Einnahmerekord aus der Gewerbesteuer im Jahr 2012

Das Gewerbesteueraufkommen in Deutschland betrug im Jahr 2012 rund 42,3 Milliarden Euro. Es ist damit gegenüber 2011 um 1,8 Milliarden Euro beziehungsweise 4,6 % gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilt, wurde damit aus dieser bedeutendsten kommunalen Steuer die bisher höchste Einnahme erzielt. Der bisherige Spitzenwert aus dem Jahr 2008 hatte bei 41,1 Milliarden Euro gelegen.

In den Ländern Bremen (-17,8 %), Saarland (-17,3 %), Hamburg (-10,2 %) und Schleswig-Holstein (-0,7 %) lag das Gewerbesteueraufkommen im Jahr 2012 unter dem Vorjahresniveau. Alle übrigen Bundesländer erzielten teils zweistellige prozentuale Zuwächse. Den höchsten Anstieg beim Gewerbesteueraufkommen hatte Niedersachsen mit + 13,8 %.

Das Aufkommen der Grundsteuer A, die bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft erhoben wird, betrug 2012 insgesamt 0,4 Milliarden Euro. Dies war ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahreswert von 1,8 %. Über die Grundsteuer B (für Grundstücke) nahmen die Gemeinden im Jahr 2012 insgesamt 11,6 Milliarden Euro ein und damit 2,7 % mehr als 2011.

Die durch die Gemeinden festgesetzten Hebesätze zur Gewerbesteuer sowie zur Grundsteuer A und B entscheiden maßgeblich über die Höhe der Realsteuereinnahmen in den Gemeinden. Im Jahr 2012 lag der durchschnittliche Hebesatz aller Gemeinden in Deutschland für die Gewerbesteuer bei 393 % und damit um einen Prozentpunkt höher als im Vorjahr. Bei der Grundsteuer A stieg der Hebesatz im Jahr 2012 gegenüber 2011 um fünf Prozentpunkte auf durchschnittlich 311 %. Der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer B nahm gegenüber 2011 bundesweit um sieben Prozentpunkte zu und liegt nun bei 425 %.

Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 16.10.2013

Zum Vorsteuerabzug eines Profifußballvereins aus Rechnungen von Spielervermittlern

Mit Urteil vom 28.08.2013 XI R 4/11 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein Profifußballverein die Vorsteuer aus Rechnungen von Spielervermittlern nur abziehen kann, wenn der Verein und nicht ausschließlich der betreffende Spieler Empfänger der Leistungen ist.

Der Kläger ist ein Verein der Fußball-Bundesliga. Zu seiner Fußballabteilung gehört eine Profimannschaft, die aus angestellten Berufsfußballspielern besteht. In den Streitjahren 2000 und 2001 wechselten mehrere Berufsfußballspieler in den Profikader des Klägers oder verlängerten, soweit sie beim Kläger bereits unter Vertrag standen, ihre Arbeitsverträge. Bei den entsprechenden Verhandlungen wurden die Berufsfußballspieler von Spielervermittlern beraten, die bis auf zwei Ausnahmen über die hierfür erforderliche Lizenz der FIFA verfügten. Der Kläger und der jeweilige Spielervermittler schlossen, sobald ein ausgewählter Spieler einen Arbeitsvertrag unterzeichnet hatte, eine schriftliche „Zahlungsvereinbarung“, wonach „für die Beratung und die Unterstützung beim Transfer“ bzw. bei der „Vertragsverlängerung“ ein bestimmtes Vermittlungshonorar zu zahlen war. Die Spielervermittler erteilten dem Kläger entsprechende Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis, der die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machte.

Das Finanzamt versagte hingegen den Vorsteuerabzug, weil zwischen dem Kläger und den Spielervermittlern kein Leistungsaustausch stattgefunden habe. Die Spielervermittler hätten ihre Leistungen vielmehr an den jeweiligen Spieler erbracht.

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Es war der Ansicht, die Spielervermittler hätten durch die Beratung und Vermittlung bei Transfers bzw. Vertragsverlängerungen von Berufsfußballspielern Vermittlungsleistungen gegen Entgelt an den Kläger erbracht.

Der BFH hob das Urteil auf, weil gewichtige – vom Finanzgericht nicht hinreichend gewürdigte – Anhaltspunkte dafür vorhanden seien, dass die Spielervermittler – zumindest auch – Leistungen an die jeweiligen Spieler erbracht hätten.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 70/13 vom 16.10.2013 zum Urteil XI R 4/11 vom 28.08.2013

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 28.8.2013, XI R 4/11

Zum Vorsteuerabzug eines Profifußballvereins aus Rechnungen von Spielervermittlern

Leitsätze

Ein Vorsteuerabzug eines Profifußballvereins aus ihm von Spielervermittlern erteilten Rechnungen setzt voraus, dass der Verein –und nicht etwa der betreffende Spieler– Empfänger der in Rechnung gestellten Leistungen ist.

