Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den
obersten Finanzbehörden der Länder wird zu Anwendungsfragen des
§ 4h EStG und des § 8a KStG in der Fassung des
Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 ( BGBl. I S. 1912, BStBl I
S. 630) – Zinsschranke – wie folgt Stellung genommen:
I. Zeitliche Anwendung
1
Die Zinsschranke ist erstmals für Wirtschaftsjahre
anzuwenden, die nach dem 25. Mai 2007 (Tag des Beschlusses
des Deutschen Bundestags über das
Unternehmensteuerreformgesetz 2008) beginnen und nicht vor
dem 1. Januar 2008 enden (§ 52 Abs. 12d EStG
i
, § 34 Abs. 6a Satz 3 KStG
i
).
II. Betriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen (§ 4h Abs. 1
EStG, § 8a Abs. 1 KStG)
1. Betrieb
2
§ 4h EStG ist eine Gewinnermittlungsvorschrift und
beschränkt den Betriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen
eines Betriebs. Voraussetzung sind Einkünfte des Betriebs
aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder
selbständiger Arbeit.
3
Ein Einzelunternehmer kann mehrere Betriebe haben (siehe
hierzu aber Tz. 62 und 64).
4
Die Zinsschranke ist auch anzuwenden, wenn der Gewinn gemäß
§ 4 Abs. 3 EStG durch den Überschuss der Betriebseinnahmen
über die Betriebsausgaben ermittelt wird.
5
Eine vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft ist
kein Betrieb im Sinne der Zinsschranke, es sei denn, ihre
Einkünfte gelten kraft gewerblicher Prägung nach § 15 Abs.
3 Nr. 2 EStG als
Gewinneinkünfte.
6
Eine Mitunternehmerschaft hat nur einen Betrieb im Sinne
der Zinsschranke. Zum Betrieb der Mitunternehmerschaft
gehört neben dem Gesamthandsvermögen auch das
Sonderbetriebsvermögen von Mitunternehmern im Sinne des §
15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG.
7
Eine Kapitalgesellschaft hat grundsätzlich nur einen
Betrieb im Sinne der Zinsschranke. Nach § 8a Abs. 1 Satz 4
KStG ist § 4h EStG auf Kapitalgesellschaften, die ihre
Einkünfte durch den Überschuss der Einnahmen über die
Werbungskosten ermitteln (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG), sinngemäß
anzuwenden.
8
Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) hat nur einen
Betrieb im Sinne der Zinsschranke; dazu gehört auch der
Gewinnanteil des persönlich haftenden Gesellschafters. Zur
KGaA siehe auch Tz. 44.
9
Betriebsstätten sind keine eigenständigen Betriebe.
10
Der Organkreis gilt für Zwecke der Zinsschranke als ein
Betrieb (§ 15 Satz 1 Nr. 3 KStG).
2. Kapitalforderungen/Fremdkapital
11
Die Zinsschranke erfasst grundsätzlich nur Erträge und
Aufwendungen aus der Überlassung von Geldkapital
(Zinserträge und Zinsaufwendungen im engeren Sinne) und
nicht solche aus der Überlassung von Sachkapital.
Fremdkapital im Sinne des § 4h Abs. 3 EStG sind damit alle
als Verbindlichkeit passivierungspflichtigen
Kapitalzuführungen in Geld, die nach steuerlichen Kriterien
nicht zum Eigenkapital gehören. Das sind insbesondere:
-
fest und variabel verzinsliche Darlehen (auch soweit es
sich um Darlehensforderungen und verbindlichkeiten im Sinne
des § 8b Abs. 3 Satz 4 ff.
KStG handelt),
-
partiarische Darlehen,
-
typisch stille Beteiligungen,
-
Gewinnschuldverschreibungen und
-
Genussrechtskapital (mit Ausnahme des Genussrechtskapitals
im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG).
12
Auf die Dauer der Überlassung des Fremdkapitals kommt es
nicht an.
13
Bei Banken stellt auch das nach dem Kreditwesengesetz (KWG)
dem haftenden Eigenkapital zuzurechnende Fremdkapital
Fremdkapital im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG dar.
14
Die Abtretung einer Forderung zu einem Betrag unter dem
Nennwert gilt als eigenständige Überlassung von
Fremdkapital im Sinne von § 4h Abs. 3 EStG, wenn die
Abtretung nach allgemeinen Grundsätzen als
Darlehensgewährung durch den Zessionar an den Zedenten zu
beurteilen ist (sog.
unechte Forfaitierung/unechtes Factoring). Die Grundsätze
des BMF-Schreibens vom 9. Januar 1996 (BStBl I S. 9) sind
zu beachten.
Übernimmt der Zessionar zusätzlich das Risiko der
Zahlungsunfähigkeit des Schuldners der abgetretenen Forderung
(sog. echte Forfaitierung/echtes Factoring) ergeben sich durch
die Abtretung grundsätzlich weder beim Zedenten noch beim
Zessionar Zinsaufwendungen und Zinserträge im Sinne des § 4h
Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG. Es wird aber nicht beanstandet, wenn
Zessionar und Zedent auf Grund eines übereinstimmenden
schriftlichen Antrags, der bei dem für den Zessionar örtlich
zuständigen Finanzamt zu stellen ist, die echte Forfaitierung bzw. das echte Factoring
als Überlassung von Fremdkapital im Sinne von § 4h Abs. 3 EStG
behandeln (siehe hierzu Tz. 32 ff. und 37 ff.). Der Zessionar
hat in diesen Fällen nachzuweisen, dass der Zedent gegenüber
dem für ihn örtlich zuständigen Veranlagungsfinanzamt eine
schriftliche und unwiderrufliche Einverständniserklärung
abgegeben hat, dass er mit der Erfassung der Zinsanteile als
Zinsaufwendungen im Rahmen der Zinsschranke einverstanden ist.
Die Anwendung der Billigkeitsregelung beim Zessionar hängt von
der korrespondierenden Erfassung der Zinsen beim Zedenten ab.
Entgelte für die Übernahme des Bonitätsrisikos und anderer
Kosten stellen keine Zinsaufwendungen beim Zedenten und keine
Zinserträge beim Zessionar dar.
Unerheblich ist, ob die abgetretene Forderung ihrerseits eine
Forderung aus der Überlassung von Geldkapital ist; auch die
Abtretung einer Forderung aus der Überlassung von Sachkapital
kann ihrerseits die Überlassung von Fremdkapital darstellen.
3. Zinsaufwendungen/Zinserträge
15
Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke sind Vergütungen
für Fremdkapital (§ 4h Abs. 3 Satz 2 EStG); Zinserträge im
Sinne der Zinsschranke sind Erträge aus Kapitalforderungen
jeder Art (§ 4h Abs. 3 Satz 3 EStG). Hierzu gehören auch
Zinsen zu einem festen oder variablen Zinssatz, aber auch
Gewinnbeteiligungen (Vergütungen für partiarische Darlehen,
typisch stille Beteiligungen, Genussrechte und
Gewinnschuldverschreibungen) und Umsatzbeteiligungen.
Zinsaufwendungen bzw. Zinserträge sind auch Vergütungen,
die zwar nicht als Zins berechnet werden, aber
Vergütungscharakter haben ( z. B. Damnum, Disagio,
Vorfälligkeitsentschädigungen, Provisionen und Gebühren,
die an den Geber des Fremdkapitals gezahlt werden).
16
Keine Zinsaufwendungen oder -erträge sind Dividenden,
Zinsen nach § 233 ff. AO sowie Skonti und
Boni.
17
Ausgeschüttete oder ausschüttungsgleiche Erträge aus
Investmentvermögen, die aus Zinserträgen im Sinne des § 4h
Abs. 3 Satz 3 EStG stammen, sind beim Anleger im Rahmen des
§ 4h Abs. 1 EStG als Zinserträge zu berücksichtigen (§ 2
Abs. 2a InvStG
in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2008).
18
Der Zinsschranke unterliegen nur solche Zinsaufwendungen
und Zinserträge, die den maßgeblichen Gewinn bzw. das
maßgebliche Einkommen gemindert oder erhöht haben.
Insbesondere nicht abziehbare Zinsen gemäß § 3c Abs. 1 und
Abs. 2 EStG, § 4 Abs. 4a EStG, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8a
EStG und Zinsen, die gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als
verdeckte Gewinnausschüttungen das Einkommen einer
Körperschaft nicht gemindert haben, sind keine
Zinsaufwendungen im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG.
19
Zinsaufwendungen, die im Inland steuerpflichtige
Sondervergütungen eines Mitunternehmers im Sinne des § 15
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind, stellen weder
Zinsaufwendungen der Mitunternehmerschaft noch Zinserträge
des Mitunternehmers dar. Zinsaufwendungen und -erträge, die
Sonderbetriebsausgaben oder -einnahmen sind, werden der
Mitunternehmerschaft zugeordnet.
20
Zinsaufwendungen für Fremdkapital, das zur Finanzierung der
Herstellung eines Vermögensgegenstands verwendet wird (z.
B. Bauzeitzinsen), dürfen nach § 255 Abs. 3 Satz 2 HGB als
Herstellungskosten angesetzt werden, soweit sie auf den
Zeitraum der Herstellung entfallen. In diesem Fall führt
die spätere Ausbuchung bzw. Abschreibung des entsprechenden
Aktivpostens nicht zu Zinsaufwendungen im Sinne der
Zinsschranke (vgl. BFH-Urteil vom 30.
April 2003 – BStBl 2004 II S. 192).
21
Erbbauzinsen stellen ein Entgelt für die Nutzung des
Grundstücks dar und führen nicht zu Zinsaufwendungen oder
Zinserträgen.
22
Gewinnauswirkungen in Zusammenhang mit Rückstellungen in
der Steuerbilanz sind keine Zinserträge und keine
Zinsaufwendungen im Rahmen der Zinsschranke. Dies gilt
nicht, soweit Zinsaufwendungen i. S. d. § 4h Abs. 3 Satz
2 EStG zurückgestellt werden.
23
Vergütungen für die vorübergehende Nutzung von fremdem
Sachkapital stellen grundsätzlich keine Zinserträge bzw.
Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke dar. Dazu
gehören auch Aufwendungen und Erträge, die Scheideanstalten
aus der Goldleihe bzw. aus Edelmetallkonten erzielen.
24
Eine Wertpapierleihe oder ein ähnliches Geschäft kann einen
Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42
AO) darstellen, wenn es z. B. dazu dienen soll, beim
Entleiher künstlich Zinseinnahmen zu erzielen und dadurch
die Abzugsmöglichkeit für anfallende Zinsaufwendungen zu
erhöhen.
25
Zinsanteile in Leasingraten führen zu Zinsaufwendungen oder
-erträgen, wenn das wirtschaftliche Eigentum am
Leasinggegenstand (Sachkapital) auf den Leasingnehmer
übergeht, der Leasinggeber also eine Darlehensforderung und
der Leasingnehmer eine Darlehensverbindlichkeit auszuweisen
hat. Die in den BMF-Schreiben vom 19. April 1971 (BStBl I
S. 264), vom 21. März 1972 (BStBl I S. 188), vom 22.
Dezember 1975 (Anhang 21 III EStH 2007) und vom 23.
Dezember 1991 (BStBl 1992 I S. 13) niedergelegten
Grundsätze sind zu beachten.
26
Verbleibt nach Maßgabe der in Tz. 25 angeführten
BMF-Schreiben das wirtschaftliche Eigentum am
Leasinggegenstand beim Leasinggeber (Voll- und
Teilamortisationsverträge) und handelt es sich um
Finanzierungsleasing von Immobilien, ist eine Erfassung von
Zinsanteilen in Leasingraten möglich, wenn der Leasinggeber
mit den in der Grundmietzeit zu entrichtenden Raten
zuzüglich des Erlöses aus einer Ausübung eines von Anfang
an zum Ende der Grundmietzeit vertraglich vereinbarten
Optionsrechts seine Anschaffungs- oder Herstellungskosten
für den Leasinggegenstand sowie alle Nebenkosten
einschließlich der Finanzierungskosten deckt und er dies
gegenüber den Finanzbehörden nachweist.
Der Leasinggeber kann in diesen Fällen die Zinsanteile als
Zinserträge im Rahmen der Zinsschranke saldieren, soweit er in
Leasingraten enthaltene Zinsanteile gegenüber dem Leasingnehmer
offen ausweist; der Leasingnehmer hat seinerseits die
Zinsanteile als Zinsaufwendungen im Rahmen der Zinsschranke zu
erfassen. Die Erfassung von Zinsanteilen in Leasingraten setzt
einen gemeinsamen schriftlichen Antrag von Leasinggeber und
Leasingnehmer bei dem für den Leasinggeber örtlich zuständigen
Finanzamt voraus. Der Leasinggeber muss außerdem nachweisen,
dass der Leasingnehmer gegenüber dem für ihn örtlich
zuständigen Veranlagungsfinanzamt eine schriftliche und
unwiderrufliche Einverständniserklärung abgegeben hat, dass er
mit der Erfassung der Zinsanteile als Zinsaufwendungen im
Rahmen der Zinsschranke einverstanden ist. Die Anwendung der
Billigkeitsregelung beim Leasinggeber hängt von der
korrespondierenden Erfassung der Zinsen beim Leasingnehmer ab.
Bei Leasingverträgen über Immobilien, die bis zum 25. Mai 2007
(Tag des Beschlusses des Deutschen Bundestags über das
Unternehmensteuerreformgesetz 2008) abgeschlossen worden sind,
wird es im Zeitraum bis zur erstmaligen Änderungsmöglichkeit
des Leasingvertrags nicht beanstandet, wenn der Leasinggeber in
Leasingraten enthaltene Zinsanteile auch ohne Ausweis gegenüber
dem Leasingnehmer als Zinserträge im Rahmen der Zinsschranke
saldiert. Voraussetzung hierfür ist ein schriftlicher Antrag
des Leasinggebers und der Nachweis des enthaltenen Zinsanteils
gegenüber den Finanzbehörden.
4. Aufzinsung
27
Die Aufzinsung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher
Verbindlichkeiten oder Kapitalforderungen führt zu
Zinserträgen oder Zinsaufwendungen im Sinne der
Zinsschranke (§ 4h Abs. 3 Satz 4 EStG). Ausgenommen sind
Erträge anlässlich der erstmaligen Bewertung von
Verbindlichkeiten (Abzinsung). Die vom Nennwert abweichende
Bewertung von Kapitalforderungen mit dem Barwert führt
ebenfalls nicht zu Zinsaufwendungen im Sinne der
Zinsschranke. Die Auf- und Abzinsung und
Bewertungskorrekturen von Verbindlichkeiten oder
Kapitalforderungen mit einer Laufzeit am Bilanzstichtag von
weniger als zwölf Monaten bleiben unberücksichtigt.
Beispiel 1 (Endfällige Forderung):
Die V- GmbH
liefert am 30.12.01 Waren an die S-GmbH. Der Kaufpreis beträgt
10 Mio. € und ist am 31.12.10
endfällig. Das Wirtschaftsjahr aller Beteiligten entspricht dem
Kalenderjahr. Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der
Zinsschranke (Überschreiten der Freigrenze, kein Escape etc.) sind bei allen Beteiligten
gegeben.
Lösung:
Die S-GmbH hat die Waren zum Barwert der
Kaufpreisverpflichtung angeschafft. Zum
Zwecke der Ermittlung des Barwerts kann der
Vervielfältiger 0,618 nach Tabelle 2 des
BMF-Schreibens vom 26. Mai 2005 (BStBl I S.
699) verwendet werden. Der durch die
Neubewertung der Verbindlichkeit zu den
nachfolgenden Stichtagen sukzessiv
entstehende Aufwand ist Zinsaufwand im
Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG. Im
Wirtschaftsjahr 02 entsteht auf diese Weise
ein Zinsaufwand in Höhe von 340 T€, im
Wirtschaftsjahr 03 von 350 T€, im
Wirtschaftsjahr 04 von 380 T€ etc.; im
Wirtschaftsjahr 10 wird die Verbindlichkeit
vollständig getilgt, und der Zinsaufwand
beträgt 520 T€. Der berücksichtigungsfähige
Gesamtzinsaufwand der S-GmbH über die
Laufzeit der Verbindlichkeit beläuft sich
auf 3,82 Mio. €.
Die V-GmbH hat auf den 31.12.01 eine
Forderung gegen die S-GmbH auszuweisen. Die
Forderung ist in Höhe der
Anschaffungskosten der Forderung, die deren
Barwert entspricht, zu bilanzieren. Zur
Ermittlung der Anschaffungskosten (Barwert)
kann
ebenfalls der Vervielfältiger 0,618 nach
Tabelle 2 des BMF-Schreibens vom 26. Mai
2005 (
a. a. O.
) verwendet werden. Der Barwert der
Forderung beläuft sich auf 6,18 Mio. €. Der
durch die Neubewertung der Forderung zu den
nachfolgenden Stichtagen sukzessiv
entstehende Ertrag ist Zinsertrag im Sinne
des § 4h Abs. 3 Satz 3 EStG. Im
Wirtschaftjahr 02 kommt es zu einem
Zinsertrag in Höhe von 340 T€, in 03 von
350 T€ etc. Der berücksichtigungsfähige
Gesamtzinsertrag der V-GmbH über die
Laufzeit der Forderung beträgt 3,82 Mio. €.
28
Teilwertberichtigungen führen – vorbehaltlich der in Tz. 27
genannten Grundsätze – nicht zu Zinsaufwendungen oder
Zinserträgen im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG.
5. Abtretung
a) Abtretung einer Forderung aus der Überlassung von
Geldkapital
aa) Unechte Forfaitierung/unechtes Factoring
29
Bei der unechten Forfaitierung bzw. dem unechten Factoring
bleibt die Forderung beim Zedenten weiterhin mit ihrem
Barwert aktiviert. Der Zedent hat eine verzinsliche
Darlehensschuld in Höhe des Nennwerts der gegenüber dem
Zessionar bestehenden Rückzahlungsverpflichtung (= Nennwert
der abgetretenen Forderung) zu passivieren.
30
In Höhe der Differenz zwischen dem Nennwert der
Verbindlichkeit und dem überlassenen Geldkapital hat der
Zedent einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden.
Der Zessionar weist eine Darlehensforderung gegenüber dem
Zedenten und einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten in
entsprechender Höhe aus. Die Rechnungsabgrenzungsposten
sind bei Fälligkeitsdarlehen linear aufzulösen. Der
hierdurch entstehende Aufwand bzw. Ertrag ist Zinsaufwand
bzw. -ertrag im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG.
Factoring-Gebühren bzw. Forfaitierungs-Gebühren, die
sonstige Kosten – z. B. für die Übernahme der
Debitorenbuchhaltung durch den Zessionar – abdecken,
stellen keine Zinsaufwendungen und keine Zinserträge dar.
Die Zinsaufwendungen des Zedenten vermindern sich um
Factoring-Gebühren bzw. Forfaitierungs-Gebühren nur
insoweit, als er eine ordnungsgemäße Rechnung des
Zessionars über diese Beträge vorlegt.
Beispiel 2 (Abtretung endfälliger Forderung):
Die V-GmbH verkauft ihre endfällige Forderung gegen die S-GmbH
aus Beispiel 1 noch am 30.12.01 an die K-GmbH und tritt sie mit
sofortiger Wirkung ab. Der Kaufpreis beträgt 6,0 Mio. € und
wird sofort gezahlt. Das Risiko der Zahlungsunfähigkeit der
S-GmbH trägt laut Kaufvertrag weiterhin die V-GmbH. Ein
gesonderter Abschlag für Inkassokosten etc. ist nicht
vereinbart worden. Das Wirtschaftsjahr aller Beteiligten
entspricht dem Kalenderjahr. Die Voraussetzungen für die
Anwendbarkeit der Zinsschranke (Überschreiten der Freigrenze,
kein Escape etc.) sind bei allen Beteiligten gegeben.
