Darlehensgewährung durch ausländischen Gesellschafter begründet keine inländische Betriebsstätte

Mit Urteil vom 13. Juni 2013 (Az. 13 K 3679/12 F) hat der 13. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass eine in Frankreich ansässige Gesellschaft, die mittelbar an einer inländischen KG beteiligt ist, nicht allein dadurch eine inländische Betriebsstätte begründet, dass sie der KG ein Darlehen gewährt.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin einer KG, an der mittelbar über eine Holding-KG eine in Frankreich ansässigen Gesellschaft (S. A.) beteiligt ist. Die S. A. hatte der KG ein Darlehen gewährt. Die Darlehenszinsen behandelte das Finanzamt als Sonderbetriebseinnahmen der S. A. aus der Beteiligung an der KG. Aufgrund des Darlehens sei eine inländische Betriebsstätte der S. A. anzunehmen, so dass Deutschland das Besteuerungsrecht zustehe. Insoweit berief sich das Finanzamt auf das BMF-Schreiben vom 16.04.2010 (BStBl I 2010, 354).

Das Gericht sah dies anders und gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Bei den Zinsen handele es sich zwar um Sondervergütungen, jedoch stehe Deutschland das Besteuerungsrecht nicht zu. Zinsen dürften nach dem DBA-Frankreich grundsätzlich nur in dem Staat besteuert werden, in dem der Gläubiger ansässig sei. Dies gelte ausnahmsweise dann nicht, wenn die Forderung zu seiner inländischen Betriebsstätte gehöre. Allein durch die Darlehensgewährung an eine deutsche Tochter- oder Enkelgesellschaft werde jedoch noch keine inländische Betriebsstätte begründet.

Eine Betriebsstätte werde auch nicht durch § 50d Abs. 10 EStG begründet, da diese Vorschrift lediglich Vergütungen als Unternehmensgewinne fingiere.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.07.2013 zum Urteil 13 K 3679/12 vom 13.06.2013

 

Finanzgericht Münster, 13 K 3679/12 F

Datum:
13.06.2013
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 K 3679/12 F
Sachgebiet:
Finanz- und Abgaberecht
Tenor:

Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der B GmbH & Co. KG vom 21.05.2010 für 2003 und vom 09.03.2012 für 2004, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.09.2012, werden nach Maßgabe der Urteilsgründe geändert. Die Berechnung der festzustellenden Beträge wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

1Tatbestand:

2Streitig ist, ob Zinsen als Sonderbetriebseinnahmen im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung für die Streitjahre 2003 und 2004 zu berücksichtigen sind.

3Die Klägerin ist die Gesamtrechtsnachfolgerin der Firma B GmbH & Co. KG (im Folgenden: „B KG“). Gegenstand des Unternehmens der B KG war die Herstellung von Zulieferteilen für die Automobilindustrie.

4Unmittelbare Gesellschafter der B KG waren im Streitzeitraum die A GmbH – die Klägerin – als Komplementärin ohne Kapitalanteil und die D Holding GmbH & Co. KG als alleinige Kommanditistin (im Folgenden: D Holding KG“). An der Kommanditistin waren wiederum verschiedene Personen bzw. Gesellschaften beteiligt, u.a. auch die in Frankreich ansässige C S.A. – die Beigeladene – mit einem Anteil am Kommanditkapital von 88 %. Die Klägerin wurde im Jahr 2005 durch Austritt der D Holding KG Gesamtrechtsnachfolgerin der B KG im Wege der Anwachsung.

5Nach Abgabe von Steuererklärungen stellte der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der B KG zunächst erklärungsgemäß mit 1.993.641,52 EUR für 2003 (Bescheid vom 08.12.2004) und mit ./. 206.215,- EUR für 2004 (Bescheid vom 23.08.2006) fest. Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –. Die Beigeladene war bei diesen Bescheiden nicht Feststellungsbeteiligte. Die Bescheide wurden bestandskräftig.

6Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung X führte im Jahr 2009 bei der B KG eine Betriebsprüfung – BP – für die Jahre 2003 und 2004 durch. In seinem BP-Bericht vom 30.09.2009 stellte der Prüfer unter Tz. 2.3 fest, die Beigeladene habe der B KG am 11.08.2003 ein Darlehen über 2.600.000,- EUR zur Verfügung gestellt. Für dieses Darlehen habe die B KG Zinsen gezahlt, und zwar 38.729,17 EUR im Jahr 2003 und 36.020,83 EUR im Jahr 2004. Da die Beigeladene durch ihre 88 %-ige Beteiligung an der D Holding KG zugleich mittelbare Gesellschafterin der B KG sei, seien ihr die Zinsen als Sonderbetriebseinnahmen zuzurechnen. Dies wirke sich gewinnerhöhend bei der B KG aus. Das Besteuerungsrecht für diese Zinsen stehe nämlich nach dem zwischen Deutschland und Frankreich bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen – DBA Frankreich – nur Deutschland zu, da für die Darlehensgeberin insoweit eine deutsche Betriebsstätte anzunehmen sei (Schreiben des Bundesfinanzministeriums – BMF – vom 24.12.1999, Bundessteuerblatt – BStBl – I 1999, 1076, Tz. 1.2.3 und 1.2.4). Weitere Änderungen durch die Zurechnung dieser Sonderbetriebseinnahmen ergäben sich nicht im Rahmen der Gewinnfeststellung, etwa bei den Steuerrückstellungen, sondern lediglich bei der Gewerbesteuer durch einen Abzug von Zinsen für Dauerschulden (vgl. Anlage 1 und 4 des BP-Berichts vom 30.09.2009). Wegen der Einzelheiten wird auf den BP-Bericht verwiesen.

7Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Betriebsprüfers an und erließ am 21.05.2010 für die Streitjahre Änderungsbescheide gem. § 164 Abs. 2 AO, mit denen er den Gewinn der B KG aus Gewerbebetrieb mit 1.926.130,69 EUR (2003) und 76.302,95 EUR (2004) feststellte und den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob. Hierbei stellte er auch erstmals eine Gewinnbeteiligung der Beigeladenen fest, und zwar in Höhe der erhaltenen Zinsen.

8Die Klägerin legte gegen die Änderungsbescheide am 18.06.2010 Einspruch ein. Sie führte aus, bezüglich der Zinsen bestehe kein deutsches Besteuerungsrecht, da die Forderung der Beigeladenen nicht zu ihrer inländischen Betriebsstätte gehöre. Dies ergebe sich aus der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes – BFH – (BFH-Urteil vom 8. 9. 2010 I R 74/09, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 231, 84).

9Aufgrund verschiedener anderer – nunmehr unstreitiger – Einwendungen im Rahmen des Einspruchsverfahrens bezüglich des Jahres 2004 erstellte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung X am 22.07.2011 einen geänderten Prüfungsbericht, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Die Tz. 2.3 des BP-Berichts blieb im Ergebnis unverändert, wobei sich der Prüfer hinsichtlich der Entstehung einer deutschen Betriebsstätte nunmehr auf das BMF-Schreiben vom 16.04.2010 (BStBl I 2010, 354) bezog und weiter darauf hinwies, dass das BFH-Urteil vom 8. 9. 2010 I R 74/09 (BFHE 231, 84), in dem der BFH zu einer anderen Auffassung gelangt sei, im BStBl nicht veröffentlicht worden und somit nicht anzuwenden sei.

10Auf der Grundlage des geänderten BP-Berichts erließ der Beklagte am 09.03.2012 einen weiteren Änderungsbescheid für 2004, mit dem er die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit ./. 1.107.742,05 EUR feststellte. Die der Beigeladenen zugerechneten Einkünfte blieben unverändert.

11Mit Einspruchsentscheidung vom 25.09.2012 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.

12Hiergegen hat die Klägerin am 26.10.2012 Klage erhoben.

13Nach ihrer Auffassung sind die an die Beigeladene gezahlten Zinsen nicht als Sonderbetriebseinnahmen gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 i.V.m. § 50d des Einkommensteuergesetzes – EStG – zu erfassen, da die Forderung der Beigeladenen nicht ihrer deutschen Betriebsstätte zuzurechnen sei, sondern ihrer ausländischen Betriebsstätte. Die Forderung bilde nämlich einen Aktivposten nur im ausländischen „Stammhaus“. Daher seien die BFH-Urteile vom 8. 9. 2010 I R 74/09 (BFHE 231, 84) und vom 17. 10. 2007 I R 5/06 (BFHE 219, 518, BStBl II 2009, 356) anzuwenden.

14Die Klägerin beantragt sinngemäß,

15              die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der DURA KG vom 21.05.2010 für 2003 und vom 09.03.2012 für 2004, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.09.2012, zu ändern, die festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb um 38.729,17 EUR (2003) und 36.020,83 EUR (2004) zu vermindern und die auf die Beigeladene entfallenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb jeweils mit 0,00 EUR festzustellen,

16hilfsweise,

17              die Revision zuzulassen.

18Der Beklagte beantragt,

19              die Klage abzuweisen.

20Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung.

21Die Beteiligten haben übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.

22Entscheidungsgründe:

23Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).

