Billigkeitsmaßnahmen bei vorübergehender Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern

  1. in Zweckbetrieben steuerbegünstigter Körperschaften
  2. in Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts
  3. in Wohnungen von Vermietungsgenossenschaften sowie -vereinen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gelten für die vorübergehende Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern, wenn die Entgelte dafür aus öffentlichen Kassen gezahlt werden, folgende Billigkeitsregelungen:

a) Vorübergehende Unterbringung in Einrichtungen steuerbegünstigter Körperschaften, die ausschließlich dem satzungsmäßigen Zweck der Körperschaft dienen (einschl. Zweckbetriebe und Vermögensverwaltung)

Der Vorgang ist als Zweckbetrieb im Sinne des § 65 AO bzw. im Sinne des § 66 AO zu behandeln.

Finden auf Leistungen dieser Einrichtungen besondere steuerliche Vorschriften Anwendung (z. B. Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nrn. 18, 23 bzw. 24 UStG oder Umsatzsteuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG), werden sie auch auf die Leistungen im Zusammenhang mit der vorübergehenden Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern angewendet.

b) Vorübergehende Unterbringung in zum Hoheitsbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gehörenden Einrichtungen

Die Entgelte sind ohne Prüfung, ob ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen.

Bei Unterbringung in Einrichtungen eines Betriebs gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts richtet sich die steuerliche Behandlung grundsätzlich nach den allgemeinen steuerlichen Vorschriften. Bei Anerkennung der Gemeinnützigkeit sind die Ausführungen unter Buchstabe a) zu beachten.

c) Vorübergehende Unterbringung in Wohnungen von Vermietungsgenossenschaften sowie -vereinen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG

Der Vermietungsgenossenschaft ist die Steuerbefreiung aus Billigkeitsgründen auch zu gewähren, wenn juristische Personen des öffentlichen Rechts für die Bürgerkriegs-flüchtlinge und Asylbewerber Genossenschaftsanteile erwerben und halten und den Miet- oder Nutzungsvertrag mit der Genossenschaft abschließen. In den Fällen der Einweisung nach den Ordnungsbehördengesetzen der Länder steht dem Abschluss eines Miet- oder Nutzungsvertrages die Einweisungsverfügung gleich.

Entsprechendes gilt für Vermietungsvereine im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG.

Die vorstehenden Billigkeitsregelungen sind in den Veranlagungszeiträumen 2014 bis 2018 anzuwenden.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 2 – S-2730 / 0-01 vom 20.11.2014

 

Das ändert sich für Lebensversicherungskunden 2015

Zum Jahreswechsel bringt der Gesetzgeber im Bereich Altersvorsorge wichtige Änderungen auf den Weg. Insbesondere Regelungen des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) greifen ab Januar 2015. So wird unter anderem der Höchstrechnungszins für Lebensversicherungen sinken. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick und was sie für Verbraucher bedeuten.
Niedrigerer Garantiezins
Ab Januar 2015 gilt in der Lebensversicherung ein niedrigerer Höchstrechnungszins: Er sinkt von bislang 1,75 Prozent auf 1,25 Prozent. Der Höchstrechnungszins wird umgangssprachlich oft Garantiezins genannt. Er gilt bei klassischen Lebensversicherungsprodukten wie Kapitallebens- oder Rentenversicherungen. Es handelt sich um den Zinssatz, den Versicherungsunternehmen ihren Kunden maximal auf den Sparanteil im Beitrag zusagen dürfen. Der neue Zinssatz gilt für alle Verträge, die ab dem 1. Januar 2015 abgeschlossen werden. Für Bestandskunden ändert sich nichts. Für sie gelten weiterhin die garantierten Leistungen ihres bestehenden Vertrages.

Für Neuverträge fällt die garantierte Leistung künftig zwar niedriger aus. Allerdings ist der Höchstrechnungszins nur eine Komponente der Gesamtverzinsung einer Lebensversicherung: Hinzu kommen laufende Überschüsse (z. B. Direktgutschrift und laufende Zinsgutschrift) sowie Schlussüberschüsse.

