AGB bei Gewerberaummiete

AGB bei Gewerberaummiete

Kernaussage
Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Vertragsparteien bei der Gewerberaummiete in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbaren, dass der Vermieter im Anschluss an Nebenkostenabrechnungen die Höhe der Nebenkostenvorauszahlungen durch einseitige Erklärung anpassen darf. Die Ausübung dieses Anpassungsrechts unterliegt nicht dem Schriftformerfordernis.

Sachverhalt
Die Klägerin vermietete im März 2005 noch fertig zu stellende Büroräume und Parkplätze an die Beklagte. Der Vertrag wurde befristet auf die Dauer von 5 Jahren, mit einmaliger Verlängerungsoption um 5 Jahre. § 5 Ziffer 1 des Vertrags bestimmt, dass sich das aus einer Nebenkostenvorauszahlung ergebende Guthaben unverzüglich gegenseitig auszugleichen sei. In diesen Fällen sowie bei einer Erhöhung oder Senkung der Betriebskosten, dürfe seitens der Vermieterin der monatlich zu zahlende Vorschuss entsprechend neu festgesetzt werden. Neben einer doppelten Schriftformklausel enthielt der Vertrag auch eine Schriftformheilungsklausel. Anfang März 2009 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis „fristgerecht zum Ablauf des 30.9.2009“. Die Klägerin machte mit ihrer Klage u. a. die Restmieten bis einschließlich August 2010 geltend und gewann in den ersten beiden Instanzen. Die Beklagte ging darauf in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH).

Entscheidung
Die Revision blieb erfolglos. § 5 des Mietvertrages begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Ausübung des Anpassungsrechts unterliegt nicht dem Schriftformerfordernis des § 550 Satz 1 BGB. Nach dieser Norm gilt ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr nicht schriftlich abgeschlossen wird, als für unbestimmte Zeit abgeschlossen. Da in der Ausübung des Anpassungsrechts kein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis vorlag, galt der auf längere Zeit als ein Jahr abgeschlossene Gewerberaummietvertrag ab der Anpassung der Vorauszahlungshöhe nicht als für unbestimmte Zeit abgeschlossen. Das Mietverhältnis wurde deshalb nicht durch Kündigung der Beklagten mit Ablauf des 30.9.2009 beendet. Da der Mietvertrag eine feste Laufzeit hatte, fehlte es an einem ordentlichen Kündigungsrecht. Dem steht auch nicht der Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses entgegen, einem späteren Grundstückserwerber Klarheit über die Bedingungen eines langfristigen Mietvertrags zu verschaffen. Dieser Zweck kann auch in anderen Fallgestaltungen nicht umfassend gewährleistet werden. Dem Schutzbedürfnis eines späteren Grundstückserwerbers ist dadurch Rechnung getragen, dass ihn die Vertragsbestimmung darauf hinweist, dass eine die Vorauszahlungshöhe gegenüber der Vertragsurkunde ändernde Festsetzung erfolgt sein kann.

Konsequenz
Der BGH bestätigt mit seiner Entscheidung seine Rechtsprechung hinsichtlich Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses in § 550 Satz 1 BGB. Es reicht aus, dass der Erwerber durch eine entsprechende Vertragsbestimmung hinreichend gewarnt ist, dass eine von der Vertragsurkunde abweichende Regelung zwischen den Parteien getroffen worden sein kann.

Zur Charakterisierung von Anschaffungsdarlehen als Dauerschuld

Zur Charakterisierung von Anschaffungsdarlehen als Dauerschuld

Kernaussage
Die Charakterisierung einer Verbindlichkeit als Dauerschuld erfolgt im Zeitpunkt des Eintretens in das Schuldverhältnis und ist unabhängig von einer späteren Änderung des Gesellschaftszwecks und der Umwidmung eines Grundstücks in Umlaufvermögen.