24I.

25Eine Beiladung der D Holding KG, die im Jahr 2005 aus der B KG ausgetreten war, war nicht notwendig.

26Gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, beizuladen (notwendige Beiladung). Dies gilt gem. § 60 Abs. 3 Satz 2 FGO nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind. Dementsprechend sind im Falle der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften alle nach § 48 FGO klagebefugten Personen notwendig beizuladen; dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss zu § 60 Abs. 3 Satz 2 FGO (BFH-Beschluss vom 14. 1. 2003 VIII B 108/01, BStBl II 2003, 335). Gem. § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO sind in Bezug auf Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen klagebefugt u.a. ausgeschiedene Gesellschafter, gegen die der Feststellungsbescheid ergangen ist.

27Die Klagebefugnis setzt aber auch für einen ausgeschiedenen Gesellschafter gem. § 40 Abs. 2 FGO voraus, dass er durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt ist (BFH-Beschluss vom 23. 8. 1985 IV B 53/85, BFH/NV 1987, 584; Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 48 FGO Rz. 236; Dumke in Schwarz, FGO, § 48 Rz. 33). Dies ist nicht der Fall, wenn der Rechtsstreit gesellschafterbezogene Fragen eines anderen Gesellschafters, etwa die Anerkennung von Sonderbetriebseinnahmen oder -ausgaben zum Gegenstand hat (Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 48 FGO Rz. 26).

28Im Streitfall ergeben sich für die – aus der B KG ausgetretene – D Holding KG durch die Zurechnung von Zinsen als Sonderbetriebseinnahmen keine Auswirkungen, da die Feststellung ihres Gewinns hierdurch nicht beeinflusst ist, auch nicht etwa durch eine geänderte Gewerbesteuerrückstellung. Daher ist sie nicht in ihren Rechten verletzt.

29II.

30Die Klage ist zulässig.

31Die Klägerin hat ein Rechtsschutzbedürfnis für beide Streitjahre. Zwar sind die Einkünfte der B KG aus Gewerbebetrieb in den angefochtenen Bescheiden für 2003 und 2004 jeweils in geringerer Höhe festgestellt worden als in den erstmaligen Bescheiden vom 08.12.2004 bzw. 23.08.2006, die bestandskräftig geworden sind.

32Jedoch war die Beigeladene bei den genannten erstmaligen Bescheiden nicht Feststellungsbeteiligte, so dass sie erst durch die Änderungsbescheide vom 21.05.2010 beschwert wurde. Aus dieser erstmaligen Beschwer ergibt sich ein Rechtsschutzbedürfnis, das auch von der gem. § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugten Klägerin geltend gemacht werden kann.

33III.

34Die Klage ist auch begründet.

35Die angefochtenen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der B KG sind rechtswidrig und verletzen die B KG in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Unrecht die an die Beigeladene gezahlten Zinsen in Höhe von 38.729,17 EUR (2003) und 36.020,83 EUR (2004) als Sonderbetriebseinnahmen erfasst.

361)              Die Beteiligten haben übereinstimmend und zutreffend angenommen, dass es sich bei den streitigen Zinserträgen um Sondervergütungen handelt, die gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG grundsätzlich den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen sind. Nach dieser Vorschrift sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb auch die Gewinnanteile der Mitunternehmer und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.

372)              Die Beteiligten sind ebenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass hierbei auch die Einkünfte der Beigeladenen Sondervergütungen darstellen können, obwohl sie über die D Holding KG nur mittelbar an der B KG beteiligt war. Denn gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG steht der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind.

38Im Streitfall ist dies wegen der 88 %-igen Beteiligung der Beigeladenen an der D Holding KG, die wiederum alleinige Kommanditistin der B KG war, anzunehmen.

393)              Entgegen der Auffassung des Beklagten durften in den Streitjahren aber die an die Beigeladene gezahlten Zinsen nicht im Rahmen der Gewinnfeststellung berücksichtigt werden, weil die Zinserträge nicht den in Deutschland zu besteuernden Einkünften der B KG zuzurechnen sind.

40Nach Art. 10 Abs. 1 DBA Frankreich können Zinsen ohne Rücksicht darauf, ob sie durch Grundpfandrechte gesichert sind oder nicht, nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Bezugsberechtigte ansässig ist. Dies ist im Streitfall Frankreich. Nach Art. 10 Abs. 2 DBA Frankreich gilt der vorstehende Absatz jedoch nicht, wenn der Bezugsberechtigte der Zinsen oder der sonstigen Einkünfte im anderen Vertragsstaat eine Betriebstätte hat und die Forderung zum Vermögen dieser Betriebstätte gehört (sog. Betriebsstättenvorbehalt). In diesem Fall ist Artikel 4 DBA Frankreich anzuwenden. Gem. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 DBA Frankreich können Gewinne eines Unternehmens eines der Vertragsstaaten nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass das Unternehmen in dem anderen Staat durch eine dort belegene Betriebstätte gewerblich tätig ist.