Höhere Beteiligung an Risikoüberschüssen
Auch die im LVRG vorgeschriebene höhere Mindestbeteiligung der Versicherten an den sog. Risikoüberschüssen wirkt sich ab dem neuen Jahr aus. Sie steigt von bisher 75 auf 90 Prozent. Dies gilt sowohl für Bestands- als auch für Neukunden. Die Risikoüberschüsse zählen neben den Kostenüberschüssen und den Kapitalerträgen zu den drei Quellen der Überschussbeteiligung. Sie entstehen, wenn weniger Risiken eingetreten sind als ursprünglich kalkuliert wurden.

Einführung einer Rendite-Kennziffer
Lebensversicherungsverträge müssen ab 1. Januar 2015 eine Kennzahl zur effektiven Kostenbelastung enthalten. Für Riester-Verträge ist eine ähnliche Regelung bereits eingeführt, aber noch nicht in Kraft getreten.

Wie sich Effektivkosten auf die Rendite auswirken
Die Effektivkosten („Reduction in Yield“) geben an, wie sich die Kosten auf die Rendite einer Police auswirken. Die Kennziffer bezieht alle einkalkulierten Kosten ein, also neben den laufenden auch die Abschluss- und Vertriebskosten sowie bei fondsgebundenen Produkten die Fondskosten. Zudem berücksichtigt das Verfahren den Zeitpunkt, zu dem Kosten anfallen: Je früher Kosten entstehen, umso stärker wirken sie sich auf die Gesamtkostenquote aus. Durch die Umrechnung sämtlicher Kostenarten in die Effektivkosten werden die Kosten unterschiedlicher Verträge direkt vergleichbar.

Zur Verdeutlichung das Beispiel eines Riester-Rentenvertrages, in den ein Sparer 30 Jahre lang insgesamt 30.000 Euro einzahlt. Die Abschlusskosten belaufen sich auf 2,5 Prozent der Beitragssumme, die laufenden Kosten auf 12 Prozent der Beitragssumme.

  • Beitragssumme 30.000 Euro
  • Gesamtverzinsung (Rendite vor Kosten): 4,3 Prozent
  • Effektivkosten: 0,99 Prozent.
  • Rendite nach Kosten: 3,31 Prozent
  • Ablaufleistung 51.692 Euro

Die Effektivkostenquote wird für das konkrete Angebot ausgewiesen. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Vertrag wie vereinbart „durchgehalten“ wird. Wie hoch die effektive Kostenbelastung im Falle einer Vertragskündigung ausfallen würde, lässt sich aus der Effektivkostenquote also nicht ablesen.

Absenkung des Höchstzillmersatzes
Ebenfalls ab dem 1. Januar 2015 sinkt der Höchstzillmersatz bei Lebensversicherungen von 40 auf 25 Promille. Das bedeutet, dass die Unternehmen in den ersten fünf Jahren der Vertragslaufzeit die Abschlusskosten nur in Höhe von bis zu 25 Promille der Beitragssumme eines Lebensversicherungsvertrages bilanziell anrechnen können. Dadurch entstehen bei Verträgen, die vorzeitig wieder gekündigt werden, höhere Rückkaufswerte. Gleichzeitig erhöht die Bundesregierung damit den Druck auf die Abschlusskosten.

Basis-Rente: Sonderausgabenabzug steigt um zwei Prozentpunkte
Aufwendungen zu einer Basis-Rente können zusammen mit den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung als Sonderausgaben vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden. Im Jahr 2025 wird der Maximalbetrag von 20.000 Euro für Singles und 40.000 Euro für gemeinsam veranlagende Verheiratete ansetzbar sein (Beträge nach aktuell gültiger Gesetzeslage). Bis dahin gibt es eine Übergangsregelung, wonach der Sonderausgabenabzug jährlich um 2 Prozentpunkte steigt. 2015 können bereits 80 Prozent der Altersvorsorgebeiträge zur Basis-Rente und zur gesetzlichen Rentenversicherung steuerlich geltend gemacht werden. Das sind – bei einer Basis von 20.000 Euro – maximal 16.000 Euro (32.000 für Verheiratete).

Gut zu wissen
Das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) heißt offiziell „Gesetz zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte“. Es ist bereits am 6. August 2014 mit Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 1330) in Kraft getreten. Mit dem Gesetz soll die Leistungsfähigkeit der Lebensversicherungen in Deutschland gesichert und damit die Verbraucher geschützt werden.

