Digitale Nachlassermittlung: BRAK fordert strengere Datenschutzregeln

BRAK-Mitteilung vom 15. Oktober 2025

Ein neuer Gesetzentwurf zur digitalen Nachlassermittlung soll Erben künftig helfen, verstecktes Vermögen Verstorbener schneller aufzuspüren. Der Vorschlag stößt grundsätzlich auf Zustimmung – doch die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) warnt vor erheblichen Datenschutzrisiken und fordert Nachbesserungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).


1. Hintergrund: Ein digitaler Zugang zum Nachlass

Mit dem geplanten § 1959a BGB will der Gesetzgeber eine bislang bestehende digitale Lücke im Erbrecht schließen.
Erben sollen künftig über ein zentrales bundesweites Register Informationen zu Bankkonten und Depots Verstorbener abrufen können.

Das Vorhaben geht auf eine Initiative des Landes Niedersachsen zurück und wird durch den Gesetzentwurf des Bundesrates (BT-Drs. 21/1396) unterstützt. Ziel ist es, die Auffindung von Nachlassvermögen zu erleichtern – insbesondere in Fällen, in denen keine engen Angehörigen existieren oder Vermögenswerte ausschließlich digital verwaltet werden (z. B. Online-Banking, Kryptowährungen, Depots).

Die BRAK begrüßt dieses Vorhaben grundsätzlich. Es leiste einen wichtigen Beitrag zur Durchsetzung des Eigentumsrechts nach Art. 14 GG und stärke die Rechtssicherheit für Erben und Nachlassgerichte.


2. Datenschutzbedenken: „Sensible Daten ohne Schutzmechanismen“

Kritisch bewertet die BRAK jedoch die Ausgestaltung des Registerzugangs.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass der Datenabruf über Kirchensteuermerkmale erfolgt – ein technisch praktikabler, aber datenschutzrechtlich hochsensibler Ansatz.

Nach Auffassung der BRAK bestehen erhebliche Risiken:

  • Es fehlen wirksame Schutzmechanismen gegen unbefugte Zugriffe,
  • sensible Daten wie Wohnadressen, Bankverbindungen und Vermögensstände könnten ohne ausreichende Kontrolle eingesehen werden,
  • der Entwurf enthalte keine hinreichende Hemmschwelle für den Datenabruf.

Damit drohe ein massiver Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht sowohl Verstorbener als auch ihrer Angehörigen.


3. Forderungen der BRAK: Strikte Legitimation und restriktiver Zugriff

Die BRAK fordert daher eine deutlich strengere Ausgestaltung der Zugangsrechte.
Konkret soll:

  • das Interesse der Antragsteller:innen nicht nur glaubhaft gemacht, sondern nachgewiesen werden müssen,
  • eine Filterung nach Sterbe- und Geburtsdaten verpflichtend sein, um Fehlabfragen zu vermeiden,
  • der Kreis der Zugangsberechtigten klar begrenzt werden – etwa auf:
    • Amtsgerichte,
    • Erb:innen,
    • Nachlassverwalter:innen,
    • sowie bestimmte Amtsträger:innen.

Andere Personen, wie Gläubiger:innen oder Vermächtnisnehmer:innen, sollen keinen Zugriff auf die Registerdaten erhalten.


4. Kritik an Regierungsplänen zu „nachrichtenlosen Konten“

Besonders scharf kritisiert die BRAK Überlegungen der Bundesregierung, nicht beanspruchte Vermögen aus dem Nachlassregister künftig zur Förderung sozialer Innovationen zu verwenden.
Ein solcher Ansatz würde nach Ansicht der BRAK einen klaren Verstoß gegen Art. 14 GG (Eigentumsgarantie) darstellen:

„Der Staat darf Erben nicht enteignen, sondern muss aktiv zur Auffindung des ihnen zustehenden Vermögens beitragen.“

Damit stellt sich die BRAK entschieden gegen jede Form staatlicher Vermögensabschöpfung ohne vorherige Sicherstellung der Erbansprüche.


5. Fazit: Balance zwischen Erbenrecht und Datenschutz gefordert

Das geplante Register nach § 1959a BGB kann die Nachlassabwicklung digitaler Vermögenswerte erheblich vereinfachen – vorausgesetzt, Datenschutz und Rechtssicherheit werden gleichermaßen gewahrt.

Die BRAK fordert daher, den Entwurf nachzubessern, um Missbrauchsrisiken zu verhindern und gleichzeitig den Zugang für berechtigte Erben effizient zu gestalten. Nur eine rechtlich saubere, datenschutzkonforme Lösung wird langfristig Vertrauen schaffen.


Quellen:

  • BRAK, Nachrichten aus Berlin 21/2025
  • Stellungnahme Nr. 47/2025
  • Gesetzentwurf des Bundesrates (BT-Drs. 21/1396)
  • Gesetzesantrag des Landes Niedersachsen (BR-Drs. 379/20)