41Im Streitfall gelangt der Betriebsstättenvorbehalt des Art. 10 Abs. 2 DBA Frankreich nicht zur Anwendung, so dass gem. Art. 10 Abs. 1 DBA Frankreich allein dem Staat Frankreich das Besteuerungsrecht zusteht. Denn eine im Ausland ansässige Gesellschaft, hat nicht allein dadurch eine deutsche Betriebsstätte begründet, dass sie einer deutschen Tochter- bzw. Enkelgesellschaft ein Darlehen gewährt hat. Dies hat der BFH in ständiger Rechtsprechung entschieden (BFH-Urteile vom 17. 10. 2007 I R 5/06, BFHE 219, 518, BStBl II 2009, 356; vom 8. 9. 2010 I R 74/09, BFHE 231, 84, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2011, 138; vom 7. 12. 2011 I R 5/11, BFH/NV 2012, 556).

42Denn eine Forderung gehört nur dann zu einer Betriebsstätte, wenn sie aus Sicht der Betriebsstätte nicht nur steuerrechtlich, sondern in tatsächlich-funktionaler Weise einen Aktivposten bildet (BFH-Urteile vom 17. 10. 2007 I R 5/06, BFHE 219, 518, BStBl II 2009, 356; vom 8. 9. 2010 I R 74/09, BFHE 231, 84, BFH/NV 2011, 138). Dies ist im Streitfall nicht der Fall, da das Darlehen bei der Beigeladenen als Darlehensgeberin, nicht bei der B KG aktiviert war.

43Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des BFH an und widerspricht der gegenteiligen Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 16. 4. 2010, BStBl I 2010, 354, Tz. 5.1).

444)              Eine hiervon abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG.

45Nach dieser Vorschrift gelten u.a. Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG für Zwecke der Anwendung eines DBA ausschließlich als Unternehmensgewinne, wenn auf diese Vergütungen die Vorschriften des DBA anzuwenden sind und das Abkommen keine solche Vergütungen betreffende ausdrückliche Regelung enthält. Wenn durch diese Vorschrift im Streitfall die streitigen Zinsen als „Unternehmensgewinne“ der deutschen Betriebsstätte zugerechnet werden könnten, könnten sie gem. Art. 10 Abs. 2 DBA Frankreich als Sonderbetriebseinnahmen in Deutschland erfasst werden.

46Jedoch führt die Qualifikation als „Unternehmensgewinne“ nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, nicht dazu, dass es sich um gewerbliche Gewinne einer Betriebsstätte handelt und dass die Einkünfte fiktiv einer Betriebsstätte zugerechnet werden können; vielmehr greift die Fiktion begrifflich hierfür zu kurz (BFH-Urteile vom 8. 9. 2010 I R 74/09, BFHE 231, 84, BFH/NV 2011, 138; vom 7. 12. 2011 I R 5/11, BFH/NV 2012, 556). Dementsprechend kann das deutsche Besteuerungsrecht nicht unbeschadet der Abkommensvorschriften und der dazu ergangenen Rechtsprechung mittels einer unilateral fingierten Einkunftsqualifikation durchgesetzt werden, sondern es verbleibt bei dem Besteuerungsrecht des anderen Staates (BFH-Urteil vom 8. 9. 2010 I R 74/09, BFHE 231, 84, BFH/NV 2011, 138), hier Frankreich.

47Ob und ggf. in welchem Umfang anders zu entscheiden wäre, wenn – wie vom Gesetzgeber im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2013 angedacht (BR-Drucks. 139/13 vom 22. 2. 2013, S. 25, 26) – § 50d Abs. 10 EStG geändert wird und Gesellschaftervergütungen fiktiv einer inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind, kann der Senat offen lassen, da das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens sowohl inhaltlich als auch zeitlich offen ist. Insofern kommt auch nicht in Betracht, das Verfahren ruhen zu lassen.

48IV.

49Die Entscheidung, die Berechnung der festzustellenden Beträge auf den Beklagten zu übertragen, beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO. Die Ermittlung erfordert einen nicht unerheblichen Aufwand, da mehrere Feststellungen betroffen sind.

50Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 i.V.m. § 139 Abs. 4 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. § 709 der Zivilprozessordnung.

51Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 FGO.