Sachverhalt
Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), erwarb im Jahr 1996 mehrere Gebäude. Zum 31.12.2004 und 31.12.2005 wies die GbR die Grundstücke im Anlagevermögen und die Anschaffungsdarlehen als Verbindlichkeiten aus. Ein Gebäude wurde Ende 2004 abgerissen, um dort 8 Eigentumswohnungen zu errichten, die im Jahr 2005 verkauft wurden. Am 8.11.2004 schloss die GbR einen Universalkreditvertrag mit der Sparkasse. Danach wurde zweckgebunden zur Errichtung der 8 Eigentumswohnungen ein Bauzwischenkredit von 200.000 EUR aufgenommen und ein Avalkredit über 2.583.000 EUR. Vertraglich geregelt wurde die Einrichtung eines Bauzwischenkontos und eines Erlöskontos, über welches die Käufer den Kaufpreis zu entrichten hatten und welches dem Ausgleich des Bauzwischenkontos durch die Sparkasse diente. Eine Vereinbarung über die Tilgung der ursprünglichen Kredite enthielt der Vertrag nicht. Nach einer Betriebsprüfung für die Kalenderjahre 2003 bis 2005 erfolgte die Umqualifizierung des Grundstücks in Umlaufvermögen. In den geänderten Bescheiden über den Gewerbesteuermessbetrag wurden die auf das Grundstück entfallenden Zinsen weiterhin als Entgelte für Dauerschulden hinzurechnet. Hiergegen wurde Einspruch erhoben und schließlich Klage eingereicht.

Entscheidung
Der Einspruch wurde abgelehnt und die entsprechende Klage zurückgewiesen. Die Einstufung als Dauerschuld wird ausschließlich im Zeitpunkt der Kreditaufnahme bestimmt und ändert sich nicht durch eine spätere Änderung des Gesellschaftszwecks und Umwidmung des Grundstücks. Ist der Dauerschuldcharakter einmal festgestellt, ändert sich dies bis zum Erlöschen der Schuld nicht. Im vorliegenden Fall wurden die Grundstücke zum dauerhaften Verbleib in der Gesellschaft angeschafft. Eine Verkaufsabsicht lag nicht vor, so dass auch keine Verknüpfung dahingehend bestand, dass spätere Erlöse ausschließlich zur Tilgung der Kredite dienten.

Konsequenz
Das Urteil erging zur mittlerweile überholten Gesetzeslage bis einschließlich Erhebungszeitraum 2007. Seitdem werden sowohl kurzfristige als auch langfristige Finanzierungszinsen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags hinzugerechnet. Zur Altregelung gilt weiterhin, dass lediglich das Erlöschen der Schuld die rechtliche Einordnung als Dauerschuld beenden kann.

Zur Dienstwagenüberlassung

Zur Dienstwagenüberlassung

Kernaussage
Kommt ein Finanzgericht (FG) zu dem Entschluss, dass mit einem PKW Privatfahrten durchgeführt werden dürfen, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Kläger in seiner Argumentation darin beschränkt, die Schlussfolgerungen des FG zu bestreiten. Die Untersagung einer privaten Nutzungsmöglichkeit ist explizit schriftlich zu vereinbaren.

Sachverhalt
Der Kläger war bei einer GmbH beschäftigt. Wenngleich ihm laut Arbeitsvertrag kein Fahrzeug zustand, überließ ihm die Gesellschaft in den Jahren 2006 bis 2009 jeweils ein Fahrzeug der Marke BMW. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung wurde die private Nutzungsmöglichkeit sowohl für allgemeine Privatfahrten als auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nachversteuert. Der Prüfer gelangte zu der Erkenntnis, dass dem Kläger das Fahrzeug uneingeschränkt und kostenlos auch zur privaten Nutzung überlassen wurde. Mangels Fahrtenbuch erfolgte die Versteuerung mittels 1 %-Regelung zuzüglich Pauschalberechnung für den Arbeitsweg. Gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide wurde Einspruch und schließlich Klage vor dem FG erhoben. Das FG wies die Klage ab.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte im Revisionsverfahren dem FG. Die Argumentation des Klägers beschränkte sich vollends auf die tatsächlichen Feststellungen des FG. Nach Auffassung des BFH hatte das FG die Gesamtumstände der PKW-Überlassung korrekt gewürdigt. Zwar habe es eine mündliche Absprache gegeben, wonach Privatfahrten „in der Regel“ zu unterlassen seien. Darin habe das FG jedoch korrekterweise kein allgemeines Verbot für Privatfahrten gesehen.

