Löst der Verzicht des GmbH-Gesellschafters auf Mehrstimmrecht Schenkungssteuer aus?

Löst der Verzicht des GmbH-Gesellschafters auf Mehrstimmrecht Schenkungssteuer aus?

Kernaussage
Verzichtet ein Gesellschafter einer GmbH auf ein ihm persönlich zustehendes Mehrstimmrecht, liegt darin auch dann keine freigebige Zuwendung an die anderen Gesellschafter der GmbH, wenn sich der Wert von deren Anteilen an der GmbH dadurch erhöht.

Sachverhalt
Der Vater der Kläger gründete im Jahr 1984 eine GmbH, an der er zu 97 % beteiligt war. Im Jahr 1993 wurde im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass seine Stimmrechte unabhängig von den gehaltenen Geschäftsanteilen mindestens 51 %, die der anderen Gesellschafter höchstens 49 % der Gesamtstimmenzahl betragen. Im Januar 1994 übertrug der Vater den Klägern unentgeltlich jeweils 24 % der Geschäftsanteile an der GmbH, wobei die übertragenen Anteile keinen Einfluss auf die Geschäftsführung vermittelten. Bei einer Kapitalerhöhung im Dezember 2000 wurde im Gesellschaftsvertrag die Gleichstellung der Stimmrechte aller Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung vereinbart. Das Mehrstimmrecht des Vaters entfiel. Das Finanzamt sah in dem Verzicht des Vaters eine freigiebige Zuwendung an die Kläger und setzte daraufhin Schenkungsteuer fest, wogegen diese klagten.

Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Diese Ansicht teilte auch der Bundesfinanzhof (BFH). Erforderlich für eine Schenkung unter Lebenden ist eine Vermögensverschiebung, d. h. eine Vermögensminderung auf Seiten des Schenkers und eine Vermögensmehrung beim Bedachten. Die Vermögensverschiebung zwischen dem Schenker und dem Bedachten muss sich auf die Vermögenssubstanz beziehen. Die Vermehrung der Vermögenssubstanz beim Bedachten kann dabei sowohl durch den Zugang aktiver Vermögensgegenstände als auch durch den Wegfall negativer Vermögensgegenstände sowie den Erhalt von Gebrauchs- oder anderen Nutzungsmöglichkeiten geschehen. Eine bloße Verminderung des Werts des Vermögens des Schenkers genügt demgegenüber nicht. Erhöht sich lediglich der Wert des Vermögens des Bedachten, wie etwa der Wert ihm gehörender Anteile an einer Kapitalgesellschaft, so reicht dies ebenfalls nicht zur Verwirklichung des schenkungsteuerlichen Tatbestands aus.

Konsequenz
Eine bloße Verminderung des Werts des Vermögens des Schenkers genügt nicht, um eine Schenkung zu begründen. Die bloße Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft fällt zudem nicht unter den Schenkungsteuertatbestand (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Der Gesetzgeber hat im Gesetz die Voraussetzungen, unter denen die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als Schenkung gilt, gesondert geregelt.