Gewinne von Tochtergesellschaften sind bei der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nicht einzubeziehen

Das Finanzgericht Münster hat in einem Urteil vom 2. Juli 2024 (Az. 6 K 1425/21 F) entschieden, dass Gewinne von Tochterpersonengesellschaften bei der Berechnung der nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbaren Schuldzinsen bei der Mutterpersonengesellschaft unberücksichtigt bleiben. Dieses Urteil, das erhebliche Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung von mehrstöckigen Personengesellschaften haben könnte, wird nun vor dem Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IV R 13/24 weiterverhandelt.

Hintergrund des Falls

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, fungierte als Führungsholding und war an mehreren anderen Personengesellschaften beteiligt. Bei einer Betriebsprüfung stellte das Finanzamt fest, dass es zu Überentnahmen gekommen sei, die gemäß § 4 Abs. 4a EStG zu nicht abziehbaren Schuldzinsen führten. Das Finanzamt bezog dabei die Gewinne der Tochtergesellschaften erst zu dem Zeitpunkt in die Berechnung der Überentnahmen ein, als diese an die Muttergesellschaft abgeführt wurden.

Die Klägerin argumentierte hingegen, dass die Gewinne der Tochtergesellschaften bereits bei ihrer Entstehung in die Berechnung der Überentnahmen einfließen müssten, da diese Gewinne ihr unmittelbar zuzurechnen seien.

Entscheidung des Finanzgerichts Münster

Der 6. Senat des Finanzgerichts Münster folgte der Auffassung des Finanzamts und wies die Klage ab. Das Gericht stellte klar, dass für die Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG der Gewinnbegriff so auszulegen sei, dass Gewinnanteile aus Tochtergesellschaften erst bei ihrer tatsächlichen Auszahlung an die Muttergesellschaft als Einlage zu behandeln seien.

Das Gericht führte aus, dass eine betriebsbezogene Betrachtung maßgeblich sei, bei der es auf den Eigenkapitalentzug bei der jeweiligen betrieblichen Einheit ankomme. Danach würden Gewinne den jeweiligen Tochtergesellschaften so lange zugerechnet, bis sie tatsächlich an die Muttergesellschaft ausgezahlt werden. Eine „konzernbezogene“ Betrachtung, bei der Gewinne bereits bei ihrer Entstehung in der Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft zugerechnet würden, sei im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG nicht vorgesehen.

Bedeutung für die Praxis

Dieses Urteil hat erhebliche Implikationen für die steuerliche Praxis bei der Behandlung von mehrstöckigen Personengesellschaften. Es stellt klar, dass Gewinne von Tochtergesellschaften erst bei ihrer tatsächlichen Ausschüttung an die Muttergesellschaft in die Berechnung von Überentnahmen und damit auch in die Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen einbezogen werden.

Für Steuerberater und Unternehmen bedeutet dies, dass bei der Planung und Berechnung der Schuldzinsen besonders darauf geachtet werden muss, wann Gewinne aus Tochtergesellschaften tatsächlich ausgezahlt werden, um die Auswirkungen auf die Überentnahmen korrekt zu erfassen.

Da die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen wurde, bleibt abzuwarten, ob diese Rechtsauffassung dort bestätigt wird. Das anhängige Verfahren vor dem BFH könnte somit noch zu einer grundlegenden Klärung der Rechtslage führen.

Quelle: Finanzgericht Münster, Newsletter August 2024.