Jahressteuergesetz 2022 mit zahlreichen Änderungen im Finanzausschuss beschlossen

Der Finanzausschuss hat in seiner Sitzung am Mittwoch mit dem Jahressteuergesetz eine Fülle von steuerlichen Verbesserungen und Veränderungen sowie eine Übergewinnsteuer für Energieunternehmen beschlossen. Dem vor der Bundesregierung eingebrachten Entwurf (20/3879, 20/4229) stimmten die Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zu. Die CDU/CSU-Fraktion lehnte ab, die AfD-Fraktion und die Fraktion Die Linke enthielten sich. Zuvor waren von den Koalitionsfraktionen mit 39 Anträgen Änderungen an dem Gesetzentwurf vorgenommen worden. Von den Oppositionsfraktionen war die zum Teil sehr späte Vorlage der Änderungsanträge durch die Koalition heftig kritisiert worden.

  • Zu den wesentlichen Punkten des Gesetzes zählt die Schaffung eines direkten Auszahlungsweges für öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer. Dadurch soll die Auszahlung bestimmter zukünftiger Leistungen des Bundes wie zum Beispiel Nothilfen oder Klimagelder erleichtert werden. Zudem sieht der Gesetzentwurf vor, das kleine Photovoltaikanlagen steuerfrei betrieben werden können. Die Regelung gilt bereits ab diesem Jahr. Ursprünglich sollte sie ab 2023 gelten.
  • Vereinfacht werden auch die Regelungen für ein häusliches Arbeitszimmer. Aufwendungen dafür sollen – soweit der Mittelpunkt der Tätigkeit im Arbeitszimmer liegt – auch dann abziehbar sein, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Zur Erleichterung soll in diesen Fällen auch die Wahl eines pauschalen Abzugs in Höhe von 1.260 Euro im Jahr möglich sein. Damit soll sichergestellt werden, dass Steuerpflichtige nicht schlechter gestellt werden als solche, die nur die Homeoffice-Pauschale abziehen. Die Homeoffice-Pauschale wird entfristet und auf sechs Euro pro Tag angehoben. Sie kann für bis zu 210 Tage in Anspruch genommen werden können. Auch der Sparer-Pauschbetrag wird von derzeit 801 Euro auf 1.000 Euro für Alleinstehende und von 1.602 auf 2.000 Euro für Ehegatten beziehungsweise Lebenspartner erhöht. Der Arbeitnehmerpauschbetrag steigt von 1.200 auf 1.230 Euro. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird ab Januar 2023 um 252 Euro angehoben.
  • Bei der Altersvorsorge soll der vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen ab 2023 vollzogen werden. Bisher waren für 2023 96 Prozent und 98 Prozent für 2024 vorgesehen. Damit soll eine doppelte Besteuerung vermieden werden. Der Grundrentenzuschlag soll rückwirkend zum 1. Januar 2021 steuerfrei gestellt werden. Der Ausbildungsfreibetrag für volljährige Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden und auswärts untergebracht sind, steigt von 924 Euro auf 1.200 Euro pro Kalenderjahr.
  • Nochmals verbessert gegenüber dem Ursprungsentwurf wurde die Abschreibung von Immobilien. Der lineare AfA-Satz zur Abschreibung von Wohngebäuden soll von zwei auf drei Prozent angehoben werden. Die Regelung tritt bereits zum Jahresanfang 2023 in Kraft und damit sechs Monate früher als zunächst vorgesehen. Auch für den Mietwohnungsbau wurden bessere Abschreibungsmöglichkeiten beschlossen.
  • Außerdem enthält der Entwurf Regelungen zur Steuerpflicht der Energiepreispauschale für Rentner und Versorgungsbezieher. Dadurch werden in diesem Jahr Mehreinnahmen von 520 Millionen Euro erwartet. Steuerpflichtig werden soll auch die Gas-/Wärmepreisbremse (Dezemberhilfe). Vorgesehen ist hier ein sozialer Ausgleich, sodass sich nur bei Steuerpflichtigen, die den Solidaritätszuschlag zahlen müssen, das zu versteuernde Einkommen um die Entlastungen durch die Gaspreisbremse erhöhen soll.
  • Die EU-Verordnung zur Einführung eines Energiekrisenbeitrags wird ebenfalls mit dem Jahressteuergesetz umgesetzt. Vorgesehen ist, dass in den Wirtschaftsjahren 2022 und 2023 (bei abweichenden Wirtschaftsjahren in den Jahren 2022/23 und 2023/24) entstandene Gewinne von Unternehmen der Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriewirtschaft, die im Vergleich zu den Vorjahren (2018 bis 2021) den Durchschnittsgewinn um 20 Prozent übersteigen, besteuert werden. Der Steuersatz soll 33 Prozent betragen. Die zusätzlichen Steuereinnahmen sollen zwischen einer und drei Milliarden Euro betragen und zur Finanzierung der Strompreisbremse beitragen.