Tatbestand

1
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist ein im Vereinsregister eingetragener Sportverein mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb. Zu seiner Fußballabteilung gehört eine Profimannschaft, die aus angestellten Berufsfußballspielern besteht. Er unterliegt den Statuten des Deutschen Fußballbundes (DFB) und ist auch an die Reglements der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) gebunden.
2
Hinsichtlich der Vermittlung von Berufsfußballspielern stellte die FIFA ein am 1. März 2001 in Kraft getretenes Spielervermittler-Reglement auf, welches u.a. folgende Bestimmungen enthielt:
3
„I. Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1

(1) Fußballspielern und Vereinen ist es gestattet, im Rahmen von Verhandlungen mit anderen Fußballspielern oder Vereinen die Dienste eines Spielervermittlers in Anspruch zu nehmen. Dieser Spielervermittler muss über eine vom für ihn im Sinne des nachfolgenden Art. 2 Abs. 1 zuständigen Nationalverbandes ausgestellte Lizenz verfügen. […]

(2) Den Spielern und Vereinen ist es untersagt, die Dienste eines nicht-lizenzierten Spielervermittlers in Anspruch zu nehmen […]

(3) Das in Abs. 2 statuierte Verbot gilt nicht, wenn es sich beim Vermittler eines Spielers um einen Elternteil, eines seiner Geschwister oder seinen Ehegatten handelt oder der Vermittler eines Spielers oder Vereins gemäß den geltenden Vorschriften des Landes, in welchem er seinen Wohnsitz hat, in zulässiger Weise zur Ausübung des Anwaltsberufes zugelassen ist.

[…]

III. Rechte und Pflichten der lizenzierten Spielervermittler

Artikel 11

Lizenzierte Spielervermittler haben das Recht:

a) […];

b) jeden Spieler oder Verein zu vertreten, der sie beauftragt, in seinem Namen Verträge auszuhandeln und/oder abzuschließen;

c) die Vertretung der Interessen jedes Spielers wahrzunehmen, der sie damit beauftragt;

d) die Vertretung der Interessen jedes Vereins wahrzunehmen, der sie damit beauftragt.

Artikel 12

(1) Ein Spielervermittler darf die Vertretung eines Spielers oder eines Vereins beziehungsweise eine Interessenwahrnehmung im Sinne von Art. 11 nur dann ausüben, wenn er einen schriftlichen Vertrag mit dem Spieler oder dem Verein abgeschlossen hat.

(2) […] Der Vertrag muss zudem ausdrücklich erwähnen, wer den Spielervermittler entschädigt, die Art der Entschädigung und die Bedingungen, unter welchen diese fällig wird.

(3) Der Spielervermittler soll für seine Bemühungen in jedem Fall nur vom Auftraggeber und keiner anderen Partei entlöhnt werden.

[…]

Artikel 14

Lizenzierte Spielervermittler sind verpflichtet:

[…]

d) im Rahmen des gleichen Transfers nur die Interessen einer beteiligten Partei zu vertreten;

[…].“

4
In den Streitjahren 2000 und 2001 wechselten mehrere Berufsfußballspieler in den Profikader des Klägers oder verlängerten, soweit sie beim Kläger bereits unter Vertrag standen, ihre Arbeitsverträge. Bei den entsprechenden Verhandlungen wurden die Berufsfußballspieler –mit Ausnahme von zwei Spielern– von Spielervermittlern beraten, die über die hierfür erforderliche Lizenz der FIFA verfügten. Einer der anderen beiden Spieler, die nicht von einem lizenzierten Spielervermittler vermittelt wurden, wurde von seinem Vater, einem selbständigen Handelsvertreter, der andere von einem Rechtsanwalt beraten.
5
Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) näher ausgeführt hat, nahm er bei Bedarf zunächst mündlich Kontakt zu einem Spielervermittler auf, der entweder einen Spieler für eine bestimmte Spielposition finden oder einen speziellen Spieler davon überzeugen sollte, zu den angebotenen Vertragskonditionen einen Arbeitsvertrag zu schließen bzw. zu verlängern.
6
Der Kläger und der jeweilige Spielervermittler schlossen, sobald ein ausgewählter Spieler einen Arbeitsvertrag bei ihm unterzeichnet hatte, eine schriftliche „Zahlungsvereinbarung“, wonach „für die Beratung und die Unterstützung beim Transfer“ bzw. bei der „Vertragsverlängerung“ des jeweils namentlich genannten Berufsfußballspielers ein pauschales Vermittlungshonorar in konkretisierter Höhe zu zahlen war. Die jeweilige Vergütung betrug …
7
Die Spielervermittler erteilten dem Kläger Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis, in denen sie die von ihnen erbrachten Leistungen u.a. als „Beratung und Unterstützung beim Transfer“, „Beratung und Vermittlung“, „Mitwirkung bei dem Vertragsabschluss“, „Transfer-Provision“, „Beratung und Unterstützung bei der Vertragsverlängerung“ sowie „Honorar für die Vertragsverlängerung“ bezeichneten. Der Kläger machte die hierfür in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt … DM (2000) bzw. … DM (2001) in den Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre als Vorsteuer geltend.
8
Nach den Feststellungen des FG bestanden bei sechs der insgesamt 21 in den Streitjahren erfolgten Transfers bzw. Vertragsverlängerungen Managementverträge zwischen der durch einen lizenzierten Spielervermittler als Geschäftsführer vertretenen „… GmbH“ (GmbH) und den von ihr betreuten Berufsfußballspielern. Die GmbH war hiernach verpflichtet, für den jeweiligen Berufsfußballspieler beratend bei Vertragsverhandlungen mit Vereinen und beim Abschluss von Werbeverträgen tätig zu werden. Die betreffenden Managementverträge enthielten unter § 5 folgende Regelung:

