Drei Abkommen zur Doppelbesteuerung

Finanzausschuss – 15.10.2014

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat drei Doppelbesteuerungsabkommen gebilligt. In seiner Sitzung am Mittwoch stimmte der Ausschuss mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen den Doppelbesteuerungsabkommen mit Norwegen (18/2660), mit Costa Rica (18/2659) und mit Georgien (18/2661) zu. Der Vertreter der Bundesregierung erklärte in der Sitzung, die Bundesregierung strebe ein dichtes Netz von Doppelbesteuerungsabkommen weltweit an. Nach Großbritannien habe Deutschland die meisten Doppelbesteuerungsabkommen mit andern Ländern geschlossen. Mit den Abgekommen soll vermieden werden, dass Einkommen und Vermögen doppelt besteuert werden.

Die CDU/CSU-Fraktion sprach von einer sinnvollen Weiterentwicklung der Vertragsbeziehungen. Die SPD-Fraktion setzt darauf, dass der automatische Informationsaustausch zwischen den Ländern in Steuerangelegenheiten nachverhandelt werden kann. Die Linksfraktion sprach insgesamt von einer Verbesserung des Ist-Zustandes, zeigte sich aber mit Detailregelungen unzufrieden. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisierte, dass es mit Costa Rica keinen automatischen Informationsaustausch gebe.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 15.10.2014

Sonderregelung für Anlagegold

Geltung des von der Europäischen Kommission für 2014 verspätet veröffentlichten Verzeichnisses der von der Mehrwertsteuer befreiten Goldmünzen

Mit BMF-Schreiben vom 26. Mai 2014 – IV D 1 – S-7068 / 07 / 10001-05 (2014/0463759) (LEXinform 5235052) – wurde das von der Europäischen Kommission am 8. Mai 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. EU 2014 Nr. C 138 S. 4) veröffentlichte Verzeichnis der Goldmünzen, die für das Jahr 2014 die Kriterien des Artikels 344 Abs. 1 Nr. 2 MwStSystRL erfüllen, auf der Internetseite des Bundesministeriums der Finanzen eingestellt.

Entsprechend den Erläuterungen der Europäischen Kommission zu dem vorgenannten Verzeichnis vom 8. Mai 2014 soll die Lieferung der in diesem Verzeichnis aufgeführten Münzen während des gesamten Kalenderjahres 2014 von der Mehrwertsteuer befreit sein.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

Entgegen den Ausführungen in Abschnitt 25c.1 Abs. 3 Satz 2 UStAE ist aus Vereinfachungsgründen für Umsätze von Goldmünzen, die in dem von der Europäischen Kommission am 8. Mai 2014 veröffentlichten Verzeichnis der Goldmünzen enthalten sind, die Sonderregelung nach § 25c UStG für das gesamte Jahr 2014 anzuwenden. Das Verzeichnis gilt ausdrücklich nicht für im Jahr 2015 ausgeführte Umsätze von Goldmünzen.

Ferner wird es – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG auch für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers – nicht beanstandet, wenn der Unternehmer für vor dem 8. Mai 2014 ausgeführte Umsätze von Goldmünzen, die in dem von der Europäischen Kommission am 8. Mai 2014 veröffentlichten Verzeichnis der Goldmünzen enthalten sind, entsprechend der Einzelfallprüfung nach § 25c UStG die Steuerbefreiung nicht in Anspruch genommen hat, weil die Voraussetzungen des § 25c Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht erfüllt sind.

Quelle: BMF, Schreiben IV D 3 – S-7423 / 13 / 10001 vom 15.10.2014

Kein Werbungskostenabzug für nachträgliche Schuldzinsen bei Kapitaleinkünften nach Systemwechsel zur Abgeltungsteuer

Nach Auffassung des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) können Schuldzinsen für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung i. S. des § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die auf Zeiträume nach der Veräußerung der Beteiligung entfallen, ab dem Jahr 2009 nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden.