Das heißt, mit dem LVRG sollen die Lebensversicherer für eine lang andauernde Niedrigzinsphase gerüstet werden. Eine wesentliche Neuerung betrifft die Beteiligung ausscheidender Kunden an den Bewertungsreserven auf festverzinsliche Wertpapiere. Die Unternehmen dürfen diese dann nur noch zur Hälfte an ausscheidende Kunden auszahlen, wenn die zugesagten Leistungen aller Versicherten gesichert sind. Damit werden die vorhandenen Mittel gerechter zwischen ausscheidenden und verbleibenden Kunden verteilt. Die Änderung trat sofort in Kraft.

Quelle: GDV, Pressemitteilung vom 01.12.2014

 

Hotelier erfolgreich im Streit um die Kultur- und Tourismusförderabgabe („Bettensteuer“) in der Stadt Goslar

Im Streit um die Wirksamkeit der Satzung der Stadt Goslar zur Erhebung einer Kultur- und Tourismusförderabgabe (ähnliche Steuern werden in anderen Kommunen auch als „Bettensteuer“ bezeichnet) hat der Antragsteller – ein Hotelier aus Goslar – im Normenkontrollverfahren einen Erfolg erzielt. Der 9. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat in dem am 1. Dezember 2014 verhandelten Normenkontrollverfahren das Urteil verkündet (Az. 9 KN 85/13) und dabei die Satzung der Stadt Goslar zur Erhebung einer Kultur- und Tourismusförderabgabe in den seit dem 1. Januar 2013 geltenden Fassungen für unwirksam erklärt.
Nach den Ausführungen des Gerichts ist eine „Bettensteuer“ zwar grundsätzlich in Niedersachsen zulässig. Allerdings verstößt insbesondere die in der Stadt Goslar gewählte Staffelung der Steuersätze gegen den Grundsatz der Besteuerungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Die Stadt Goslar hatte ursprünglich eine Steuer in Höhe von 2,50 Euro je Übernachtung und Person in einem Hotel ab der Vier-Sterne-Kategorie (nach dem Klassifizierungssystem „Deutsche Hotelklassifizierung“) erhoben, für Hotels bis einschließlich der Drei-Sterne-Kategorie 2,00 Euro je Übernachtung und Person sowie für Übernachtungen in Pensionen, Privatvermietungen, Ferienhäusern, Ferienwohnungen und ähnlichen Einrichtungen 1,00 Euro je Übernachtung und Person. In der seit dem 1. Juni 2013 geltenden 1. Änderungssatzung liegen die gestaffelten Steuersätze mit 1,00 Euro, 0,90 Euro und 0,75 Euro noch näher beieinander. Zwar steht dem Satzungsgeber grundsätzlich ein weitreichender Entscheidungsspielraum bei der Bestimmung des Steuersatzes zu, der auch in einem gewissen Umfang typisierende Regelungen zulässt. Jedoch müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung in einem angemessenen Verhältnis zu dem zu besteuernden Aufwand für die jeweilige Übernachtung stehen. Faktisch liegt hier eine sachgerechte und angemessene Staffelung der Steuersätze nicht vor, weil zum Teil Übernachtungen mit einem geringen Entgelt vergleichsweise wesentlich stärker belastet werden als teurere Übernachtungen. Zudem hat die Stadt Goslar nicht hinreichend belegt, dass sich aus dem Klassifizierungssystem „Deutsche Hotelklassifizierung“ überhaupt tragfähige Anhaltspunkte für den jeweiligen Übernachtungsaufwand im Erhebungsgebiet herleiten lassen.

Schließlich stellte der Senat fest, dass die Herausnahme der Betreiber der Beherbergungsbetriebe im Ortsteil Hahnenklee aus dem Kreis der Steuerschuldner in der ursprünglichen Fassung der Satzung gegen höherrangiges Recht verstößt.

Die Unwirksamkeit dieser Regelungen hat zur Folge, dass die Kultur- und Tourismusförderabgabensatzung insgesamt – in beiden Fassungen – unwirksam ist.

