Kindergeld: 3-jährige Wartefrist beginnt bei Aufenthaltsunterbrechung neu

Kindergeld: 3-jährige Wartefrist beginnt bei Aufenthaltsunterbrechung neu

Kernproblem

Im Fall der Prüfung einer Anspruchsberechtigung von Kindergeld kann es eine Rolle spielen, ob ein Ausländer freizugsberechtigt ist oder nicht. Freizugsberechtigt sind insbesondere Unionsbürger sowie Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU. Anderen Ausländern steht Kindergeld in Deutschland zumeist nur dann zu, wenn sie sich seit mindestens 3 Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten. Ob eine kurze Unterbrechung durch das Bestehen einer Ausreiseaufforderung im Rahmen eines ansonsten weit über den 3-Jahreszeitraum hinausgehenden Aufenthalts zu einer Neuberechnung der Wartefrist führt, war Anlass eines Rechtsstreits vor dem Bundesfinanzhof (BFH).

Sachverhalt

Ein vietnamesischer Staatsangehöriger verfügte für etwa dreieinhalb Jahre über eine Duldung (vorübergehende Aussetzung der Abschiebung) im Inland. Anschließend wurde die Duldung beendet und er wurde zur Ausreise aufgefordert. Nur wenige Wochen später erhielt der Vietnamese dann jedoch eine Aufenthaltsbefugnis und war inzwischen im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Die Kindergeldkasse sah die 3-jährige Wartefrist für den Kindergeldanspruch durch die Ausreiseaufforderung als unterbrochen an und versagte das für den Zeitraum ab Erteilung der Aufenthaltsbefugnis beantragte Kindergeld. Das Finanzgericht dagegen sah eine Unterbrechung von bis zu 3 Monaten im Hinblick auf Sinn und Zweck des Gesetzes als unschädlich an und gewährte das Kindergeld. Die Familienkasse zog daraufhin vor den BFH und bekam Recht.

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH genügt es nicht, dass sich der Betreffende irgendwann einmal 3 Jahre im Bundesgebiet aufgehalten habe. Der Gesetzeswortlaut ließe es ebenso wenig zu, mehrere kürzere Einzelabschnitte eines rechtmäßigen, gestatteten oder geduldeten Aufenthalts zusammenzurechnen, wie einen Aufenthalt anzuerkennen, der einige Zeit vor dem für die Kindergeldberechtigung maßgebenden Titelerwerbs (der Aufenthaltsbefugnis) ende. Der mindestens 3 Jahre andauernde qualifizierte Aufenthalt sei vielmehr in zeitlicher Hinsicht mit dem „Besitz“ des Titels insofern verknüpft, als der Titel zumindest im unmittelbaren zeitlichen Anschluss an die ununterbrochene Aufenthaltszeit erworben werden muss. Werde der Aufenthaltstitel bereits zu Beginn oder im Laufe der Aufenthaltszeit erworben, seien die Anspruchsvoraussetzungen insoweit mit Ablauf der 3-Jahresfrist erfüllt.

Konsequenz

Die 3-jährige Wartefrist begann mit Erteilung der Aufenthaltsbefugnis.