Einnahmen aus Insolvenzanfechtung als nachträgliche Betriebseinnahmen?

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat in einem aktuellen Urteil (8 K 1180/21 vom 28.11.2023) klargestellt, dass Rückflüsse aus der Insolvenzanfechtung im Anwendungsbereich des § 16 Einkommensteuergesetz (EStG) keine nachträglichen Betriebseinnahmen darstellen, sondern auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe zurückwirken. Diese Entscheidung hat wichtige Konsequenzen für die steuerliche Behandlung von Rückabwicklungen im Insolvenzfall.

Sachverhalt

Im zugrunde liegenden Fall war der Kläger Insolvenzverwalter über das Vermögen eines ehemaligen Restaurantbetreibers, der seine Betriebe 2015 eingestellt und sein Gewerbe abgemeldet hatte. Nach der Insolvenzeröffnung focht der Kläger als Insolvenzverwalter mehrere vor Betriebsaufgabe geleistete Zahlungen des Insolvenzschuldners an Gläubiger an. Die Rückflüsse aus diesen Anfechtungen betrugen im Jahr 2016 12.349,50 Euro und im Jahr 2018 181.622 Euro. Das Finanzamt behandelte diese Beträge als nachträgliche Betriebseinnahmen und erhob darauf basierend Einkommensteuer. Der Kläger klagte dagegen und erhielt Recht.

Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe

Das Gericht entschied, dass die Rückflüsse aus der Insolvenzanfechtung auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe im Jahr 2015 zurückwirken. Diese Rückwirkung bedeutet, dass die Einnahmen nicht im Zeitpunkt des Zuflusses (2016 bzw. 2018) steuerbar sind, sondern in das Jahr der Betriebsaufgabe zurückverlagert werden müssen. Damit entfällt die Grundlage für die Annahme von nachträglichen Betriebseinnahmen in den späteren Jahren.

Steuerliche Konsequenzen

Das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg hebt hervor, dass bei der Betriebsaufgabe nach § 16 EStG steuerliche Anpassungen, die durch neue Ereignisse verursacht werden, rückwirkend auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe zu berücksichtigen sind. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Veräußerungspreis oder das Betriebsvermögen nachträglich ändert. Im vorliegenden Fall führte die insolvenzrechtliche Rückabwicklung von Zahlungen an Gläubiger dazu, dass diese Rückflüsse nicht als laufende Einnahmen in den späteren Jahren versteuert werden müssen.

Keine nachträglichen Betriebseinnahmen

Das Gericht stellte weiter klar, dass es sich bei den Rückflüssen aus der Insolvenzanfechtung nicht um nachträgliche Betriebseinnahmen im Sinne von § 24 Nr. 2 EStG handelt. Diese Einnahmen sind nicht als Ergebnisse aus „normalen Geschäften“ anzusehen, die durch Vorgänge vor der Betriebsveräußerung veranlasst wurden. Vielmehr führt die zivilrechtliche Rückabwicklung vor Betriebsaufgabe vorgenommener Rechtsgeschäfte stets zu einer steuerlichen Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe.

Fazit

Dieses Urteil hat weitreichende Bedeutung für die steuerliche Behandlung von Insolvenzanfechtungen. Es stellt klar, dass solche Rückflüsse nicht als nachträgliche Betriebseinnahmen im Jahr des Zuflusses versteuert werden müssen, sondern auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe zurückwirken. Steuerpflichtige sollten diese Grundsätze im Falle einer Betriebsaufgabe und nachfolgender Insolvenzanfechtungen berücksichtigen, um ihre steuerlichen Verpflichtungen korrekt zu erfüllen.

Quelle: Finanzgericht Baden-Württemberg, Newsletter 1/2024