Lösung:
-
B3
-
Die bilanzielle Behandlung der Verbindlichkeit der S-GmbH
gegenüber der V-GmbH wird von der Forderungsabtretung nicht
berührt. Das Bilanzbild und die Ergebnisentwicklung
entsprechen jener in Tz. B1. Der berücksichtigungsfähige
Gesamtzinsaufwand der S-GmbH über die Laufzeit der
Verbindlichkeit beträgt unverändert 3,82 Mio. €.
-
B4
-
Die V-GmbH hat auf den 31.12.01 – neben der Forderung
gegen die S-GmbH (siehe Tz. B2) – nunmehr eine
Darlehensverbindlichkeit in Höhe von 10,0 Mio. €
gegenüber der K-GmbH sowie einen aktiven
Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 4,0 Mio. €
auszuweisen:
V-GmbH
31.12.01
Aktiva
|
Passiva
|
Forderung gg. S-GmbH
|
6.180.000
|
EK
|
6.180.000
|
Bankguthaben
|
6.000.000
|
Darlehensverbindlichkeit
|
10.000.000
|
aktiver
RAP
|
4.000.000
|
|
|
16.180.000
|
16.180.000
|
-
B5
-
Die Darlehensverbindlichkeit unterliegt keiner Abzinsung
nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG, da sie verzinslich ist. Zu den
nachfolgenden Abschlussstichtagen entstehen durch die
Neubewertung der Forderung Erträge, die über die
Gesamtlaufzeit zu einem Zinsertrag im Sinne des § 4h Abs. 3
Satz 3 EStG in Höhe von 3,82 Mio. € führen (siehe Tz. B2).
Der aktive Rechnungsabgrenzungsposten ist linear
(endfällige Verbindlichkeit) über die Laufzeit der
Darlehensverbindlichkeit aufzulösen und führt jährlich zu
einem Zinsaufwand im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG in
Höhe von 444.444 €. Über die Laufzeit der
Darlehensverbindlichkeit kommt es bei V insgesamt zu einem
Zinsaufwand von 180 T€.
-
B6
-
Die K-GmbH erwirbt durch den Forderungskauf eine
Darlehensforderung gegen die V-GmbH. Das Bilanzbild
stellt sich auf den 31.12.01 wie folgt dar:
K-GmbH
31.12.01
Aktiva
|
Passiva
|
Forderung gg. V-GmbH
|
10.000.000
|
Bank
|
6.000.000
|
|
|
passiver RAP
|
4.000.000
|
10.000.000
|
10.000.000
|
-
B7
-
Die Darlehensforderung unterliegt keiner
Bewertungskorrektur nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG, da sie
verzinslich ist. Der passive Rechnungsabgrenzungsposten ist
linear (endfällige Forderung) über die Laufzeit der
Forderung aufzulösen und führt jährlich zu einem Zinsertrag
im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 3 EStG in Höhe von 444.444 €.
31
Erfolgt die Tilgung der (abgetretenen) Forderung in Raten,
sind die Rechnungsabgrenzungsposten nach der
Zinsstaffelmethode aufzulösen.
bb) Echte Forfaitierung/echtes Factoring
32
Bei der echten Forfaitierung bzw. dem echten Factoring
übernimmt der Zessionar das Risiko der Uneinbringlichkeit
der abgetretenen Forderung. Die Forderung ist bilanziell
bei ihm zu aktivieren. Die Abtretung gilt nur auf
übereinstimmenden schriftlichen Antrag von Zessionar und
Zedent im Sinne von Tz. 14 als Überlassung von Fremdkapital
im Sinne von § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG.
Als Zinsertrag des Zessionars im Sinne der Zinsschranke ist in
diesen Fällen die Differenz zwischen Nennwert und Kaufpreis der
erworbenen bereits realisierten Forderung anzusetzen.
Factoring-Gebühren bzw. Forfaitierungs-Gebühren, die sonstige
Kosten – z. B. für die Übernahme des Delkredererisikos und der
Debitorenbuchhaltung durch den Zessionar – abdecken, stellen
jedoch keine Zinserträge im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 3 EStG
dar.
33
Der Zedent hat in diesen Fällen in Höhe des
Differenzbetrages zwischen Verkaufserlös und Buchwert der
verkauften Forderung einen Zinsertrag bzw. -aufwand im
Sinne der Zinsschranke. Soweit dieser Differenzbetrag auf
in einer ordnungsgemäßen Rechnung offen ausgewiesene
Factoring-Gebühren bzw. Forfaitierungs-Gebühren entfällt,
liegen keine Zinsaufwendungen im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz
2 EStG vor.
Beispiel 3 (Abtretung endfälliger Forderung):
Siehe Beispiel 2. Das Risiko der Zahlungsunfähigkeit der S-GmbH
trägt laut Kaufvertrag die K-GmbH. Ein gesondertes Entgelt für
Risikoübernahme und Inkasso wurde in der Rechnung in Höhe von
100.000 € von dem Kaufpreis der Forderung (6,1 Mio. €)
abgesetzt. V erhält 6 Mio. € ausbezahlt. Die V-GmbH und die K
GmbH haben einen übereinstimmenden schriftlichen Antrag nach
Tz. 14 gestellt.
Lösung:
-
B8
-
Die bilanzielle Behandlung der Verbindlichkeit der S-GmbH
gegenüber der V-GmbH wird von der Forderungsabtretung nicht
berührt. Das Bilanzbild und die Ergebnisentwicklung
entsprechen jener in Tz. B1. Der berücksichtigungsfähige
Gesamtzinsaufwand der S-GmbH über die Laufzeit der
Verbindlichkeit beträgt 3,82 Mio. €.
-
B9
-
Die V-GmbH hat die Forderung auszubuchen und den
Verkaufserlös einzubuchen. In Höhe der Wertdifferenz
zwischen dem Buchwert der abgetretenen Forderung und dem
Verkaufspreis kommt es zu einem Zinsaufwand bzw. einem
Zinsertrag im Sinne der Zinsschranke. Bei der V-GmbH
entsteht damit ein sofort zu berücksichtigender Zinsaufwand
im Sinne von § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG in Höhe von 80 T€ (=
6,1 Mio. € ./. 6,18 Mio. €). In Höhe der offen in der
Rechnung ausgewiesenen Gebühren für Risikoübernahme und
Inkasso entstehen sofort abziehbare Betriebsausgaben in
Höhe von 100 T€, die keine Zinsaufwendungen im Sinne des §
4h Abs. 3 Satz 2 EStG sind.
-
B10
-
Die K-GmbH erwirbt eine Forderung gegen die S-GmbH und
realisiert einen Ertrag in Höhe von 100 T€ für
Risikoübernahme und Inkasso. Die Forderung gegen die S-GmbH
ist zum 31.12.01 mit 6,1 Mio. € zu bilanzieren. Zu den
nachfolgenden Bilanzstichtagen ist die Forderung
grundsätzlich mit ihren Anschaffungskosten von 6,1 Mio. €
zu bewerten. Bei Erfüllung der Forderung im Wirtschaftsjahr
10 realisiert die K-GmbH einen Zinsertrag im Sinne von § 4h
Abs. 3 Satz 3 EStG in Höhe von 3,9 Mio. €.
34
In den Fällen der echten Forfaitierung/des echten
Factorings einer ratenweise zu tilgenden Forderung ist
sinngemäß zu verfahren.
b) Abtretung einer Forderung aus schwebenden Geschäften
35
Im Falle der Abtretung einer noch nicht realisierten
Geldforderung aus einem Dauerschuldverhältnis ergeben sich
vor der Abtretung keine Zinsaufwendungen oder -erträge im
Sinne der Zinsschranke aus der Auf- oder Abzinsung der
Forderung und Verbindlichkeit, da diese bilanziell noch
nicht erfasst sind.
aa) Unechte Forfaitierung
36
Die Abtretung einer Forderung zu einem Betrag unter dem
Nennwert ist eine eigenständige Überlassung von
Fremdkapital im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG, wenn der
Vorgang bilanziell als Darlehensgeschäft auszuweisen ist
(sog. unechte Forfaitierung). Bei der Ermittlung der
Zinsaufwendungen und Zinserträge aus der Abtretung einer
Forderung im o. g.
Sinne sind die Grundsätze zur Abtretung einer Forderung aus
der Überlassung von Geldkapital (siehe Tz. 29 ff.) und des
BMF-Schreibens vom 9. Januar 1996 (BStBl I S. 9) zu
beachten. Der Zedent hat in Höhe der Differenz zwischen dem
Nennwert der Darlehensschuld und dem überlassenen
Geldkapital einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten zu
bilden, der nach der Zinsstaffelmethode aufzulösen ist. Der
hierdurch entstehende Aufwand ist Zinsaufwand im Sinne des
§ 4h Abs. 3 Satz 2 EStG. Der Zessionar hat einen Zinsertrag
im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 3 EStG in entsprechender
Höhe. Factoring-Gebühren bzw. Forfaitierungs-Gebühren, die
sonstige Kosten – z. B. für die Übernahme der
Debitorenbuchhaltung durch den Zessionar – abdecken,
stellen keine Zinsaufwendungen und keine Zinserträge im
Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG dar. Die
Zinsaufwendungen des Zedenten vermindern sich um
Forfaitierungs-Gebühren nur insoweit, als er eine
ordnungsgemäße Rechnung des Zessionars über diese Beträge
vorlegt.
Beispiel 4 (Unechte Forfaitierung einer Mietforderung):
Die V-GmbH überlässt der S-GmbH ab dem 01.01.01 ein Grundstück
zur Miete. Der Mietvertrag ist bis zum 31.12.10 befristet. Der
jährlich auf den 01.01. zu entrichtende Mietzins beträgt 1 Mio.
€. Die V-GmbH verkauft sämtliche noch nicht beglichenen
Mietzinsansprüche mit einem Nennwert von 9 Mio. € am 30.12.01
an die K-GmbH und tritt sie mit sofortiger Wirkung ab. Der
Kaufpreis beträgt 7,5 Mio. € und wird sofort gezahlt. Das
Risiko der Zahlungsunfähigkeit der S-GmbH trägt laut
Kaufvertrag weiterhin die V-GmbH. Ein gesonderter Abschlag für
Inkassokosten etc. ist nicht vereinbart worden. Das
Wirtschaftsjahr aller Beteiligten entspricht dem Kalenderjahr.
Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Zinsschranke
(Überschreiten der Freigrenze, kein Escape etc.) sind bei allen
Beteiligten gegeben.
Lösung:
-
B11
-
Die S-GmbH als Mieterin bilanziert ihre zukünftigen,
wirtschaftlich noch nicht entstandenen Verbindlichkeiten
aus dem Mietvertrag nicht. Der von ihr für das jeweils
laufende Wirtschaftsjahr entrichtete Mietzins für den
Gebrauch der Mietsache führt unmittelbar zu Mietaufwand.
-
B12
-
Die V-GmbH hat der K-GmbH gegenüber eine
Darlehensverbindlichkeit in Höhe des Nennwerts der
veräußerten Mietzinsansprüche zu passivieren. Sie
vereinnahmt den Mietzins bei Zahlung durch die S-GmbH
erfolgswirksam als Mietertrag, der in voller Höhe als
sofort an die K-GmbH weitergeleitet gilt. Die
Darlehensverbindlichkeit mindert sich um den jeweiligen
Mietzins. In Höhe der Differenz zwischen dem Nennwert der
abgetretenen Mietzinsansprüche und dem Kaufpreis ist ein
aktiver Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 1,5 Mio. €
zu bilden, der entsprechend der Zinsstaffelmethode
aufzulösen ist und zu Zinsaufwand im Sinne des § 4h Abs. 3
Satz 2 EStG führt. Der zu berücksichtigende
Gesamtzinsaufwand im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG der
V-GmbH beläuft sich im Beispielsfall auf 1,5 Mio. €.
-
B13
-
Die K-GmbH aktiviert eine (Darlehens-)Forderung in Höhe des
Nennwerts der Mietzinsansprüche gegen die V-GmbH und
passiviert einen Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe der
Differenz zwischen Nennwert und Kaufpreis, der entsprechend
der Zinsstaffelmethode aufzulösen ist. Der Gesamtzinsertrag
im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 3 EStG der K-GmbH über die
Laufzeit der erworbenen Forderung beträgt 1,5 Mio. €.
bb) Echte Forfaitierung
37
In den Fällen, in denen der Zessionar zusätzlich das Risiko
der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners der abgetretenen
Forderung übernimmt (sog. echte Forfaitierung) gilt die
Abtretung einer Forderung zu einem Betrag unter dem
Nennwert nach Tz. 14 nur auf übereinstimmenden
schriftlichen Antrag von Zessionar und Zedent als
eigenständige Überlassung von Fremdkapital im Sinne von §
4h Abs. 3 Satz 2 EStG.
38
Als Zinsertrag des Zessionars im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz
3 EStG ist in diesen Fällen die Differenz zwischen den
vereinnahmten Erlösen aus dem Dauerschuldverhältnis (z. B.
Mieterträge) und dem Kaufpreis der Forderung anzusetzen.
Forfaitierungs-Gebühren, die sonstige Kosten – z. B. für
die Übernahme des Delkredererisikos und der
Debitorenbuchhaltung durch den Zessionar – abdecken,
stellen jedoch keine Zinserträge im Sinne des § 4h Abs. 3
Satz 3 EStG dar.
39
Der Zedent hat in Höhe des Differenzbetrags zwischen
Verkaufserlös und Nennwert der verkauften Forderung einen
Zinsaufwand bzw. einen Zinsertrag im Sinne der
Zinsschranke. Soweit dieser Differenzbetrag auf in einer
ordnungsgemäßen Rechnung offen ausgewiesene
Forfaitierungs-Gebühren entfällt, liegen keine
Zinsaufwendungen im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG vor.
Beispiel 5 (Echte Forfaitierung einer Mietforderung):
Siehe Beispiel 4. Das Risiko der Zahlungsunfähigkeit der S-GmbH
trägt laut Kaufvertrag die K-GmbH. Ein gesondertes Entgelt für
die Risikoübernahme wurde nicht vereinbart. Die V-GmbH und die
K-GmbH haben einen übereinstimmenden schriftlichen Antrag nach
Tz. 14 gestellt.
Lösung:
-
B14
-
Die S-GmbH als Mieterin bilanziert ihre Verbindlichkeit aus
dem Mietvertrag in der Regel nicht. Der von ihr entrichtete
Mietzins für den Gebrauch der Mietsache führt unmittelbar
zu Aufwand, der kein Zinsaufwand im Sinne der Zinsschranke
ist.
-
B15
-
Es ist für Zwecke der Zinsschranke abweichend von den
allgemeinen bilanzsteuerlichen Grundsätzen davon
auszugehen, dass die V-GmbH eine Mieteinnahme in Höhe des
Nennbetrags der (Summe der) abgetretenen Mietforderungen
vereinnahmt. In Höhe des Differenzbetrags zwischen dem
Nennbetrag der abgetretenen Mietforderungen und dem
vereinnahmten Kaufpreis entsteht gleichzeitig ein
Zinsaufwand der V-GmbH im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2
EStG. Der berücksichtigungsfähige Gesamtzinsaufwand der
V-GmbH beläuft sich im Beispielsfall somit auf 1,5 Mio. €.
Der durch die Mieteinnahme erlöste Ertrag und der
Gesamtzinsaufwand sind über die Laufzeit des Mietvertrags
wie ein Rechnungsabgrenzungsposten auf die Wirtschaftsjahre
linear zu verteilen.
-
B16
-
Die K-GmbH aktiviert die erworbenen Forderungen gegen die
S-GmbH in Höhe des Kaufpreises. Der vereinnahmte Mietzins
ist in einen Zinsanteil und einen Tilgungsanteil
aufzuteilen. Die Ermittlung des Zinsanteils pro Rate
erfolgt nach allgemeinen bilanzsteuerrechtlichen
Grundsätzen. Der danach ermittelte Zinsanteil stellt
Zinsertrag im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 3 EStG dar. Die
Forderung vermindert sich um den Tilgungsanteil. Der
Gesamtzinsertrag beträgt im Beispielsfall 1,5 Mio. €.
6. Steuerliches
EBITDA
40
Die Zinsaufwendungen eines Betriebs sind in Höhe des
Zinsertrags abziehbar, darüber hinaus ist der Abzug auf 30
Prozent des um die Zinsaufwendungen und um die nach § 6
Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 2a Satz 2 und § 7 EStG abgesetzten
Beträge erhöhten und um die Zinserträge verminderten
maßgeblichen Gewinn bzw. des maßgeblichen Einkommens
begrenzt (sog. steuerliches EBITDA).
Bei Personenunternehmen ist maßgeblicher Gewinn der nach den
Vorschriften des EStG mit Ausnahme von § 4h Abs. 1 EStG
ermittelte steuerpflichtige Gewinn (§ 4h Abs. 3 Satz 1 EStG):
Steuerpflichtiger Gewinn vor Anwendung des § 4h EStG
-
./. Zinserträge
-
+ Zinsaufwendungen
-
+ Abschreibungen nach § 6 Abs. 2 und 2a sowie § 7 EStG
-
= steuerliches EBITDA
41
Bei Körperschaften tritt an die Stelle des maßgeblichen
Gewinns das nach den Vorschriften des EStG und des KStG mit
Ausnahme der §§ 4h, 10d EStG und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
KStG ermittelte Einkommen. Das steuerliche EBITDA einer
Körperschaft wird insbesondere durch verdeckte
Gewinnausschüttungen erhöht und durch Dividenden und
Veräußerungsgewinne vermindert, soweit diese nach § 8b KStG
steuerfrei sind:
Einkommen der Körperschaft im Sinne des § 8 Abs. 1 KStG vor
Anwendung des § 4h EStG
-
./. Zinserträge
-
+ Zinsaufwendungen
-
+ Abschreibungen nach § 6 Abs. 2 und 2a sowie § 7 EStG
-
+ Verlustabzug im Sinne von § 10d EStG (Verlustrück- und
-vortrag)
-
+ Spendenabzug im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG
-
= steuerliches EBITDA
42
Das steuerliche EBITDA ist betriebsbezogen zu ermitteln.
Zinsaufwendungen, Zinserträge, Abschreibungen und Anteile
am maßgeblichen Gewinn, die in das steuerliche EBITDA einer
Mitunternehmerschaft einfließen, finden deshalb beim
Mitunternehmer nicht nochmals Berücksichtigung.
43
Hält ein Gesellschafter einer vermögensverwaltenden
Personengesellschaft seine Beteiligung im Betriebsvermögen
(sog. Zebragesellschaft), kommt die Zinsschranke auf der
Ebene des Gesellschafters zur Anwendung. Zinsaufwendungen,
Zinserträge und Abschreibungen der Personengesellschaft und
die Beteiligungseinkünfte sind anteilig beim Gesellschafter
im Rahmen seiner Gewinneinkünfte zu berücksichtigen.
44
Bei einer KGaA ist zur Ermittlung des maßgeblichen
Einkommens im Sinne des § 8a Abs. 1 KStG die Vorschrit des
§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG nicht anzuwenden. Hinsichtlich
eventueller Sondervergütungen ist § 8a Abs. 2 und 3 KStG zu
prüfen. Bei der Bildung des steuerlichen EBITDA des
persönlich haftenden Gesellschafters bleibt der
Gewinnanteil unberücksichtigt.
45
Zinsaufwendungen und Zinserträge im Sinne des § 4h Abs. 3
EStG einer Organgesellschaft sind beim Organträger im
Rahmen des § 4h Abs. 1 EStG zu berücksichtigen (§ 15 Satz 1
Nr. 3 Satz 3 KStG). Entsprechendes gilt für Abschreibungen
nach § 6 Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 2a Satz 2 und § 7 EStG.
7. Zinsvortrag
46
Die nicht abziehbaren Zinsaufwendungen eines
Veranlagungszeitraums sind nach § 4h Abs. 1 Satz 2 EStG in
die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen (Zinsvortrag).
Sie erhöhen die Zinsaufwendungen dieser Wirtschaftsjahre
und können dazu führen, dass im Vortragsjahr die Freigrenze
nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe a EStG überschritten
wird.