„Bei Vertragsverlängerungen mit dem gegenwärtigen Arbeitgeber oder bei einem Vereinswechsel erhält die … [GmbH] die hierfür übliche Vergütung. Es besteht zwischen der … [GmbH] und dem Sportler Einigkeit darüber, dass grundsätzlich versucht werden soll, diese Vergütung vom jeweiligen arbeitgebenden Verein zu erhalten. Sofern dies nicht gelingt, wird sich die … [GmbH] darum bemühen, dass die mit dem arbeitgebenden Verein ausgehandelten Konditionen unter Berücksichtigung der an die … [GmbH] zu zahlenden Vergütung festgelegt werden.“

9
Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dem Kläger stehe aus sämtlichen Rechnungen der Spielervermittler kein Vorsteuerabzug zu. Zwischen dem Kläger und den Spielervermittlern habe kein Leistungsaustausch stattgefunden. Vielmehr habe der Kläger die den Berufsfußballspielern obliegende Zahlungsverpflichtung übernommen. Ein Leistungsbezug des Klägers stünde im Widerspruch zu Art. 14 des FIFA Spielervermittler-Reglements, wonach ein Spielervermittler im Rahmen des gleichen Transfers nur die Interessen einer beteiligten Partei wahrnehmen dürfe.
10
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) erließ am 23. Juli 2007 den Prüfungsfeststellungen entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre.
11
Mit Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 2008 wies das FA die Einsprüche des Klägers im Streitpunkt als unbegründet zurück.
12
Die anschließende Klage hatte Erfolg. Das FG führte in der angefochtenen Entscheidung aus, die Spielervermittler hätten durch die Beratung und Vermittlung bei Transfers bzw. Vertragsverlängerungen von Berufsfußballspielern sonstige Leistungen i.S. des § 3 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Form von Vermittlungsleistungen gegen Entgelt an den Kläger erbracht.
13
Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 927 veröffentlicht.
14
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen und formellen Rechts.
15
Das FG habe den Vorsteuerabzug zugelassen, obwohl der Kläger nicht der Leistungsempfänger gewesen sei. Die Leistungen der Spielervermittler seien nicht für das Unternehmen des Klägers, sondern gegenüber den Berufsfußballspielern erbracht worden.
16
Entgegen der Auffassung des FG müsse für das Zustandekommen eines Maklervertrags ein eindeutiges und ausdrückliches Provisionsverlangen vorliegen. Es müsse klar sein, ob der Makler zugunsten des Interessenten oder als Doppelmakler tätig werde.
17
Dass allein der Kläger eine Provision an den jeweiligen Spielervermittler geleistet habe, obwohl –was das FG verkenne– auch die Berufsfußballspieler aus den Managementverträgen zur Zahlung verpflichtet gewesen seien, müsse als Schuldübernahme i.S. des § 414 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gewürdigt werden.
18
Das entrichtete Entgelt sei entgegen der Vorentscheidung jedenfalls nicht in vollem Umfang als Gegenleistung für die an den Kläger ausgeführten Vermittlungsleistungen zu behandeln, da die Spielervermittler sowohl für den Kläger als auch für die Berufsfußballspieler tätig geworden seien.
19
Darüber hinaus rügt das FA, das FG habe gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verstoßen. Es habe bei seiner Entscheidungsfindung nicht den vollständigen Inhalt der vorliegenden Akten gewürdigt. Das Schreiben der GmbH vom 6. August 2008, wonach die von der GmbH betreuten Berufsfußballspieler keine Vermittlungsprovision gezahlt hätten, sei vom FG nicht berücksichtigt worden.
20
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
21
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
22
Er bringt vor, die Vertragsauslegung obliege dem FG als Tatsacheninstanz und sei vorliegend revisionsrechtlich bindend, da sie weder einen Verstoß gegen die Auslegungsgrundsätze noch gegen die „allgemein anerkannten Denk- und Erfahrungssätze“ erkennen lasse. Es habe zudem alle Begleitumstände zutreffend berücksichtigt.
23
Mit den Spielervermittlern, die typischerweise als Makler handelten, seien schuldrechtliche Vereinbarungen in Gestalt von Vermittlungsmaklerverträgen geschlossen und diesen gegenüber eigene Provisionsversprechen abgegeben worden.
24
Bestehende oder vermeintliche Vertragsverhältnisse zwischen den Spielervermittlern und den Berufsfußballspielern stünden dem nicht entgegen. Eine Doppeltätigkeit der Spielervermittler sei grundsätzlich zulässig; selbst wenn sie treuwidrig gewesen wäre, sei dies für die Besteuerung unerheblich.
25
Das FIFA Spielervermittler-Reglement stehe, wie sich aus einem Schreiben der FIFA an die DFL Deutsche Fußball Liga GmbH vom 25. Juli 2013 ergebe, der Beauftragung eines Spielervermittlers, als Makler tätig zu werden, nicht entgegen.
26
Er, der Kläger, habe eine mögliche Schuld der Berufsfußballspieler gegenüber ihren Spielervermittlern mangels Kenntnis der Details über deren vertraglichen Vereinbarungen nicht übernehmen können.
27
Der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit Urteil vom 14. Dezember 2011 I R 108/10 (BFHE 236, 117, BStBl II 2012, 238), wonach Provisionszahlungen an Spielervermittler zu aktivierungspflichtigen Anschaffungsnebenkosten führten, inzident verneint, dass der dortige Verein im konkreten Einzelfall eine Schuld des Berufsfußballspielers gegenüber dem Spielervermittler übernommen habe, was zu sofort abziehbaren Betriebsausgaben geführt hätte.
28
Das Entgelt sei ferner nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten aufzuteilen. Die Vereine als Arbeitgeber hätten regelmäßig keine Informationen, in welchem Umfang Leistungen des Spielervermittlers an einen Berufsfußballspieler erbracht würden. Gegen eine Aufteilung spreche zudem, dass hinsichtlich der Grunderwerbsteuer eine vom Käufer zu tragende Maklergebühr auch nicht teilweise eine Gegenleistung i.S. des § 9 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) sei, soweit der Erwerber nicht ausdrücklich die Schuld des Verkäufers übernommen habe.

