BMF, Mitteilung vom 09.10.2025
Deutschland erweitert BEPS-Umsetzung auf 62 weitere Doppelbesteuerungsabkommen – multilaterale Anpassung soll internationalen Steuerwettbewerb eindämmen.
Hintergrund: BEPS-Multilateral Instrument (BEPS-MLI)
Zur Umsetzung der im Rahmen des OECD/G20-Projekts „Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)“ entwickelten Maßnahmen gegen aggressive Steuergestaltungen und Gewinnverlagerungen wurde am 24. November 2016 das sogenannte BEPS-Multilateral Instrument (BEPS-MLI) beschlossen.
Dieses multilaterale Abkommen dient dazu, bestehende Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) effizient an den internationalen BEPS-Mindeststandard anzupassen – ohne dass jedes Abkommen einzeln neu verhandelt werden muss.
In Deutschland erfolgt die Umsetzung des BEPS-MLI in einem zweistufigen Verfahren:
- Vertragsgesetz – Zustimmung zum multilateralen Abkommen, Festlegung der betroffenen Abkommen und Auswahlentscheidungen,
- Anwendungsgesetz – nationale Konkretisierung der Modifikationen im deutschen Recht.
Ziele des Änderungsgesetzes 2025
Mit dem neuen Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum BEPS-Multilateral Instrument erweitert die Bundesregierung das Vertragsgesetz vom 22. November 2020 (BGBl. II 2020 S. 946, 947) auf 62 weitere deutsche Doppelbesteuerungsabkommen, die bislang nicht dem BEPS-Mindeststandard entsprechen.
Damit sollen künftig nahezu alle deutschen Steuerabkommen in den multilateralen Anpassungsmechanismus eingebunden werden.
Ziel ist es,
- unerwünschte Steuergestaltungen (etwa hybride Gestaltungen, Treaty Shopping, künstliche Betriebsstättenvermeidung) zu verhindern,
- und faire Wettbewerbsbedingungen zwischen Staaten und Unternehmen zu sichern.
Verfahren und nächste Schritte
Die Änderungen treten nicht unmittelbar mit Inkrafttreten des Änderungsgesetzes in Kraft. Es ist ein mehrstufiges Verfahren vorgesehen:
- Gemeinsame Benennung der betroffenen Abkommen:
Deutschland und der jeweilige Vertragspartner müssen das Steuerabkommen übereinstimmend als vom BEPS-MLI erfasst deklarieren. - Anpassung des Anwendungsgesetzes (BGBl. I 2024 Nr. 205):
Nach der Benennung werden die konkreten Modifikationen im nationalen Recht festgelegt. - Notifikation an die OECD:
Deutschland informiert die OECD darüber, dass die innerstaatlichen Voraussetzungen für das Wirksamwerden des BEPS-MLI erfüllt sind. Erst danach entfalten die Änderungen völkerrechtliche Wirkung.
Bedeutung für die Praxis
Die Ausweitung des BEPS-MLI auf zusätzliche Steuerabkommen hat erhebliche Auswirkungen auf international tätige Unternehmen, insbesondere in den Bereichen Verrechnungspreise, Betriebsstättenbegründung und Quellensteuerentlastung.
Wichtige praktische Punkte:
- Steuerplanungen, die auf vertragliche Lücken oder Gestaltungen in älteren DBA beruhen, müssen überprüft werden.
- Die Einführung von Anti-Treaty-Shopping-Klauseln und erweiterten Missbrauchsregeln kann bestehende Strukturen unmittelbar betreffen.
- Unternehmen sollten künftig bei Gestaltungen mit Auslandsbezug eine BEPS-MLI-Kompatibilitätsprüfung durchführen.
- Auch für Finanzinstitute, Holdinggesellschaften und Fondsstrukturen sind Auswirkungen auf Quellensteuerregelungen zu erwarten.
Einordnung und Ausblick
Mit der nun geplanten Erweiterung auf 62 weitere Doppelbesteuerungsabkommen stärkt Deutschland seine Rolle als aktiver Akteur in der internationalen Steuertransparenz- und Fair-Taxation-Initiative.
Zugleich bleibt der bilaterale Anpassungsweg weiterhin offen – insbesondere dort, wo spezifische Sonderregelungen (z. B. zu Dividenden oder Lizenzgebühren) erforderlich sind.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) betont, dass die multilaterale Anpassung nicht nur steuerpolitisch, sondern auch administrativ effizienter ist:
Anstelle von Dutzenden bilateraler Änderungsverhandlungen wird eine einheitliche multilaterale Grundlage geschaffen, die zentral über die OECD koordiniert wird.
Fazit
Das Änderungsgesetz zum BEPS-Multilateral Instrument markiert einen weiteren Schritt zur Modernisierung und Vereinheitlichung der internationalen Steuerabkommenslandschaft.
Für Unternehmen mit grenzüberschreitenden Aktivitäten wird die Compliance-Komplexität steigen, zugleich aber auch Rechtssicherheit und Transparenz gefördert.
Kanzleien und Steuerabteilungen sollten die weiteren Schritte des Gesetzgebungsverfahrens und die Veröffentlichung der konkret betroffenen Abkommen genau verfolgen, um rechtzeitig Anpassungen in ihrer Steuerstrukturplanung vorzunehmen.
Quelle:
Bundesministerium der Finanzen, Mitteilung vom 09.10.2025 – Referentenentwurf zum Änderungsgesetz des BEPS-Multilateral Instrument (BEPS-MLI)