Der Kläger hatte eine größere GmbH-Beteiligung im September 2001 mit Verlust veräußert und in diesem Zusammenhang auf die Rückzahlung eines kreditfinanzierten Gesellschafterdarlehens verzichten müssen. Nachdem er für die Jahre 2005 bis 2008 die Finanzierungskosten (Schuldzinsen) als nachträgliche Werbungskosten bei Ermittlung seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen abgezogen hatte, versagte das Finanzamt (FA) den Werbungskostenabzug für das Jahr 2009.

Der BFH hat die Rechtsauffassung des FA bestätigt. Mit Einführung der Abgeltungsteuer für private Kapitalerträge hat der Gesetzgeber in § 20 Abs. 9 EStG ab dem Jahr 2009 den Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten ausgeschlossen. Das Gesetz gestattet nur noch den Abzug des Sparer-Pauschbetrags von 801 Euro. Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet dies nach Auffassung des VIII. Senats des BFH nicht. Mit der Gewährung des Sparer-Pauschbetrags in Höhe von 801 Euro habe der Gesetzgeber eine verfassungsrechtlich grundsätzlich anzuerkennende Typisierung der Werbungskosten bei den Beziehern niedriger Kapitaleinkünfte sowie mit der Senkung des Steuertarifs von bis zu 45 % auf nunmehr 25 % zugleich eine verfassungsrechtlich anzuerkennende Typisierung der Werbungskosten bei den Beziehern höherer Kapitaleinkünfte vorgenommen.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 68/14 vom 15.10.2014 zum Urteil VIII R 53/12 vom 01.07.2014

Pkw-Nutzung durch einen Unternehmer für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte

Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Urteil vom 5. Juni 2014 (Az. XI R 36/12) entschieden, dass die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nicht für Zwecke erfolgt, die außerhalb des Unternehmens liegen, und mithin nicht als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen ist.

Nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) wird einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt „die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen“.

Der Kläger betrieb ein Einzelunternehmen. Zugleich war er alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, deren Sitz am Wohnsitz des Klägers in A lag und deren Niederlassung (Produktionsstätte) sich in einem anderen Ort (B) befand. Zwischen dem Kläger (als Organträger) und der GmbH (als Organgesellschaft) bestand eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft. Der Kläger hatte Anspruch auf Benutzung eines der GmbH gehörenden Pkw auch für private Zwecke. Die GmbH nutzte im Wohnhaus des Klägers in A einen Kellerraum aufgrund vertraglicher Gestattung zur Unterbringung eines Serverschrankes.

Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der GmbH vertrat das Finanzamt (FA) die Auffassung, bei dem beruflich genutzten Kellerraum handele es sich um ein häusliches Arbeitszimmer des Klägers, so dass nicht wie vom Kläger angenommen Dienstreisen zwischen A und B, sondern vielmehr Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gegeben seien. Das FA erfasste dementsprechend beim Kläger einen lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil. Ferner unterwarf das FA was streitig war die Fahrten des Klägers zwischen seinem Wohnsitz in A und der GmbH-Niederlassung in B als unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Dem folgte der BFH dagegen nicht. Auf die Revision des Klägers hin hob er die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt. Während ein Arbeitnehmer (arbeitsrechtlich) verpflichtet sei, während der vereinbarten Zeit an der Arbeitsstätte zu sein, so dass es grundsätzlich keinen unternehmerischen (betrieblichen) Grund gebe, den Arbeitnehmer vom Wohnort zum Unternehmen (Betrieb) und zurück zu befördern, gelte dies bei entsprechenden Fahrten des Unternehmers nicht. Anders als ein Arbeitnehmer suche ein Unternehmer wie im Streitfall der Kläger als Organträger der GmbH seinen Betrieb auf, um dort unternehmerisch tätig zu sein. Seine Fahrten zwischen Wohnort und Unternehmen (Betrieb) dienten der Ausführung von Umsätzen. Angesichts des klaren Überwiegens der unternehmerischen Verwendung sei es unbeachtlich, dass die Heimfahrten auch privaten Charakter hätten.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 69/14 vom 15.10.2014 zum Urteil XI R 36/12 vom 05.06.2014

