BVerfG, Pressemitteilung vom 18.03.2025 zum Beschluss 1 BvR 2267/23 vom 21.02.2025
Mit Beschluss vom 21. Februar 2025, veröffentlicht am 18. März 2025, hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einer Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) stattgegeben. Die Entscheidung stärkt den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz und setzt zugleich Grenzen für die Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde.
Hintergrund des Verfahrens
Die Beschwerdeführerin hatte erfolglos versucht, einen Aufwand aus einer Schuldübernahmeverpflichtung für eine Pensionszusage steuerlich geltend zu machen. Nachdem das Finanzgericht ihre Klage abwies, legte sie beim Bundesfinanzhof Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein. Sie rügte unter anderem die Verfassungswidrigkeit der einschlägigen Norm des Einkommensteuergesetzes – wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG – und machte die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
Der BFH wies die Beschwerde mit der Begründung zurück, die Beschwerdeführerin habe nicht hinreichend dargelegt, dass eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugunsten ihrer Rechtsauffassung konkrete, vorteilhafte Folgen für sie haben würde. Insbesondere habe sie nicht plausibel gemacht, dass eine etwaige Verwerfung der Norm durch das BVerfG zu einer rückwirkenden Neuregelung oder zu einer Übergangsregelung für offene Fälle führen könnte.
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Das Bundesverfassungsgericht hob den Beschluss des BFH nun auf. Die Entscheidung des BFH verletze das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Die Anforderungen an die Substantiierung der Nichtzulassungsbeschwerde seien überspannt worden. Der BFH habe von der Beschwerdeführerin verlangt, zukünftige Entwicklungen – insbesondere das Ergebnis eines Verfahrens vor dem BVerfG sowie den politischen Umsetzungswillen des Gesetzgebers – verlässlich vorherzusagen. Solche Prognosen seien jedoch mit unübersehbaren Unsicherheiten behaftet und nicht zumutbar.
Das Bundesverfassungsgericht stellte klar, dass selbst Fachgerichte bei einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht zu einer solchen Einschätzung verpflichtet sind – umso weniger könne eine solche Anforderung an eine Privatperson gestellt werden.
Konsequenzen der Entscheidung
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat weitreichende Bedeutung über den Einzelfall hinaus. Sie verdeutlicht, dass die Darlegungslast bei Nichtzulassungsbeschwerden nicht überzogen werden darf – insbesondere dann nicht, wenn sie auf eine mögliche Verfassungswidrigkeit einer Norm gestützt werden. Der Bundesfinanzhof muss nun erneut über die Zulassung der Revision entscheiden und dabei die verfassungsrechtlichen Maßstäbe beachten, die das BVerfG mit dieser Entscheidung klargestellt hat.
Quelle: Bundesverfassungsgericht – Pressemitteilung vom 18.03.2025