Keine Bindungswirkung der Entscheidung der Ausländerbehörde über das Freizügigkeitsrecht für die Kindergeldfestsetzung

Das Finanzgericht Münster hat in seinem Urteil vom 28. Februar 2023 (Az. 15 K 1527/22 Kg) eine wichtige Entscheidung bezüglich des Kindergeldanspruchs für EU-Bürger getroffen. Hier sind die wesentlichen Punkte des Urteils:

Hintergrund des Falls

  • Klägerin: Eine rumänische Staatsangehörige, die seit April 2019 in Deutschland lebt und deren Kinder in Deutschland geboren wurden.
  • Kindergeld: Ursprünglich wurde der Klägerin Kindergeld gewährt, jedoch wurde die Festsetzung ab Dezember 2021 aufgehoben, nachdem die Ausländerbehörde den Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt hatte.

Entscheidung des Finanzgerichts Münster

  • Kindergeldanspruch: Das Gericht gab der Klage vollumfänglich statt und entschied, dass die Klägerin im Streitzeitraum Anspruch auf Kindergeld hatte.
  • Wohnsitz und Kinder: Die Klägerin hatte einen inländischen Wohnsitz, an dem auch ihre minderjährigen Kinder lebten.
  • Freizügigkeitsrecht: Trotz der Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts durch die Ausländerbehörde war die Klägerin nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt, da sie als Arbeitnehmerin in Deutschland tätig war.
  • Keine Bindungswirkung: Die Entscheidung der Ausländerbehörde über das Freizügigkeitsrecht hat keine Bindungswirkung für die Kindergeldfestsetzung. Die Familienkasse muss den Anspruch auf Kindergeld in eigener Zuständigkeit prüfen.

Bedeutung des Urteils

  • Kindergeld für EU-Bürger: Das Urteil klärt, dass EU-Bürger unter bestimmten Umständen Anspruch auf Kindergeld haben können, auch wenn die Ausländerbehörde den Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt hat.
  • Unabhängige Prüfung durch Familienkasse: Die Familienkasse ist nicht an die Entscheidung der Ausländerbehörde gebunden und muss den Kindergeldanspruch eigenständig prüfen.

Nächste Schritte

  • Revision zugelassen: Der Bundesfinanzhof hat die Revision zugelassen, und das Verfahren ist dort unter dem Aktenzeichen III R 36/23 anhängig.

Dieses Urteil ist besonders relevant für EU-Bürger, die in Deutschland leben und arbeiten, und hebt die Bedeutung der unabhängigen Prüfung des Kindergeldanspruchs durch die Familienkasse hervor.