Statistik über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern im Jahr 2013

Das Bundesministerium der Finanzen hat die Daten zur Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern im Jahr 2013 zusammengestellt. 2014/0927678 Statistik über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern im Jahr 2013 Das Bundesministerium der Finanzen hat aus den Einspruchsstatistiken der Steuerverwaltun-gen der Länder die folgenden Daten zur Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern im Jahr 2013 zusammengestellt: Unerledigte Einsprüche am 1.1.2013 4.024.325 Eingegangene Einsprüche 4.231.429 (Veränderung gegenüber Vorjahr: + 2,2 %) Erledigte Einsprüche 4.230.080 (Veränderung gegenüber Vorjahr: + 16,0 %) davon erledigt durch Rücknahme des Einspruchs 956.356 (= 22,6 %) Abhilfe 2.717.941 (= 64,2 %) Einspruchsentscheidung (ohne Teil-Einspruchsentscheidungen) 455.199 (= 10,8 %) Teil-Einspruchsentscheidung 100.584 (= 2,4 %) Saldo aus Übernahmen, Abgaben, Storni und sonstigen Bestandskorrekturen – 118.024 Unerledigte Einsprüche am 31.12.2013 3.907.650 (Veränderung gegenüber Vorjahr: – 2,9 %) Teil-Einspruchsentscheidungen (§ 367 Absatz 2a der Abgabenordnung – AO -) werden als Erledigungsfall im Sinne der Statistik behandelt, da davon auszugehen ist, dass insoweit die Einspruchsverfahren in den meisten Fällen – anders als in den Fällen zur Entfernungspau-schale („Pendlerpauschale“) – durch eine Allgemeinverfügung nach § 367 Absatz 2b AO abgeschlossen werden, was dann kein Erledigungsfall im Sinne der Statistik ist. Der Endbestand (3.907.650) enthält 2.346.299 Verfahren, die nach § 363 AO ausgesetzt sind oder ruhen und daher von den Finanzämtern nicht abschließend bearbeitet werden konnten. Die Statistik für das Jahr 2013 enthält erstmals die Rubrik „Saldo aus Übernahmen, Abgaben, Storni und sonstigen Bestandskorrekturen“. Bisher wurden in der Statistik Abgaben und Übernahmen saldierend bei den Eingängen sowie sonstige Bestandskorrekturen (z. B. nach Aufdecken fehlerhafter Einträge in den Rechtsbehelfslisten) entweder ebenfalls saldierend bei den Eingängen oder durch eine Anpassung des Anfangsbestandes berücksichtigt. Abhilfen beruhen häufig darauf, dass erst im Einspruchsverfahren Steuererklärungen abgege-ben oder Aufwendungen geltend gemacht bzw. belegt werden. Ferner kann Einsprüchen, die im Hinblick auf anhängige gerichtliche Musterverfahren eingelegt wurden, durch Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks in den angefochtenen Steuerbescheid abgeholfen worden sein. Aus einer Abhilfe kann daher nicht „automatisch“ geschlossen werden, dass der angefochtene Bescheid fehlerhaft war. Ferner kann auch keine Aussage zum Anteil der von den Steuerbürgern angefochtenen Ver-waltungsakte getroffen werden. Hierfür müsste die Zahl der jährlich erlassenen Verwaltungs-akte bekannt sein. Daten hierzu liegen dem BMF nicht vor, zumal mit dem Einspruch nicht nur Steuerbescheide angefochten werden können, sondern auch sonstige von den Finanz-behörden erlassene Verwaltungsakte, wie z. B. die Anordnung einer Außenprüfung, die Ablehnung einer Stundung oder eines Steuererlasses. Im Jahr 2013 wurden gegen die Finanzämter 61.137 Klagen erhoben (nach der Zählweise der Finanzverwaltung); dies entspricht einer Quote von rd. 1,4 % der insgesamt erledigten Einsprüche.

