Existenzgründung: Müssen Technologiegründer ihr Stipendium versteuern?

Finanzgericht Sachsen verneint Steuerpflicht – jetzt liegt der Fall beim BFH

Stipendien für Unternehmensgründer sollen innovativen Köpfen den Sprung in die Selbständigkeit erleichtern. Doch was, wenn das Finanzamt plötzlich Einkommensteuer auf die erhaltenen Fördermittel verlangt?

Ein aktueller Fall aus Sachsen zeigt, wie schnell es zur steuerlichen Auseinandersetzung kommen kann – und welche Grundsätze für die Steuerfreiheit von Stipendien gelten.


🎓 Der Streitfall: Stipendium für Technologiegründer

Ein promovierter Biophysiker gründete gemeinsam mit vier Partnern eine GmbH im Bereich technologischer Innovationen. Er erhielt ein Stipendium des Freistaates Sachsen auf Basis der ESF-Richtlinie zur Förderung von Unternehmensgründungen aus der Wissenschaft (ESF = Europäischer Sozialfonds).

Ziel des Stipendiums: Gründer während der Aufbauphase finanziell zu unterstützen, damit sie sich auf die Entwicklung ihrer innovativen Geschäftsidee konzentrieren können – nicht zur Bezahlung konkreter Leistungen.

Das Finanzamt sah die Sache anders: Es unterwarf das Stipendium der Einkommensteuer als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 3 EStG).


⚖️ FG Sachsen: Keine Steuerpflicht ohne Einkunftsquelle

Das Finanzgericht Sachsen entschied zugunsten des Gründers:

  • Die bloße Stellung als Stipendiat begründet keine steuerbare Tätigkeit.
  • Ein Stipendium ist nur dann steuerpflichtig, wenn es einer der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG zugeordnet werden kann (z. B. selbständige Tätigkeit, Gewerbebetrieb, nichtselbständige Arbeit).
  • Außerdem muss ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Zahlung und der Einkunftsquelle bestehen.

Beides sah das Gericht im konkreten Fall nicht gegeben. Das Stipendium diente dem Lebensunterhalt, nicht der Abgeltung einer konkreten Leistung oder Tätigkeit.


🧾 Was bedeutet das für Gründer mit Stipendium?

Das Urteil ist ein positives Signal für Gründungsstipendiaten – insbesondere im Hochschulumfeld und bei technologiebezogenen Start-ups.

👉 Solange keine konkrete Gegenleistung erbracht wird (z. B. keine bezahlte Arbeit für die Uni oder das Land), spricht viel dafür, dass die Zahlungen nicht einkommensteuerpflichtig sind.

Doch Vorsicht: Jede Förderung muss im Einzelfall geprüft werden. Wird die Zahlung an Bedingungen geknüpft, die wirtschaftlich einer entgeltlichen Tätigkeit gleichkommen, kann sehr wohl eine Steuerpflicht entstehen.


📌 Und wie geht es weiter?

Der Fall liegt nun beim X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH). Eine höchstrichterliche Entscheidung wird voraussichtlich 2025 erwartet.

Bis dahin gilt: Wer ein Gründungsstipendium erhält, sollte die steuerliche Einordnung frühzeitig prüfen lassen – um mögliche Überraschungen bei der Steuererklärung zu vermeiden.


Fazit

  • Nicht jedes Stipendium ist steuerfrei – entscheidend ist der Zusammenhang mit einer steuerbaren Tätigkeit.
  • Gründungsstipendien, die nicht auf Gegenleistung gerichtet sind, können unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei sein.
  • Die Rechtslage ist derzeit nicht abschließend geklärt – eine Entscheidung des BFH steht noch aus.

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Quelle:
FG Sachsen, Urteil zum Stipendium für Technologiegründer (Az. nicht veröffentlicht)
Revisionsverfahren anhängig beim BFH, X. Senat