Einkommensteuer | Veräußerungserlös bei gemischt genutztem Wohnmobil (FG)

Veräußerungserlös bei gemischt genutztem Wohnmobil

 Leitsatz

Veräußert ein Steuerpflichtiger das zu seinem Betriebsvermögen gehörendes gemischt genutztes Wohnmobil, so ist der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Veräußerungserlös Gewinn aus Gewerbebetrieb.

 Gesetze

§ 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG
§ 5 Abs. 1 EStG
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG

 Instanzenzug

BFH 20.08.2012 – X R 14/12

Verfahrensstand:  Revision eingelegt

 Tatbestand

Streitig ist die Höhe des Veräußerungsgewinnes aus dem Verkauf eines betrieblich genutzten Wohnmobils.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger bezieht als Handelsvertreter Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er ist Eigentümer von mehreren Pkws´s, u.a. eines Wohnmobils mit polizeilichem Kennzeichen XX-MH 16. Dieses Fahrzeug hat der Kläger am 30. Juni 2001 für 172.560,48 DM erworben und als notwendiges Betriebsvermögen behandelt. Bei dem Wohnmobil handelt es sich um ein Fahrzeug, welches, sowohl betrieblich als auch privat genutzt wurde. Im Rahmen der für die Jahre 2001 bis 2003 durchgeführten Außenprüfung (Betriebsprüfungsbericht vom 22. Dezember 2005 – Bl. 26 f. Bp-Berichtsakten) hat man sich dahingehend geeinigt, dass 40 % nicht als Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 1 Nr. 5 EStG abzugsfähig sind.

Das Wohnmobil wurde am 28. August 2006 für 45.689,66 € veräußert und der Veräußerungsgewinn wurde wie folgt ermittelt:

 

 Veräußerungserlö  45.689,66 €
 ./. Buchwert;  21.182,00 €
 Gewinn  24.507,66 €
 Buchwerterhöhung der nicht als Betriebsausgaben abzugsfähigen AfA wegen § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG  24.507,66 €
 zu versteuernder Veräußerungsgewinn  0,00 €

 

Mit Schreiben vom 2. Mai 2008 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass der Veräußerungsgewinn des Wohnmobils in voller Höhe versteuert werden müsse, weil die außer­bilanziellen Zurechnungen auf Grund des § 4 Abs. 5 Nr. 7 Einkommensteuergesetz -EStG- nicht berücksichtigt werden dürften.

Der Einkommensteuerbescheid für 2006 erging am 25. Juli 2008, in diesem hat der Beklagte den erklärten Gewinn wie folgt verändert:

 

 Gewinn lt. Erklärung  49.813,01 €
 + Berücksichtigung außerbilanziellen Zurechnung  24.507,66 €
 + keine Betriebsausgaben für XX-SH 512  5.703,51 €
 ./. Privatanteil XX-SH 512 netto  1.680,00 €
 + Privatnutzung XX-SU 49 durch Tochter  900,00 €
 Gewinn  49.243,51 €

 

Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 3. März 2010 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der Klage tragen die Kläger vor, dass eine Erhöhung des Gewinns um die stillen Reserven aus dem Verkauf des Wohnmobils nicht erfolgen dürfe, da diese in Höhe von 24.507,66 € in der Vergangenheit dem steuerlichen Gewinn außerhalb der Bilanz hinzugerechnet worden seien. Faktisch fände in Höhe der wegen § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG nicht abziehbaren AfA (40 % der Gesamt-AfA) eine Doppelbelastung statt, da insoweit in der Vergangenheit eine Hinzurechnung zum Gewinn und im Verkaufszeitpunkt eine erneute Besteuerung dieses Teils der stillen Reserven vorgenommen würde. Das verstoße gegen das objektive Nettoprinzip. Es ergebe sich auch aus der Literatur (Herrmann/Heuer/Raupach Anm. 1536 zu § 4 EStG , Frötscher Rz 340 zu § 4 EStG ). Außerdem habe der Große Senat des Bundesfinanzhofes in seinem Beschluss vom 21. September 2009 GrS 1/06 bei seiner Entscheidung über die Aufwendungen für eine gemischt veranlasste Reise folgende dogmatische Grundaussagen getroffen: Die gesetzlichen Abzugstatbestände für Betriebsausgaben und Werbungskosten seien Ausdruck des objektiven Nettoprinzips, nachdem der Steuergesetzgeber die für die Lastengleichheit dem Einkommensteuerrecht u.a. maßgeblich finanzielle Leistungsfähigkeit bemesse. Danach unterliege der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den (betrieblich/beruflichen) Erwerbsaufwendungen andererseits. Das objektive Nettoprinzip habe verfassungsrechtliche Bedeutung, vor allem im Zusammenhang mit den Anforderungen an hinreichende Folgerichtigkeit bei der näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen Grundentscheidung. Weiter habe der Große Senat ausgeführt, dass der Begriff der Steuergerechtigkeit (als Rechtsbegriff) bedeute, dass im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerrechtlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden müsse, dass Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit) seien, während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einnahmen im Vergleich mit der Besteuerung niedriger Einkommen angemessen gestaltet werden müsse. Das Leistungsfähigkeitsprinzip biete die Berücksichtigung des beruflichen Anteils durch Aufteilung, notfalls durch Schätzung. Aus diesen Ausführungen ergebe sich, dass der Große Senat sich bei seiner Entscheidung von dem Gedanken der Steuergerechtigkeit (Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) und dem Grundsatz des objektiven Nettoprinzips, nachdem grundsätzlich nur das Nettoeinkommen der Einkommensteuer unterliege, habe leiten lassen. Die Einbeziehung der AfA in den die Besteuerung des „Gewinns” aus der Veräußerung des Wohn-/Büromobils, soweit sie sich nicht als Betriebsausgabe ausgewirkt habe, bzw. dem Gewinn außerbilanziell hinzugerechnet worden sei, sei mit den vorstehend vom Großen Senat aufgestellten Grundsätzen nicht vereinbar und daher abzulehnen.

Wegen der weiteren Ausführungen wird auf die Schriftsätze der Kläger vom 6. April 2010 und 23. Juli 2010 verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger vorgetragen, dass hilfsweise beantragt werde, das Wohnmobil nur zu 60 % als Betriebsvermögen zu bilanzieren, sodass auch immer nur 60 % der AfA den Buchwert mindern.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 3. März 2010 den Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 25. Juli 2008 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb des Klägers 54.251,52 € beträgt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes keine Buchwerterhöhung um die wegen § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG nicht als Betriebsausgaben abzugsfähige AfA erfolgen dürfe. Der BFH begründe dies mit dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift. Es solle nämlich verhindert werden, dass zu Zwecken der betrieblichen Repräsentation dienende Aufwand den Gewinn beeinflusse und die Regeln der Bewertung und Abschreibung für diese Wirtschaftsgüter außer Kraft gesetzt würden. Der Veräußerungsgewinn sei grundsätzlich die Differenz zwischen Veräußerungspreis und dem Buchwert. So mindere die auf die private Nutzung entfallende AfA ebenfalls nicht den Gewinn. Gleichwohl müsse im Veräußerungsfall der um die volle AfA geminderte Buchwert angesetzt werden, da ansonsten die frühere auf private Nutzung entfallende und gewinnerhöhende AfA entgegen dem Sinn und Zweck der Regelung sich nachträglich gewinnmindernd auswirken würde. Die steuerliche Nichtberücksichtigung der Lebensführungskosten widerspreche nicht dem objektiven Nettoprinzip, denn der BFH habe in seiner von den Klägern zitierten Entscheidung ausdrücklich entschieden, dass das objektive Nettoprinzip nur den Abzug erwerbsbedingte Aufwendungen fordere, nicht aber den Abzug von Lebensführungskosten. Eine Doppelbesteuerung liege nicht vor, da sonst entgegen dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung – quasi durch die Hintertür – sich die auf die Lebensführung entfallende und gewinnerhöhende AfA gewinnmindernd auswirken würde.

 Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Der Beklagte hat zutreffend den Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf eines betrieblich genutzten Wohnmobils berechnet.

Wirtschaftsgüter, die zum Betriebsvermögen gehören, sind auch bei teilweiser privater Nutzung Gegenstände des Betriebsvermögens, weil der Kläger dieses Wirtschaftsgut in seiner Bilanz aufgenommen hat und es nach § 5 Abs. 1 EStG einkommensteuerlich als Betriebsvermögen angesetzt werden muss. Für diese Wirtschaftsgüter gelten die Bewertungsvorschriften des Einkommensteuergesetzes mit der Folge, dass auch für sie AfA vorzunehmen ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG ), auch wenn diese wegen des Abzugsverbotes nach § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG den Gewinn nicht mindern darf (BFH-Urteile vom 12. Dezember 1973 VIII R 40/69 , BStBl II 1974, 207 und vom 23. April 1985 VIII R 300/81, BFH/NV 1986, 18 ). Das Wohnmobil kann deshalb auch nicht mit nur 60 % bilanziert werden.

§ 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG will nach seinem Sinn und Zweck nur verhindern, dass Zwecken der betrieblichen Repräsentation dienender Aufwand den Gewinn beeinflusst, dass er im Übrigen die Regeln der Bewertung und Abschreibung für diese Wirtschaftsgüter jedoch nicht außer Kraft setzen wollte. Es soll dem Wertverzehr nach wie vor Rechnung getragen und daher auch die AfA vorgenommen werden. Dass der Gewinn aus der Veräußerung eines solches Wirtschaftsgutes zu erfassen ist, folgt bereits aus seiner Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen. Die Veräußerung stellt einen Geschäftsvorfall dar und der Bucherlös ist eine gewerbliche Einnahme. Die Entscheidung der Frage, welcher Betrag als Veräußerungsgewinn anzusetzen ist, richtet sich nach dem Unterschied zwischen Buchwert und dem Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten.

Schon in seinem Urteil vom 24. September 1959 IV 38/58 U BStBl III 1959, 466 hat der Bundesfinanzhof für einen zum Betriebsvermögen gehörenden Pkw, der teils privat genutzt wurde, hinsichtlich der Höhe des Veräußerungsgewinnes die Ansicht vertreten, dass der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Veräußerungserlös als Gewinn zu erfassen ist, dass also insbesondere die auf die private Nutzung entfallende AfA, die zwar nicht den Gewinn der früheren Veranlagungszeiträume, wohl aber den Buchwert des Pkw´s beeinflusst hat, den Veräußerungsgewinn nicht mindert. Dieser Auffassung schließt sich das Gericht an, der Veräußerungsgewinn ist grundsätzlich Differenz zwischen Veräußerungspreis und dem Buchwert.

Auch aus dem von den Klägern zitierten Beschluss des Großen Senates vom 21. September 2009 GrS 1/06, BStBl II 2010, 672 ergibt sich keine andere Beurteilung. In diesem Beschluss hat der BFH ausdrücklich entschieden, dass das objektive Nettoprinzip nur den Abzug erwerbsbedingter Aufwendungen fordert, nicht aber den Abzug von Lebensführungskosten. Er führt aus, dass die gesetzlichen Abzugstatbestände für Betriebsausgaben und Werbungskosten Ausdruck des objektiven Nettoprinzips sind, nach dem der Steuergesetzgeber die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht u.a. maßgebliche objektive finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst. Danach unterliegt der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den (betrieblichen/beruflichen) Erwerbsaufwendungen andererseits. Das objektive Nettoprinzip hat verfassungsrechtliche Bedeutung, vor allem im Zusammenhang mit den Anforderungen an die hinreichende Folgerichtigkeit bei der näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen Grundentscheidung. In dem vom BFH zu entscheidenden Fall hat das Nettorprinzip gefordert, den beruflich veranlassten Teil der Reisekosten zum Abzug zuzulassen. Im vorliegenden Fall ist aber eindeutig, dass 40 % der Aufwendungen für das Wohnmobil – und der AfA – Kosten der Lebensführung sind, weshalb die steuerliche Nichtberücksichtigung dieser Lebensführungskosten (hier die unangemessene AfA) nicht dem objektiven Nettoprinzip widerspricht. Aus diesem Grund darf bei der Veräußerung des Wirtschaftsgutes keine Buchwerterhöhung um die wegen § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG nicht als Betriebsausgaben abzugsfähige AfA erfolgen. Ansonsten würde sich die frühere auf die Lebensführung entfallende und gewinnerhöhende AfA entgegen dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nachträglich gewinnmindernd auswirken. Es liegt somit keine Doppelbesteuerung vor, denn umgekehrt würde es zu einer doppelten Steuerbegünstigung führen, denn zum einen würden die auf die Lebensführung entfallenden Kosten nachträglich gewinnmindernd berücksichtigt werden und zum anderen würde auch der Veräußerungserlös sich mindern.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.