Quelle: BMF

Statistik über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern im Jahr 2013 (PDF, 13,4 KB)

Steuerbefreiung des Kaufkraftausgleichs – Gesamtübersicht der Kaufkraftzuschläge – Stand: 1. Oktober 2014

Das Auswärtige Amt hat für einige Dienstorte die Kaufkraftzuschläge neu festgesetzt. Die Gesamtübersicht wurde entsprechend ergänzt.

Für den Zeitraum 2004 bis 2012 wurden die Werte ausgeblendet. Diese Werte können durch Markieren der Zeilen über und unterhalb der ausgeblendeten Zeile über den Menüpunkt „Einblenden“ sichtbar gemacht werden.

Die Gesamtübersicht über die Kaufkraftzuschläge zum 01.10.2014 finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Bekanntmachung IV C 5 – S-2341 / 14 / 10001 vom 13.10.2014

Beiträge zur IHK Koblenz teilweise zu hoch

Die Beiträge zur Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz waren in den Jahren 2007 und 2008 zu hoch und daher rechtswidrig, weil die Kammer einen ungeplanten Gewinn aus den Vorjahren von rund 1,7 Millionen Euro (in 2007) bzw. 2,2 Millionen Euro (in 2008) nicht zur Finanzierung ihrer Aufgaben eingesetzt hat. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Die Klägerin, eine Firma aus der Logistikbranche, wandte sich mit ihrer Klage gegen ihre Heranziehung zu IHK-Beiträgen für die Jahre 2005 bis 2008. Sie beanstandete die Höhe der Beiträge mit der Begründung, die von der IHK gebildeten Rücklagen seien zu hoch. Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt, weil die Rücklagenbildung unzulässigerweise der Vermögensbildung gedient habe. Auf die Berufung der Beklagten wies das Oberverwaltungsgericht die Klage bezüglich der Jahre 2005 und 2006 ab, bestätigte die Entscheidung jedoch im Ergebnis hinsichtlich der Jahre 2007 und 2008.

Beiträge zur Industrie- und Handelskammer dürften von Gesetzes wegen nur insoweit erhoben werden, als die Kosten ihrer Errichtung und Tätigkeit nicht anderweitig gedeckt seien; sie dürften daher nicht der Bildung von Vermögen dienen. Aus dem gesetzlichen Verbot der Vermögensbildung folge, dass eine IHK einen ungeplanten Bilanzgewinn zeitnah für die Finanzierung ihrer gesetzlichen Aufgaben einsetzen müsse. Sie habe den Gewinn deshalb in der Regel – soweit nicht eine Beitragsrückerstattung an die Kammermitglieder erfolgt sei oder die Vollversammlung bereits einen speziellen Beschluss über die aufgabengemäße Gewinnverwendung gefasst habe – spätestens in den nächsten, zeitlich auf die Feststellung des Bilanzgewinns nachfolgenden Wirtschaftsplan einzustellen. Dies habe die IHK Koblenz in den Jahren 2007 und 2008 nicht beachtet und einen ungeplanten Gewinn in Höhe von rund 1,7 bzw. 2,2 Millionen Euro aus den Vorjahren nicht in den jeweils nachfolgenden Wirtschaftsplan eingestellt. Für diese beiden Jahre seien die Beiträge daher wegen der unterbliebenen Verwendung der Gewinne rechtswidrig. Sie seien nicht nur teilweise, sondern in vollem Umfang aufzuheben, weil eine Korrektur der Beitragssätze im Gestaltungsspielraum der beklagten IHK liege.

In Bezug auf die Jahre 2005 und 2006 liege eine solche unterbliebene Gewinnverwendung nicht vor. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz greife auch die Rüge unzulässiger Rücklagenbildung nicht durch. Eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides sei allenfalls insoweit möglich, als die erhobenen Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise auf einer geplanten Zuführung zu den Rücklagen beruhten. Für die Jahre 2005 und 2006 sei jedoch keine Zuführung zu den Rücklagen geplant gewesen. Die Frage der Höhe der Rücklagen stelle sich daher im vorliegenden Verfahren nicht.

