Erstmalige Berufsausbildung: Neue Definitionen und Auswirkungen auf das Kindergeld

Die Frage, was rechtlich als „erstmalige Berufsausbildung“ gilt, hat weitreichende Konsequenzen, insbesondere für den Bezug von Kindergeld. Eltern und ihre Kinder in Ausbildung sollten die aktuelle Rechtslage kennen, um ihre Ansprüche bestmöglich zu wahren. Ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts (FG) Niedersachsen bringt neue Erkenntnisse in dieser komplexen Thematik.

Entscheidung des FG Niedersachsen:

Am 30. Januar 2024 (8 K 134/23; Rev. BFH III R 7/24) hat das FG Niedersachsen entschieden, dass die Definitionen der „erstmaligen Berufsausbildung“ im Einkommensteuergesetz (§ 32 Abs. 4 S. 2 EStG) und im Kindergeldgesetz (§ 9 Abs. 6 S. 2 EStG) einheitlich auszulegen sind. Diese Klarstellung ist relevant für die Beurteilung, ob eine Ausbildung als erste Berufsausbildung gilt, besonders wenn der Auszubildende gleichzeitig vollzeitlich erwerbstätig ist.

Fall im Streit:

Im konkreten Fall absolvierte ein Kind im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes eine sechsmonatige Ausbildung zum Rettungssanitäter. Die Familienkasse stellte daraufhin die Kindergeldzahlungen ein, da sie davon ausging, dass diese Ausbildung als „erstmalige Berufsausbildung“ gelte und der anschließende Vollzeiterwerb während der Wartezeit auf einen Studienplatz dem weiteren Kindergeldbezug entgegenstehe.

Gerichtliche Bewertung:

Das FG Niedersachsen widersprach jedoch der Auffassung der Familienkasse. Laut Gericht erfüllt die sechsmonatige Ausbildung zum Rettungssanitäter im Bundesfreiwilligendienst nicht die Kriterien einer „erstmaligen Berufsausbildung“ im Sinne des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG.

Entscheidend dafür ist, dass eine „Erstausbildung“ nach § 9 Abs. 6 S. 2 EStG bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss:

  • Mindestdauer: Die Ausbildung muss mindestens zwölf Monate bei vollzeitem Besuch umfassen.
  • Geordnete Ausbildung: Die Ausbildung muss strukturiert und planmäßig verlaufen.
  • Abschlussprüfung: Die Ausbildung muss mit einer Abschlussprüfung abgeschlossen werden.

Da die Ausbildung zum Rettungssanitäter im Bundesfreiwilligendienst diese Kriterien nicht erfüllt, kann sie nicht als „erstmalige Berufsausbildung“ angesehen werden.

Praxistipp und Ausblick:

Das FG Nürnberg hatte in einer früheren Entscheidung (9.1.23, 3 K 782/22; NZB BFH III B 23/23) ebenfalls auf die Notwendigkeit einer abschließenden Klärung dieser Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) hingewiesen. Bis dahin ist mit Widerstand von Familienkassen in ähnlichen Fällen zu rechnen.

Fazit:

Das Urteil des FG Niedersachsen schafft mehr Klarheit in der Definition der „erstmaligen Berufsausbildung“ und bietet Eltern und Auszubildenden wichtige Orientierungshilfen. Es ist jedoch ratsam, die weitere Entwicklung der Rechtsprechung im Auge zu behalten, da der BFH die abschließende Entscheidung treffen wird. Im Zweifelsfall sollten sich Eltern und Auszubildende rechtlich beraten lassen, um ihre Ansprüche auf Kindergeld zu sichern.

Zusätzliche Hinweise:

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