Einkünfte des Erben aus künstlerischer Tätigkeit des Erblassers

Finanzgericht Düsseldorf, 13 K 472/12 E

Datum:
26.09.2013
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 K 472/12 E
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

1(Auszugsweise Wiedergabe)

2Tatbestand:

3Die Klägerin beantragt,

4den Einkommensteuerbescheid 2008 vom    in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom    dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit gem. §§ 18, 24 Nr. 2 EStG auf     € gemindert werden, hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

5Der Beklagte beantragt,

6              die Klage abzuweisen.

7Er führt aus, nachträgliche Betriebseinnahmen zu den Einkünften aus künstlerischer Tätigkeit lägen dann vor, wenn die Zahlung durch die künstlerische Tätigkeit des Erblassers veranlasst sei. Die streitige Ablösezahlung stelle in vollem Umfang eine zusätzliche Vergütung für die frühere künstlerische Tätigkeit des Erblassers und somit eine Betriebseinnahme dar. Die Zahlung für die Einräumung der urheberrechtlichen Rechte an ….. sei unmittelbar durch die Schaffung dieser Kunstwerke veranlasst.

8Entscheidungsgründe:

9Die Klage ist unbegründet.

10Der Einkommensteuerbescheid 2008 vom     in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom      ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).

11Der Beklagte hat zu Recht die Betriebseinnahmen der Einkünfte gem. §§ 18 Abs. 1 Nr. 1, 24 Nr. 2 EStG um die Zahlung        erhöht.

121. Die Klägerin erzielt aus dem Nachlass Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 24 Nr. 2 EStG.

13Nach § 18 Abs. 1 Nr.1 EStG i. V. m. § 24 Nr. 2 gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit auch solche aus einer ehemaligen freiberuflichen Tätigkeit, und zwar auch dann, wenn sie dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger zufließen. Einkünfte aus einer ehemaligen künstlerischen Tätigkeit gehören danach beim Erben des Künstlers auch dann zu den Einkünften aus künstlerischer Tätigkeit, wenn der Erbe nicht selbst Künstler ist (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 29.04.1993 IV R 16/92, Bundesteuerblatt –BStBl– II 1993, 716, unter 2.a).

142. Bei der Zahlung     über      € handelt es sich um Betriebseinnahmen aus der ehemaligen künstlerischen Tätigkeit des Erblassers.