Quelle: OVG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 14.10.2014 zum Urteil Az. 6 A 11345/13 vom 23.09.2014

Änderungswünsche beim Elterngeld Plus

Berlin: (hib/AW) Experten fordern trotz prinzipieller Zustimmung Nachbesserungen am geplanten Elterngeld Plus. Der Familienausschuss hörte am Montag acht Sachverständige zum entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/2583,18/2625) an.

Unterschiedliche Auffassungen bestehen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen in der Frage, ab welcher Betriebsgröße Arbeitnehmern eine Elternzeit mit gleichzeitiger Teilzeitbeschäftigung zustehen soll. Christina Raab von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände argumentierte, dass kleine und mittlere Betriebe durch die geplante Ausweitung der Elternzeit besonders stark belastet würden. Die geplante Grenze von 15 Beschäftigten sei deshalb kritisch zu bewerten. Für Betriebe dieser Größe sei es sehr schwierig, entsprechenden Ersatz für die ausfallende Arbeitskraft zu finden. Auch die geplante Möglichkeit, die Elternzeit zukünftig in drei Zeitabschnitte zu unterteilen, lehnte die BDA-Vertreterin ab. Für Betriebe bis zu einer Größe von 50 Beschäftigten müsse ein Überforderungsschutz eingezogen werden.

Dieser Auffassung widersprach Anja Weustheuff vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Durch die 15-Beschäftigten-Grenze würden schon jetzt viele Eltern von der Elternzeit ausgegrenzt. Gerade Frauen seien überdurchschnittlich stark im Dienstleistungsgewerbe beschäftigt. Dieser Branche sei aber sehr stark von kleineren Betrieben geprägt. Noch engere Grenzen bei der Betriebsgröße würden noch mehr Eltern von den Möglichkeiten einer flexibleren Elternzeit ausgrenzen. Dies könne aber nicht im Sinne des Gesetzes sein. Auch der Arbeitsrechtler Gerrit Forst von der Freien Universität Berlin widersprach dem Standpunkt des BDA. Die flexibleren Möglichkeiten, Elternzeit und Teilzeitarbeit zu kombinieren, käme auch den Betrieben zu Gute. Letztlich würden Betriebe dadurch profitieren, weil sich zum einen das Betriebsklima und somit auch die Produktivität ihrer Arbeitnehmer verbessern. Zum anderen werde durch die flexibleren Teilzeitmöglichkeiten die Gefahr minimiert, dass ein Elternteil ein Beschäftigungsverhältnis ganz beendet.

Änderungen am Gesetzentwurf wünscht sich auch der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (Vamv). Alleinerziehende mit Kindern unter drei Jahren seien im Durchschnitt 7,8 Wochenstunden erwerbstätig. Der Korridor von 25 bis 30 Wochenstunden für eine Teilzeitbeschäftigung während der Elterngeldbezuges sei deshalb eine faktisch zu hohe Hürde, sagte die Vamv-Vertreterin Edith Schwab. Dies kritisierten auch die Sozial- und Familienexpertin Maria Wersig von der Hochschule Hannover und Gerrit Forst. Der Stundenkorridor für eine Teilzeitbeschäftigung sei zu restriktiv.

Kritisch wird vom Familienbund der Katholiken angesehen, dass Mehrlingsgeburten bei der Höhe des Elterngeldes zukünftig nicht mehr berücksichtigt würden. Die geplante Regelung, dass es keine Zulage mehr bei der Geburt von Mehrlingen geben soll, ignoriere, dass Eltern von Zwillingen oder Drillingen finanziell aber auch bei zeitlich viel stärker gefordert seien.

