Erlass von Säumniszuschlägen bei Zahlungsunfähigkeit: Nur hälftiger Nachlass?


Das Finanzgericht Hamburg hat mit Urteil vom 31. März 2025 (Az. 3 K 161/23) entschieden, dass bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eines Steuerpflichtigen regelmäßig nur ein hälftiger Erlass von Säumniszuschlägen in Betracht kommt. Die Entscheidung folgt der ständigen Rechtsprechung des BFH und unterstreicht die typisierende Funktion der hälftigen Ermäßigung.


Hintergrund des Falls

Ein Insolvenzverwalter beantragte im Namen eines zahlungsunfähigen und überschuldeten Schuldners den vollständigen Erlass von Säumniszuschlägen. Die Finanzbehörde gewährte nur 50 % Erlass. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos. Auch die Klage vor dem Finanzgericht Hamburg hatte keinen Erfolg.


Kernaussagen des FG Hamburg

🔍 1. Säumniszuschläge haben drei Funktionen:

  • Druckmittel, um rechtzeitige Steuerzahlung sicherzustellen
  • Zinsersatz für verspätete Zahlungen
  • Ausgleich für Verwaltungsaufwand

Verliert die Druckfunktion durch Zahlungsunfähigkeit ihren Sinn, bleiben die Funktionen Zinsersatz und Verwaltungsaufwand bestehen.

📌 2. Hälftiger Erlass ist zulässige Typisierung:
Die hälftige Ermäßigung sei eine erprobte und zulässige Pauschalierung. Es komme nicht auf den konkreten Verwaltungsaufwand im Einzelfall an.

⚖️ 3. Kein Anspruch auf vollständigen Erlass:
Ein vollständiger Erlass ist nur ausnahmsweise möglich – z. B. bei besonderen persönlichen oder sachlichen Billigkeitsgründen. Diese lagen im vorliegenden Fall nicht vor.


Rechtliche Einordnung

Die Entscheidung bestätigt erneut: Die Frage des Erlasses von Säumniszuschlägen ist eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 102 FGO). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf offensichtliche Ermessensfehler.

Ein vollständiger Erlass kann nur bei einer sogenannten Ermessensreduktion auf Null erfolgen – wenn also nur eine einzige Entscheidung rechtmäßig wäre. Dies war hier nicht der Fall.


Praxishinweis für Insolvenzverwalter und Steuerpflichtige

  • Ein hälftiger Erlass bei Zahlungsunfähigkeit ist Regelfall, nicht Ausnahme.
  • Ein vollständiger Erlass erfordert eine ausführlich begründete Darlegung besonderer Umstände – etwa existenzbedrohende Folgen, besondere soziale Härte oder Verfahrensmängel.
  • Bloße Zahlungsunfähigkeit reicht nicht für einen weitergehenden Erlass.

💬 Unser Tipp:
Wer Säumniszuschläge in größerem Umfang erlassen bekommen möchte, sollte die Argumentation auf besondere Billigkeitsgründe stützen und detailliert begründen, warum im Einzelfall eine weitergehende Ermäßigung sachgerecht und gerechtfertigt ist.


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Siehe auch https://www.steuerschroeder.de/erlass.html


Quelle: Finanzgericht Hamburg, Mitteilung vom 30.06.2025 zum Urteil vom 31.03.2025 (Az. 3 K 161/23, nicht rechtskräftig, BFH-Az.: XI B 30/25)