Entscheidungsgründe

29
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
30
Die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen des FG tragen seine Entscheidung nicht. Der Senat kann mangels Spruchreife nicht durcherkennen.
31
1. Der Kläger war –wovon das FG zutreffend ausgegangen ist und was im Übrigen außer Streit steht– nach § 2 Abs. 1 UStG Unternehmer.
32
Auch Vereine –wie der Kläger– können eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben und mithin als Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG tätig werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 1. August 2002 V R 21/01, BFHE 200, 101, BStBl II 2003, 438, unter II.1.a; Klenk in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 2 Rz 30; Meyer in Offerhaus/Söhn/Lange, § 2 UStG Rz 24). Insbesondere gehört ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S. des § 14 der Abgabenordnung (AO), wie er –was zwischen den Beteiligten unstreitig ist– vorliegend vom Kläger unter Einschluss seiner Profifußballabteilung unterhalten wurde, zum unternehmerischen Bereich, mit der Folge, dass die Ausgangsleistungen grundsätzlich steuerpflichtig sind und hinsichtlich der Eingangsleistungen ein Vorsteuerabzug zu gewähren ist.
33
2. Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG in der in den Streitjahren 2000 und 2001 geltenden Fassung die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.
34
a) Die Lieferungen oder sonstigen Leistungen sind „für sein Unternehmen“ ausgeführt worden, wenn der Unternehmer der Leistungsempfänger ist. Leistungsempfänger ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich derjenige, der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist (vgl. z.B. Urteile vom 24. August 2006 V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340, unter II.2.b; vom 23. September 2009 XI R 14/08, BFHE 227, 218, BStBl II 2010, 243, unter II.2.a, jeweils m.w.N.). Unbeachtlich ist daher u.a., wer die empfangene Leistung bezahlt hat (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 227, 218, BStBl II 2010, 243, unter II.2.a, m.w.N.).
35
b) Die tatsächlichen Feststellungen des FG tragen –entgegen der Ansicht des Klägers– nicht seine Würdigung, dass er Empfänger der von den Spielervermittlern erbrachten Leistungen gewesen ist.
36
aa) Das FG hat (nur) den Kläger als Empfänger der Leistungen der Spielervermittler betrachtet. Es hat dies auf die Feststellungen gestützt, dass der Kläger im Rahmen der mündlich geschlossenen Vermittlungsmaklerverträge i.S. des § 652 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 BGB mit den Spielervermittlern zumindest schlüssig vereinbart habe, dass die Vermittlungsleistungen entgeltlich erfolgen sollten, wobei die jeweilige Provisionshöhe anschließend in den schriftlichen Zahlungsvereinbarungen konkretisiert worden sei.
37
bb) Grundsätzlich ist es zwar denkbar, dass der Kläger Maklerdienstleistungen nachgefragt hat, um einen Spieler für eine bestimmte Spielposition zu finden oder einen speziellen Spieler mit Hilfe des eingeschalteten Spielervermittlers davon zu überzeugen, zu den angebotenen Vertragskonditionen einen Arbeitsvertrag zu schließen bzw. zu verlängern. Es ist auch möglich, dass die entsprechenden Maklerverträge –wovon das FG ausging– durch zunächst mündliche Kontaktaufnahme zu den betreffenden Spielervermittlern oder –wie der Kläger nunmehr vorbringt– im Rahmen der laufenden Vertragsverhandlungen zustande gekommen sind und die hierdurch begründeten Zahlungspflichten des Klägers nachträglich lediglich schriftlich fixiert und in ihrer Höhe konkretisiert wurden.
38
Hierzu bedarf es aber besonderer Umstände, die zum Ausdruck bringen, dass sich der Kläger nicht nur auf die Entgegennahme von Spielerangeboten beschränkt –worin noch kein Angebot zum Abschluss eines Maklervertrags erkennbar wäre–, sondern selbst Spielervermittler mit Maklerdienstleistungen beauftragt hat (vgl. dazu auch Beschluss des Oberlandesgerichts –OLG– Hamm vom 24. September 2012 I-18 U 25/12, nicht veröffentlicht –n.v.–, juris, unter II.1.b aa [2]). Das FG hat insoweit keine Feststellungen getroffen und nicht geprüft, ob und in welchen der betreffenden 21 Transfers bzw. Vertragsverlängerungen diese für die Interessenlage der Beteiligten bedeutsamen Begleitumstände gegeben waren. Es steht insbesondere nicht fest, ob nur in sechs Fällen oder bei allen Transfers Managementverträge bestanden.