47
Nach § 4h Abs. 5 EStG geht ein nicht verbrauchter
Zinsvortrag bei Aufgabe oder Übertragung des Betriebs
unter. Bei Aufgabe oder Übertragung eines Teilbetriebs geht
der Zinsvortrag anteilig unter. Als Aufgabe eines
Teilbetriebs gilt auch das Ausscheiden einer
Organgesellschaft aus dem Organkreis.
48
Die Nutzung eines vororganschaftlichen Zinsvortrags der
Organgesellschaft ist während der Organschaft nicht
zulässig; die Grundsätze zu § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG gelten
entsprechend.
49
Der Zinsvortrag ist gemäß § 4h Abs. 4 Satz 1 EStG gesondert
festzustellen. Der Feststellungsbescheid ist für jeden
Betrieb an den Betriebsinhaber (Personengesellschaft,
Körperschaft) zu richten, bei Einzelunternehmern an diesen
unter Bezeichnung des Betriebs. Bei Personengesellschaften
ist diese selbst Adressat des Feststellungsbescheids, nicht
die Mitunternehmer. Bei Betrieben gewerblicher Art ist der
Feststellungsbescheid an dessen Rechtsträger unter
Bezeichnung des Betriebs zu richten.
8. Mitunternehmerschaften
50
Zu Sonderbetriebsvermögen und Sondervergütungen von
Mitunternehmern siehe Tz. 1 und 19.
51
Die Ermittlung der nicht abziehbaren Zinsaufwendungen
erfolgt betriebsbezogen. Nicht abziehbare Zinsaufwendungen
sind den Mitunternehmern auch dann nach dem allgemeinen
Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen, wenn es sich um
Zinsaufwendungen aus dem Sonderbetriebsvermögensbereich
eines Mitunternehmers handelt.
52
Bei Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer
Gesellschaft geht der Zinsvortrag anteilig mit der Quote
unter, mit der der ausgeschiedene Mitunternehmer an der
Gesellschaft beteiligt war (§ 4h Abs. 5 Satz 2 EStG).
Beispiel:
An der ABC-OHG
sind die A-GmbH zu 10 %, die B-GmbH zu 60 %, die C-GmbH zu 30 %
beteiligt. Alle Gesellschaften gehören einem Konzern an. Der
Gewinnverteilungsschlüssel der OHG richtet sich nach den
Beteiligungsquoten. Der Gewinn der OHG (Gesamthandsbereich)
beträgt am 31.12.01 10 Mio. €. Die A GmbH hat ihre Beteiligung
fremdfinanziert. Es entstehen bis zum 31.12.01 im
Sonderbetriebsvermögensbereich der A-GmbH
Sonderbetriebsausgaben in Höhe von 7 Mio. €. Der OHG gelingt
der Escape nicht.
Am 01.01.02 scheidet
-
die A-GmbH
-
die C-GmbH
aus.
Lösung:
-
Gewinnverteilung:
|
|
A (10 %)
|
B (60 %)
|
C (30 %)
|
Gesamthand
|
10.000.000
|
1.000.000
|
6.000.000
|
3.000.000
|
SBA
|
./. 7.000.000
|
./. 7.000.000
|
|
|
Gewinn
|
3.000.000
|
./. 6.000.000
|
6.000.000
|
3.000.000
|
-
Ermittlung der abziehbaren Zinsen
Der maßgebliche Gewinn beträgt 3 Mio. € + 7 Mio. € = 10
Mio. €.
Die abziehbaren Zinsen betragen 10 Mio. € * 30% = 3 Mio. €
-
Ermittlung des Zinsvortrags
7 Mio. € ./. 3 Mio. € = 4 Mio. €
-
Gewinnverteilung nach Anwendung der Zinsschranke
|
|
A (10 %)
|
B (60 %)
|
C (30 %)
|
Gesamthand
|
10.000.000
|
1.000.000
|
6.000.000
|
3.000.000
|
SBA
|
./. 7.000.000
|
./. 7.000.000
|
|
|
|
|
|
|
|
|
3.000.000
|
./. 6.000.000
|
6.000.000
|
3.000.000
|
Nicht abziehbare Zinsen
|
4.000.000
|
400.000
|
2.400.000
|
1.200.000
|
|
|
|
|
|
Gewinn
|
7.000.000
|
./. 5.600.000
|
8.400.000
|
4.200.000
|
-
Untergehender Zinsvortrag nach § 4h Abs. 5 Satz
2 EStG
-
bei Ausscheiden der A-GmbH: 4 Mio. € *
10/100 = 0,4 Mio. €,
-
bei Ausscheiden der C-GmbH: 4 Mio. € *
30/100 = 1,2 Mio. €.
9. Organschaften
53
Zur Behandlung der Organschaft als Betrieb siehe Tz. 10 und
65.
54
Zur Freigrenze bei Organschaft siehe Tz. 57.
III. Ausnahmetatbestände (§ 4h Abs. 2 EStG)
1. Freigrenze
55
Die Zinsschranke kommt nicht zur Anwendung, wenn die die
Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen (Zinssaldo)
weniger als 1 Million Euro
i
betragen (Freigrenze des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe a
EStG).
56
Die Freigrenze ist betriebsbezogen. Sie gilt auch für
Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen
(§ 8a Abs. 1 KStG).
57
Die Freigrenze wird für den Organkreis nur einmal gewährt.
58
Die Freigrenze bezieht sich auf das jeweilige
Wirtschaftsjahr des Betriebs.
2. Konzernzugehörigkeit
59
Der Zinsschranke liegt ein erweiterter Konzernbegriff
zugrunde. Ein Betrieb kann nur durch einen Rechtsträger
beherrscht werden. Ob ein Betrieb konzernzugehörig ist,
bestimmt sich regelmäßig nach § 4h Abs. 3 Satz 5 EStG
(Grundfall). Ein Betrieb gehört danach zu einem Konzern,
wenn er nach dem einschlägigen Rechnungslegungsstandard in
einen Konzernabschluss einzubeziehen ist oder einbezogen
werden könnte.
60
Liegt kein Konzern im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 5 EStG
vor, sind die Voraussetzungen des § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG
(sog. Gleichordnungskonzern) zu prüfen. Voraussetzung für
einen Gleichordnungskonzern ist, dass die Finanz- und
Geschäftspolitik eines Betriebs mit einem oder mehreren
anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann. Ein
Konzern kann somit auch dann vorliegen, wenn eine
natürliche Person an der Spitze des Konzerns steht und die
Beteiligungen an den beherrschten Rechtsträgern im
Privatvermögen gehalten werden. Auch eine
vermögensverwaltend tätige Gesellschaft kann Konzernspitze
sein.
In den Fällen, in denen die Konzernspitze selbst keinen Betrieb
im Sinne des § 4h Abs. 1 EStG darstellt oder unterhält, sind in
den Konzernabschluss nur die beherrschten Betriebe
einzubeziehen. Zur Frage der Gesellschafterfremdfinanzierung in
diesen Fällen siehe Tz. 80.
61
Gemeinschaftlich geführte Unternehmen nach § 310 HGB oder
vergleichbare Unternehmen, die nach anderen zur Anwendung
kommenden Rechnungslegungsstandards (z. B. IAS
31) nur anteilmäßig in den Konzernabschluss einbezogen
werden, gehören für Zwecke der Zinsschranke nicht zu einem
Konzern. Gleiches gilt für assoziierte Unternehmen (§ 311
HGB) oder diesen vergleichbare Unternehmen.
62
Ein Einzelunternehmer mit mehreren Betrieben begründet für
sich noch keinen Konzern im Sinne der Zinsschranke.
63
Ergibt sich die Gewerblichkeit eines Besitzunternehmens nur
aufgrund einer personellen und sachlichen Verflechtung mit
dem Betriebsunternehmen (Betriebsaufspaltung), liegt
ebenfalls kein Konzern im Sinne der Zinsschranke vor.
64
Ein Einzelunternehmer oder eine Gesellschaft begründet
nicht bereits deshalb einen Konzern, weil er oder sie eine
oder mehrere Betriebsstätten im Ausland hat. Für die
Dotation der Betriebsstätte mit Eigenkapital gelten die
Betriebsstätten-Verwaltungs¬grundsätze nach dem
BMF-Schreiben vom 24. Dezember 1999 (BStBl I S. 1076).
65
Ein Organkreis gilt als ein Betrieb (§ 15 Satz 1 Nr. 3
KStG) und bildet für sich allein keinen Konzern im Sinne
der Zinsschranke.
66
Bei einer GmbH & Co. KG gelten die KG
und die als Komplementär allein haftende GmbH als ein
Betrieb im Sinne der Zinsschranke, wenn sich die Tätigkeit
der GmbH – neben ihrer Vertretungsbefugnis – in der
Übernahme der Haftung und Geschäftsführung für die KG
erschöpft und weder die KG noch die als Komplementär allein
haftende GmbH anderweitig zu einem Konzern gehören. Die
GmbH & Co. KG ist in diesen Fällen nicht als Konzern
anzusehen. Das gilt nicht, wenn die GmbH darüber hinaus
eine eigene Geschäftstätigkeit entfaltet. Dies ist z. B.
dann anzunehmen, wenn ihr nach den Grundsätzen dieses
Schreibens Zinsaufwendungen zuzuordnen sind. Entsprechendes
gilt bei Gesellschaften in Rechtsformen, die der GmbH &
Co. KG vergleichbar sind (z. B. die Limited & Co. KG).
67
Zweckgesellschaften sind für Zwecke der Zinsschranke
konzernangehörige Betriebe, wenn nach dem jeweils zur
Anwendung kommenden Rechnungslegungsstandard eine
Konsolidierung in den Konzernabschluss zu erfolgen hat. In
den Fällen des Gleichordnungskonzerns nach § 4h Abs. 3 Satz
6 EStG sind Zweckgesellschaften dann als konzernangehörig
anzusehen, wenn ihre Finanz- und Geschäftspolitik mit einem
oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden
kann.
Verbriefungszweckgesellschaften im Rahmen von
Asset-Backed-Securities-Gestaltungen, deren
Unternehmensgegenstand in dem rechtlichen Erwerb von
Forderungen aller Art und/oder der Übernahme von Risiken aus
Forderung und Versicherungen liegt, gelten für Zwecke der
Zinsschranke nicht als konzernangehörige Unternehmen, wenn eine
Einbeziehung in den Konzernabschluss allein aufgrund einer
wirtschaftlichen Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der
Nutzen- und Risikoverteilung erfolgt ist.
