Günstigere Berechnung der Klagefrist bei verzögerten Brieflaufzeiten in sog. „Weiterleitungsfällen“ bei Einschaltung privater Zustelldienste

Seit Aufhebung des Briefmonopols können sich die Finanzämter zur Bekanntgabe ihrer Steuerbescheide auch anderer Briefzustelldienste als der Deutschen Post AG bedienen. Diese sind jedoch häufig nur regional tätig und übergeben Sendungen an Empfänger außerhalb ihres eigentlichen Zustellbezirks zur Weiterbeförderung an die Deutsche Post AG (sog. Weiterleitung). Der 2. Senat hat mit Zwischenurteil vom 27. Februar 2013 (Az. 2 K 3274/11) entschieden, dass in solchen Weiterleitungsfällen Zweifel an der gesetzlichen Vermutung angebracht sind, wonach der Steuerbescheid dem Empfänger als am dritten Tag nach seiner Aufgabe zur Post bekanntgegeben gilt (sog. Drei-Tages-Fiktion, § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO). Die einmonatige Klagefrist beginnt dann erst mit dem vom Empfänger behaupteten späteren Zugangszeitpunkt zu laufen, sofern es der Finanzbehörde nicht gelingt, ihrerseits den Zugang des Bescheids innerhalb des Drei-Tages-Zeitraums nachzuweisen.

Im Streitfall hatte die Klägerin vorgetragen, dass ihr der Bescheid erst am 16. August 2011 und damit erst am vierten Tag nach Aufgabe der Sendung an den privaten Briefzustelldienst zugegangen sei. Zugleich hatte sie geltend gemacht, dass durch die Weiterleitung der Sendung an die Deutsche Post AG die üblichen Zustellzeiten nicht eingehalten worden seien. Das Finanzgericht hat der Klägerin Recht gegeben und die Zulässigkeit der erst am 16. September 2011 eingegangenen Klage bejaht. Da der private Zustelldienst die Weiterleitung erst am Folgetag nach Aufgabe der Sendung vorgenommen habe, sei bereits ein Drittel des Drei-Tages-Zeitraums verstrichen, ohne dass die Sendung überhaupt befördert worden wäre. Die Drei-Tages-Fiktion sei dadurch so schwer erschüttert, dass sie zur Berechnung der Klagefrist nicht mehr angewendet werden könne.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: FG Baden-Württemberg

FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 16.05.2013 zum Urteil 2 K 3274/11 vom 27.02.2013