Für die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände forderte deren Vertreterin Regina Offer eine Erstattung der zusätzlichen Kosten, die der erhöhte Beratungsaufwand für die Elterngeldstellen in den Kommunen mit sich bringen würde. Die gesetzlichen Regelungen des geplanten Elterngeld Plus würden in Beratungsgesprächen deutlich mehr Zeit erfordern, um für die Eltern die individuell beste Lösung zu finden. Dies würde gegebenenfalls mehr Personal in den Beratungsstellen erfordern. Diese zusätzlichen Kosten könnten aber nicht von den Kommunen getragen werden, sagte Offer.

Der Soziologe Hans Bertram von der Humboldt-Universität Berlin gab zu bedenken, dass die Elternzeit- und Elterngeld-Modelle vor allem von Eltern mit ähnlichen und vergleichsweise guten Einkommen bevorzugt würden. Es sei deshalb fraglich, ob Elterngeld und Elternzeit der beste Weg sei, um Familie und Berufsleben verstärkt partnerschaftlich zu organisieren. Man müsse sich überlegen, ob die Einführung einer Grundsicherung für Kinder nicht der erfolgversprechendere Ansatz sei. Dies werde auch den sehr unterschiedlichen Familienmodellen gerechter.

Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 13.10.2014

 Quelle: hib-Nr. 511/2014

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – 13.10.2014

Klagen gegen Rundfunkbeitrag abgewiesen

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat auf Grund der mündlichen Verhandlungen vom 1. Oktober 2014 die Klagen gegen den Südwestrundfunk – SWR – wegen Rundfunkbeitragspflicht abgewiesen (Az. 3 K 4897/13 und 3 K 1360/14). Die Urteilsgründe liegen nun vor.

Die 3. Kammer hat hinsichtlich der von den Klägern beanstandeten Rundfunkbeitragspflicht keine europarechtlichen oder verfassungsrechtlichen Bedenken. Den von den beiden Klägern in diesen Musterverfahren geltend gemachten Einwendungen folgte die Kammer nicht.

Die Länder hätten für die Einführung des Rundfunkbeitrags die Gesetzgebungskompetenz. Der Rundfunkbeitrag käme nicht einer Steuer gleich, da der Rundfunkbeitrag als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben werde. Dieses Austauschverhältnis zwischen Beitrag und Rundfunknutzung werde auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass, wie die Kläger meinen, der Marktanteil des „ARD-ZDF-Verbunds“ mittlerweile auf nur noch etwas mehr als ein Drittel gesunken sei. Hieraus könne nur der Schluss gezogen werden, dass die Gesamtheit aller Rundfunkteilnehmer bezogen auf die Hör- bzw. Sehdauer mehr private als öffentlich-rechtliche Programme nutzten. Dagegen sage der Marktanteil an sich über die Zahl derjenigen, die öffentlich-rechtliche Programme überhaupt nutzten, nichts aus.

Durch die Anbindung der Beiträge an die Wohnungsinhaber werde auch nicht das Gleichheitsgebot verletzt. Bei der Erhebung von Rundfunkbeiträgen sei der Gesetzgeber befugt, in weitem Umfang zu generalisieren, pauschalieren und typisieren. Entgegen der Auffassung der Klägerin im Verfahren 3 K 1360/14 verstoße der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag auch nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes, weil anders als bisher im privaten Bereich ein einheitlicher Rundfunkbeitrag unabhängig davon anfalle, ob der Beitragsschuldner wie vorliegend die Klägerin „Nur-Radiohörer“ sei oder Fernsehdarbietungen empfangen könne. Denn der Grundsatz der Gleichbehandlung gebiete es nicht, den Rundfunkbeitrag nach einzelnen Geräteklassen zu staffeln oder einen Grund- und einen Zusatzbeitrag vorzusehen. Auch die Ermäßigung des Rundfunkbeitrags für behinderte Menschen auf – nur – ein Drittel sei rechtlich korrekt. Eine völlige Freistellung vom Rundfunkbeitrag wie bis bisher könne der Kläger des Verfahrens 3 K 4897/13 nicht fordern. Eine generelle vollständige Rundfunkbeitragsermäßigung für behinderte Menschen würde verfassungsrechtlich mit dem Gleichheitssatz kollidieren, da es hierfür keinen sachlichen Grund gebe. Das Merkzeichen „RF“ entspreche nicht mehr den gewandelten gesellschaftlichen Bedingungen und es sei sozial nicht geboten, finanziell nicht bedürftigen Personengruppen die Rundfunk- und Fernsehnutzung vollständig zu finanzieren.