68
Für die Frage, ob und zu welchem Konzern ein Betrieb
gehört, ist grundsätzlich auf die Verhältnisse am
vorangegangenen Abschlussstichtag abzustellen. Das gilt
auch für die Fälle des unterjährigen Erwerbs oder der
unterjährigen Veräußerung von Gesellschaften.
Bei Neugründung einer Gesellschaft, einschließlich der
Neugründung durch Umwandlung, gilt die Gesellschaft ab dem
Zeitpunkt der Neugründung für Zwecke der Zinsschranke als
konzernangehörig. Entsteht ein Konzern im Sinne des § 4h Abs. 3
S. 5 und 6 EStG neu, gelten die einzelnen Betriebe erst zum
folgenden Abschlussstichtag als konzernangehörig.
3. Eigenkapitalvergleich bei konzernzugehörigen Betrieben
(Escape-Klausel)
69
Nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c Satz 2 EStG unterliegt
der Zinsabzug nicht den Beschränkungen des § 4h Abs. 1
EStG, wenn die Eigenkapitalquote des Betriebs die
Eigenkapitalquote des Konzerns um nicht mehr als einen
Prozentpunkt
i
unterschreitet. Die Eigenkapitalquote ermittelt sich als
Verhältnis des Eigenkapitals zur Bilanzsumme (§ 4h Abs. 2
Satz 1 Buchstabe c Satz 3 EStG).
70
Für die Anwendung der Escape-Klausel ist auf die
Eigenkapitalquote am vorangegangenen Abschlussstichtag
abzustellen (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c Satz 1 EStG).
Bei Neugründung eines Betriebs wird ausnahmsweise auf das
Eigenkapital in der Eröffnungsbilanz abgestellt. Die
Eigenkapitalquote des Betriebs ist mit der
Eigenkapitalquote des Konzerns am vorangegangenen
Abschlussstichtag zu vergleichen. Der Konzernabschluss wird
nicht um den neu gegründeten Betrieb erweitert.
Weicht der Abschlussstichtag des Betriebs vom Abschlussstichtag
des Konzerns ab, ist für den Vergleich der Eigenkapitalquoten
derjenige Abschluss des Betriebs maßgeblich, der in den
Konzernabschluss eingegangen ist. Es kann sich dabei um einen
Zwischenabschluss handeln (vergleiche z. B. bei Abschlüssen
nach dem Handelsgesetzbuch § 299 Abs. 2 HGB).
71
Für den Eigenkapitalvergleich sind der bestehende
Konzernabschluss und der bestehende Abschluss des Betriebs
zugrunde zu legen. Die für den Eigenkapitalvergleich
erforderlichen Korrekturen von Eigenkapital und Bilanzsumme
des Konzernabschlusses oder/und des Abschlusses des
Betriebs sind außerhalb des Abschlusses in einer
Nebenrechnung vorzunehmen.
72
Bestehende Konzernabschlüsse werden in den Fällen des § 4h
Abs. 3 Satz 5 EStG grundsätzlich unverändert für den
Eigenkapitalvergleich herangezogen, wenn sie nach den §§
291, 292 und 315a HGB befreiende Wirkung haben. Sie müssen
nicht um diejenigen konzernzugehörigen Betriebe erweitert
werden, die zulässigerweise – etwa nach § 296 HGB – nicht
in den Konzernabschluss aufgenommen wurden; diese Betriebe
sind dessen ungeachtet konzernangehörige Betriebe im Sinne
des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c EStG.
Konsolidierte Verbriefungszweckgesellschaften sind zur
Ermittlung der Eigenkapitalquote des Konzerns aus dem
Konzernabschluss herauszurechnen, wenn sie für Zwecke der
Zinsschranke als nicht konzernangehörig gelten.
Für gemeinschaftlich geführte Unternehmen darf ein Wahlrecht
auf anteilmäßige Konsolidierung (Quotenkonsolidierung) für
Zwecke der Zinsschranke nicht ausgeübt werden. Die
Eigenkapitalquote des Konzernabschlusses ist ggf. entsprechend
anzupassen.
Eine Korrektur des Konzernabschlusses um
Verbriefungszweckgesellschaften und gemeinschaftlich geführte
Unternehmen kann unterbleiben, sofern sich dadurch keine
erheblichen Veränderungen der Konzerneigenkapitalquote ergeben.
73
Bei der Ermittlung der Eigenkapitalquote des Betriebs sind
Vermögensgegenstände und Schulden, einschließlich
Rückstellungen, Bilanzierungshilfen,
Rechnungsabgrenzungsposten u. ä., sofern sie im
Konzernabschluss enthalten sind, mit den dort abgebildeten
Werten anzusetzen. Ein im Konzernabschluss enthaltener
Firmenwert und im Rahmen eines Beteiligungserwerbs
mitbezahlte stille Reserven der Beteiligungsgesellschaft
sind dem Betrieb zuzuordnen, soweit sie auf diesen
entfallen. Die Bilanzsumme des Betriebs ist ggf.
anzupassen.
74
Die in § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c Satz 5 EStG
vorgesehene Kürzung der Anteile an anderen inländischen und
ausländischen Konzerngesellschaften umfasst auch die
Beteiligungen an Mitunternehmerschaften. Die
Beteiligungshöhe ist unmaßgeblich.
Eine Kürzung um eigene Anteile und um Anteile an nicht
konzernangehörigen Gesellschaften unterbleibt.
75
Bei der Ermittlung der Eigenkapitalquote des Betriebs ist
das nach den jeweils relevanten Rechnungslegungsstandards
ermittelte Eigenkapital um folgende Größen zu modifizieren
(§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c Satz 5 bis 7 EStG):
-
+ im Konzernabschluss enthaltener Firmenwert, soweit er
auf den Betrieb entfällt,
-
+ ./. Korrektur der Wertansätze der Vermögensgegenstände
und Schulden (Ausweis – vorbehaltlich der Tz. 73 – mit den
im Konzernabschluss enthaltenen Werten),
-
+ die Hälfte des Sonderpostens mit Rücklagenanteil (§
273 HGB),
-
./. Eigenkapital, das keine Stimmrechte vermittelt –
mit Ausnahme von Vorzugsaktien,
-
./. Anteile an anderen Konzerngesellschaften,
-
./. Einlagen der letzten sechs Monate vor dem
maßgeblichen Abschlussstichtag, soweit ihnen Entnahmen
oder Ausschüttungen innerhalb der ersten sechs Monate
nach dem maßgeblichen Abschlussstichtag
gegenüberstehen;
-
+ ./. Sonderbetriebsvermögen ist dem Betrieb der
Mitunternehmerschaft zuzuordnen.
76
Die Bilanzsumme des Betriebs ist wie folgt zu verändern:
-
+ im Konzernabschluss enthaltener Firmenwert, soweit er auf
den Betrieb entfällt,
-
+ ./. Korrektur der Wertansätze der Vermögensgegenstände
und Schulden (Ausweis – vorbehaltlich der Tz. 73 – mit den
im Konzernabschluss enthaltenen Werten),
-
./. Anteile an anderen Konzerngesellschaften,
-
./. Einlagen der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen
Abschlussstichtag, soweit ihnen Entnahmen oder
Ausschüttungen innerhalb der ersten sechs Monate nach dem
maßgeblichen Abschlussstichtag gegenüberstehen,
-
./. Kapitalforderungen, die nicht im Konzernabschluss
ausgewiesen sind und denen Verbindlichkeiten im Sinne des §
4h Abs. 3 EStG in mindestens gleicher Höhe gegenüberstehen;
-
+ ./. Sonderbetriebsvermögen ist dem Betrieb der
Mitunternehmerschaft zuzuordnen.
77
Der Eigenkapitalvergleich hat grundsätzlich auch dann auf
der Grundlage von nach den International Financial
Reporting Standards (IFRS) erstellten Abschlüssen zu
erfolgen, wenn bislang kein Konzernabschluss erstellt wurde
(§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c Satz 8 EStG). Hiervon
abweichend können Abschlüsse nach dem Handelsrecht eines
Mitgliedstaats der Europäischen Union verwendet werden,
wenn kein Konzernabschluss nach den IFRS zu erstellen und
offen zu legen ist und für keines der letzten fünf
Wirtschaftsjahre ein Konzernabschluss nach den IFRS
erstellt wurde.
78
Nach den Generally Accepted Accounting Principles der
Vereinigten Staaten von Amerika (US-GAAP) aufzustellende
und offen zu legende Abschlüsse sind zu verwenden, wenn
kein Konzernabschluss nach den IFRS oder dem Handelsrecht
eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zu erstellen
und offen zu legen ist.
IV. Gesellschafterfremdfinanzierung
79
Auf Rechtsträger, die nicht zu einem Konzern gehören (§ 4h
Abs. 2 Satz 1 Buchstabe b EStG), findet die
Abzugsbeschränkung des § 4h Abs. 1 EStG Anwendung, wenn
eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorliegt.
Diese setzt eine Vergütung für
Gesellschafterfremdfinanzierung in Höhe von mehr als 10 %
der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der
Körperschaft durch einen unmittelbar oder mittelbar zu mehr
als einem Viertel am Kapital beteiligten Anteilseigner
(wesentlich beteiligter Anteilseigner), eine diesem nahe
stehende Person im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG oder einen
Dritten, der auf den wesentlich beteiligten Anteilseigner
oder die nahe stehende Person zurückgreifen kann, voraus
(vgl. § 8a Abs. 2 KStG).
80
Ein zu einem Konzern gehörender Rechtsträger kann die
Escape-Klausel des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c EStG nur
in Anspruch nehmen, wenn ihm der Nachweis im Sinne des § 8a
Abs. 3 Satz 1 KStG für sämtliche zum Konzern gehörenden
Rechtsträger gelingt. § 8a Abs. 3 KStG setzt eine
schädliche Fremdfinanzierung irgendeiner inländischen oder
ausländischen Konzerngesellschaft durch einen unmittelbar
oder mittelbar wesentlich beteiligten nicht
konzernangehörigen Anteilseigner dieser oder einer anderen
Konzerngesellschaft, eine diesem nahe stehende Person oder
einen Dritten, der auf diesen wesentlich beteiligten
Anteilseigner oder die nahe stehende Person zurückgreifen
kann, voraus. Es muss sich dabei nicht um eine
Fremdfinanzierung des Rechtsträgers handeln, auf den § 4h
Abs. 1 EStG Anwendung findet.
