Internationale Steuerschlupflöcher schließen

Der Bundesrat möchte internationale „Steuergestaltungen“ bekämpfen, durch die den EU-Staaten schätzungsweise eine Billion Euro jährlich verloren gehen sollen.

Mit einer am 23. Mai 2014 gefassten Entschließung fordert er die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene noch intensiver dafür einzusetzen, die Möglichkeit zur doppelten Nichtbesteuerung von Einkünften zu beenden und den doppelten Abzug von Betriebsausgaben unmöglich zu machen. Soweit erforderlich seien zeitnah auch nationale Regelungen zu schaffen. Zudem bitten die Länder die Bundesregierung, die Umsetzung der Gemeinsamen Konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage energischer voranzutreiben und dies mit der Harmonisierung der Nominalsteuersätze zu verbinden. Dem Steuerwettlauf nach unten und Steuerdumping müsse Einhalt geboten werden.

Zur Begründung führt der Bundesrat aus, dass die fortschreitende Globalisierung zu einer immer stärkeren Vernetzung nationaler Wirtschaftssysteme führt. Nationale Steuervorschriften seien daher um neue Standards zu ergänzen, mit denen die Besteuerung von Unternehmenseinkünften auf europäischer bzw. weltweiter Ebene abgestimmt werden kann.

Die Entschließung wird nunmehr der Bundesregierung übersandt, die sie innerhalb von sechs Wochen an den Deutschen Bundestag weiterleitet. Dabei soll sie ihre Auffassung darlegen.

Die Entschließung finden Sie auf der Homepage des Bundesrats.

Quelle: Bundesrat, Mitteilung vom 23.05.2014

 

 Entschließung des Bundesrates zur Bekämpfung internationaler Steuergestaltungen

Iii der Erwägung, dass in der EU schätzungsweise eine Billion Euro pro Jahr durch
Steuerflucht und Steuerumgehung verloren gehen {Entschließungsantrag des
Europäischen Parlaments vom 04.12.2013; B7-0552/2013). fasst der Bundesrat
folgende Entschließung:
1. Der Bundesrat unterstützt die Bundesregierung in ihrer Aufgabe, den Kampf
gegen grenzüberschreitende Gewinnverlagerungen international operierender
Unternehmen entschlossen voranzutreiben, sich für umfassende Transparenz
zwischen den Steuerverwaltungen einzusetzen und gegen schädlichen
Steuerwettbewerb vorzugehen.
2. Der Bundesrat begrüßt das Engagement der Bundesregierung, im Rahmen der
OECD-Initiative Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) Steuerflucht und
Steuervernieidung durch grenzüberschreitende Gewinnverlagerungen
international operierender Unternehmen einzudämmen. Ein gerechtes
Steuerrecht inuss sicherstellen, dass sich niemand auf Kosten der Allgemeinheit
seiner Steuerpflicht entziehen kann.
3. Ausgehend von dieser gemeinsamen Basis fordert der Bundesrat die
Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene noch intensiver dafür
einzusetzen, die Möglichkeit zur doppelten Nichtbe Steuerung von Einkünften
(so genannter „weißer Einkünfte“) zu beenden und den doppelten Abzug von
Betriebsausgaben („double dip“) unmöglich zu machen. Soweit dies
erforderlich ist – wie z.B. bei hybriden Gesellschaften, hybriden
Kapitalniaßnahmen. Sonderbetriebs vermögen von Personengesellschaften –
sollten zeitnah nationale Regelungen geschaffen werden.

4. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, auf europäischer Ebene die
Umsetzung der Gemeinsamen Konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungs-
grundlage (GKKB) energischer voranzutreiben und dies mit der
Harmonisierung der Nominalsteuersätze zu verbinden. Dem Steuerwettlauf
nach unten („Racetothebottonieffect“) und Steuerduinpmg inuss Einhalt
geboten werden. Die Harmonisierung der Bemessungsgrundlage sollte
zumindest von einer substanziellen Begrenzung des Steuersatzes nach unten
begleitet werden. Steuerliche Sonderregelungen, die darauf abzielen.
Steuersubstrat aus anderen Ländern abzuziehen, wie z.B. Patentboxen, stehen
einem harmonisierten Unternehmensteuerrecht entgegen. Die Bunde sregiening
sollte an die Mitgliedstaaten der EU appellieren, die Verhandlungen zu einem
einheitlichen Unternehinenssteuerrecht nicht durch solche Maßnahmen zu
unterlaufen.
5. Der Bundesrat erwartet von der Bundesregierung, dass sie sich zu der
Einführung einer europaweiten Anzeige- und Registrierungspflicht von
mternationalen Steuergestaltungen bekennt und sich für deren Einfuhrung
einsetzt. Im Vorgriff darauf sollte bereits zeitnah eine nationale Regelung
geschaffen werden.
Begründung:
Die fortschreitende Globalisierung fuhrt zu einer immer stärkeren Vernetzung
nationaler Wirtschaftssysteme. Nationale Steuervorschriften müssen daher um neue
Standards ergänzt werden, mit denen die Besteuerung von Unternehmenseinkünften
auf europäischer, besser noch, auf weltweiter Ebene abgestimmt wird.
Die derzeitigen Steuergestaltungsmögliclikeiten international tätiger Unternehmen
schaden allen, weil sie zu einer Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte
führten mit der Folge, dass öffentliche Aufgaben schlechter wahrgenommen werden
können. Es ist lohnabhängigen Arbeitnehmern nicht niehr zu vermitteln, warum
Emnahinen aus Lizenzen in der EU zum Teil mit zwei Prozent besteuert werden
sollen, aber nur begrenzte Spielräume zur notwendigen Finanzierung von
Infrastruktur. Bildung und Wissenschaft sowie zur Entlastung kleiner und mittlerer

