Gesamtplanrechtsprechung des BFH – nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht mehr anwendbar?

Im Jahr 2000 schuf der BFH den Begriff des „Gesamtplans“. Dipl.-Fw. (FH) Dirk Krohn, StOAR, Groß- und Konzernbetriebsprüfung des Landes Schleswig-Holstein hob beim Steuerforum 2019 in Hannover hervor, dass diese „Gesamtplanrechtsprechung“ ein erhebliches Risiko für die Gestaltungspraxis darstellt. Denn nach ihr wird letztlich eine Mehrzahl von Rechtsgeschäften, die auf einheitlicher Planung basieren und die in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen, für die steuerliche Beurteilung zu einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang zusammengefasst und der steuerrechtlichen Würdigung zugrunde gelegt. Bis zu welcher Zeitdauer eine Verklammerung anzunehmen ist, lässt sich nicht allgemein und losgelöst vom Einzelfall beantworten. Ein Zeitraum von mehr als zwei Jahren wird indes in der Regel nicht mehr schädlich sein, wenn eine von Anfang an bestehende „Verklammerungsabsicht“ nicht (ausnahmsweise) feststellbar ist. Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe führt aus, dass bei einem Zeitraum von weniger als 24 Monaten in der Regel von einem schädlichen Gesamtplan auszugehen ist. Der Bundesfinanzhof hält einen Gesamtplan bei einem Zeitraum von etwa zwei Jahren für denkbar und prüft zugunsten des Steuerpflichtigen, ob es für diese lange Dauer des Geschehens „hinreichende Gründe“ gibt.

In der Folge dieser Rechtsprechung entwickelte die Verwaltung ihr eigenes Verständnis von Inhalt und Rechtsfolgen der höchstrichterlichen Entscheidung, wobei dieser – darauf machte Krohn ausdrücklich aufmerksam – die Auffassung der Verwaltung immer wieder korrigierte. Inzwischen ist eines dieser neueren Urteile im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden, womit die Verwaltung ihre bisherige Rechtsauffassung aufgegeben hat. Ein Schreiben zum „Gesamtplan“ ist zwar erst geplant, aber schon jetzt wird die Meinung vertreten, die „Gesamtplanrechtsprechung“ des BFH nicht mehr anwendbar sei. Nach der Ansicht Krohns ist das nicht der Fall. Vielmehr ist sie auf ihre ursprüngliche Bedeutung, die der Bundesfinanzhof auch immer wieder betont hat, beschränkt worden. Erfolgt beispielsweise eine Ausgliederung in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung oder der Betriebsaufgabe, ist davon auszugehen, dass dieser Schritt schon zur Zeit des Veräußerungs- respektive Aufgabeentschlusses geplant war. Lässt sich aufgrund von außerhalb der Rechtsgeschäfte liegenden Umständen nachweisen, dass ein einheitlicher Plan verfolgt wurde, kann auch eine Realisierung des letzten Teilaktes erst Jahre später noch schädlich sein.

Quelle: Steuerberaterverband Niedersachsen/Sachsen-Anhalt, Pressemitteilung vom 01.03.2019