Konzerninterne Finanzierungen führen nicht zu einer schädlichen
Gesellschafterfremd¬finanzierung im Sinne von § 8a Abs. 3 KStG;
dies gilt z. B. auch für konzerninterne Bürgschaften. Eine
konzerninterne Finanzierung liegt dann nicht vor, wenn das
Fremdkapital durch die Konzernspitze überlassen wird und die
Konzernspitze selbst nicht zum Konzern gehört
(Gleichordnungskonzern). Eine Fremdfinanzierung von
Konzerngesellschaften durch die Konzernspitze kann in diesen
Fällen unter den Voraussetzungen des § 8a Abs. 3 KStG schädlich
sein. Eine solche Konstellation kann z. B. dann vorliegen, wenn
eine natürliche Person mehrere Kapitalgesellschaften beherrscht
und diesen Gesellschaften Fremdkapital überlässt.
81
Unmittelbare und mittelbare Beteiligungen werden für die
Beurteilung, ob ein Gesellschafter wesentlich beteiligt
ist, zusammengerechnet; mittelbare Beteiligungen reichen
aus.
82
Eine Gesellschafterfremdfinanzierung ist schädlich, wenn
die auf sie entfallene Vergütung 10 % des Nettozinsaufwands
der Gesellschaft übersteigt. Es werden die Vergütungen für
Fremdkapital aller Gesellschafter zusammengerechnet
(Gesamtbetrachtung).
Einbezogen werden Gesellschafterfremdfinanzierungen unabhängig
davon, ob sie sich auf den inländischen oder ausländischen
Gewinn des Rechtsträgers auswirken.
83
Ein konkreter rechtlich durchsetzbarer Anspruch (z. B.
aufgrund einer Garantieerklärung oder einer Bürgschaft),
eine Vermerkpflicht in der Bilanz, eine dingliche
Sicherheit (z. B. Sicherungseigentum, Grundschuld) oder
eine harte bzw. weiche Patronatserklärung vermögen einen
Rückgriff im Sinne der Tz. 79 f. zu begründen, sind
hierfür aber nicht erforderlich. Es genügt bereits, wenn
der Anteilseigner oder die ihm nahe stehende Person dem
Dritten gegenüber faktisch für die Erfüllung der Schuld
einsteht. Insbesondere werden auch Gestaltungen erfasst,
bei denen eine Bank der Kapitalgesellschaft ein Darlehen
gewährt und der Anteilseigner seinerseits bei der Bank eine
Einlage unterhält (sog. Back-to-Back-Finanzierung); die
Abtretung der Einlageforderung an die Bank ist nicht
Voraussetzung. Auch die Verpfändung der Anteile an der
fremdfinanzierten Gesellschaft begründet einen Rückgriff.
V. Öffentlich Private Partnerschaften
Zur Anwendung der Zinsschranke auf Öffentlich Private
Partnerschaften – ÖPP (Public Private Partnerships – PPP) gilt
Folgendes:
1. Grundlagen
84
Unter ÖPP ist eine vertraglich geregelte und langfristig
angelegte Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und
Privatwirtschaft zur wirtschaftlichen Erfüllung
öffentlicher Aufgaben zu verstehen, wobei der private
Partner regelmäßig die Planung, den Bau, die Finanzierung,
den Betrieb und ggf. die Verwertung des Projektgegenstandes
übernimmt. Als Vertragsmodelle kommen dabei im Wesentlichen
das Inhabermodell, das Erwerbermodell, das
Vermietungsmodell, das Leasingmodell, das
Contracting-Modell sowie das Konzessionsmodell in Betracht.
Die Projekte können sowohl im Rahmen von bereits
bestehenden Betrieben als auch im Rahmen von für Zwecke des
Projekts gegründeten Gesellschaften abgewickelt werden,
ggf. unter Beteiligung des öffentlichen Auftraggebers als
Gesellschafter (Gesellschaftsmodell).
2. Grundsätze
85
Die Zurechnung der Wirtschaftsgüter, die Gegenstand eines
ÖPP-Vertrages sind, ist von der von den Parteien gewählten
Vertragsgestaltung und deren tatsächlicher Durchführung
abhängig. Unter Würdigung der gesamten Umstände ist im
Einzelfall nach allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden, wem
die Gegenstände zuzurechnen sind. Die in den Tz. 27 ff.
dargelegten Grundsätze zur Auf- und Abzinsung und zur
Abtretung von Forderungen (Forfaitierung) sind auch auf
Vertragsbeziehungen im Rahmen von ÖPP anzuwenden.
3. Inhabermodell/Erwerbermodell
86
Kennzeichnend für das Inhaber- und das Erwerbermodell ist
es, dass die öffentliche Hand nach Übergabe und Abnahme des
Projektgegenstandes zivilrechtlicher und wirtschaftlicher
(beim Inhabermodell) oder zumindest wirtschaftlicher
Eigentümer (beim Erwerbermodell) des Projektgegenstandes
wird. Zur Refinanzierung seiner Aufwendungen erhält der
private Auftragnehmer ein monatliches Leistungsentgelt vom
öffentlichen Auftraggeber. Wird hinsichtlich der über die
Vertragslaufzeit gestundeten Forderung des privaten
Auftragnehmers eine gesonderte Kreditvereinbarung
getroffen, stellen die vereinbarten Vergütungen beim
privaten Auftragnehmer Zinserträge und beim öffentlichen
Auftraggeber Zinsaufwendungen dar. Fehlt eine gesonderte
Zinsvereinbarung, ist die Forderung des privaten
Auftragnehmers mit dem Barwert zu bilanzieren. Entsprechend
Tz. 27 entstehen beim privaten Auftragnehmer sukzessive
Zinserträge und beim öffentlichen Auftraggeber sukzessive
Zinsaufwendungen.
Bei Forfaitierung der Forderung durch den privaten
Auftragnehmer kann es nach Maßgabe der Tz. 29 ff. bei einer
unechten Forfaitierung und nach Maßgabe der Tz. 32 ff. bei
einer echten Forfaitierung beim privaten Auftragnehmer zu einem
Zinsaufwand kommen, der der Zinsschranke unterliegt.
4. Vermietungsmodell
87
Kennzeichnend für das Vermietungsmodell ist es, dass das
zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentum am
Projektgegenstand während der gesamten Vertragslaufzeit
beim privaten Auftragnehmer liegt. Mietzahlungen, die durch
die öffentliche Hand an den privaten Auftragnehmer
geleistet werden, enthalten keinen Zinsanteil und führen
bei diesem nicht zu Zinserträgen, die zur Saldierung mit
Zinsaufwendungen im Rahmen der Zinsschranke berechtigen.
Die Forfaitierung von künftigen Mieterlösen durch den privaten
Auftragnehmer führt unter den Voraussetzungen der Tz.36 ff. bei
diesem zu Zinsaufwendungen.
5. Leasingmodell
88
In Leasingraten enthaltene Zinsanteile führen nach Maßgabe
der Tz. 25 zu Zinserträgen beim privaten Auftragnehmer als
Leasinggeber und zu Zinsaufwendungen beim öffentlichen
Auftraggeber als Leasingnehmer.
Die Forfaitierung von künftigen Leasingerlösen durch den
privaten Auftragnehmer führt unter den Voraussetzungen der Tz.
36 ff. bei diesem zu Zinsaufwendungen.
6. Contracting-Modell
89
Vertragsgegenstand ist regelmäßig der Einbau und der
Betrieb von technischen Anlagen in Gebäuden. Entsprechend
den für Mietereinbauten geltenden Grundsätzen ist im
konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen
vertraglichen Vereinbarungen zu prüfen, wem die
Contracting-Anlage bilanzsteuerlich zuzurechnen ist. Im
Falle der Zurechnung zum privaten Auftragnehmer gelten die
Ausführungen zu Tz. 87 und im Falle der Zurechnung zum
öffentlichen Auftraggeber die Ausführungen in Tz.86
entsprechend.
7. Konzessionsmodell
90
Bei ÖPP, die vertraglich über das Konzessionsmodell
abgewickelt werden, besteht die Besonderheit, dass Nutzer
des Projektgegenstandes und ggf. der weiteren Leistungen
des privaten Auftragnehmers nicht der öffentliche
Auftraggeber, sondern Dritte sind. Die Dritten sind nicht
Vertragspartner im Rahmen des Konzessionsvertrages, der
zwischen dem privaten Auftragnehmer und dem öffentlichen
Auftraggeber abgeschlossen wird. Der öffentliche
Auftraggeber räumt im Konzessionsvertrag dem privaten
Auftragnehmer das Recht ein, sich durch Entgelte bzw.
Gebühren der Nutzer zu refinanzieren.
Unabdingbare Voraussetzung für die Annahme einer
Finanzierungsleistung des privaten Auftragnehmers, die bei
diesem zu Zinserträgen führt, ist es, dass zumindest das
wirtschaftliche Eigentum an dem Projektgegenstand beim
öffentlichen Auftraggeber liegt bzw. spätestens bei
Fertigstellung auf diesen übertragen wird. Soweit im Rahmen von
Konzessionsverträgen gesonderte Darlehensvereinbarungen
zwischen den Vertragsparteien über die Finanzierungsleistungen
des privaten Auftragnehmers getroffen werden, stellen die in
Rechnung gestellten und gezahlten Zinsen beim privaten
Auftragnehmer Zinserträge und beim öffentlichen Auftraggeber
Zinsaufwendungen dar. Der private Auftragnehmer hat
nachzuweisen, dass die vereinbarte Vergütung marktüblich ist.
Übersteigen die dem öffentlichen Auftraggeber in Rechnung
gestellten und gezahlten Zinsen die Refinanzierungskosten des
privaten Auftragnehmers, ist dies als Indiz gegen die
Marktüblichkeit ist zu werten.