In der Aussprache des Ausschusses verwies die SPD-Fraktion darauf, dass Arbeitnehmer mit dem erhöhten Pauschbetrag und der höheren Homeoffice-Pauschale stärker entlastet würden. Das Steuerrecht werde auch vereinfacht. Durch den EU-Energiekrisenbeitrag werde mehr Steuergerechtigkeit geschaffen, indem Zufallsgewinne herangezogen würden. Der Wohnungsbau werde durch steuerliche Verbesserungen angekurbelt.

Die CDU/CSU-Fraktion bezeichnete einen Teil der Bestimmungen als ziemlich unausgegoren. Das betreffe den EU-Energiekrisenbeitrag und die Besteuerung der Dezemberhilfen. Bei den Dezemberhilfen müsse in 20 Millionen Fällen geprüft werden, ob die Pflicht zur Zahlung des Solidaritätszuschlags vorliege und somit die Hilfe versteuert werden müsse. Bei Wohngemeinschaften werde es äußerst schwierig, die Steuerpflicht festzustellen. Wichtig und zu begrüßen seien aber die Steuerfreiheit für kleine Photovoltaikanlagen, der höhere Arbeitnehmer-Pauschbetrag und die Abschreibungen beim Wohnungsbau.

Von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hieß es, ein gutes Gesetz sei durch die Änderungen noch besser geworden. Die Fraktion hob die Anhebung des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende als wichtiges steuerpolitisches Zeichen hervor. Außerdem gebe es „tolle Ansätze“ für die Photovoltaik. Auch die FDP-Fraktion erklärte, ein gutes Gesetz sei noch verbessert worden. Die Steuerfreiheit für kleine Photovoltaik-Anlagen sei ein riesiger Schritt hin zu weniger Bürokratie.

Die AfD-Fraktion sah viele gute Seiten wie die Bestimmungen zur Photovoltaik und zum Homeoffice. Allerdings bedeute die Steuerbefreiung für Photovoltaik auch, dass Verluste nicht mehr abzugsfähig seien. Nicht einverstanden sei man mit der faktischen Erhöhung der Erbschaftsteuer durch eine andere Bewertung von Immobilien.

Die Fraktion Die Linke sprach von Licht und Schatten im Gesetzentwurf. Positiv zu sehen sei die volle Abzugsmöglichkeit von Rentenbeiträgen. Davon hätten aber heutige Rentner nichts. Die Regelungen zur Gaspreisbremse seien „mit heißer Nadel“ gestrickt. Es werde erhebliche Anwendungsprobleme geben. Bei der Besteuerung von Übergewinnen gebe es nur eine Minimallösung.

Abgelehnt wurde ein Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion. Die Fraktion hatte kritisiert, dass zahlreiche steuerpolitische Vorhaben der Koalition wie die Superabschreibung für Klimaschutz und Digitalisierung sowie ein Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer nicht im Jahressteuergesetz enthalten seien. Außerdem wurde gefordert, den Beginn der vollständigen Rentenbesteuerung auf das Jahr 2060 zu verschieben und erbschaftsteuerliche Freibeträge anzuheben.

Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 706/2022