Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften in Fällen der rückwirkenden Verlängerung der Veräußerungsfrist bei Spekulationsgeschäften von 2 auf 10 Jahre

Mit Urteil vom 6. Mai 2014, IX R 39/13, hat der BFH abweichend von der Vereinfachungsregelung in Ziffer II.1 des BMF-Schreibens vom 20. Dezember 2010 (BStBl I 2011 S. 14) entschieden, dass Abschreibungen, die in der Zeit bis zur Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 am 31. März 1999 in Anspruch genommen worden sind, nicht dem steuerbaren Zeitraum zuzuordnen sind.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird Ziffer II. 1 des BMF-Schreibens vom 20. Dezember 2010 wie folgt gefasst:

„II.1. Vereinfachungsregelung

Regelmäßig ist der Umfang des steuerbaren Wertzuwachses entsprechend dem Verhältnis der Besitzzeit nach dem 31. März 1999 im Vergleich zur Gesamtbesitzzeit linear (monatsweise) zu ermitteln. Angefangene Monate der Gesamtbesitzzeit werden aus Vereinfachungsgründen aufgerundet. Angefangene Monate der Besitzzeit nach dem 31. März 1999 werden abgerun-det.
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Beispiel 1:
Anschaffung eines unbebauten Grundstückes mit notariellem Kaufvertrag vom 15. Januar 1997 für 100.000 DM. Veräußerung mit notariellem Kaufvertrag am 3. August 1999 für 150.000 DM.
Lösung:
Die Gesamtbesitzzeit für das unbebaute Grundstück beträgt 30 volle und 1 angefangenen Monat = aufgerundet 31 Monate. Auf den Zeitraum 31. März 1999 bis 3. August 1999 entfallen 4 volle Monate und ein angefangener Monat = abgerundet 4 volle Monate. Der Wertzuwachs von 50.000 DM für das unbebaute Grundstück ist zu einem Anteil von 4/31 = 6.452 DM bei der Einkommensteuerfestsetzung zu berücksichtigen.
Sonderabschreibungen, erhöhte Absetzungen für Abnutzungen (AfA) sowie lineare und degressive AfA nach § 7 Absatz 4 und Absatz 5 EStG sind dem Zeitraum zuzuordnen, in dem sie steuerlich berücksichtigt worden sind.
Beispiel 2:
Anschaffung eines bebauten Grundstücks im Fördergebiet mit notariellem Kaufvertrag vom 4. Dezember 1996 für umgerechnet 180.000 Euro (Grund und Boden 20.000 Euro, Altbau 40.000 Euro, Sanierung 120.000 Euro). Die Sanierung ist am 31. August 1997 abgeschlossen worden (zugleich Übergang von Lasten und Nutzen). Das ausschließlich zu Vermietungs-zwecken genutzte Grundstück wird am 18. September 2003 für 200.000 Euro veräußert. Die Gesamtbesitzzeit für das bebaute Grundstück beträgt 81 volle Monate und 1 angefangener Monat; aufgerundet 82 Monate.
1997
40 % von 120.000 Euro 48.000 Euro Sonderabschreibung (§§ 3, 4 FördG)
2 % von 120.000 Euro x 4/12 800 Euro lineare AfA für die Sanierung (§ 7a Absatz 4
EStG)
2 % von 40.000 Euro x 4/12 266 Euro lineare AfA für den Altbau (§ 7 Absatz 4 EStG)
1998
1/9 von 71.200 Euro 7.911 Euro Restwert-AfA (§§ 3, 4 FördG)
2 % von 40.000 Euro 800 Euro lineare AfA für den Altbau (§ 7 Absatz 4 EStG)
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1. Januar 1999 – 31. März 1999
1/9 von 71.200 Euro x 3/12 1.977 Euro Restwert-AfA (§§ 3, 4 FördG)
2 % von 40.000 Euro x 3/12 200 Euro lineare AfA für den Altbau (§ 7 Absatz 4 EStG)
1. April 1999 – 31. Dezember 1999
1/9 von 71.200 Euro x 9/12 5.934 Euro Restwert-AfA (§§ 3, 4 FördG)
2 % von 40.000 Euro x 9/12 600 Euro lineare AfA für den Altbau (§ 7 Absatz 4 EStG)
Gesamt 6.534 Euro
2000 – 2002
jährlich 1/9 von 71.200 Euro 7.911 Euro Restwert-AfA (§§ 3, 4 FördG)
jährlich 2 % von 40.000 Euro 800 Euro lineare AfA für den Altbau (§ 7 Absatz 4 EStG)
Gesamt 3 x 8.711 Euro
1. Januar 2003 – 18. September 2003
1/9 von 71.200 Euro x 9/12 5.934 Euro Restwert-AfA (§§ 3, 4 FördG)
2 % von 40.000 Euro x 9/12 600 Euro lineare AfA für den Altbau (§ 7 Absatz 4 EStG)
Gesamt 6.534 Euro
Lösung:
Ermittlung des Veräußerungsgewinns:
Veräußerungserlös 200.000 Euro
./. Anschaffungskosten ./. 180.000 Euro
= Wertzuwachs 20.000 Euro
Davon entfallen anteilig auf die Zeit ab 1. April 1999 53 volle Monate und 1 angefangener Monat = auf volle Monate abgerundet: 20.000 Euro x 53/82 = 12.926 Euro.
als Veräußerungserlös zu berücksichtigen 12.926 Euro
+ Rückgängigmachung der ab 1. April 1999 gewährten AfA:
1. April – 31. Dezember 1999 + 6.534 Euro
2000 – 2002 + 26.133 Euro
2003 + 6.534 Euro
steuerbarer Veräußerungsgewinn 52.127 Euro
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Einer anteiligen Zuordnung der nach § 23 Absatz 3 Satz 1 EStG bei der Ermittlung der Ein-künfte aus Veräußerungsgeschäften abziehbaren Werbungskosten bedarf es nicht. Diese sind in vollem Umfang vom steuerbaren Veräußerungserlös abzuziehen.“
Dieses Schreiben ist auf alle offenen Fälle anzuwenden.
Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Im Auftrag
Dieses Dokument wurde elektronisch versandt und ist nur im Entwurf gezeichnet.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-2256 / 07 / 10001 :009 vom 18.05.2015, Anwendung des BFH-Urteils vom 6. Mai 2014, IX R 39/13