Keine zeitlich unbegrenzte Änderungsmöglichkeit des Finanzamts bei Liebhaberei

Mit Urteil vom 21. Februar 2018 (Az. 7 K 288/16 E) hat der 7. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass eine Änderung von Steuerbescheiden, die wegen Liebhaberei bei einer Ferienwohnung vorläufig ergangen waren, zulasten des Steuerpflichtigen nicht mehr möglich ist, wenn alle für die Beurteilung notwendigen Tatsachen schon seit mehreren Jahren festgestanden haben.
Die miteinander verheirateten Kläger machten seit 1998 Werbungskostenüberschüsse für eine Ferienwohnung geltend, die sie zeitweise vermieteten und zeitweise selbst nutzen. Das Finanzamt erkannte diese negativen Einkünfte zunächst vorläufig gemäß § 165 AO an und führte aus, dass die Frage der Liebhaberei nicht abschließend beurteilt werden könne. Bereits im Rahmen der Veranlagung für 2000 hatten die Kläger eine Prognose für den Zeitraum bis 2029 eingereicht, die zu einem Totalüberschuss führte. Dabei gingen sie davon aus, dass sich die Schuldzinsen ab 2006 wegen geplanter Tilgungen des Darlehens erheblich reduzieren würden. Nachdem die Schuldzinsen tatsächlich nahezu vollständig weggefallen waren, erklärten die Kläger für die Jahre 2010 bis 2012 positive Einkünfte aus der Ferienwohnung. Bei Durchführung der Veranlagungen für die Jahre 2010 und 2011 vermerkten die Bearbeiter des Finanzamts, dass die Frage der Liebhaberei im jeweiligen Folgejahr geprüft werden solle. Im Rahmen der Veranlagung für 2012 erstellte das Finanzamt eine Prognoseberechnung, aus der sich trotz der geminderten Schuldzinsen kein Totalüberschuss ergab. Daraufhin änderte es die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre 1998 bis 2004.Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage beriefen sich die Kläger auf Festsetzungsverjährung. Demgegenüber war das Finanzamt der Auffassung, dass die Ungewissheit nicht allein wegen der Minderung der Schuldzinsen entfallen sei, sondern von weiteren Faktoren (z. B. Umfang der Selbstnutzung oder Veräußerung der Wohnung) abhinge.

Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Der Senat führte aus, dass eine Änderung der Einkommensteuerbescheide wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr möglich gewesen sei, weil zum Zeitpunkt der Änderung mehr als ein Jahr ab Beseitigung der Ungewissheit im Sinne von § 165 AO verstrichen sei. Bei Bescheiden, die wegen der Frage der Liebhaberei vorläufig ergangen sind, sei die Ungewissheit beseitigt, wenn das Finanzamt die für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht maßgeblichen Hilfstatsachen kenne. Deren Würdigung sei demgegenüber Teil der rechtlichen Beurteilung. Im Streitfall sei die Ungewissheit spätestens im Rahmen der Veranlagung für das Jahr 2010 entfallen, weil zu diesem Zeitpunkt festgestanden habe, dass die von den Klägern angekündigte Darlehenstilgung erfolgt war. Der Umfang der Selbstnutzung einer Ferienwohnung führe nicht dazu, dass eine endgültige Veranlagung auf Dauer ausgeschlossen sei. Die erst im Rahmen der Veranlagung für das Jahr 2012 vom Finanzamt erstellte Überschussprognose enthalte keine Berechnungsgrundlage, bei der im Rahmen der Veranlagung für 2010 noch eine Ungewissheit bestanden habe. Dementsprechend hätte diese Prognose bereits zwei Jahre früher erstellt werden können. Der Ablauf der Festsetzungsfrist könne nicht von der steuerrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts durch das Finanzamt abhängig gemacht werden.

 Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.03.2018 zum Urteil 7 K 288/16 vom 21.02.2018