Einkommen vorhanden sind. Aber auch kleinen und inittelständischen Unternehmen
schadet BEPS, weil sie Wettbewerbsnachteile erleiden, wenn internationale
Konzerne ihre Gewinne in Niedrigsteuersysteme verschieben.
Weiße Einkünfte und die Möglichkeit zum doppelten Betriebsausgabenabzug
werden möglich durch Vorschriften, nach denen Steuerpflichtige die steuerliche
Behandlung bestimmter nationaler und ausländischer Rechtsträger wählen können
oder Staaten ihr in einem Doppelbesteuerungsabkoininen zugewiesenes
Besteuerungsrecht nicht ausfüllen. Daher können innerhalb eines Konzerns
beispielsweise Darlehenszinsen wegen unterschiedlicher Besteueningssysteme der
beteiligten Staaten im Ergebnis in beiden Staaten zum Abzug gebracht werden. Des
Weiteren gibt es Fälle, in denen Darlehenszinsen in einem Staat abgezogen werden,
die korrespondierenden Einnahmen aber als Dividenden im Empfängerland nicht
besteuert werden.
Mit der Ausdehnung des Korrespondenzprmzips und der Einführung von
Rückfallklauseln im deutschen Steuerrecht wurden zwar erste Gegeninaßnahinen
ergriffen. Diese Maßnahmen reichen jedoch nicht aus, da die internationale
Steuergestalning bereits darauf reagiert hat. Auch bei reinen Kapitalgesellschafts-
strukturen werden nun vermehrt Personengesellschaften zwischengeschaltet. Unter
Ausnutzung der deutschen Besonderheit des Sonderbetriebs Vermögens wird ein
doppelter Betriebsausgabenabzug herbeigeführt. Der Refinanzierungsaufwand für
Sonderbetriebsvermögen entsteht beim ausländischen unternehmerisch tätigen
Gesellschafter im dortigen Ausland und wird dort auch abgezogen. Derselbe
Aufwand wird wegen der innerstaatlichen Regelung nochmals in Deutschland
berücksichtigt. Bereits einzelne Besteuerungsfalle in Baden-Württemberg fuhren
hier zu erheblichen Steuerausfallen. Derartige deutsche Besonderheiten werden
weder auf EU-Ebene noch im Rahmen des BEPS Aktionsplans der OECD
aufgegriffen, sondern müssen zeitnah national geregelt werden.
Letztlich wäre auch euie europaweite Anzeige- und Registrierungspflicht von
internationalen Steuergestalfungsmodellen, sowohl durch Promotoren als auch
Unternehmen, ein weiterer hilfreicher Schritt, der dem gleichmäßigen Steuervollzug
dienen würde. Eine solche Regelung existiert bereits in Großbritannien. Die
Finanzverwaltung könnte damit die legalen, jedoch unerwünschten Gestaltungen früher

als bisher erkennen und entsprechende Maßnahmen auf Vervvaltungsebene ergreifen
oder Maßnahmen gesetzgeberischer Art anregen Dies dient ebenso der Wahrung der
Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Vermeidung strukturelle Erhebungsdefizite
aufgrund nicht abgestimmter Steuerrechtsordnungen. Eine europaweite Einführung wäre
hier wünschenswert. Da die Emfiihrung einer solchen Regelung nicht zeitnah realisierbar
sein wird, inuss hier zunächst euie nationale Regelung geschaffen werden. Damit würde
Deutschland neben Großbritannien eine Vorreiterrolle ui der EU einnehmen.