39
Weiter hat das FG nicht berücksichtigt, dass der Kläger bereits deswegen gehalten sein konnte, einen Spielervermittler zu kontaktieren, weil sich der Spieler, mit dem über einen Transfer bzw. eine Vertragsverlängerung verhandelt werden sollte, von diesem vertreten lassen will (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 24. September 2012 I-18 U 25/12, n.v., juris, unter II.1.b aa [1]). Hierzu bestand schon deshalb Anlass, weil in dem vom FG in Bezug genommenen Betriebsprüfungsbericht vom 22. Dezember 2006, Seite 4 unter Tz 2.4 darauf hingewiesen wird, dass sich Berufsfußballspieler nach den Statuten des DFB für Vertragsabschlüsse mit einem –wie im Streitfall– Bundesligaverein eines von der FIFA lizenzierten Spielervermittlers bedienen müssten. Soweit ein Spielervermittler nur als Berater oder Vertreter eines Spielers angesprochen und tätig wurde, hat der Kläger weder Maklerdienstleistungen nachgefragt noch erhalten. Auch dazu fehlen Feststellungen des FG.
40
cc) Zudem ergeben sich aus den Feststellungen des FG und den vom FG in Bezug genommenen Akten gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Spielervermittler –zumindest auch– Leistungen an die jeweiligen Spieler erbracht haben; denn sie erbrachten möglicherweise –zumindest teilweise– aufgrund von Managementverträgen Beratungsleistungen gegen ein von dem jeweiligen Spieler geschuldetes Entgelt, was einen Leistungsaustausch zwischen Vermittler und Spieler nahelegt.
41
(1) Dabei hat das FG bei der Sachverhaltswürdigung möglichen Verstößen gegen das Spielervermittler-Reglement der FIFA nicht das ihnen zukommende Gewicht beigemessen, sondern nur unter dem Gesichtspunkt des § 41 Abs. 1 Satz 1 AO gewürdigt.
42
Zwar haben –wovon das FG zutreffend ausging– Verstöße der lizenzierten Spielervermittler gegen das FIFA Spielervermittler-Reglement allenfalls verbandsinterne Wirkung. Entgegen der Vorentscheidung ist jedoch nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass der Kläger die lizenzierten Spielervermittler selbst unter Verstoß gegen das Spielervermittler-Reglement der FIFA beauftragt und diese das Angebot zum Abschluss eines Maklervertrags angenommen hätten, soweit dieses Verhalten –wozu Feststellungen des FG fehlen– sanktioniert worden wäre. Denn es widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die betreffenden Spielervermittler bereit gewesen wären, entgegen dem Spielervermittler-Reglement der FIFA gleichzeitig die Interessen des Vereins als auch des betreffenden Berufsfußballspielers wahrzunehmen, wenn sie –z.B. durch den Entzug ihrer FIFA-Lizenz– deshalb mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen hätten rechnen müssen.
43
Abweichendes ergibt sich –entgegen der Ansicht des Klägers– nicht aus dem von ihm vorgelegten Schreiben der FIFA vom 25. Juli 2013, in dem es u.a. heißt:
44
„Gemäss Art. 14 lit. d) des Reglements (…) ist ein Spielervermittler verpflichtet, ‚im Rahmen des gleichen Transfers nur die Interessen einer beteiligten Partei zu vertreten‘. Diese Bestimmung ist laut Auffassung der FIFA resp. der für diese Sachverhalte zuständigen Kommission für den Status von Spielern dahingehend auszulegen, dass ein Spielervermittler nicht zugleich von einem Spieler und von einem Verein mit Vermittlungstätigkeiten im Rahmen desselben Transfers beauftragt werden kann bzw. nicht für beide Parteien gleichzeitig als Spielervermittler tätig werden darf. Der Wortlaut des Art. 14 lit. d) des Reglements erfasst und sanktioniert unserer Ansicht nach somit den klassischen Sachverhalt der Doppelvertretung.

Für den Fall, dass ein Spielervermittler oder Agent für einen Spieler in bestimmten Angelegenheiten lediglich beratend tätig ist oder ihm gegenüber allgemeine Managementleistungen – und somit keine konkrete Beratungstätigkeit oder Vermittlungsleistungen im Zusammenhang mit dem konkreten Transfer – erbringt und dabei gleichzeitig im Rahmen eines Spielertransfers im Auftrag des an der Verpflichtung des Spielers interessierten Vereins als Vermittler tätig wurde, ist demnach nicht von einer Verletzung von Art. 14 lit. d) des Reglements auszugehen.

