Gehaltskürzung wegen Betriebsübergangs europarechtswidrig?

Gehaltskürzung wegen Betriebsübergangs europarechtswidrig?

Rechtslage

Nach Europarecht gehen die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsvertrag auf den Erwerber über. Zudem erhält der Erwerber die in einem Tarifvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen bis zur Kündigung oder zum Ablauf des Tarifvertrages oder bis zum Inkrafttreten eines neuen Tarifvertrages insoweit aufrecht, wie dies der Tarifvertrag beim Veräußerer vorsah.

Sachverhalt

Die Arbeitnehmerin war in Italien zunächst 20 Jahre im öffentlichen Dienst beschäftigt gewesen, bevor ihr Arbeitsverhältnis auf eine andere Einrichtung des öffentlichen Dienstes, für die ein anderer Tarifvertrag galt, überging. Beim neuen Arbeitgeber erhielt sie ein Gehalt, das unter zutreffender Berücksichtigung des dort geltenden Tarifvertrages einer fiktiven Einstufung von 9 geleisteten Dienstjahren entsprach. Hiergegen klagte die Arbeitnehmerin. Sie war der Ansicht, die Gehaltseinstufung hätte nach Maßgabe eines Dienstalters von rd. 20 Jahren erfolgen müssen.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) gab der Arbeitnehmerin Recht. Zwar dürfe der neue Arbeitgeber die bei ihm geltenden Tarifverträge – und zwar auch mit Rücksicht auf das Gehalt – auf die übergehenden Arbeitsverhältnisse anwenden. Allerdings müsse dabei verhindert werden, dass sich die Lage der übergegangenen Arbeitnehmer alleine wegen des Übergangs verschlechtere. Da die Neueingruppierung beim neuen Arbeitgeber nicht den gesamten Zeitraum an Dienstzeit beim alten Arbeitgeber umfasse, sei alleine wegen des Übergangs gegen diese Grundsatz verstoßen worden.

Konsequenz

Mit seiner Entscheidung gewährt der Europäische Gerichtshof im Rahmen eines Betriebsübergangs übergehenden Arbeitnehmern Bestandsschutz mit Rücksicht auf ihre Eingruppierungen. Unabhängig davon, dass es zulässig ist, einen beim Übernehmer geltenden Tarifvertrag auf die übergehenden Arbeitnehmer anzuwenden, muss sichergestellt sein, dass die Arbeitnehmer nach diesem neuen Tarifvertrag im Wesentlichen gleiche Arbeitsbedingungen beibehalten.