Konsequenz
Das Urteil überrascht nicht. Der Anscheinsbeweis einer privaten Nutzung sollte durch eine eindeutige schriftliche Fixierung eines Nutzungsverbots entkräftet werden. Darüber hinaus sollte die Einhaltung des Nutzungsverbots regelmäßig überprüft werden.

Betriebsratsbeschlussfassung: Zur Heilung von Ladungsfehlern

Betriebsratsbeschlussfassung: Zur Heilung von Ladungsfehlern

Rechtslage
Das Betriebsverfassungsgesetz sieht formelle Einberufungsvoraussetzungen für das Abhalten von Betriebsratssitzungen vor (beispielsweise Ladungsfristen). Werden diese formellen Voraussetzungen nicht eingehalten, stellt sich die Frage, welche Folge dies für Beschlüsse des Betriebsrates hat. Bisher führten Ladungsfehler zu deren Unwirksamkeit. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Rechtsprechung nunmehr geändert und entschieden unter welchen Voraussetzungen formelle Einberufungsmängel geheilt werden können.

Sachverhalt
Ein Vorbetriebsrat hatte unter Verstoß gegen formelle Einberufungsregelungen (es war keine Tagesordnung mitgeteilt worden) eine Betriebsvereinbarung beschlossen, die der nachfolgende Betriebsrat mit der Begründung gegenüber dem Arbeitgeber fristlos kündigte, die erste Beschlussfassung sei rechtswidrig erfolgt, so dass der Erstbeschluss unwirksam gewesen sei. Hiergegen klagte der Arbeitgeber auf Feststellung, dass die fristlose Kündigung unzulässig sei.

Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht gab seine bisherige Rechtsprechung auf. Zur Heilung eines Ladungsfehlers sei es ausreichend, dass die beschlussfähig erschienenen Mitglieder des Betriebsrates einstimmig die Änderung oder die Erstellung einer Tagesordnung beschließen. Die Anwesenheit aller Betriebsratsmitglieder sei – entgegen der bisherigen Rechtsprechung – nicht mehr erforderlich. Die bisherige Argumentation, dass alle Betriebsratsmitglieder die Gelegenheit haben müssten, an einer Änderung der Tagesordnung mitzuwirken trage deshalb nicht (mehr), weil Ersatzbetriebsratsmitglieder die Beschlussfähigkeit des Betriebsrates sicherstellten.

Konsequenz
Die Entscheidung stellt eine Änderung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dar. Sie führt dazu, dass Ladungsfehler durch einen beschlussfähigen Betriebsrat durch einstimmigen Beschluss behoben und geheilt werden können.

Gewerberaummiete: Schönheitsreparaturen

Gewerberaummiete: Schönheitsreparaturen

Rechtslage
Mietvertragsklauseln zu Schönheitsreparaturen sind seit jeher sowohl in der Wohnraummiete als auch in der Gewerbemiete umstritten. Dies gilt insbesondere deshalb, weil auf sie das Recht über allgemeine Geschäftsbedingungen angewendet wird. Sie dürfen also insbesondere nicht überraschend oder willkürlich sein. In den letzten Jahren hat sich eine verhältnismäßig klare Linie in der Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen entwickelt, die der Bundesgerichtshof jetzt weiter entwickelt hat.

