Besteuerung von Umsätzen, die über einen Appstore ausgeführt werden

Bis zum 31. Dezember 2014 war die Besteuerung von Umsätzen, die über einen Appstore ausgeführt werden, in der EU und insbesondere in Deutschland ein komplexes Thema, das verschiedene Interpretationen und Anwendungen des Mehrwertsteuerrechts nach sich zog. Die Kernfrage dabei war, wie diese digitalen Dienstleistungen besteuert werden sollten, insbesondere wer als leistender Unternehmer anzusehen ist (der App-Entwickler oder der Betreiber des Appstores) und in welchem Land die Umsatzsteuer zu entrichten ist.

Die Rechtslage änderte sich signifikant mit der Einführung neuer EU-Mehrwertsteuervorschriften zum 1. Januar 2015, die darauf abzielten, die Besteuerung von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen (einschließlich solcher, die über Appstores verkauft werden) zu vereinfachen und zu harmonisieren. Seitdem müssen diese Dienstleistungen in dem Mitgliedstaat besteuert werden, in dem der Kunde ansässig ist, und nicht, wie zuvor, in dem Mitgliedstaat, in dem der Anbieter ansässig ist.

Eine EuGH-Vorlage zur Besteuerung von Umsätzen, die über einen Appstore ausgeführt werden, würde sich wahrscheinlich auf die Klärung der Anwendung der alten Regeln beziehen, insbesondere im Hinblick auf die Zuordnung der Steuerschuld und die Bestimmung des Ortes der Dienstleistung. Solche Fragen könnten beispielsweise die Rolle des Appstores bei der Vermittlung und Abwicklung der Verkäufe, die Behandlung von Kommissionen oder Gebühren, die vom Appstore einbehalten werden, und die Identifizierung des leistenden Unternehmers für Mehrwertsteuerzwecke betreffen.

Die Besteuerung von Umsätzen, die über digitale Plattformen wie Appstores generiert werden, steht im Mittelpunkt eines aktuellen Verfahrens, das der Bundesfinanzhof (BFH) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vorgelegt hat. Der Fall wirft grundlegende Fragen zur Umsatzsteuerpflicht und zur Bestimmung des Ortes der Leistungserbringung in der digitalen Wirtschaft auf, insbesondere im Kontext von In-App-Käufen.

Der Fall: In-App-Käufe über einen irischen Appstore

Eine deutsche App-Entwicklerin, die Spiele-Apps für mobile Endgeräte entwickelt und vertreibt, nutzte für den Vertrieb ihrer Produkte einen in Irland ansässigen Appstore. Die Endkunden konnten die Apps kostenlos herunterladen, hatten jedoch die Möglichkeit, innerhalb der App zusätzliche Inhalte oder Funktionen zu erwerben (sogenannte In-App-Käufe). Die Abwicklung dieser Käufe erfolgte über den Appstore, der eine Provision von 30 % einbehielt. Die Entwicklerin wurde erst in der per E-Mail versendeten Bestellbestätigung als Leistende genannt.

Streitpunkt: Wer ist umsatzsteuerrechtlicher Leistungserbringer?

Im Kern geht es in dem Verfahren um die Frage, wer in diesem Konstrukt als umsatzsteuerrechtlicher Leistungserbringer anzusehen ist – die App-Entwicklerin oder der Betreiber des Appstores. Das Finanzgericht Hamburg entschied zugunsten der App-Entwicklerin, dass ihre Umsätze nicht in Deutschland steuerbar seien, da die Leistungsempfängerin der Dienstleistungen die in Irland ansässige Betreiberin des Appstores sei.

Fragen an den EuGH

Der BFH hat dem EuGH nun drei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

  1. Anwendung des Art. 28 MwStSystRL: Ist die irische Betreiberin des Appstores so zu behandeln, als ob sie die Dienstleistungen von der Entwicklerin erhalten und an die Endkunden erbracht hätte, insbesondere wenn der Appstore in den Bestellbestätigungen die Entwicklerin als Leistende nennt und deutsche Umsatzsteuer ausweist?
  2. Ort der Leistungserbringung: Liegt der Ort der fingierten Dienstleistung in Irland oder in Deutschland?
  3. Steuerschuld der Entwicklerin: Besteht eine Steuerschuld der Entwicklerin für deutsche Umsatzsteuer, weil der Appstore sie in den Bestellbestätigungen als Leistende genannt und deutsche Umsatzsteuer ausgewiesen hat?

Bedeutung für die digitale Wirtschaft

Die Entscheidung des EuGH wird weitreichende Implikationen für die Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle haben. Sie betrifft nicht nur die Frage, in welchem Land Umsätze zu versteuern sind, sondern auch, wie digitale Plattformen und ihre Nutzer umsatzsteuerlich zu behandeln sind. Angesichts der zunehmenden Bedeutung digitaler Dienstleistungen und der globalen Natur des Internets ist eine klare rechtliche Einordnung essentiell, um Rechtssicherheit für Unternehmen zu schaffen und eine kohärente Besteuerungspraxis in der EU zu gewährleisten.

Die Antworten des EuGH werden daher mit Spannung erwartet, da sie nicht nur den vorliegenden Fall betreffen, sondern auch Leitlinien für die Besteuerung von Umsätzen liefern werden, die über digitale Plattformen generiert werden.

https://www.steuerschroeder.de/steuer/eugh-vorlage-zur-besteuerung-von-umsaetzen-die-ueber-einen-appstore-ausgefuehrt-werden-rechtslage-bis-zum-31-12-2014-eugh-vorlage-vom-23-august-2023-xi-r-10-20/