Aufgrund der Tatsache, dass in der Praxis Beratungs- und Unterstützungsleistungen im Zusammenhang mit Transfers Managementverträgen oftmals inhärent sind, ist jedoch stets eine genaue Einzelfallbetrachtung erforderlich, um eine solche Trennung zwischen Beratungs- und Managementaufgaben einerseits sowie Vermittlungsleistungen andererseits annehmen zu können.“

45
(2) Ebenso hat das FG unberücksichtigt gelassen, dass die Wahrnehmung der Interessen des Klägers fernliegt, soweit die Vermittlung der Spieler nicht durch einen lizenzierten Spielervermittler, sondern durch den Vater bzw. den Rechtsanwalt eines Spielers erfolgt ist.
46
(3) Einem möglicherweise vorliegenden Leistungsaustausch zwischen Vermittler und Spieler steht –anders als der Kläger meint– das Urteil des BFH in BFHE 236, 117, BStBl II 2012, 238 nicht entgegen, wonach von einem Verein der Fußball-Bundesliga an Spielervermittler gezahlte Provisionen aktivierungspflichtige Anschaffungskosten sind. Denn diese Entscheidung verhält sich nicht zur Frage des Vorsteuerabzugs und besagt nichts darüber, ob die Provisionszahlungen, die Bestandteil der Kosten sind, die ein Verein aufwendet, um einen Berufsfußballspieler unter Vertrag nehmen zu können, umsatzsteuerrechtlich als Entgelt für an den Verein erbrachte Leistungen der Spielervermittler zu beurteilen sind.
47
3. Zwar ist –worauf der Kläger zutreffend hinweist– die Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG, zu der auch die Auslegung von Verträgen gehört, für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend (§ 118 Abs. 2 FGO). Dies setzt jedoch voraus, dass die Vorinstanz die Denkgesetze und Erfahrungssätze sowie die für die Vertragsauslegung zu beachtenden Auslegungsregeln zutreffend angewandt hat. Die Bindungswirkung entfällt deshalb insbesondere dann, wenn die Auslegung in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, weil beispielsweise die für die Interessenlage der Beteiligten bedeutsamen Begleitumstände nicht erforscht und/oder nicht zutreffend gewürdigt worden sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 5. September 2000 IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II.2.a [3]; vom 11. Januar 2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477, unter II.2.b aa; vom 10. Februar 2010 XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109, Rz 33; vom 1. Februar 2012 I R 57/10, BFHE 236, 374, BStBl II 2012, 407, Rz 22, jeweils m.w.N.). Das ist –wie vorstehend ausgeführt und wie sich zudem aus der Darlegung des Klägers im Schriftsatz vom 29. Juli 2013, welche Gesichtspunkte bei der Würdigung der Begleitumstände (noch) zu berücksichtigen seien, ergibt– hier der Fall.
48
4. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.
49
a) Das FG hat im zweiten Rechtsgang die erforderlichen Feststellungen nachzuholen und die angeführten Begleitumstände zu würdigen. Dabei kommt auch eine Vernehmung der betreffenden Berufsfußballspieler und/oder –wie vom Kläger in seiner Klagebegründungsschrift vom 14. Januar 2009, Seite 10, selbst angeregt– der Spielervermittler als Zeugen in Betracht.
50
b) Sollte das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis kommen, dass die Spielervermittler an den Kläger Leistungen erbracht haben, wäre zu prüfen, ob und ggf. zu welchen –notfalls zu schätzenden– Teilen das allein von dem Kläger gezahlte Entgelt zugleich Entgelt von dritter Seite i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG für an die Berufsfußballspieler von den Spielervermittlern erbrachten Leistungen darstellt.
51
aa) Das FG hat hiernach Feststellungen dazu zu treffen, ob und ggf. in welcher Höhe die Berufsfußballspieler verpflichtet waren, an die Spielervermittler oder an einen Dritten im Zusammenhang mit einem Transfer oder einer Vertragsverlängerung eine Vergütung zu entrichten.
52
bb) Der Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG steht nicht entgegen, dass die zwischen dem Kläger und den Spielervermittlern getroffenen Zahlungsvereinbarungen –wovon das FG zutreffend ausgegangen ist– keine Anhaltspunkte für eine Schuldübernahme i.S. des § 414 BGB enthalten. Denn § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG setzt keine Schuldübernahme desjenigen voraus, der dem Unternehmer ein Entgelt für die Leistungen an einen anderen gewährt. Maßgebend ist insoweit, dass die Zahlung des Dritten für die fragliche Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger gewährt wird, bzw. dass er die Zahlung hierfür erhält (vgl. dazu BFH-Urteile vom 19. Oktober 2001 V R 48/00, BFHE 196, 376, BStBl II 2003, 210, unter II.3.c; vom 22. Juli 2010 V R 14/09, BFHE 231, 273, BStBl II 2012, 428, Rz 26; ferner Lippross, Umsatzsteuer, 23. Aufl., S. 797, jeweils m.w.N.).
53
cc) Der erkennende Senat vermag dem Kläger nicht zu folgen, soweit er demgegenüber unter Hinweis auf § 9 GrEStG der Ansicht ist, dass die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG eine ausdrückliche Schuldübernahme voraussetze. Denn für die Beurteilung der umsatzsteuerrechtlichen Leistungsbeziehungen sind die grunderwerbsteuerrechtlichen Bestimmungen nicht maßgebend.
54
c) Ferner wird das FG zu prüfen haben, ob die jeweilige Leistungsbeschreibung –„Beratung und Unterstützung beim Transfer“, „Beratung und Vermittlung“, „Mitwirkung bei dem Vertragsabschluss“, „Transfer-Provision“, „Beratung und Unterstützung bei der Vertragsverlängerung“, „Honorar für die Vertragsverlängerung“– den Anforderungen an eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung über etwa an den Kläger erbrachte Leistungen genügt (vgl. dazu z.B. Senatsurteile vom 15. Mai 2012 XI R 32/10, BFH/NV 2012, 1836, Rz 37 ff.; vom 29. August 2012 XI R 40/10, BFH/NV 2013, 182, Rz 31, jeweils m.w.N.). Der erkennende Senat kann insoweit keine abschließende Entscheidung treffen. Das FG hat die 21 Rechnungen nicht in Bezug genommen, sondern deren Inhalt nur exemplarisch wiedergegeben. Es fehlt zudem die Zuordnung der einzelnen Rechnungen zu dem betreffenden jeweiligen Vorgang (Transfer oder Vertragsverlängerung).
55
Hierbei wird das FG zu berücksichtigen haben, dass das jeweilige Abrechnungspapier Angaben tatsächlicher Art enthalten muss, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung muss dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzungen erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 10. November 1994 V R 45/93, BFHE 176, 472, BStBl II 1995, 395, unter II.2.; vom 8. Oktober 2008 V R 59/07, BFHE 222, 189, BStBl II 2009, 218, unter II.2.a; ferner in BFH/NV 2012, 1836, Rz 47; BFH-Beschlüsse vom 18. Mai 2000 V B 178/99, BFH/NV 2000, 1504; vom 29. November 2002 V B 119/02, BFH/NV 2003, 518; vom 16. Dezember 2008 V B 228/07, BFH/NV 2009, 620, jeweils m.w.N.).
56
5. Auf die Verfahrensrüge, mit der das FA geltend macht, die Vorinstanz habe nicht den vollständigen Inhalt der vorliegenden Akten gewürdigt, kam es wegen der Zurückverweisung an das FG nicht mehr an.