Sachverhalt
Streitig war folgende Mietvertragsklausel bei einem Gewerbeobjekt: „Der Mieter ist verpflichtet, die Schönheitsreparaturen in einem angemessenen Turnus auszuführen. Im Hinblick auf das Gewerbe des Mieters gehen die Parteien davon aus, dass alle 3 Jahre Renovierungsbedürftigkeit eintreten kann. Bei Beendigung des Mietverhältnisses ist das Mietobjekt in bezugsfertigem Zustand zurück zu geben.“ Insbesondere stand die Formulierung der Rückgabe in „bezugsfertigem Zustand“ in Streit

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof kommt zu dem Ergebnis, dass die Klausel einer rechtlichen Überprüfung standhält und wirksam ist. Da eine konkrete Frist fehle, sei die Klausel in sich nicht unangemessen. Da die Durchführung der Schönheitsreparaturen zudem auch vom Bedarf abhängig gemacht werde, sei sie insoweit nicht zu beanstanden. Auch die Formulierung des „bezugsfertigen Zustands“ sei nicht zu beanstanden, weil sie gerade keine vollständige Renovierung, sondern lediglich Rückgabe in einem Zustand fordere, die es dem Vermieter möglich mache, das Mietobjekt nur in einem zum Einzug geeigneten Zustand einem neuen Mieter zur Verfügung zu stellen.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt die Leitlinien für zulässige Schönheitsreparaturklauseln gut auf. Unzulässig sind starre Fristen und Verpflichtungen unabhängig vom Benutzungsgrad. Hinzu kommt, dass wohl auch Klauseln zulässig sind, wenn sie keinen endrenovierten Zustand festschreiben.

Flashmob-Aktionen als Arbeitskampfmittel

Flashmob-Aktionen als Arbeitskampfmittel

Rechtslage
Die Koalitionsfreiheit von Arbeitnehmern in Gewerkschaften und Arbeitgebern in Arbeitgeberverbänden zur Bündelung und Durchsetzung ihrer jeweiligen Interessen ist verfassungsrechtlich geschützt. Mit geschützt sind damit auch Arbeitskampfmaßnahmen, wie beispielsweise ein Streik, der stets in die verfassungsrechtlich geschützte Position des anderen Seite eingreift. Das Bundesverfassungsgericht hatte nunmehr Gelegenheit über den verfassungsrechtlichen Schutz einer modernen Arbeitskampfmaßnahme, hier eines Flashmobs, zu entscheiden.

Sachverhalt
Die Gewerkschaft verdi hatte anlässlich eines Streiks im Einzelhandel zu einem Flashmob dergestalt aufgerufen, dass in einem Supermarkt, in dem „Streikbrecher“ arbeiteten, gezielt Kassen blockiert werden sollten, unter anderem durch Kauf von Cent-Artikeln. Dem Aufruf folgten für eine Dauer von einer knappen Stunde rund 50 Streikende. Der Arbeitgeberverband wollte, nachdem er in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen unterlegen war, durch das Bundesverfassungsgericht geklärt wissen, dass die Durchführung von Flashmobs als Arbeitskampfmittel in die verfassungsrechtlich geschützte Position der Arbeitgeber eingreift und zu unterlassen ist.

Entscheidung
Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Wie bei einem Streik stehe Arbeitgebern, beispielsweise über das Hausrecht oder kurzfristige Betriebsschließungen, Gegenmaßnahmen gegen einen Flashmob zur Verfügung. Dies führe dazu, dass die Gewerkschaften durch einen solchen Flashmob kein Übergewicht im Arbeitskampf erzielen. Im Übrigen würden sich Flashmob-Aktionen als Arbeitskampfmittel nach den gleichen Grundvoraussetzungen, insbesondere Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit, richten wie andere Arbeitskampfmittel.

