Nichtanwendung des BFH-Urteils I R 53/09 aufgrund Schiedsentscheidung des EuGH zu Artikel 11 Abs. 2 DBA-Österreich

Forderungen mit Gewinnbeteiligung im Sinne des Artikels 11 Absatz 2 DBA-Österreich – Auswirkungen des BFH-Urteils vom 26. August 2010 (I R 53/09)

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze des BFH-Urteils vom 26. August 2010 (Az. I R 53/09) über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht auf Fälle anzuwenden, auf die das DBA-Österreich Anwendung findet und in denen die Genussscheine durch Zinsen in Höhe eines festen Prozentsatzes ihres Nennwertes vergütet werden, eine Verminderung oder Aussetzung der Ausschüttung der Zinsen eintritt, wenn der Emittent dadurch einen Bilanzverlust erleidet und ein Ausgleich in den nachfolgenden Gewinnjahren des Emittenten zu denselben Konditionen wie die reguläre Verzinsung vorgesehen ist.

In allen anderen Fällen, in denen die Forderungsvergütung zumindest teilweise von der Höhe des Gewinns des Schuldners abhängig ist, sind die Grundsätze der BFH-Rechtsprechung zu „Forderungen mit Gewinnbeteiligung“ im Sinne des Artikels 11 DBA-Österreich zu beachten.

Begründung

Am 12. September 2017 entschied der EuGH in der Rs. C-648/15 als Schiedsgericht über eine Streitfrage nach dem DBA-Österreich infolge eines gescheiterten Verständigungsverfahrens. Gegenstand des Verfahrens war die Auslegung der Begrifflichkeit „Forderungen mit Gewinnbeteiligungen“ in Artikel 11 Abs. 2 DBA-Österreich. In seiner Funktion als Schiedsgericht nach Artikel 25 Abs. 5 DBA-Österreich entschied der EuGH die anhängige Streitfrage anders als der BFH in seinem Urteil vom 26. August 2010 (Az. I R 53/09).

Im Ergebnis verneint der Gerichtshof, dass es sich bei den streitbefangenen Zinserträgen aus Genussscheinen um Erträge aus Forderungen mit Gewinnbeteiligungen handelt. Artikel 11 Abs. 2 DBA-Österreich findet daher keine Anwendung. Die Verteilung der Besteuerungsrechte richtet sich folglich nach Artikel 11 Abs. 1 DBA-Österreich, wonach Österreich als Ansässigkeitsstaat des Nutzungsberechtigten das ausschließliche Besteuerungsrecht an den fraglichen Zinserträgen zusteht.

Die Bindungswirkung des Schiedsspruchs des EuGH beschränkt sich grundsätzlich nur auf den streitbefangenen konkret-individuellen Sachverhalt. Die darüber hinausgehende Nichtanwendung des BFH-Urteils vom 26. August 2010 (Az. I R 53/09) auf zu dem vom EuGH entschiedenen Fall gleichgelagerte Sachverhalte erfolgt zur Gewährleistung eines einheitlichen Verwaltungshandelns.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV B 3 – S-1304-AUT / 11 / 10003 vom 21.02.2019