann-Kapitalgesellschaft in der Vorgründungsphase der Vorsteuerabzug für seine ersten Investitionsausgaben ebenso zustehen wie der Vorgründungsgesellschaft einer (Zwei-Mann-) Kapitalgesellschaft. Dieser Einschätzung stehe nicht entgegen, dass der Kläger die GmbH tatsächlich nicht gegründet habe. Auch spiele keine Rolle, dass zu keinem Zeitpunkt umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze getätigt worden seien.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Düsseldorf, Mitteilung vom 05.03.2015 zum Urteil 1 K 1523/14 U vom 30.01.2015

 

Der Soli muss sofort sinken!

BdSt zum Soli-Abbau-Plan der Union

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) fordert den sofortigen Einstieg in den Ausstieg aus dem Solidaritätszuschlag. „Es ist richtig, dass die Union unseren Vorschlag endlich aufgreift, aber ihr Zeitplan ist absolut inakzeptabel. Erst in fünf Jahren mit dem Abbau zu beginnen, heißt für mich: aufgeschoben ist wie aufgehoben“, kritisiert BdSt-Präsident Reiner Holznagel.

Der Soli wurde politisch immer mit dem Solidarpakt II – die spezielle Förderung für die neuen Bundesländer – verbunden. Diese Hilfen nehmen kontinuierlich ab und laufen im Jahr 2019 komplett aus. Deshalb hätte der Bundesfinanzminister schon heute die Chance, den Soli als Bundessteuer schrittweise zu senken. „Der Soli ist eine ganz normale Steuer und fließt in den Bundeshaushalt. Dennoch wurde politisch immer argumentiert, dass diese Sondersteuer ein besonderes Opfer für den Aufbau Ost ist“, betont Holznagel. „Es darf den Bürgern nicht zugemutet werden, diese Sondersteuer über das ursprünglich festgesetzte Ziel hinaus zu zahlen. Schluss mit dem Soli! Schluss mit der Mogelpackung!“

Argument für den aktuellen Vorstoß der Unionspolitiker ist, dass der Soli aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht dauerhaft erhoben werden darf. Diese Auffassung teilt der BdSt. Daher führt er eine Musterklage gegen die Soli-Erhebung. Die Rechtsfrage liegt derzeit beim Bundesverfassungsgericht.

Die Union hat Zeitungsberichten zufolge vorgeschlagen, den Solidaritätszuschlag ab dem Jahr 2020 schrittweise abzubauen. Damit soll der Streit um die Weiterführung der Sondersteuer beigelegt werden. Im Jahr 2019 läuft der Solidarpakt II aus. Damit hätte der Soli seine Berechtigung politisch verloren und sollte abgeschafft werden. Die Politik will aber auf die Einnahmen nicht verzichten.

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 04.03.2015

 

Dienstzimmer eines Försters unbeschränkt steuerlich absetzbar

Ein Förster, der im überwiegenden Interesse seines Arbeitgebers ein Dienstzimmer in seinem Wohnhaus unterhält, kann die hierfür entstehenden Kosten in vollem Umfang von der Steuer absetzen. Die Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer kommt in diesen Fällen nicht zur Anwendung. Dies entschied der 7. Senat des Finanzgerichts Köln in seinem Urteil vom 27.08.2014 (Az. 7 K 3561/10).

Geklagt hatte ein Diplom-Forstwirt, der im Streitjahr 2008 für den Landesbetrieb Wald und Holz NRW als Betreuungsförster einen Forstbezirk leitete. Die Forstbehörde legte besonderen Wert darauf, dass er in der Nähe seines Betreuungsreviers wohnte und in seinem Wohnhaus ein Dienstzimmer einrichtete. In dem Dienstzimmer sollten regelmäßige Sprechzeiten abgehalten werden. Außerdem stellte die Behörde die technische Büroausstattung zur Verfügung. Das Zimmer musste im Krankheitsfall für einen Vertreter des Klägers zugänglich sein. Die Funktionsfähigkeit des Dienstzimmers konnte von der Forstbehörde vor Ort überprüft werden. Für die Unterhaltung des Zimmers erhielt der Kläger monatlich eine steuerfreie Entschädigung von 81,81 Euro. Die darüber hinausgehenden Kosten für das Zimmer von 3.417 Euro wollte der Kläger als Werbungskosten geltend machen. Das Finanzamt berücksichtigte im Hinblick auf die Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer lediglich einen Betrag von 1.250 Euro.