Konsequenz
Mit der Nichtannahmeentscheidung werden die arbeitsgerichtlichen Entscheidungen rechtskräftig. Flashmobs sind als moderne Arbeitskampfmaßnahme, so lange sie verhältnismäßig bleiben, zulässig.

Investmentfonds und Steuerbefreiung

Investmentfonds und Steuerbefreiung

Kernaussage
Besteht zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittstaat eine wechselseitige Verpflichtung zur Amtshilfe, können Dividenden nicht aufgrund von Steuerkontrolle der Steuerpflicht unterliegen. Die nationalen Gerichte entscheiden, ob das jeweilige Informationsaustauschverfahren eine Überprüfung des Investmentfonds gestattet.

Sachverhalt
Das polnische Körperschaftsteuergesetz sieht eine Steuerbefreiung für Investmentfonds vor, wenn sich der Sitz der Gesellschaft in Polen befindet. Der Kläger, ein amerikanischer Investmentfonds mit Beteiligungen an polnischen Gesellschaften, beantragte beim Finanzamt für die Jahre 2005 und 2006 die Erstattung der pauschalen Körperschaftsteuer von 15 %, die auf die Dividenden erhoben wurde. Die Dividenden wurden von in Polen ansässigen Gesellschaften an den Fond gezahlt. Der Antrag wurde abgelehnt. Darauf wurde Klage vor dem Verwaltungsgericht eingelegt. Das Gericht wandte sich daraufhin an den EuGH mit der Bitte um Prüfung, ob die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Dividenden an polnische Empfänger sowie an Drittstaatenfonds das Unionsrecht verletze.

Entscheidung
Die unterschiedliche Behandlung von Steuerpflichtigen mit unterschiedlichen Wohnorten stelle eine Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs dar, so die Richter. Eine wirksame Beschränkung sei nur zulässig, wenn die Überprüfung der Bedingungen für den Steuervorteil von behördlichen Auskünften des Drittstaates abhinge und diese nicht durch vertragliche Verpflichtungen zur Auskunftserteilung zu erhalten seien. Zwischen Polen und der USA bestehe eine solche vertragliche Verpflichtung. Die nationalen Gerichte müssten daher entscheiden, ob das konkrete Informationsaustauschverfahren eine geeignete Überprüfung durch die polnische Steuerbehörde ermöglicht. Potenzielle Steuermindereinnahmen rechtfertigen nach Auffassung des Gerichts keine derartige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit.

Konsequenz
Einschränkungen von Steuerbefreiungen, bei denen Steuerinländer und Steuerausländer unterschiedlich behandelt werden, unterliegen strengen unionsrechtlichen Vorgaben. Eine Benachteiligung von Steuerausländern kann nicht mit der Begründung von möglichen Steuerausfällen begründet werden, wenn der Staat gleichzeitig geeignete Informationen über die tatsächliche Besteuerung der Dividende erlangen kann.

FG Köln stärkt die Rechte ausländischer Mütter deutscher Kinder

Eine ausländische Mutter erhält für ihr deutsches Kind bereits ab der Geburt Kindergeld, auch wenn ihr die Aufenthaltserlaubnis erst Monate später erteilt wird. Dies entschied der 14. Senat des Finanzgerichts Köln mit Urteil vom 7. Mai 2014 (Az. 14 K 2405/13).

Die Klägerin war mit einem Touristenvisum aus Nigeria in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Nach der Geburt ihres Kindes beantragte sie eine Aufenthaltserlaubnis, da der Kindesvater und damit auch das Kind deutsche Staatsbürger seien. Nachdem durch ein Gutachten die Vaterschaft eines Deutschen geklärt war, erteilte die Ausländerbehörde der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Geburt des Kindes. Die Familienkasse gewährte jedoch Kindergeld erst ab dem Monat der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, zwölf Monate nach der Geburt des Kindes.

