Nachträgliche Berücksichtigung von Umsatzsteuerzahlungen als Betriebsausgaben ist möglich

Nachträgliche Berücksichtigung von Umsatzsteuerzahlungen als Betriebsausgaben ist möglich

Übersieht ein Finanzamt, dass ein Unternehmer in seiner Umsatzsteuererklärung zwar Umsatzsteuerzahlungen erklärt hat, diese aber versehentlich nicht in seiner Gewinnermittlung als Betriebsausgaben erfasst hat, können diese Zahlungen später noch im Wege einer Änderung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit im Einkommensteuerbescheid berücksichtigt werden.

Die entsprechende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hat nun die Oberfinanzdirektion Koblenz aufgegriffen.

Hintergrund
Es war aus steuerlicher Sicht ein „teurer“ Fehler, der einem selbstständigen Ingenieur aus Berlin unterlaufen war: Über Jahre hinweg hatte er seine an das Finanzamt geleisteten Umsatzsteuerzahlungen zwar in seinen Umsatzsteuererklärungen abgerechnet, es aber versäumt, diese Beträge in seiner Einnahmen-Überschussrechnung als Betriebsausgaben zu verbuchen. Das Finanzamt veranlagte erklärungsgemäß, sodass sich über die Jahre Umsatzsteuerbeträge von insgesamt rund 65.000 EUR nicht gewinnmindernd auswirkten. Nachdem Bestandskraft der Bescheide eingetreten war, legte der Unternehmer schließlich Einspruch ein und begehrte die nachträgliche Berücksichtigung der Umsatzsteuerzahlungen als Betriebsausgaben. Der Bundesfinanzhof hielt eine Bescheidänderung für möglich.

Verfügung der Oberfinanzdirektion Koblenz
Die Oberfinanzdirektion Koblenz hat sich mit Verfügung vom 12.5.2014 näher mit den Urteilsgründen auseinandergesetzt und zur allgemeinen Anwendbarkeit der Rechtsprechung geäußert. Danach gilt:

Nach dem Urteil konnten die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide geändert werden, da der Bundesfinanzhof eine offenbare Unrichtigkeit annahm.

Der Bundesfinanzhof nahm im Urteilsfall ein mechanisches Übersehen an, weil die Umsatzsteuerzahlungen bei der Festsetzung der Umsatzsteuer stets berücksichtigt worden waren. Einer Änderung stand dabei nicht entgegen, dass noch zu ermitteln war, welche Umsatzsteuerbeträge tatsächlich als Betriebsausgaben abgezogen werden konnten. Mit dieser Entscheidung rückte der Bundesfinanzhof von seinem Grundsatz ab, dass eine mangelnde Sachverhaltsermittlung eine Änderung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit eigentlich ausschließt.

Die Oberfinanzdirektion weist darauf hin, dass der Bundesfinanzhof seine Entscheidung offensichtlich darauf stützte, dass die vollständige Nichtberücksichtigung der Umsatzsteuerbeträge „offenbar“ war. Demnach blieb offen, ob eine Änderung auch dann möglich ist, wenn gezahlte Umsatzsteuerbeträge zuvor nur zum Teil als Betriebsausgaben erklärt worden sind.

Weiter erklärt die Oberfinanzdirektion, dass die Finanzämter die Urteilsgrundsätze ab sofort auch in anderen Fällen (allgemein) anwenden. Auch der Anwendungserlass zur Abgabenordnung soll um einen Passus ergänzt werden, wonach eine offenbare Unrichtigkeit auch dann anzunehmen ist, wenn das Finanzamt zur Berichtigung des übernommenen offenbaren Fehlers noch Sachverhaltsermittlungen zur Höhe des berücksichtigungsfähigen Betrags anstellen muss.