Demgegenüber hat das Oberverwaltungsgericht die Einwände des Antragstellers, ihm fehle die für eine kommunale Aufwandsteuer erforderliche besondere rechtliche oder wirtschaftliche Beziehung zum Steuergegenstand, nicht geteilt.

Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der Senat nicht zugelassen.

Quelle: OVG Niedersachsen, Pressemitteilung vom 02.12.2014 zum Urteil 9 KN 85/13 vom 01.12.2014

 

Liste der Goldmünzen, deren Lieferung im Jahr 2015 von der Mehrwertsteuer befreit ist

Art. 344 und 345 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) – Sonderregelung für Anlagegold – Verzeichnis der Goldmünzen für das Jahr 2015

Die Liste der Goldmünzen, die für das Jahr 2015 die Kriterien des Artikels 344 Abs. 1 Nr. 2 MwStSystRL erfüllen, wurde von der Europäischen Kommission am 11.11.2014 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. EU 2014 Nr. C 396 S. 6) veröffentlicht. Mit dem BMF-Schreiben wird diese Liste ergänzend zu der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU bekannt gemacht.

Die Liste finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Schreiben IV D 1 – S-7068 / 07 / 10001-06 vom 25.11.2014

 

Bundesfinanzministerium fördert Missbrauch bei Mindestlöhnen

Das Bundesfinanzministerium hat mit einer Verordnung dafür gesorgt, dass die Kontrollen des Mindestlohns für alle mobilen Tätigkeiten erheblich erschwert werden. Danach müssen Arbeitgeber bestimmter Branchen nicht Beginn und Ende der geleisteten Arbeitszeit erfassen, sondern nur die Dauer festhalten. Der DGB verurteilt diese neuerlichen Angriffe auf den Mindestlohn.

 

Dass Arbeitgeber versuchen, den Mindestlohn legal und illegal zu umgehen, damit haben wir gerechnet. Aber dass das Bundesfinanzministerium hier Hilfe leistet, ist eine Attacke erster Güte. Der Mindestlohn ist noch nicht in Kraft getreten, da werden bereits legale Schlupflöcher gebaut – ausgerechnet in den Branchen, in denen der Mindestlohn zu einer wichtigen Verbesserung für die Menschen führen würde. Mit dieser lockeren Erfassung der Arbeitszeit wird dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Wir erwarten, dass die Politik zu dem Mindestlohn steht“, sagt Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

 

Die Verordnung des Bundesfinanzministeriums nimmt ausgerechnet die Branchen von wirksamen Arbeitszeitkontrollen aus, in denen etliche Unternehmen schon in der Vergangenheit über Lohndumping massiven Druck auf tarifgebundene und fair zahlende Arbeitgeber ausgeübt haben. Das widerspricht dem Kern des Tarifautonomiestärkungsgesetzes und missachtet den parlamentarischen Willen des Deutschen Bundestags. Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn braucht nicht mehr, sondern weniger Ausnahmen“, sagte Frank Bsirske, Vorsitzender der Gewerkschaft ver.di.

 

Aus Erfahrung am Bau wissen wir: Nur Kontrollen verhindern Mindestlohnbetrug. Mit Start des gesetzlichen Mindestlohns brauchen wir deshalb nicht weniger, sondern mehr Kontrollen“, ergänzte Robert Feiger, IG BAU-Bundesvorsitzender. „Das Bundesfinanzministerium muss effektive Überprüfungen sicherstellen, indem sie die Finanzkontrolle Schwarzarbeit mit ausreichend Personal ausstattet. Die derzeit 6700 Stellen müssen auf mindestens 10 000 aufgestockt werden.