Dies sah der 7. Senat anders und gab der Klage insoweit statt. Das Dienstzimmer sei als externes Büro des Dienstherrn zu beurteilen und unterliege nicht der Regelung für häusliche Arbeitszimmer. Unerheblich sei insoweit, dass zwischen dem Kläger und der Forstbehörde kein Mietvertrag über das Dienstzimmer geschlossen worden sei und der Kläger eine steuerfreie Nutzungsentschädigung erhalten habe. Entscheidend sei vielmehr, dass das Interesse des Klägers, zur Erledigung büromäßiger Arbeiten einen Raum in der eigenen Wohnung zur Verfügung zu haben, von den Belangen der Behörde überlagert worden sei.

Die Entscheidung des 7. Senates ist mittlerweile rechtskräftig.

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung vom 04.03.2015 zum Urteil 7 K 3561/10 vom 27.08.2014 (rkr)

 

Auslegungsfragen zu § 1 Abs. 1b Nr. 3 InvStG

Zur Auslegung des § 1 Abs. 1b Nr. 3 InvStG nehme ich nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung:

1. Allgemeines
Merkmal eines Investmentfonds ist u. a., dass der objektive Geschäftszweck auf die Anlage und Verwaltung seiner Mittel für gemeinschaftliche Rechnung der Anteils- oder Aktieninhaber beschränkt ist. Diese Beschränkung des Geschäftszwecks muss aus der Satzung, dem Gründungsstatut oder sonstigen vergleichbaren Unterlagen eindeutig hervorgehen.

Zudem muss eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände ausgeschlossen sein (§ 1 Abs. 1b Nr. 3 Satz 1 InvStG).

Als Ausnahme von diesem Grundsatz ist eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung dagegen nicht schädlich bei unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 19 Nr. 22 des Kapitalanlagegesetzbuchs (§ 1 Abs. 1b Nr. 3 Satz 2 InvStG).

Die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung einer gewerblichen von einer vermögensverwaltenden Tätigkeit, die durch die Rechtsprechung und die Finanzverwaltung entwickelt wurden, sind bei der Beurteilung einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände von Investmentfonds nicht unmittelbar anwendbar. Sofern sich jedoch aus den allgemeinen Grundsätzen ergibt, dass eine Tätigkeit vermögensverwaltenden und keinen gewerblichen Charakter hat, dann liegt auch keine aktive unternehmerische Bewirtschaftung vor. Umgekehrt ist trotz Vorliegen von Merkmalen einer gewerblichen Tätigkeit unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Investmentanlage zu prüfen, ob darin auch eine aktive unternehmerische Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1b Nr. 3 Satz 1 InvStG zu sehen ist.

Die professionelle, standardisierte, kollektive Verwaltung eines Vermögens für die Anleger stellt die Aufgabe und das Wesensmerkmal eines Investmentfonds dar.

Hierbei ist die berufliche Expertise des Verwalters immanenter Bestandteil der Vermögensverwaltung im Rahmen der Investmentanlage und kein Merkmal für eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände. Auch der wert- und zahlenmäßige Umfang der Geschäfte eines Investmentfonds stellt kein Indiz für eine aktive unternehmerische Tätigkeit dar.

Alle Tätigkeiten, die einem Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) erlaubt sind, wird die Finanzverwaltung nicht als aktive unternehmerische Tätigkeiten betrachten.

2. Wertpapiergeschäfte
Die Umschichtung von Wertpapieren – selbst in erheblichem Umfang – gehört regelmäßig noch zur privaten Vermögensverwaltung. Danach ist der bloße – auch kurzfristige – Umschlag von Wertpapieren als privates Geschäft zu betrachten. Dies gilt erst recht im Rahmen der Investmentanlage, so dass die Häufigkeit der Umschichtung kein Merkmal einer aktiven unternehmerischen Tätigkeit darstellt.

Von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung ist jedoch auszugehen, wenn Umschichtungen im Rahmen des Hochfrequenzhandels (§ 1 Abs. 1a Nr. 4d KWG) als Geschäftsfeld eines Fonds erfolgen oder wenn die wesentliche Anlagestrategie des Fonds auf die kurzfristige Ausnutzung von Preisunterschieden an verschiedenen Börsenplätzen ausgerichtet ist. Ein Kriterium für die Wesentlichkeit kann in diesem Zusammenhang die Anzahl der durchgeführten Transaktionen darstellen.

Umschichtungen, die weder im Rahmen des Hochfrequenzhandels noch im Rahmen der wesentlichen Anlagestrategie zur kurzfristigen Ausnutzung von Preisunterschieden an verschiedenen Börsenplätzen getätigt werden, führen nicht zu einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung.

3. Unternehmensbeteiligungen
Ein Investmentfonds darf sich nicht am aktiven Management von Portfolio-Gesellschaften (auch nicht über verbundene Dritte) beteiligen (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 2001, BStBl II S. 809). Es darf auch keine rechtliche oder faktische Weisungsbefugnis gegenüber Zielunternehmen, die selbst operativ tätig sind, bestehen. Die Wahrnehmung von Aufsichtsratsfunktionen in den gesellschaftsrechtlichen Gremien der Portfolio-Gesellschaften und die Wahrnehmung von Gesellschafterrechten sind dagegen unschädlich.

4. Immobilienanlage
Offene Immobilienfonds sind ihrem Wesen nach Bestandshalter, d. h., das Halten von Immobilien und Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften (§ 230 ff. KAGB bzw. § 1 Abs. 1b Nr. 5 e bis g InvStG), die regelmäßige bzw. dauernde Einnahmen erwarten lassen, muss im Vordergrund der Geschäftstätigkeit stehen.

Die Vermietung und Verpachtung von Grundvermögen bzw. das Halten von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften hat grundsätzlich vermögensverwaltenden Charakter, auch dann, wenn der vermietete Grundbesitz sehr umfangreich ist und der Verkehr mit vielen Mietern erhebliche Verwaltungsarbeit erforderlich macht (BFH-Urteil vom 21. August 1990, BStBl 1991 II, S. 126) oder die vermieteten Räume gewerblichen Zwecken dienen (BFH-Urteil vom 17. Januar 1961, BStBl III, S. 233).

a. Einzelfragen im Rahmen der Vermietungstätigkeit
Es ist nicht von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung auszugehen bei:

  • Zusatzleistungen oder Nebenleistungen des Vermieters gegenüber dem Mieter. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn sie das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß überschreiten.
  • einer Vereinbarung von Umsatzmieten.
  • einem häufigen Mieterwechsel bei dem Grunde nach langfristigen Vermietungen.
  • Marketing-/Werbeleistungen, es sei denn, die vorgenommenen Werbemaßnahmen führen aufgrund ihres Umfangs und ihrer Qualität zur Gewerblichkeit.
  • geringfügigen Einnahmen aus Nebentätigkeiten, die nicht im Rahmen des Mietverhältnisses gegenüber dem Mieter erbracht werden, wie zum Beispiel der Energieerzeugung mittels Photovoltaik-Anlagen, Blockheizkraftwerken, Geothermieanlagen und vergleich-baren Anlagen. Von einer Geringfügigkeit ist auszugehen, wenn die jährlichen Einnahmen 5 % der jährlichen laufenden Einnahmen im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 3 InvStG ohne Berücksichtigung der Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG unterschreiten.

b. Veräußerung
Der Bereich der Vermögensverwaltung wird überschritten, wenn sich die Geschäftstätigkeit als Grundstückshandel darstellt. Dies wäre der Fall, wenn Immobilien bereits mit dem Ziel der kurzfristigen Weiterveräußerung erworben würden. Der Umschlag von Immobilien darf nicht prägend für die Tätigkeit des Investmentfonds sein.

Unschädlich ist

  • die Veräußerung einer Immobilie, an der Baumaßnahmen durchgeführt wurden, deren Aufwand als Herstellungskosten zu qualifizieren ist, wenn
    • die Immobilie nach Abschluss einer solchen Baumaßnahme noch mindestens drei Jahre gehalten wird, bevor die Immobilie veräußert wird, oder
    • die Immobilie vor Beginn einer solchen Baumaßnahme mindestens drei Jahre gehalten wurde, oder
    • innerhalb der letzten drei Jahre vor Veräußerung der Immobilie die Kosten für die durchgeführten oder abgeschlossenen Baumaßnahmen 15 % des zuletzt festgestellten Verkehrswerts der Immobilie nicht übersteigen, oder
  • die Konzeption oder die Entwicklung einer Immobilie, wenn die Absicht besteht, die Immobilie zu vermieten und im Bestand zu halten, um dauerhaft Erträge zu erwirtschaften. Hiervon ist auszugehen, wenn die einzelne Immobilie mindestens drei Jahre nach Fertigstellung gehalten wird.

Wurden hinsichtlich jeder einzelnen Immobilie keine schädlichen Tätigkeiten im Sinne des vorstehenden Satzes ausgeübt, ist im nächsten Prüfungsschritt bei Betrachtung des gesamten Portfolios nicht von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung auszugehen,

  • wenn die Erlöse aus dem Verkauf von Immobilien in den letzten fünf Jahren 50 % des Wertes des durchschnittlichen Immobilienbestands desselben Zeitraums nicht über-steigen; sind seit Auflage des Investmentfonds weniger als 5 Jahre vergangen, ist dieser kürzere Zeitraum maßgebend, oder
  • wenn die durchschnittliche Haltedauer der in den letzten fünf Jahren veräußerten Immobilien mindestens fünf Jahre beträgt.

Generell bleiben Objekte unberücksichtigt, deren Verkauf zwingend erforderlich war, um dem Rückgabeverlangen von Anlegern nachkommen zu können sowie Veräußerungen im Rahmen der Liquidation eines Investmentfonds.

c. Immobilien-Gesellschaften
Die vorstehend unter Tz. 4. bis 4b. genannten Grundsätze finden auf Immobilien-Gesellschaften keine Anwendung, sondern gelten nur für Direktinvestitionen, da die aktive unternehmerische Bewirtschaftung bei Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften gemäß § 1 Abs. 1b Satz 2 Nr. 3 Satz 2 InvStG nicht schädlich ist. Infolge dessen können Investmentfonds Tätigkeiten, wie beispielsweise das Betreiben von energieerzeugenden Anlagen in Immobilien-Gesellschaften auslagern. Das Tätigkeitsfeld von Immobilien-Gesellschaften wird in den §§ 234 – 238 KAGB aufsichtsrechtlich geregelt. Da es sich bei diesen um steuerpflichtige Gesellschaften handelt, sind weitere steuerliche Vorgaben entbehrlich.

5. Übergangsregelung
Das Schreiben ist erstmalig auf das Geschäftsjahr eines Investmentfonds anzuwenden, das nach der Veröffentlichung dieses Schreibens beginnt. Es sind daher nur Veräußerungen von Immobilien zu betrachten, die nach der Veröffentlichung dieses Schreibens schuldrechtlich vereinbart werden. Für die Prüfung, ob eine zukünftige Veräußerung unter die in 4.b. genannten Voraussetzungen fällt, sind auch die Zeiträume vor der Veröffentlichung dieses Schreibens einzubeziehen.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-1980-1 / 13 / 10007 :003 vom 03.03.2015