Keine umsatzsteuerfreie Vermietung an Prostituierte bei weiteren Zusatzleistungen

Mit Urteil vom 4. Juli 2019 (Az. 5 K 2423/17 U) hat der 5. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass die Vermietung von Zimmern an Prostituierte umsatzsteuerpflichtig ist, wenn der Vermieter zusätzliche Leistungen an die Mieterinnen (z. B. Werbung, Teilnahme am „Düsseldorfer Verfahren“ und Videoüberwachung) erbringt.

Die Klägerin vermietete Räume in einem ehemaligen Hotelgebäude ausschließlich an Prostituierte. Die monatliche Miete betrug pro Zimmer (10 m² mit Bad und Dusche) 900 Euro oder – bei kürzerer Mietdauer – 60 Euro täglich. Von der Miete behielt die Klägerin Beträge ein und führte diese an das Finanzamt im sog. „Düsseldorfer Verfahren“ ab. In den schriftlichen Mietverträgen wurden die Mieterinnen teilweise nur mit ihren „Künstlernamen“ bezeichnet. Auf einschlägigen Internetseiten warb die Klägerin für das Haus bzw. für einzelne Prostituierte. Schließlich waren im Eingangsbereich und im Flur des Gebäudes Überwachungskameras angebracht. Während das Finanzamt die Mietumsätze dem Regelsteuersatz unterwarf, ging die Klägerin von einer steuerfreien Grundstücksüberlassung aus.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Der 5. Senat des Finanzgerichts Münster ist im Rahmen einer Würdigung der Gesamtumstände zu dem Ergebnis gekommen, dass im Streitfall keine reinen Grundstücksvermietungen vorlägen. Vielmehr habe aus Sicht der Mieterinnen die Möglichkeit der Prostitutionsausübung im Vordergrund gestanden. Dass die Klägerin ihr Zimmerangebot ausschließlich an Prostituierte richte, hierfür auf einschlägigen Internetseiten werbe und die Möglichkeit der bloß tageweisen Anmietung der Zimmer einräume, die beträchtliche Höhe der Miete sowie die Beteiligung an der Werbung für die Prostituierten machten aus der Immobilie einen bordellartigen Betrieb. Hierfür spreche auch die Teilnahme am „Düsseldorfer Verfahren“, das ein vereinfachtes Steuervorauszahlungsverfahren für Bordellbetreiber darstelle. Die hierfür erforderliche Anwesenheitskontrolle habe der Geschäftsführer der Klägerin täglich vorgenommen, was bei einer bloßen Grundstücksüberlassung untypisch sei. Ungewöhnlich sei auch die Möglichkeit, dass sich mehrere Mieterinnen ein Zimmer teilen konnten. Zudem habe die Klägerin den Mieterinnen bereits bei Abschluss der Mietverträge unter den „Künstlernamen“ Anonymität gewährt. Schließlich habe die angebrachte Videokamera den Mieterinnen ein Sicherheitsgefühl verschafft, was ebenfalls für einen Bordellbetrieb typisch sei.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.08.2019 zum Urteil 5 K 2423/17 vom 04.07.2019