Pressemitteilung 163 des DGB  – 27.11.2014

Gegen die Kalte Progression – Für eine Steuerpolitik mit offenem Visier

Höhere Steuern zu beschließen, ist Sache der Parlamente. Eine automatische Steuererhöhung sollte es daher nicht geben, denn sie entzieht sich der demokratischen Kontrolle durch Opposition und Öffentlichkeit. Genau das ist bei der Kalten Progression im Rahmen der Erhebung der Einkommensteuer in Deutschland allerdings der Fall. Diese schleichende Steuererhöhung spült Jahr für Jahr Milliardenbeträge in die Staatskasse. Die Umstellung auf einen „Tarif auf Rädern“ bei der Einkommensteuer ist daher zwingend erforderlich, erklären Lars P. Feld, Direktor des Walter Eucken Instituts, Clemens Fuest, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und Christoph M. Schmidt, Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), am 01.12.2014 in einem Beitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Die Kalte Progression bei der Einkommensteuer entsteht dadurch, dass der Steuersatz mit wachsendem Einkommen steigt. Inflationsbedingte Einkommenszuwächse erhöhen somit die Steuerlast des Bürgers, auch wenn sein reales Einkommen in Wahrheit gleich bleibt. Einen automatischen Ausgleich wie in anderen Ländern gibt es für diesen Effekt in Deutschland nicht. Berechnungen des RWI für den Zeitraum von 2007 – 2014 zeigen, dass der in diesen Jahren unterbliebene jährliche Inflationsausgleich dazu führt, dass im Jahr 2014 durch die Kalte Progression voraussichtlich 7,6 Milliarden Euro mehr in die deutsche Staatskasse fließen werden. Das macht die Dimension dieser heimlichen Steuererhöhung deutlich.

„In Zukunft sollte dieses Geld bei den Steuerzahlern bleiben“, fordern Feld, Fuest und Schmidt. Sie plädieren für einen „Tarif auf Rädern“ bei der Einkommensteuer, also eine automatische Anpassung des Steuertarifs in jedem Jahr, die die Inflationseffekte zugunsten des Steuerzahlers ausgleichen würde. Gemessen an ihrer prozentualen steuerlichen Belastung würden hiervon übrigens die Bezieher von jährlichen Bruttoeinkommen zwischen 10.000 und 30.000 Euro am stärksten profitieren – ihre Steuerschuld würde sich um zehn Prozent verringern. Natürlich würden auch die Bezieher mit deutlich höherem Einkommen profitieren. Wenn die Politik dies aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit nicht will, wäre ihr unbenommen, den Einkommensteuertarif zu verändern.

Das Argument, dass der Staat auf die Einnahmen durch die Kalte Progression schlichtweg nicht verzichten kann, spricht nach Ansicht von Feld, Fuest und Schmidt mitnichten gegen einen „Tarif auf Rädern“: „Wenn der Staat mehr Geld für die Erfüllung seiner Aufgaben braucht, steht es ihm jederzeit frei, sich fehlende Finanzmittel durch offene Steuererhöhungen zu beschaffen. Selbstverständlich muss er sich dann aber der öffentlichen Debatte mit den Bürgern stellen.“

Quelle: ZEW, Pressemitteilung vom 01.12.2014

 

FG Köln schließt Steuerfalle bei der Ausübung von Bezugsrechten aus „Altanteilen“

Bei der Veräußerung junger Aktien kann der anteilige Kurswert der Altaktien auch noch nach Einführung der Abgeltungsteuer den Veräußerungsgewinn mindern. Dies gilt laut FG Köln dann, wenn die jungen Anteile mit Bezugsrechten erworben wurden, die aus bereits vor dem 01.01.2009 angeschafften nicht mehr steuerverstrickten Altanteilen abgespalten wurden. Das Gericht wendet sich damit gegen die gängige Praxis der Finanzverwaltung (Az. 10 K 3473/12).
Nach der mit der Abgeltungsteuer eingeführten Vereinfachungsregelung des § 20 Abs. 4a Satz 4 EStG werden Bezugsrechte aus Gesellschaftsanteilen im Falle ihrer Ausübung oder Veräußerung nicht (mehr) mit ihrem rechnerischen/anteiligen Wert, sondern mit fiktiven Anschaffungskosten von 0 Euro angesetzt. Das Bundesfinanzministerium vertritt hierzu die Auffassung, dass dies unabhängig davon gelte, ob die Anteile, aus denen die Bezugsrechte abgespalten wurden, vor oder nach Einführung der Abgeltungsteuer erworben wurden.

Dies führt zur nachträglichen Besteuerung stiller Reserven, die bei Einführung der Abgeltungsteuer nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a. F. nicht mehr steuerverstrickt waren. Demgegenüber unterliegt der wirtschaftlich vergleichbare Fall der unmittelbaren Veräußerung eines solchen Bezugsrechts auch nach Verwaltungsauffassung nicht der Besteuerung. Aus Sicht des 10. Senats des FG Köln verstößt die Verwaltungspraxis daher sowohl gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG als auch gegen das aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Rückwirkungsverbot. Der 10. Senat hat deshalb in verfassungskonformer Auslegung des § 20 Abs. 4a Satz 4 EStG entschieden, dass diese Regelung keine Anwendung findet, wenn junge Anteile veräußert werden, die mit Bezugsrechten aus nicht mehr steuerverstrickten „Altanteilen“ erworben wurden.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens und zur Fortbildung des Rechts hat der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof in München zugelassen.

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung vom 01.12.2014 zum Urteil 10 K 3473/12 vom 23.10.2014

 

Elterngeld Plus gebilligt

Das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus kann Bundespräsident Gauck zur Unterschrift vorgelegt werden. Der Bundesrat billigte den Beschluss des Bundestages in seiner Sitzung am 28. November 2014. Das Gesetz soll am 1. Januar 2015 in Kraft treten.

Das Elterngeld Plus, der Partnerschaftsbonus und eine Flexibilisierung der Elternzeit sollen Eltern zukünftig zielgenauer darin unterstützen, ihre Vorstellungen einer partnerschaftlichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf umzusetzen. Arbeiten Mutter oder Vater nach der Geburt eines Kindes in Teilzeit, können sie künftig bis zu 28 Monate lang Elterngeld beziehen. Bisher war die Bezugszeit auf 14 Monate begrenzt. Zudem gibt es einen Partnerschaftsbonus: Teilen sich Vater und Mutter die Betreuung ihres Kindes und arbeiten parallel nur zwischen 25 und 30 Wochenstunden, können sie das Elterngeld Plus vier Monate zusätzlich erhalten

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Bundesrates.

Quelle: Bundesrat, Mitteilung vom 28.11.2014

 

Integration des Solidaritätszuschlages in die Einkommensteuer

Um die Integration des Solidaritätszuschlages in die Einkommensteuer geht es in einer kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (s.u.). Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung unter anderem erfahren, ob eine vollständige Integration des Solidaritätszuschlages in den Einkommensteuertarif zu Mehrbelastungen für einzelne Steuerpflichtige führen würde. Außerdem geht es in der Kleinen Anfrage um das Verhältnis von Kindergeld, Kinderfreibetrag, Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 27.11.2014,  hib-Nr. 610/2014

Deutscher Bundestag Drucksache 18/3226
18. Wahlperiode 12.11.2014
Kleine Anfrage der Abgeordneten Lisa Paus, Kerstin Andreae, Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, Dr. Gerhard Schick, Anja Hajduk, Ekin Deligöz, Dr. Tobias Lindner, Markus Tressel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Integration des Solidaritätszuschlags in die Einkommensteuer
Im Zuge der Neuregelung der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen wird die Integration des Solidaritätszuschlags in die Einkommensteuer
diskutiert. Dabei soll einerseits gewährleistet werden, dass es in keiner Einkommensgruppe zu Mehrbelastungen kommt. Andererseits sollen zumindest ein Teil der bislang über den Solidaritätszuschlag erhobenen Einnahmen erhalten
bleiben. Mit welcher Tarifgestaltung diese Ziele tatsächlich erreicht werden können, ist bislang unklar. Allein durch den Ausgleich der Entlastungen, die beim Solidaritätszuschlag durch den zusätzlich zum Kindergeld gewährten Kinderfreibetrag entstehen, sind erhebliche Mindereinnahmen in Milliardenhöhe zu erwarten, es
sei denn, bei Familien werden zusätzliche Belastungen in Kauf genommen. Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch sind heute die Steuermindereinnahmen, die dadurch entstehen, dass Menschen, für die die Gewährung des Kindergelds günstiger ist als der Kinderfreibetrag, für die Zwecke des Solidaritätszuschlags den Kinderfreibetrag zusätzlich zum Kindergeld erhalten?
2. Wie hoch ist heute der maximale steuerliche Vorteil aus der Gewährung des Kinderfreibetrags für den Solidaritätszuschlag in den Fällen, bei denen das Kindergeld bei der Steuer günstiger ist als der Kinderfreibetrag, und bei welcher Einkommenshöhe tritt er auf (bitte jeweils nach Grund- und Splittingtabelle und Anzahl der berücksichtigten Kinder angeben)?
3. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass durch eine vollständige Anhebung des Einkommensteuertarifs entsprechend der jeweiligen Höhe des Solidaritätszuschlags Mehrbelastungen für einzelne Steuerpflichtige entstehen würden, wenn nicht ergänzend noch weitere Maßnahmen ergriffen werden?
4. Welche Gruppen wären von diesen hypothetischen Mehrbelastungen betroffen, und wie hoch wäre die maximal betroffene Anzahl von Steuerpflichtigen (bitte nach Grund- und Splittingtabelle, Einkommenshöhe bzw. Einkommensbereich und Kinderzahl angeben)?
5. In wie vielen Fällen würden durch eine Integration des Solidaritätszuschlags in die Einkommensteuer bei dem folgenden neuen Tarif individuelle Mehrbelastungen
(durch den zuvor genannten Sacherhalt) entstehen, und wie
hoch wäre diese Belastung im Einzelfall maximal (wenn möglich, bitte Aufgliederung nach Grund- und Splittingtabelle, Einkommensgruppen und Kinderzahl)
a) bis 13 469 Euro zu versteuerndem Einkommen (z. v. E.): Tarifverlauf nach geltendem Recht,
b) von 13 470 Euro bis 52 881 Euro: (258,04 × (z. v. E. – 13 469)/10 000 + 2 397) × (z. v. E. – 13 469)/10 000 + 971,
c) von 52 882 bis 250 730 Euro: 0,4431 × z. v. E. – 9 006,
d) ab 250 731 Euro: 0,4747 × z. v. E. – 16 929?
6. Wie würden die Antworten zu Frage 5 für den folgenden neuen Tarif der Einkommensteuer ausfallen
a) bis 8 354 Euro zu versteuerndem Einkommen (z. v. E.): 0,
b) von 8 355 bis 14 368 Euro: (974,58 × (z. v. E. – 8 354)/10 000 + 1 400) × (z. v. E. – 8 354)/10 000,
c) von 14 369 bis 52 881 Euro: (241,35 × (z. v. E. – 14 368)/10 000 +
2 572) × (z. v. E. – 14 368)/10 000 + 1 194,
d) von 52 882 bis 250 730 Euro: 0,4431 × z. v. E. – 8 752,
e) ab 250 731 Euro: 0,47475 × z. v. E. – 16 688?
7. Welche Gesamtaufkommenswirkungen hätten die in den Fragen 5 und 6 genannten Einkommensteuertarife im Vergleich zum heutigen Tarif?
8. Inwieweit wäre es für die Bundesregierung vertretbar, wenn es durch eine Integration des Solidaritätszuschlags in den Tarif der Einkommensteuer zwar insgesamt zu einer Entlastung der Gemeinschaft der Steuerzahler kommen würde, aber dennoch Mehrbelastungen in bestimmten Einzelfällen entstünden?
9. Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, Fälle mit Mehrbelastungen durch den zuvor beschriebenen Effekt durch eine Tarifanpassung bei der Einkommensteuer zu vermeiden, die dennoch das Steueraufkommen des Solidaritätszuschlags überwiegend erhält und in die Einkommensteuer überführt?
Wenn ja, wie müsste der Tarif verlaufen, und welche Aufkommenswirkung hätte ein solcher Tarif insgesamt?
10. Um welchen Betrag müsste das Kindergeld mindestens erhöht werden, um Fälle mit einer Mehrbelastung durch den in Frage 1 genannten Effekt vollständig zu vermeiden?
11. Erwägt die Bundesregierung eine solche Kindergelderhöhung, und wenn nein, warum nicht?
12. In welchen anderen Fällen und durch welche Effekte könnte es durch eine Integration des Solidaritätszuschlags in die Einkommensteuer noch zu Schlechterstellungen einzelner Steuerpflichtiger gegenüber dem geltenden Recht kommen?
13. Inwieweit werden Entlastungen aus der derzeit nach § 3 des Solidaritätszuschlagsgesetzes (SolzG) bestehenden Freigrenze bei einer Integration des Solidaritätszuschlags in den Tarif der Einkommensteuer beibehalten?
14. Inwieweit werden die Entlastungen aus der derzeit nach § 4 Satz 2 SolzG bestehenden Gleitzonenregelung bei einer Integration des Solidaritätszuschlags in den Tarif der Einkommensteuer beibehalten?
15. Wie verteilen sich die zusätzlichen Einnahmen bei der Überführung des Solidaritätszuschlags in die  Einkommensbesteuerung auf die Länder, und welche Einnahmen erhalten der Bund und die Kommunen (bitte nach Lohnsteuer, veranlagter Einkommensteuer, nicht veranlagter Steuer vom Ertrag, Körperschaftssteuer, Kapitalertragssteuer sowie Gesamteinnahmen und in Relation zu den Einwohnern aufschlüsseln)?
16. Welche Auswirkungen hat die Überführung des Solidaritätszuschlages in die Einkommensbesteuerung auf das Volumen des horizontalen Finanzausgleichs (bitte nach Zahlungsströmen der einzelnen Länder aufschlüsseln)?

Anhörung und Bundesratsempfehlungen zum Zollkodex-Anpassungsgesetz

Am Montag, den 24.11.2014, fand die öffentliche Anhörung im Finanzausschuss des Bundestags zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (kurz: Zollkodex-Anpassungsgesetz) statt. Zuvor hatte der Bundesrat 58 Empfehlungen aus seinem bislang nicht in die parlamentarische Beratung eingegangenen Gesetzentwurf zur Steuervereinfachung 2013 zur Prüfung und Berücksichtigung im Gesetzgebungsverfahren zum Zollkodex-Anpassungsgesetz vorgelegt.
Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hat sich gegenüber dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestags zum Gesetzentwurf sowie den Empfehlungen des Bundesrats in seiner Stellungnahme S 15/14 geäußert. Darin begrüßt er die im Entwurf geplante Steuerbefreiung für Serviceleistungen des Arbeitgebers, wie u. a. Beratungs- und Vermittlungsleistungen sowie Kosten der Kindernotbetreuung. Auch die beabsichtigte Erhöhung der Freigrenze für Betriebsveranstaltungen von 110 Euro auf 150 Euro hatte der DStV unlängst gefordert. Keine Zustimmung finden hingegen die weiterhin vorgesehenen gesetzlichen Ausgestaltungen im Zusammenhang mit Betriebsveranstaltungen. Diese stehen in einem klaren Widerspruch zur Rechtsprechung des BFH. Auch die in der Gesetzesbegründung postulierte Steuervereinfachung ist nicht ersichtlich.

Den Vorschlag des Bundesrats, wonach künftig Vorteile, die nicht in Geld bestehen, aber auf einen Geldbetrag lauten (Besteuerung von Gutscheine) zu den Einnahmen in Geld gehören sollen, lehnt der DStV ebenso ab, wie die Abschaffung des zur Bewertung von Sachbezügen nach § 8 Abs. 2 und 3 EStG bestehenden Wahlrechts. Der Bundesrat regt hierzu alternativ die Anwendung eines sog. „Verbraucherpreises“ an. Die Bundesregierung will beide Vorschläge prüfen. Nach Auffassung des DStV sind die daraus resultierenden Unsicherheiten und Verschärfungen jedoch unbedingt zu vermeiden.

Der DStV weist überdies daraufhin, dass hinsichtlich der umfangreichen Empfehlungen und Änderungsvorschläge seitens des Bundesrats – zuletzt beim sog. Kroatien-Anpassungsgesetz wie auch beim vorbezeichneten Zollkodex-Anpassungsgesetz – im Rahmen des offiziellen Gesetzgebungsverfahrens für die Praxis keine verfahrensrechtliche Möglichkeit zur Stellungnahme vorgesehen ist. Dies führt neben einer Reduzierung der Möglichkeiten zur Interessenvertretung insbesondere zu einer nicht hinnehmbaren Planungsunsicherheit für den Berufsstand der Steuerberater und deren Mandanten. Der DStV fordert daher in derartigen Fällen künftige Vorlaufzeiten von mindestens drei Monaten.

Der DStV weist außerdem auf seine frühere Stellungnahme S 12/14 zum Referenten-Entwurf des Zollkodex-Anpassungsgesetzes hin.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 27.11.2014

 

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin