Niedersächsisches Finanzgericht: Solidaritätszuschlaggesetz ist verfassungswidrig

Niedersächsisches Finanzgericht: Solidaritätszuschlaggesetz ist verfassungswidrig

Kernaussage
Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) hält eine erneute Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bezüglich der Frage, ob das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (SolZG) verfassungswidrig ist, aufgrund neuer Argumente für geboten. Dasselbe Klageverfahren wurde bereits schon einmal ausgesetzt und dem BVerfG vorgelegt. Dieses hat die Richtervorlage damals als unzulässig verworfen.

Sachverhalt
Streitig ist, ob der Solidaritätszuschlag, den das Finanzamt für das Jahr 2007 beim Kläger auf rund 940 EUR festgesetzt hat auf einer verfassungsmäßigen Grundlage, dem SolZG, beruht. Da der Solidaritätszuschlag eine Ergänzungsabgabe darstellt, ist dieser nach Auffassung des Klägers nicht dauerhaft zu erheben. Das FG legte dem BVerfG mit Beschluss vom 25.11.2009 die Rechtsfrage vor, ob das SolZG gegen die Finanzverfassung und damit gegen das allgemeine Freiheitsrecht des Steuerpflichtigen verstößt. Das BVerfG hat durch eine Kammerentscheidung die Unzulässigkeit der ersten Vorlage festgestellt. Erneut versucht das FG eine Sachentscheidung des BVerfG zu erreichen.

Entscheidung
Das FG ist der Auffassung, der Solidaritätszuschlag verstoße gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, da inländische Einkünfte sowohl untereinander (gewerbliche und nicht gewerbliche Einkünfte), als auch im Vergleich zu ausländischen Einkünften ungleich behandelt werden. So erfolgt eine (teilweise) Entlastung durch bestimmte Reduzierungen der Bemessungsgrundlagen. Die Begünstigung gewerblicher Einkünfte war vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht gewollt. Die eingeschränkte Einbeziehung ausländischer Einkünfte wurde durch das BMF bestätigt. Zudem verweist das FG auf die Rechtsstaatlichkeit des Besteuerungseingriffs als Teil der verfassungsmäßigen Ordnung. Die Gesetzgebungs- beziehungsweise Gesetzfortführungskompetenz für den Solidaritätszuschlag sei im Streitjahr 2007 nicht mehr gegeben, sodass der Solidaritätszuschlag keine zulässige Ergänzungsabgabe darstellt. Ein Verstoß gegen das allgemeine Freiheitsrecht des Steuerpflichtigen und gegen das Rechtsstaatsprinzip wird festgestellt. Ziel einer Ergänzungsabgabe ist zudem die Deckung vorübergehender Bedarfsspitzen im Bundeshaushalt, was mit gleichzeitigen Steuersenkungen, die in den letzten Jahren mehrfach zu verzeichnen waren, unvereinbar ist.

Konsequenz
Es bleibt abzuwarten, ob das BVerfG in die Sachprüfung über die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 einsteigt und die nicht von der Hand zu weisenden Argumente des FG würdigen wird.