Einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften: Zurechnung von Verlusten beim Nießbrauchsbesteller oder Nießbraucher eines Kommanditanteils

Finanzgericht Köln, 10 K 3432/12

Datum:
26.09.2013
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 3432/12
Tenor:

Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2008 und 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.10.2012 werden mit der Maßgabe abgeändert, dass

– das zu Wohnzwecken der Beigeladenen zu 3. und 4. genutzte Objekt A-Weg … als steuerliches Betriebsvermögen qualifiziert wird und sämtliche damit zusammenhängenden Einnahmen wie auch Ausgaben steuerlich berücksichtigt werden,

– die mit dem fremdvermieteten Objekt B-Straße … unmittelbar zusammenhängenden Schuldzinsen in vollem Umfang, d.h. 2008 i.H.v. 491,50 € und für 2009 i.H.v. 90.962,55 € als Betriebsausgaben berücksichtigt werden und

– die festgestellten bzw. neu festzustellenden Verluste auch insoweit den Beigeladenen zu 3. und 4. steuerlich zugerechnet werden, als diese ihre Gesellschaftsanteile unter Nießbrauchsvorbehalt auf die Beigeladenen zu 1. und 2. übertragen haben.

Die Ermittlung der danach festzustellenden Beträge und deren Verteilung auf die Beigeladenen zu 3. und 4. werden dem Beklagten übertragen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

1Tatbestand

2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das Wohnhaus A-Weg … zum steuerlichen Betriebsvermögen der Klägerin gehört, ob die Schuldzinsen, die auf Darlehen entfallen, die für den Erwerb und den Bau auf dem Grundstück B-Straße … aufgenommen worden sind, in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen werden können und wem die Einkünfte der Klägerin zuzurechnen sind.

3Die Klägerin wurde 2007 als C GmbH & Co D KG gegründet. Mit Notarvertrag vom 5. Dezember 2008 (Ur-Nr. 1) erwarben die Beigeladenen zu 3. und 4. die Kommanditanteile an der Klägerin sowie die Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH. Die Klägerin wurde auf ihren neuen Namen umfirmiert. Geschäftsführer der GmbH sind die Beigeladenen zu 3. und 4.

4Nach § 2 des Gesellschaftsvertrags ist Gegenstand des Unternehmens die eigene Vermögensverwaltung, die Verwaltung von eigenem Wertpapiervermögen sowie die Verwaltung, Vermietung und Verpachtung von eigenen Immobilien, Grundstücken, Gewerbe– und Wohnbauten sowie sonstiger Gewerbeanlagen und deren An– und Verkauf für eigene Rechnung. Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn durch Bestandsvergleich.

5Nach § 4 des Gesellschaftsvertrags sind Gesellschafter die E Besitzverwaltungs-GmbH ohne Kapitaleinlage und ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen sowie als Kommanditisten mit einer Kommanditeinlage (Hafteinlage) in Höhe von jeweils 500 € die Beigeladenen zu 3. und 4. Nach § 5 wird für jeden Kommanditisten ein Kapitalkonto eingerichtet, das – soweit die Kommanditeinlagen erbracht sind – die Höhe der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen wiedergibt (sog. Kapitalkonto I). Außerdem wird für jeden Gesellschafter ein variables Kapitalkonto eingerichtet (sog. Kapitalkonto II). Nach § 7 Abs. 4 werden Beschlüsse grundsätzlich mit einfacher Mehrheit gefasst. Die Stimmrechtsverteilung erfolgt abweichend von der kapitalmäßigen Beteiligung der Gesellschafter dergestalt, dass den Gründungsgesellschaftern (den Beigeladenen zu 3. und 4.) jeweils zwei Stimmen sowie hinzutretenden neuen Gesellschaftern jeweils eine Stimme zustehen.

6§ 12 Abs. 4 sieht vor, dass im Fall der Liquidation der Klägerin die Kommanditisten an dem Reinvermögen im Verhältnis ihrer Kommanditeinlage teilnehmen.

7Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wird er gemäß folgender Regelung abgefunden: Bemessungsgrundlage für die Abfindung ist ein Vermögensstatus auf den Tag des Ausscheidens des Gesellschafters, aufzustellen nach den Grundsätzen des Bewertungsgesetzes in der Fassung vom 1.1.2007 abzüglich eines Abschlags von 50%. Ein Ansatz für den good will oder für nicht bilanzierungspflichtige schwebende Geschäfte unterbleibt (§ 16 Abs. 1).

8Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag Bezug genommen.

9Die Anteile an der Komplementär-GmbH wurden ebenfalls in das Gesamthands-vermögen übertragen, so dass eine sog. Einheitsgesellschaft entstand.

10Mit Notarvertrag vom 5.12.2008 (UR-Nr. 2) brachten die Beigeladenen zu 3. und 4. das fremdvermietete Grundstück B-Straße … in F sowie das Grundstück A-Weg … in K in das Gesamthandsvermögen der Klägerin ein. Das Grundstück B-Straße hatten die Beigeladenen zu 3. und 4. 2007 erworben und anschließend bebaut. Hierfür hatten sie ein Darlehen aufgenommen, das am 5.12.2008 noch mit 1.656.628,06 € valutierte. Die G-Bank hat bestätigt, dass die aufgenommenen Darlehen nur der Finanzierung des Objekts B-Straße … dienten. Das Grundstück A-Weg …, das ebenfalls den Beigeladenen zu 3. und 4. zu je ½ gehörte, war schuldenfrei. Hierbei handelt es sich um das zu eigenen Wohnzwecken genutzte Einfamilienhaus der Beigeladenen zu 3. und 4. Als Gegenleistung wurden den Einbringenden Gesellschaftsrechte an der Klägerin gewährt. Der Wert des jeweils eingebrachten Grundbesitzes wurde dem Kapitalkonto I des einbringenden Gesellschafters gutgeschrieben. Nach § 5 des Einbringungs- und Übertragungsvertrags übernahm die Klägerin im Innenverhältnis die Verbindlichkeiten, die den Grundpfandrechten zugrunde lagen.

11Außerdem brachten die Beigeladenen zu 3. und 4. mit einem anderen Vertrag drei Wertpapierdepots in die Klägerin ein. Da sie an dem gesamten eingebrachten Vermögen jeweils zur Hälfte beteiligt gewesen waren, ermittelten sie ihre Beteiligung an der Klägerin ebenfalls jeweils mit 50%.

12Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgenannten Verträge (Einbringung und Übertragungsvertrag vom 5.12.2008 sowie Vertrag über die Einbringung der Wertpapierdepots vom 5.12.2008) Bezug genommen.

13Des Weiteren schlossen die Beigeladenen am 5.12.2008 einen Schenkungs- und Übertragungsvertrag über Kommanditanteile an der E Besitzverwaltung GmbH & Co. KG unter Nießbrauchsvorbehalt. Danach übertrugen die Beigeladenen zu 3. und 4. im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich auf ihre gemeinsamen volljährigen Kinder, die Beigeladenen zu 1. und 2., jeweils einen Teil-Kommanditanteil in Höhe von 15% des Gesamtkommanditkapitals unter Vorbehalt des Nießbrauchsrechts. Nach § 3 des Vertrags behielten sich die Schenker hinsichtlich der Schenkungen jeweils das lebenslängliche und unentgeltliche Nießbrauchsrecht vor. Nach Abs. 3 gebühren den Nießbrauchern die während des Nießbrauchs auf die Beteiligung entfallenden Gewinnanteile. Die mit den Beteiligungen verbundenen Mitgliedschaftsrechte, insbesondere die Stimmrechte, stehen den jeweiligen Beschenkten zu. § 5 regelt, wann die Schenker berechtigt sind, die jeweilige Schenkung zu widerrufen. Nach Abs. 2 steht dem jeweiligen Schenker hinsichtlich der Schenkungen und Übertragungen ein nicht übertragbares aber vererbliches Rückforderungsrecht zu (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).

14Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Vertrag Bezug genommen.

15Am 15.12.2008 wurde zwischen der Klägerin und den Beigeladenen zu 3. und 4. ein Mietvertrag über das Grundstück A-Weg … abgeschlossen. Danach wurde das Grundstück zu einem ortsüblichen Mietzins vermietet. Weder an der Fremdüblichkeit des Vertrags noch an seiner vertragsgemäßen Durchführung bestehen Zweifel. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen.

16Die Klägerin ermittelte für 2008 und 2009 jeweils einen Verlust, den sie aufgrund des Nießbrauchsrechts nur den Beigeladenen zu 3. und 4. zurechnete. Wegen der Einzelheiten wird auf die Jahresabschlüsse 2008 und 2009 sowie die Feststellungserklärungen Bezug genommen.

17Die Klägerin legte gegen den Bescheid vom 9.2.2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2008, mit dem der erstmalige Feststellungsbescheid vom 27.4.2010 nach § 164 Abs. 2 AO geändert wurde, sowie gegen den erstmaligen Bescheid für 2009 vom 9.2.2012 jeweils Einspruch ein, da der Beklagte u.a. wegen eines anderweitigen Ansatzes der Verkehrswerte der eingebrachten Grundstücke und der daraus folgenden niedrigeren AfA einen niedrigeren Verlust ermittelte.

18Die Beträge sind mittlerweile zwischen den Beteiligten unstreitig.

19In der Einspruchsentscheidung vom 11.10.2012, mit der die Einkünfte auf -9.736,59 € für 2008 und -19.446,42 € festgestellt und gemäß den Beteiligungsquoten auf die Kommanditisten verteilt wurden, vertritt der Beklagte folgende Auffassung:

20Das zum Gesamthandsvermögen der Klägerin gehörende und von den Kommanditisten zu eigenen Wohnzwecken genutzte Objekt A-Weg … stelle kein steuerliches Betriebsvermögen der Klägerin dar. Einnahmen aus dem Objekt seien nicht als Betriebseinnahmen und Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben zu erfassen.

21Entgegen der Auffassung der Klägerin stünden mit dem Objekt Schuldzinsen in unmittelbarem Zusammenhang. Die Schuldübernahme durch die Klägerin habe im Zusammenhang mit der Übertragung beider Grundstücke gestanden und sei als Gegenleistung für beide Grundstücke erfolgt. In dem Einbringungs- und Übertragungsvertrag sei keine Vereinbarung getroffen worden, welche Darlehen für die Übertragung welchen Grundstücks zu übernehmen waren. Die Schuldzinsen seien nach dem Verhältnis der Verkehrswerte aufzuteilen. Danach entfielen auf das Objekt A-Weg in 2008 262,01 € und in 2009 48.489,76 € Schuldzinsen, die nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig seien.

22Soweit ein Nießbrauch an Kommanditanteilen bestellt sei, seien die auf diese Anteile entfallenden Verluste dem Nießbrauchsbesteller zuzurechnen. Eine abweichende vertragliche Regelung wäre zwar möglich, ergebe sich im Streitfall aber nicht aus dem Schenkungs- und Übertragungsvertrag vom 5.12.2008. In § 3 Abs. 3 des Vertrags sei geregelt, dass den Nießbrauchern die während des Nießbrauchs auf die Bestellung entfallenden Gewinnanteile gebühren. Nach dem Wortlaut der Vorschrift sei nur ein Recht übertragen worden. Eine Verpflichtung zur Verlusttragung könne hierin nicht gesehen werden. Für den Fall, dass die Nießbraucher nach Vertrag auch Verluste zu tragen hätten, wäre zu erwarten, dass der Vertrag auch Regelungen zur Verlustausgleichs- oder Wertersatzpflicht bei Nießbrauchsrechtsende enthalten würde.

23Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

24Mit der Klage trägt die Klägerin vor:

25Das Grundstück A-Weg … gehöre entgegen der Auffassung des Beklagten zum steuerlichen Betriebsvermögen. Dieser Grundbesitz sei mit einem Mietzins von 8,50 € pro Quadratmeter, was dem örtlichen Mietspiegel von K entspreche, und damit zu Konditionen wie unter fremden Dritten von ihr mit entsprechender Gewinnerzielungsabsicht an die Beigeladenen zu 3. und 4. vermietet worden. Bei einem Überschuss von ca. 5000 € im Jahr für dieses Objekt bestehe kein Zweifel daran, dass sie langfristig einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Objekt habe, so dass dieses dem Betriebsvermögen zuzuordnen sei. Lediglich bei einer Überlassung ohne Entgelt für die Wohnzwecke von Gesellschaftern gehöre ein Grundstück zum Privatvermögen einer gewerblich geprägten Kommanditgesellschaft.

26Selbst wenn man der Auffassung des Beklagten folge und das Objekt A-Weg … ihrem steuerlichen Privatvermögen zuordne, seien die zur Finanzierung des Kaufs des Vermietungsobjekts B-Straße … aufgenommenen Darlehensverbindlichkeiten in vollem Umfang steuerliches Betriebsvermögen, so dass die Schuldzinsen daraus nicht nur anteilig, sondern in vollem Umfang als Betriebsausgaben abzugsfähig seien. Die vom Beklagten vorgenommene Aufteilung nach dem Verhältnis der Verkehrswerte entbehre jeglicher Rechtsgrundlage. Die betreffende Darlehensverpflichtung gegenüber der G-Bank sei von den Eheleuten E als Einbringende zuvor zweifelsfrei zu Finanzierung allein des unstreitig im steuerlichen Betriebsvermögen aktivierten Vermietungsobjekts eingegangen worden. Da eine direkte Zuordnung zu diesem Objekt zweifelsfrei möglich sei, entspreche es dem verfassungsrechtlichen Gebot der Besteuerung nach der steuerlichen Leistungsfähigkeit, diese Darlehensverbindlichkeit und die damit zusammenhängenden Aufwendungen auch in voller Höhe dem Vermietungsobjekt B-Straße … und damit dem Einkünftebereich zuzuordnen. Diese eindeutige Zuordnung nach dem wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang werde auch nicht dadurch unterbrochen, dass dieses Objekt mit dem Einbringungs- und Übertragungsvertrag vom 5.12.2008 einschließlich der darauf lastenden Verbindlichkeiten gleichzeitig mit dem anderen Objekt und gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht worden sei. Auch nach dem Einbringungsvertrag sei eine konkrete Zuordnung dieser Darlehensverbindlichkeit erfolgt.

27Letztlich seien die angefochtenen Bescheide auch insoweit rechtswidrig, als der Beklagte die Verluste nicht den Beigeladenen zu 3. und 4. zugerechnet habe. Es treffe zwar zu, dass nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 3 des Schenkungsvertrags geregelt sei, dass den Nießbrauchern die während des Nießbrauchs auf die Beteiligung entfallenden „Gewinnanteile“ gebührten und damit nicht explizit eine Regelung über Verlustanteile getroffen wurde. Allerdings fielen unter den Begriff „Gewinnanteile“ nicht nur positive, sondern auch negative Ergebnisse. Dies ergebe sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG.

28Selbst wenn man die Formulierung im Schenkungsvertrag anders verstehen wolle, so hätten die Vertragsparteien diesen Passus zumindest konkludent dadurch abbedungen, dass sie die Verluste einvernehmlich den Kapitalkonten der Beigeladenen zu 3. und 4. belastet hätten und diese ihnen auch in den Steuererklärungen zugerechnet wurden. Auch die tatsächliche Durchführung der Vereinbarung spreche daher dafür, dass die Beteiligten von Anfang an die Verluste den Eltern und nicht den Kindern zurechnen wollten.

29Die Klägerin beantragt,

30die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2008 und 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.10.2012 mit der Maßgabe abzuändern, dass das zu Wohnzwecken der Beigeladenen zu 3. und 4. genutzte Objekt A-Weg … als steuerliches Betriebsvermögen qualifiziert wird und sämtliche damit zusammenhängenden Einnahmen wie auch Ausgaben steuerlich berücksichtigt werden, dass die mit dem fremdvermieteten Objekt B-Straße … unmittelbar zusammenhängenden Schuldzinsen in vollem Umfang, d.h. 2008 i.H.v. 491,50 € und für 2009 i.H.v. 90.962,55 € als Betriebsausgaben berücksichtigt werden und die festgestellten Verluste auch insoweit den Beigeladenen zu 3. und 4. steuerlich zugerechnet werden, als diese ihre Gesellschaftsanteile unter Nießbrauchsvorbehalt auf ihre Kinder übertragen haben,

31hilfsweise, die Revision zuzulassen.

32Der Beklagte beantragt,

33die Klage abzuweisen,

34hilfsweise, die Revision zuzulassen.

35Die Beigeladenen haben keinen gesonderten Antrag gestellt.

36Der Berichterstatter hat die Kommanditisten gemäß § 60 Abs. 3 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO zum Verfahren beigeladen.

37Entscheidungsgründe

38Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

39Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin deshalb in ihren Rechten, vergleiche § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-.

401. A-Weg … als steuerliches Betriebsvermögen der Klägerin

41Das zu privaten Wohnzwecken der Gesellschafter genutzte Einfamilienhaus gehört zum steuerlichen Betriebsvermögen der Klägerin.

42Wirtschaftsgüter, die zivilrechtlich und wirtschaftlich zum Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsvermögen) einer gewerblich geprägten Kommanditgesellschaft gehören, sind grundsätzlich notwendiges Betriebsvermögen der KG (Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 25.11.2004 IV R 7/03, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2005, 354, 355; Wacker in Schmidt, EStG, 32. Aufl. 2013, § 15 Rz. 481; Bode in Blümich, § 15 EStG, Rz. 454). Dies folgt aus der handelsrechtlichen Zuordnung zum Vermögen der Kommanditgesellschaft und der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz, vergleiche § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG -.

43Die handelsrechtliche Zurechnung greift nur dann nicht ein, wenn die steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften, insbesondere die des § 4 EStG, eine Abweichung zwingend vorschreiben. Dies ist dann der Fall, wenn die Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Gesellschaftsvermögen nicht betrieblich veranlasst ist. Die eng auszulegende Ausnahme kommt nur dann in Betracht, wenn ein wirtschaftlicher Nutzen des Wirtschaftsguts für die Gesellschaft nicht zu erkennen ist und (kumulativ) das Wirtschaftsgut den Gesellschaftern unter Bedingungen zur Nutzung überlassen wird, die dem sog. Fremdvergleich nicht standhalten.

44In Bezug auf das streitbefangene Grundstück liegen die Voraussetzungen, wann ausnahmsweise ein Wirtschaftsgut des Gesamthandsvermögens nicht zum steuerlichen Betriebsvermögen gehört, unstreitig nicht vor. Das Grundstück wird von der KG zu fremdüblichen Bedingungen an die Gesellschafter vermietet und die KG erwirtschaftet hieraus jährlich einen Überschuss.

452. Volle Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen

46Die von der KG aufgewandten Schuldzinsen sind in voller Höhe als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Sie sind allein durch das fremdvermieteten Grundstück B-Straße veranlasst, wie sich unter anderem aus der Bestätigung der G-Bank ergibt. Dieser Veranlassungszusammenhang wurde durch die Einbringung nicht aufgehoben.

47Selbst wenn man den Veranlassungszusammenhang durch die Einbringung als aufgehoben ansähe, würde sich an der vollen Abzugsfähigkeit nichts ändern. Die Schuldzinsen werden nicht für Privatvermögen der KG, sondern ausschließlich (wie sich oben aus den Ausführungen unter 1. ergibt) für Betriebsvermögen aufgewandt.

483. Zurechnung der Einkünfte ausschließlich bei den Nießbrauchern

49Die Verluste sind in den Streitjahren auch insoweit den Beigeladenen zu 3. und 4. zuzurechnen, als sie auf die Kommanditanteile entfallen, die zu ihren Gunsten mit einem Nießbrauchsrecht belastet sind.

50a) Die Beteiligten haben sich in der mündlichen Verhandlung dahingehend verständigt, dass in Bezug auf die nießbrauchsbelasteten Kommanditanteile sowohl die Nießbrauchsbesteller als auch die Nießbraucher Mitunternehmer sind. Der Senat braucht im Streitfall die Frage nicht zu entscheiden (vgl. dazu BFH, Urteil vom 23.2.2010 II R 42/08, BStBl II 2010, 555 m.w.N.): Sind die Nießbrauchsbesteller nicht Mitunternehmer, sind die Verluste per se den Nießbrauchern zuzurechnen. Sind die Nießbrauchsbesteller ebenfalls Mitunternehmer, ergibt sich die Zurechnung der Verluste aus den nachfolgenden Überlegungen.

51b) Die Zurechnung der Verluste ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin zwar nicht aus § 3 Abs. 3 des Schenkungs- und Übertragungsvertrags. Der Klägerin ist zuzugeben, dass der Gewinnbegriff im Steuerrecht umfassend ist und auch Verluste umfasst. Zivilrechtlich und handelsrechtlich gilt das jedoch nicht. Der Vertrag ist dem allgemeinen Sprachgebrauch gemäß auszulegen und nicht nach den besonderen steuerrechtlichen Definitionen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird jedoch zwischen Gewinnanteilen und Verlustanteile differenziert.

52Der Senat lässt offen, ob sich die Zurechnung der Verluste ausschließlich bei den Nießbrauchern aus der tatsächlichen Handhabung der Beteiligten ergeben könnte.

53Die Zurechnung der Verluste ausschließlich bei den Nießbrauchern ergibt sich nach Auffassung des Senats daraus, dass Verluste in der Regel ausschließlich dem Nießbraucher zugerechnet werden, und zwar auch ohne vertragliche Regelung (Wacker, a.a.O., § 15 Rz. 311; a.A. BFH, Urteil vom 1.3.1994 VIII R 35/92, BStBl II 1995, 241, 245 unter III.3.c) aa) aaa) letzter Absatz; Bode, a.a.O., § 15 EStG Rz. 368). Entgegen der Auffassung des Beklagten bedarf nicht die Zurechnung der Verluste beim Nießbraucher einer besonderen vertraglichen Regelung, sondern vielmehr bedarf es umgekehrt einer besonderen vertraglichen Regelung, wenn Verluste dem Nießbrauchsbesteller zugerechnet werden sollen. Der Senat folgt der Ansicht von Wacker, wonach die Zurechnung von Verlusten beim Nießbraucher daraus folgt, dass dieser künftige entnahmefähige Gewinnanteile verliert.

544. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, § 139 Abs. 4 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

55Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zu, wem in Verlustfällen die Verluste zuzurechnen sind, dem Nießbrauchsbesteller oder dem Nießbraucher eines Kommanditanteils, sowie wegen Abweichung von dem BFH-Urteil VIII R 35/92 vom 1.3.1994.