VI. Öffentliche Hand
91
Körperschaften des öffentlichen Rechts (z. B.
Gebietskörperschaften, Kirchen) bilden mit ihren Betrieben
gewerblicher Art und ihren Beteiligungen an anderen
Unternehmen, soweit sie nicht in einem Betrieb gewerblicher
Art gehalten werden, keinen Gleichordnungskonzern im Sinne
der Zinsschranke.
92
Beteiligungsgesellschaften der öffentlichen Hand können
Teil eines Konzerns im Sinne der Zinsschranke sein. Im
Besitz von Körperschaften des öffentlichen Rechts stehende
Holdinggesellschaften des privaten Rechts können ebenfalls
einen eigenständigen Konzern im Sinne des § 4h EStG bilden.
93
Körperschaften des öffentlichen Rechts und steuerbefreite
Einrichtungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 KStG erfüllen
durch die Gewährung von Bürgschaften und anderen
Sicherheiten bei der Finanzierung von Gesellschaften, an
denen sie zu mindestens 50 % unmittelbar oder mittelbar am
Kapital beteiligt sind, nicht die Voraussetzungen einer
Gesellschafterfremdfinanzierung nach § 8a KStG, es sei
denn, es handelt sich um eine Gestaltung, bei der der
bürgschaftsberechtigte Dritte der Kapitalgesellschaft ein
Darlehen gewährt und die Körperschaft des öffentlichen
Rechts ihrerseits gegen den Dritten oder eine diesem nahe
stehende Person eine Forderung hat, auf die der Dritte oder
die nahe stehende Person zurückgreifen kann (sog.
Back-to-Back-Finanzierungen). Entsprechendes gilt im Fall
einer gesamtschuldnerischen Mithaftung der öffentlichen
Hand. Die öffentliche Hand erfüllt mit ihren
wirtschaftlichen Betätigungen regelmäßig Aufgaben der
Daseinsvorsorge im Rahmen gesetzlicher Vorgaben und
unterliegt regelmäßig einer Aufsicht.
VII. Sonderfälle
94
Vergütungen für Darlehen, die auf Grund von allgemeinen
Förderbedingungen vergeben werden, sind keine
Zinsaufwendungen oder Zinserträge im Sinne der
Zinsschranke, wenn es sich um mittelbar oder unmittelbar
aus öffentlichen Haushalten gewährte Mittel der
Europäischen Union, von Bund, Ländern, Gemeinden oder
Mittel anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder
einer nach § 5 Abs. 1 Nr. 2, 17 oder 18 KStG
steuerbefreiten Einrichtung handelt.
Hierzu zählen insbesondere
-
Förderdarlehen der Förderinstitute (im Sinne der
Verständigung zwischen der EU-Kommission und
der Bundesrepublik Deutschland über die Ausrichtung
rechtlich selbstständiger Förderinstitute in Deutschland
vom 1. März 2002)
-
Öffentliche und nicht öffentliche Baudarlehen
-
Wohnungsfürsorgemittel
-
Mittel, die mit Auflagen (z. B. Belegungsrechten oder
Mietpreisbindungen) verbunden sind.
Noch mehr hilfreiche Steuerrechner
Aktuelles + weitere Infos
Gewinnbegriff nach § 4 Absatz 4a EStG
Betrieblicher Schuldzinsenabzug nach § 4 Absatz 4a EStG; Gewinnbegriff und Berücksichtigung außerbilanzieller Korrekturen BFH-Urteil vom 3. Dezember 2019 (BStBl 2021 II S. 77) Bezug: BMF, Schreiben v. 02.11.2018 - IV C 6 - S 2144/07/10001 :007 BStBl 2018 I S. 1207 Bezug: BFH 03.12.2019 - X R 6/18 BStBl 2021 II S. 77: Der BFH hat mit Urteil vom 3. Dezember 2019 entschieden, dass Gewinnbegriff i. S. d. § 4 Absatz 4a EStG für die Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen der Gewinn i. S. d. § 4 Absatz 1 EStG ist. Außerbilanzielle Korrekturen werden nicht berücksichtigt. In der Folge verbleibt eine steuerfreie Investitionszulage im Gewinn und erhöht das Entnahmepotenzial; nicht abziehbare Betriebsausgaben i. S. d. § 4 Absatz 5 Satz 1 EStG mindern den Gewinn und damit das Entnahmepotenzial.
Arrangement Fee ist bei Zinsschranke und Gewerbesteuer nicht als Zinsaufwand einzustufen
Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Behandlung von Arrangement Fees im
Kontext der Zinsschranke und Gewerbesteuer hat wichtige steuerliche
Implikationen für Unternehmen, die Finanzierungen mit Bankenkonsortien
eingehen. Hier sind die wichtigsten Punkte:
-
Definition von Zinsaufwendungen: Der BFH hat
klargestellt, dass nur Entgelte für die zeitlich begrenzte
Zurverfügungstellung von Fremdkapital als Zinsaufwendungen im Sinne
des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG gelten. Andere Leistungen, die nicht
direkt mit der Kapitalüberlassung zusammenhängen, fallen nicht
darunter.
-
Arrangement Fee: Im konkreten Fall wurde eine
Arrangement Fee, die für die Dienstleistungen der Konsortialführerin
über die Kapitalbereitstellung hinaus gezahlt wurde, nicht als
Zinsaufwand eingestuft. Dies bedeutet, dass solche Gebühren nicht
der Abzugsbeschränkung der Zinsschranke unterliegen.
-
Auswirkungen auf die Zinsschranke: Da die Zinssätze
in jüngerer Zeit gestiegen sind, gewinnt die Zinsschranke an
Bedeutung, da Unternehmen die Freigrenze von 2.999.999 €
überschreiten könnten. Die Entscheidung des BFH könnte daher für
viele Unternehmen eine steuerliche Entlastung bedeuten.
-
Bezeichnung des Entgelts: Der BFH betont, dass die
Bezeichnung des Entgelts (z. B. als Zins oder Gebühr) irrelevant
ist. Entscheidend ist der tatsächliche Charakter der Zahlung.
-
Gleichstellung mit Gewerbesteuer: Die Regeln für
die Zinsschranke gelten analog für die Hinzurechnung der Entgelte
für Schulden bei der Gewerbesteuer gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG.
-
Abweichung von der Finanzverwaltung: Das Urteil
steht im Gegensatz zur bisherigen Auffassung des
Bundesfinanzministeriums, das solche Vergütungen als
Zinsaufwendungen behandelt hat. Es ist zu erwarten, dass das
Ministerium seine Sichtweise anpassen muss.
-
Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke: Es bleibt
die Frage offen, ob die Zinsschranke in ihrer Gesamtheit
verfassungsgemäß ist. Ein entsprechendes Verfahren ist beim
Bundesverfassungsgericht anhängig.
Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie bei der Strukturierung ihrer
Finanzierungen und der Berechnung ihrer steuerlichen Abzüge die Natur der
verschiedenen Gebühren und Entgelte genau prüfen müssen, um sicherzustellen,
dass sie korrekt behandelt werden.
Avalprovisionen als Schuldzinsen im Sinne des § 4 Abs. 4a EStG abziehbar
Der Bundesfinanzhof (BFH) muss in einem Revisionsverfahren klären, ob Avalprovisionen, die für eine Bankbürgschaft gezahlt werden, als
Schuldzinsen im Sinne des § 4 Abs. 4a EStG abziehbar sind.
Nach § 4 Abs. 4a EStG können Schuldzinsen nur beschränkt abgezogen werden,
wenn sie die Überentnahmen des Steuerpflichtigen übersteigen. Überentnahmen
sind Entnahmen aus dem Betriebsvermögen, die zu Lasten des Betriebsvermögens
gehen und nicht durch Betriebseinnahmen ausgeglichen werden.
Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern (FG MV) hat in einem Urteil
entschieden, dass Avalprovisionen als Schuldzinsen anzusehen sind und daher
nur beschränkt abziehbar sind, soweit es zu Überentnahmen gekommen ist. Das
FG MV hat sich dabei auf die wirtschaftliche Gleichartigkeit einer
Bankbürgschaft mit der Aufnahme eines Darlehens berufen.
Gegen dieses Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) Revision eingelegt. Der
BFH muss nun entscheiden, ob das FG MV Recht hatte.
Die Entscheidung des BFH ist wichtig, da Avalprovisionen für Unternehmen
häufig eine erhebliche Belastung darstellen. Der BFH wird sich bei seiner
Entscheidung auf die folgenden Fragen konzentrieren:
-
Handelt es sich bei einer Bankbürgschaft um eine Leistung, die für die
zeitlich begrenzte Überlassung von Fremdkapital gezahlt wird?
-
Ist eine Bankbürgschaft mit der Aufnahme eines Darlehens wirtschaftlich
gleichartig?
-
Ist es erforderlich, dass die Avalprovision beim Empfänger zu Einkünften
aus Kapitalvermögen führt, damit sie als Schuldzinsen abziehbar ist?
Der BFH wird seine Entscheidung voraussichtlich in den nächsten Monaten
verkünden.
Top Schuldzinsen
Rechtsgrundlagen zum Thema: Schuldzinsen
EStG
EStG § 4 Gewinnbegriff im Allgemeinen
EStG § 9 Werbungskosten
EStG § 10e Steuerbegünstigung der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung im eigenen Haus EStR
EStR R 13a.2 Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen
EStR R 21.5 Behandlung von Zuschüssen EStH 4.2.15 4.7 10.3 13a.2 20.1 21.2 23 24.2 25 GewStH 8.8 LStH 9.1 9.14
Weitere Informationen zu diesem Thema aus dem Steuer-Blog:
BFH Urteile zu diesem Thema und weiteres:
Haftungsausschluss: Alle bereitgestellten Informationen und Angaben erfolgen ohne Gewähr auf Vollständigkeit, Richtigkeit oder Aktualität. Bitte beachten Sie, dass diese Informationen eine individuelle Steuerberatung im Einzelfall nicht ersetzen können. Für persönliche Beratung und maßgeschneiderte Lösungen empfehlen wir, sich direkt an uns zu wenden.