Berechtigungsmanagement für die sog. vorausgefüllte Steuererklärung

Die Finanzverwaltung wird Anfang 2014 die Möglichkeit eröffnen, zur Erleichterung der Erstellung der Einkommensteuererklärungen eine Vielzahl der zu einem Steuerpflichtigen bei der Finanzverwaltung gespeicherten Daten einsehen und abrufen zu können. Unter dem Stichwort „vorausgefüllte Steuererklärung (VaSt)“ werden insbesondere solche Daten zum Abruf bereitgestellt, die von Dritten an die Finanzverwaltung übermittelt worden sind. Der Umfang der bereitgestellten Daten soll sukzessive erweitert werden.

Um die eigenen bei der Finanzverwaltung gespeicherten Daten abrufen zu können, muss sich der Steuerpflichtige im ElsterOnlinePortal anmelden und authentifizieren. Darüber hinaus kann der Steuerpflichtige auch Dritte (z. B. seinen Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein) bevollmächtigen, für ihn seine Daten einzusehen und bei Erstellung der Steuererklärung zu verwenden. Dabei ist dem Datenschutz und dem Steuergeheimnis Rechnung zu tragen. Einzelheiten zur Freischaltung dritter Personen zum Abruf der VaSt werden auf www.elster.de veröffentlicht. Nach erfolgreichem Durchlaufen des Zugangsverfahrens kann der Datenabruf sowohl über Dienste der Steuerverwaltung (ElsterOnlinePortal oder ElsterFormular) als auch über die Dienste kommerzieller Softwareanbieter erfolgen.

Für Steuerberater und Lohnsteuerhilfevereine soll eine Möglichkeit zur elektronischen Übermittlung der Vollmachtsdaten an die Finanzverwaltung eingerichtet werden. Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben hierfür Muster für eine Bevollmächtigung von Steuerberatern und Lohnsteuerhilfevereinen im Besteuerungsverfahren entworfen (Anlagen). Die Verwendung dieser amtlichen Muster ist unabdingbare Voraussetzung für die elektronische Übermittlung von Vollmachtsdaten nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz gem. Steuerdaten-Übermittlungsverordnung (StDÜV). Sollen Vollmachten nicht elektronisch an die Finanzverwaltung übermittelt werden, ist eine Verwendung der Muster freigestellt.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Die Muster für eine Bevollmächtigung von Steuerberatern und Lohnsteuerhilfevereinen im Besteuerungsverfahren finden Sie auf der Homepage des BMF.

Sie werden in Kürze auch im Formular-Management-System der Bundesfinanzverwaltung bereitgestellt.

Quelle: BMF, Schreiben IV A 3 – S-0202 / 11 / 10001 vom 10.10.2013

EU-Kommission bringt Belgien wegen Nichtanwendung der Steuerbefreiung für EU-Organe vor den Gerichtshof

Belgien hält die Bestimmungen des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union nicht restlos ein, was die dort vorgesehenen Steuerbefreiungen anbelangt. Deshalb hat die Europäische Kommission beschlossen, den Gerichtshof anzurufen.