Der 14. Senat des Finanzgerichts Köln gab nunmehr der Klägerin Recht. Er gewährte Kindergeld ab dem Monat der Geburt. Nach Ansicht des Senats kommt es nämlich auf den Zeitpunkt der Wirkung der Aufenthaltserlaubnis und nicht deren Erteilung an. Es entspreche nicht dem Rechtsstaatprinzip und dem grundgesetzlichen Recht auf Gleichbehandlung, wenn die Gewährung von Kindergeld von Zufälligkeiten wie der Bearbeitungszeit der Ausländerbehörde oder der Dauer eines Gerichtsverfahrens zur Durchsetzung des Anspruchs auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis abhänge.

Mit seiner Entscheidung tritt der Senat einer anderslautenden Anweisung des Bundeszentralamts für Steuern entgegen, wonach bei Vorlage eines Aufenthaltstitels das Datum seiner Erteilung für den Beginn des Bezugs von Kindergeld zu Grunde zu legen sei (DA-FamEStG 2013 DA 62.3.1 Abs. 3).

Die Entscheidung ist derzeit nicht rechtskräftig. Der 14. Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles Revision zum Bundesfinanzhof in München zugelassen.

Zum gesetzlichen Hintergrund:
Nach dem Einkommensteuerrecht erhalten nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer, die einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, für Kinder Kindergeld, wenn sie im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt (§§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 62 Abs. 2 Nr. 2, 63 Einkommensteuergesetz – EStG). Nicht freizügigkeitsberechtigte Mütter/Väter erhalten eine solche Erlaubnis zur Ausübung der Personensorge über ihr minderjähriges deutsches Kind (§ 28 Abs. 1 Nr. 3 Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet – AufenthG). Ein Kind erwirbt mit der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil diese besitzt (§§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz – StAG).

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung vom 30.05.2014 zum Urteil 14 K 2405/13 vom 07.05.2014

Verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft und Zufluss von Gehaltsbestandsteilen bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft

Der Bundesfinanzhof hat in den Urteilen vom 3. Februar 2011 – VI R 4/10 – (BStBl II 2014 S. …) und – VI R 66/09 – (BStBl II 2014 S. …) sowie vom 15. Mai 2013 – VI R 24/12 – (BStBl II 2014 S. …) zur lohnsteuerlichen Behandlung bestimmter Gehaltsbestandteile eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft Stellung genommen, die im Anstellungsvertrag vereinbart, tatsächlich aber nicht ausgezahlt wurden.

Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Entscheidungen vom 3. Februar 2011 (a. a. O.) unter Berücksichtigung der Entscheidung vom 15. Mai 2013 (a. a. O.) auszulegen.

Dem beherrschenden Gesellschafter fließt eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen „seine“ Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu (BFH-Urteil vom 3. Februar 2011 – VI R 66/09 – m. w. N.). Ob sich der Vorgang in der Bilanz der Kapitalgesellschaft tatsächlich gewinnmindernd ausgewirkt hat, etwa durch die Bildung einer Verbindlichkeit, ist für die Anwendung dieser sog. Zuflussfiktion unerheblich, sofern eine solche Verbindlichkeit nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung hätte gebildet werden müssen.

Für den Zufluss beim Gesellschafter-Geschäftsführer durch eine verdeckte Einlage in die Kapitalgesellschaft kommt es darauf an, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer vor oder nach Entstehen seines Anspruches darauf verzichtet hat (H 40 KStH 2008). Maßgeblich dafür ist, inwieweit Passivposten in eine Bilanz der Gesellschaft hätten eingestellt werden müssen, die zum Zeitpunkt des Verzichts erstellt worden wäre (BFH-Urteile vom 15. Mai 2013 a. a. O. und vom 24. Mai 1984 – I R 166/78 – BStBl II 1984 S. 747). Auf die tatsächliche Buchung in der Bilanz der Gesellschaft kommt es für die Frage des Zuflusses aufgrund einer verdeckten Einlage nicht an.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 2 – S-2743 / 12 / 10001 vom 12.05.2014

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin