Ein nachträglicher Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs. 3 EStG zu § 4 Abs. 1 EStG ist nicht möglich

Mit Urteil vom 26. Juli 2011 (Az. 2 K 123/10, EFG 2013, 916) hat die Berichterstatterin des 2. Senats des Finanzgerichts Vorgenanntes erkannt. Der Kläger hatte im Jahre 2002 sämtliche Anteile an einer GmbH zum Preis von 77.999,27 Euro erworben. Die GmbH erwirtschaftete in der Folgezeit Verluste. Im Jahre 2006 wurde sie mittels Übertragung ihres Vermögens als Ganzes unter Auflösung ohne Abwicklung auf ein Einzelunternehmen des Klägers verschmolzen. Mit seiner Einkommensteuererklärung 2005 reichte der Kläger zunächst eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG für das Einzelunternehmen ein, aus der sich ein Gewinn in Höhe von 545,97 Euro ergab. Später legte er eine berichtigte Gewinnermittlung vor. Nunmehr ergab sich ein Verlust in Höhe von 77.452,30 Euro, denn der Kläger nahm eine Abschreibung auf die GmbH-Anteile auf einen Erinnerungswert von 1 Euro vor. Angesichts der seitens der GmbH erwirtschafteten erheblichen Verluste komme ein höherer Wertansatz nicht in Betracht. Das Finanzamt lehnte die Anerkennung der Teilwertabschreibung im Rahmen einer bei dem Kläger durchgeführten Außenprüfung ab. Der Kläger habe für das Jahr 2005 eine Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG erstellt, für die eine Teilwertabschreibung nicht möglich sei (Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 21. Juni 2006 XI R 49/05, BStBl II 2006, 712).

Daraufhin beantragte der Kläger einen Wechsel der Gewinnermittlungsart und reichte eine Eröffnungsbilanz auf den 1. Januar 2005 sowie einen Jahresabschluss auf den 31. Dezember 2005 ein. Das Finanzamt erkannte die nachträgliche Änderung der Gewinnermittlungsart nicht an. Nachdem bereits eine Einnahme-Überschuss-Rechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG eingereicht worden sei, sei der Wechsel zum Bestandsvergleich nur bis zur formalen Bestandskraft (Unanfechtbarkeit) möglich gewesen (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005 XI R 4/04, BStBl II 2006, 509).

Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, dass Steuerpflichtigen, die – wie er – zwar nicht buchführungspflichtig seien, aber freiwillig Bücher führten, ein Wahlrecht zwischen den Gewinnermittlungsarten gemäß § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG zustehe. Dieses Wahlrecht könne bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. -feststellung in Anspruch genommen werden. Auch ohne dazu verpflichtet gewesen zu sein, habe er eine Buchhaltung unterhalten, die monatlich erstellt worden sei. Zwar sei zunächst formal keine Eröffnungsbilanz erstellt worden. Eine solche sei aber im Januar 2005 aus den Buchhaltungsdaten abgeleitet und entsprechende Eröffnungsbilanzbuchungen vorgenommen worden. Allein der Umstand, dass die Eröffnungsbilanz erstmals später im Rahmen der Außenprüfung ausgedruckt und vorgelegt worden sei, könne nicht dazu führen, dass ihm die Möglichkeit genommen werde, die Gewinnermittlungsart zu wechseln. Die Sichtweise des Finanzamtes widerspreche dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Angesichts der später erfolgten Verschmelzung der GmbH auf das Einzelunternehmen des Klägers bleibe ihm nämlich keine Möglichkeit, die insofern entstandenen wirtschaftlichen Verluste steuerlich geltend zu machen.

Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen. Die Gewinnermittlungsmethoden des Bestandsvergleichs und der Einnahme-Überschuss-Rechnung seien unterschiedlich, aber grundsätzlich gleichwertig. Es bestehe kein Rangverhältnis zwischen ihnen. Die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als Grundform habe nur Bedeutung für die Frage, nach welcher Methode der Gewinn zu ermitteln sei, wenn der Steuerpflichtige keine (wirksame) Wahl für die eine oder andere Gewinnermittlungsart getroffen habe, in einem solchen Fall bleibe es bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (BFH-Urteil vom 19. März 2009 IV R 57/07, BStBl II 2009, 659 m. w. N.).

Zwar habe der BFH in seiner neueren Rechtsprechung hervorgehoben, dass das Wahlrecht zwischen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG nicht buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen prinzipiell unbefristet zustehe (BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005 XI R 4/04, BStBl II 2006, 509), formal werde das Wahlrecht hiernach allein durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. Feststellung begrenzt. Eine einmal getroffene Wahl könne aber nachträglich nicht mehr geändert werden; auf die Kenntnis der steuerlichen Folgen komme es nicht an (BFH-Urteil vom 2. März 2006 IV R 32/04, BFH/NV 2006, 1457). Hier habe der Kläger sein Wahlrecht hinsichtlich der Gewinnermittlungsart für 2005 wirksam und damit bindend zugunsten der Einnahme-Überschuss-Rechnung ausgeübt. Denn er habe für 2005 zunächst eine Einnahme-Überschuss-Rechnung erstellt und auf Grund dieser Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG seine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt eingereicht. Spätestens mit diesem eindeutigen Verhalten habe er sein Wahlrecht zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ausgeübt und auch nach außen hin dokumentiert (vgl. BFH-Urteil vom 24.9.2008 X R 58/06, BStBl II 2009, 368). Außerdem fehle es an einer zeitnah aufgestellten Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2005. Die im Rechtsbehelfsverfahren vorgelegte Primanota „Eröffnungsbilanzbuchungen“, aus der sich die für eine Bilanzierung erforderlichen Zahlen entnehmen ließen, rechtfertigten keine andere Beurteilung. Denn es handele sich dabei nicht um eine formelle Eröffnungsbilanz (siehe so bei Kontenübersichten im Verhältnis zur Schlussbilanz BFH-Urteil vom 2. März 2006 IV R 32/04, BFH/NV 2006, 1457). Der Kläger könne damit für den Gewinnermittlungszeitraum 2005 nicht nachträglich zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG übergehen. Das von ihm tatsächlich ausgeübte Wahlrecht binde ihn für diesen Zeitraum.

Eine Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG auf die GmbH-Anteile komme aber bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht in Betracht (BFH-Urteil vom 21. Juni 2006 XI R 49/05, BStBl II 2006, 712 m. w. N.). § 6 Abs. 1 Satz 1 EStG besage ausdrücklich, dass die Regelung nur für die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter gelte, die nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 EStG als Betriebsvermögen anzusetzen seien. Diese Beschränkung sei sachgerecht, da die Einnahme-Überschuss-Rechnung in erster Linie eine auf dem Zahlungsprinzip beruhende vereinfachte Form der Gewinnermittlung darstellt und weitere über die Anwendung der §§ 7 ff. EStG hinausgehenden Differenzierungen vermieden werden sollten, zumal das Gesamtergebnis („Totalgewinngleichheit“) nicht tangiert werde und eine „gleichheitswidrige“ Benachteiligung nicht gegeben sei.

Die hier erfolgte Verschmelzung zwinge nicht zu einer anderen Sichtweise. Zwar sei die Beteiligung durch die Verschmelzung untergegangen. Werde die übertragende Körperschaft handelsrechtlich aufgelöst und ihr Vermögen ohne Abwicklung auf einen anderen Rechtsträger übertragen, sei gem. § 2 UmwStG davon auszugehen, dass das Vermögen der übertragenden Körperschaft mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags auf den Übernehmer übergegangen ist und die übertragende Körperschaft nicht mehr bestehe. Infolge des Vermögensübergangs ergebe sich gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG grundsätzlich ein Übernahmegewinn oder Übernahmeverlust in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen seien, und dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft. Gem. § 9 Abs. 1 UmwStG gelte das entsprechend, wenn das Vermögen der übertragenden Körperschaft – wie hier – Betriebsvermögen einer natürlichen Person werde. Gem. § 4 Abs. 6 UmwStG in der hier (nach Einführung des Halbeinkünfteverfahrens durch das Steuersenkungsgesetz ab 2001) maßgeblichen Fassung bleibe jedoch ein Übernahmeverlust außer Ansatz. Das sei auch vor dem Hintergrund des sog. objektiven Nettoprinzips unbedenklich. Mit Einführung des Halbeinkünfteverfahrens durch das Steuersenkungsgesetz ab 2001 seien Übernahmeverluste zwar nicht mehr nutzbar, andererseits seien Übernahmegewinne gemäß § 4 Abs. 7 UmwStG entsprechend den Regeln des § 3 Nr. 40 EStG n. F. zur Hälfte steuerfrei. Der BFH habe die Verfassungsmäßigkeit der Nichtberücksichtigung eines Übernahmeverlusts zu alten Gesetzesfassungen bestätigt (u. a. mit Urteilen vom 19. Oktober 1998 VIII R 58/95, BStBl II 1999, 298; vom 22. Februar 2005 VIII R 89/00, BStBl II 2005, 624 zum UmwStG 1977). Das (dortige) Verbot des Verlustabzugs hänge erkennbar damit zusammen, dass gemäß § 3 UmwStG 1977 in die steuerliche Schlussbilanz der übertragenden GmbH die selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter (z. B. der Geschäftswert) keinen Eingang fänden und damit das Übernahmeergebnis nicht erhöhten, also insbesondere einen Übernahmeverlust nicht neutralisierten. Zum anderen sei in die verfassungsrechtliche Beurteilung einzustellen, dass es den Betroffenen regelmäßig freigestanden habe, die Kapitalgesellschaft zu liquidieren und hierdurch die Besteuerung nach § 17 Abs. 4 EStG auszulösen (BFH-Urteil vom 22. Februar 2005 VIII R 89/00, BStBl II 2005, 624). Diesen Grundgedanken sei auch hier zu folgen.

Der BFH hat die Revision auf die erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen. Das Revisionsverfahren wird unter dem Aktenzeichen III R 13/13 geführt.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 25.06.2013 zum Urteil 2 K 123/10 vom 26.07.2011