Der Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung durch den Meldeabgleich sei gerechtfertigt. Soweit darüber hinaus Grundrechtsverstöße hinsichtlich der allgemeinen Handlungsfreiheit, der Informationsfreiheit und der Religionsfreiheit geltend gemacht wurden, sei bereits der Schutzbereich dieser Grundrechte nicht berührt.

Gegen die Urteile wurde die Berufung zugelassen. Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung der Urteile Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim einlegen.

Quelle: VG Stuttgart, Pressemitteilung vom 13.10.2014 zu den Urteilen 3 K 4897/13 und 3 K 1360/14 vom 01.10.2014

Rentenanpassung in Höhe von 0,25 % zum 1. Juli 2013 rechtmäßig

Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat die Festsetzung des aktuellen Rentenwerts (West) auf 28,14 Euro zum 1. Juli 2013 durch die Bundesregierung per Verordnung vom 12. Juni 2013 – und damit eine Erhöhung um 0,25 % – als rechtmäßig und verfassungsgemäß bestätigt.

Dem lag der Fall einer 1950 geborenen Klägerin zugrunde, die seit dem 1. September 2010 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezog. Bis einschließlich 30. Juni 2013 betrug der monatliche Zahlbetrag ihrer Rente 439,48 Euro, ab dem 1. Juli 2013 440,89 Euro. Im gerichtlichen Verfahren machte die Klägerin geltend, dass die Anpassung der Rente um nur 0,25 % gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes (GG) und die allgemeinen Menschenrechte verstoße. Die Erhöhung der Altersbezüge für pensionierte Beamte falle dagegen höher aus.

Der 2. Senat des LSG hat die Anpassung der Rente durch die Deutsche Rentenversicherung bestätigt. Die Festsetzung des aktuellen Rentenwerts zum 1. Juli 2013 in der o. g. von der Bundesregierung beschlossenen Verordnung entspreche danach den rechtlichen Vorgaben des § 68 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Er orientiere sich an den Veränderungen der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer und des durchschnittlichen Beitragssatzes in der allgemeinen Rentenversicherung in den alten Ländern im Jahr 2012 gegenüber 2011 sowie dem Nachhaltigkeitsfaktor mit 0,9928. Ein Verstoß gegen die Grundrechte liege ebenfalls nicht vor. Es bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) kein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen in eine uneingeschränkte und stetige Rentenerhöhung. Die Festlegung des aktuellen Rentenwerts stelle dabei eine rechtspolitische Entscheidung dar, bei der der Gesetzgeber eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen habe, wie z. B. die Gewährleistung der finanziellen Grundlagen der Rentenversicherung, die Auswirkung zusätzlicher Finanzmittel, die demographische Entwicklung und ihre kurz-, mittel- und langfristigen Auswirkungen auf die Rentenversicherung sowie die Verteuerung des Faktors Arbeit und der evtl. Wegfall versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse. Nach Ansicht des Senats habe der Gesetzgeber auch seinen sozialpolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Ebenso ergebe sich keine Rechtswidrigkeit aus dem Vergleich mit der Beamtenversorgung, da das Recht der Beamten durch vielfältige – auch historisch zu erklärende – Sonderregelungen geprägt sei, die auch mit erheblichen zusätzlichen Belastungen für die Beamten verbunden seien, z. B. durch eine höhere Versteuerung der Pensionen oder die fehlende Möglichkeit lediglich den Arbeitnehmeranteil für eine gesetzliche Krankenversicherung erbringen zu können.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Pressemitteilung vom 13.10.2014 zum Urteil L 2 R 306/14 vom 06.08.2014

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