15a) Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit liegen dann vor, wenn sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der ehemaligen beruflichen Tätigkeit stehen, insbesondere ein Entgelt für die im Rahmen der ehemaligen freiberuflichen Tätigkeit von dem Freiberufler erbrachten Leistungen darstellen (BFH-Beschluss vom 27.11.1992, IV B 109/91, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH –BFH/NV– 1993, 293; BFH-Urteil vom 29.04.1993 IV R 16/92, BStBl II 1993, 716, unter 2.a). Dementsprechend liegen Betriebseinnahmen einer künstlerischen Tätigkeit vor, wenn der Erbe die von dem Erblasser geschaffenen Kunstwerke veräußert (BFH-Urteil vom 29.04.1993 IV R 16/92, BStBl II 1993, 716, unter 2.a). Auch Zahlungen der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) für die Überlassung von Urheberrechten durch den Erblasser gehören zu den Betriebseinnahmen des Erben (vgl. BFH-Urteil vom 02.03.1995 IV R 62/93, BStBl II 1995, 413, unter 1.). Zahlungen stellen auch dann ein (zusätzliches) Entgelt für die frühere Tätigkeit des Erblassers dar, wenn sie von der Handlung eines Dritten abhängig sind (vgl. BFH-Beschluss vom 27.11.1992, IV B 109/91, BFH/NV 1993, 293) oder überhaupt kein Anspruch auf die Zahlungen bestand, sofern sie nur durch die Berufstätigkeit des Erblassers veranlasst sind (BFH-Beschluss vom 27.11.1992, IV B 109/91, BFH/NV 1993, 293; BFH-Urteil vom 14.04.1966 IV 335/65, BStBl III 1966, 458, unter 1.). Entsprechend dem Sinn und Zweck des § 24 Nr. 2 EStG, die Erträge einer steuerpflichtigen Betätigung, z. B. einer freiberuflichen Tätigkeit, einkommensteuerrechtlich voll zu erfassen (vgl. BFH-Urteil vom 25.03.1976 IV R 174/73, BStBl II 1976, 487, unter 2.), sind Betriebseinnahmen einer ehemaligen freiberuflichen Tätigkeit alle Zuwendungen in Geld oder Geldeswert, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der ehemaligen Tätigkeit stehen und durch diese veranlasst sind (BFH-Urteil vom 29.04.1993 IV R 16/92, BStBl II 1993, 716, unter 2.a). Durch die Tätigkeit des Erblassers veranlasst ist eine Zuwendung von Vermögensgegenständen dann, wenn ein objektiver wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem ehemaligen Betrieb besteht. Der Begriff „betriebliche Veranlassung“ wird von der Rechtsprechung des BFH im gleichen Sinne verstanden, wie bei den Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG, BFH-Urteil vom 15.02.1990 IV R 13/89, BStBl II 1990, 621, unter 1.). Den Gegensatz zu Betriebseinnahmen bilden Einnahmen, für deren Zufluss nicht der Betrieb, sondern private Umstände die Veranlassung gegeben haben (BFH-Urteil vom 09.05.1985 IV R 184/82, BStBl II 1985, 427, unter 1.). Betriebseinnahmen liegen beispielsweise nicht vor, wenn der Erbe die von dem Erblasser geschaffenen Wirtschaftsgüter vor der Übertragung aus dem Betriebsvermögen – mit der Folge der Versteuerung der darin enthaltenen stillen Reserven – entnommen hat (vgl. BFH-Urteil vom 07.10.1965 IV 346/61 U, BStBl III 1965, 666).

16b) Durch die Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, ist geklärt, dass Urheberrechte zum Betriebsvermögen eines Freiberuflers gehören (BFH-Urteil vom 28.02.1973 I R 145/70, BStBl II 1973, 660 betr. GEMA-Einnahmen eines Textdichters; zu Patenten und Erfindungen vgl. BFH-Urteil vom 02.06.1976 I R 20/74, BStBl II 1976, 666, unter 2.a; BFH-Urteil vom 18.10.1989 I R 126/88, BStBl II 1990, 377, unter II.1.a). Das Urheberrecht kann nicht in der Weise aufgespalten werden, dass die Verwertungsrechte (§ 15 ff. UrhG) zum Betriebsvermögen, die Urheberpersönlichkeitsrechte (§§ 12 bis 14 UrhG) jedoch zum Privatvermögen zu rechnen sind (vgl. BFH-Beschluss vom 27.11.1992 IV B 129/91, BFH/NV 1993, 471, unter 4.). Die Verwertung von Persönlichkeitsrechten kann zu gewerblichen oder ggf. freiberuflichen Einkünften führen (vgl. BFH-Urteil vom 03.11.1982 I R 39/80, BStBl II 1983, 182; BFH-Urteil vom 11.07.1991 IV R 33/90, BStBl II 1992, 353, unter I.2.b cc). Deshalb hat der BFH Schadensersatzleistungen für die Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts eines inzwischen verstorbenen Architekten als Betriebseinnahmen eingestuft (vgl. BFH-Beschluss vom 27.11.1992 IV B 129/91, BFH/NV 1993, 471, unter 4.).

17c) Bei Anwendung dieser Grundsätze sind die der Klägerin zugeflossenen Einnahmen von          € Betriebseinnahmen. Sie sind vollumfänglich, d. h. sowohl im Hinblick auf die Übertragung der Verwertungsrechte i. S. der. §§ 15 ff. UrhG und der Abtretung der Zahlungsansprüche gegenüber der    Bild-Kunst (§ 4 Buchst. a des Ablösevertrags) als auch im Hinblick auf den Verzicht auf die Ausübung der Urheberpersönlichkeitsrechte i. S. der §§ 12 ff. UrhG (§ 4 Buchst. b des Ablösevertrags), durch die ehemalige künstlerische Tätigkeit des Erblassers veranlasst. Es besteht – auch soweit die Klägerin die Zahlung des       für den Verzicht auf die Ausübung der Urheberpersönlichkeitsrechte i. S. der §§ 12 ff. UrhG erhalten hat – ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der ehemaligen künstlerischen Tätigkeit des Erblassers. Die Urheberrechte an den    Kunstwerken gehörten in vollem Umfang – und nicht nur, wie die Klägerin geltend macht, hinsichtlich der Verwertungsrechte i. S. der §§ 15 ff. UrhG – zum Betriebsvermögen des Erblassers, weil dieser die Kunstwerke im Rahmen seines Betriebs geschaffen hat. Die Urheberrechte an den         Kunstwerken sind auch bei der Klägerin Betriebsvermögen geblieben. Mit dem Tod des Erblassers wurde der Betrieb nicht zwangsläufig aufgegeben und das Betriebsvermögen wurde nicht zwangsläufig notwendiges Privatvermögen (vgl. BFH-Urteil vom 15.11.2006 XI R 6/06, BFH/NV 2007, 436, unter II.1.; BFH-Urteil vom 12.03.1992 IV R 29/91, BStBl II 1993, 36, unter II.1.). Soweit die Klägerin die Zahlung des      für den Verzicht auf die Ausübung der Urheberpersönlichkeitsrechte i. S. der §§ 12 ff. UrhG erhalten hat, hängt deren Einordnung als Betriebseinnahmen – entgegen der Ansicht der Klägerin – auch nicht davon ab, dass die Klägerin oder der Erblasser das Urheberpersönlichkeitsrecht an den Kunstwerken wie eine „Ware“ vermarktet haben. Zwar hat der BFH mit Urteilen vom 11.07.1991 (IV R 33/90, BStBl II 1992, 353) und vom 03.11.1982 (I R 39/80, BStBl II 1983, 182) entschieden, dass in der Öffentlichkeit bekannte Steuerpflichtige (in den Streitfällen ein früherer Berufssportler und ein Show- und Quizmaster) Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, wenn sie durch die Mitwirkung bei industriellen Werbeveranstaltungen und in Werbefilmen ihre Persönlichkeitsrechte verwerten. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass bei einem Künstler Betriebseinnahmen nur dann vorliegen, wenn dieser seine Urheberpersönlichkeitsrechte i. S. der §§ 12 ff. UrhG an dem Kunstwerk kommerziell vermarktet. Im Gegensatz zu dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht eines Prominenten besteht bei den Urheberpersönlichkeitsrechten eines Künstlers der wirtschaftliche Zusammenhang mit dem Betrieb bereits darin, dass der Künstler das Kunstwerk im Rahmen dieses Betriebs geschaffen hat. Deshalb ist eine Aufspaltung des Urheberrechts eines Künstlers in der Weise, dass die Verwertungsrechte (§ 15 ff. UrhG) zum Betriebsvermögen, die Urheberpersönlichkeitsrechte (§§ 12 bis 14 UrhG) jedoch zum Privatvermögen zu rechnen sind, nicht möglich (vgl. zu dem Urheberpersönlichkeitsrecht eines Architekten BFH-Beschluss vom 27.11.1992 IV B 129/91, BFH/NV 1993, 471, unter 4.).

183. Der Beklagte hat zutreffend die der Klägerin durch den Vertragsschluss mit dem    entstandenen Rechtsanwaltskosten von     € als Betriebsausgaben anerkannt.

194. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

205. Die Revision war nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Streitfall eine Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 FGO).