Seit Verabschiedung der Rechtsverordnungen zur Organisation des Marktes für Elektrizität und Erdgas in der Region Brüssel-Hauptstadt werden für den Strom- und Gasverbrauch der von den EU-Organen in Brüssel belegten Gebäude auch die in diesen Verordnungen vorgesehenen Abgaben in Rechnung gestellt.

Nach Auffassung der Kommission sind diese Abgaben gemäß den im Protokoll vorgesehenen Steuerbefreiungen nicht auf die EU-Organe anwendbar. Nach Artikel 3 2. Unterabsatz des Protokolls werden die EU-Organe durch die Mitgliedstaaten, in deren Hoheitsgebiet sie niedergelassen sind, von indirekten Steuern und Verkaufsabgaben befreit, wenn die Union für ihren Dienstbedarf größere Einkäufe tätigt.

Anders als das Königreich Belgien vertritt die Kommission die Auffassung, dass es sich bei den betreffenden regionalen Abgaben um indirekte Steuern handelt, die somit von der Steuerbefreiung erfasst sind.

Mit der Steuerbefreiung soll vermieden werden, dass ein Land, in dessen Hoheitsgebiet ein Organ der EU angesiedelt ist, von dieser Situation profitiert, indem es Steuern erhebt, die aus den Beiträgen aller Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt finanziert werden. Dies ließe sich gegenüber den europäischen Steuerzahlern nicht rechtfertigen.

Parallel zu diesem Vertragsverletzungsverfahren hat die Kommission im Jahr 2011 ein Verfahren nach belgischem Recht angestrengt, in dem sie die Befreiung von den entsprechenden Steuern und die Erstattung der bereits von den EU-Organen entrichteten Beträge fordert. Dieses Verfahren ist noch vor den belgischen Gerichten anhängig.

Hintergrund
Die Kommission hatte Belgien im Februar 2012 eine mit Gründen versehene Stellungnahme übermittelt. In seiner Antwort vom April 2012 lehnte Belgien Steuerbefreiungen weiterhin ab. Das Vertragsverletzungsverfahren ist unter dem Aktenzeichen 2008/2170 registriert.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 17.10.2013

Deutsche Erbschaftsteuerregeln verstoßen gegen EU-Recht

Der EuGH entschied am 17.10.2013 in der deutschen Rechtssache C-181/12, in der es um die Frage ging, ob die deutschen Bestimmungen zur Berechnung der Erbschaftssteuer für Gebietsfremde gegen den freien Kapitalverkehr (Art. 56 und 58 EG, jetzt Art. 63 und 65 AEUV) verstoßen.

Die Klage wurde von einem Schweizer Staatsangehörigen eingereicht, der von seiner Frau ein in Deutschland gelegenes Grundstück sowie die Guthaben auf in Deutschland und der Schweiz befindlichen Konten geerbt hatte. Seine Frau war in Deutschland geboren, änderte ihre Staatsbürgerschaft aber nach der Eheschließung und lebte bis zu ihrem Tod mit ihrem Mann in der Schweiz. In der Schweiz musste der Kläger keine Steuer auf die Erbschaft entrichten. Bei der Berechnung der deutschen Erbschaftssteuer für das Grundstück setzte das Finanzamt den in § 16 Abs. 2 ErbStG vorgesehenen Freibetrag für Gebietsfremde fest, der verglichen mit dem Freibetrag für Gebietsansässige erheblich niedriger ist. Dagegen sah der Kläger einen Verstoß gegen EU-Recht und reichte Klage ein.

Der EuGH entschied wie folgt:

Art. 56 EG und 58 EG sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats über die Berechnung von Erbschaftsteuern entgegenstehen, die für den Fall des Erwerbs eines im Gebiet dieses Staates belegenen Grundstücks durch Erbanfall vorsieht, dass der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage dann, wenn der Erblasser und der Erwerber (…) zum Zeitpunkt des Erbfalls ihren Wohnsitz in einem Drittland wie der Schweizerischen Eidgenossenschaft hatten, niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest eine dieser beiden Personen zu diesem Zeitpunkt ihren Wohnsitz in dem genannten Mitgliedstaat gehabt hätte.

EuGH, Urteil C-181/12 vom 17.10.2013

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

17. Oktober 2013(*)

„Freier Kapitalverkehr – Art. 56 EG bis 58 EG – Erbschaftsteuern – Erblasser und Erbe mit Wohnsitz in einem Drittland – Nachlassvermögen – In einem Mitgliedstaat belegenes Grundstück – Anspruch auf Inanspruchnahme eines Freibetrags auf die Steuerbemessungsgrundlage – Unterschiedliche Behandlung von Gebietsansässigen und Gebietsfremden“

In der Rechtssache C‑181/12

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 2. April 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 18. April 2012, in dem Verfahren

Yvon Welte

gegen

Finanzamt Velbert

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter C. G. Fernlund und A. Ó Caoimh (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Herrn Welte, vertreten durch Rechtsanwalt M. Duffner,

–        des Finanzamts Velbert, vertreten durch A. Ludwig als Bevollmächtigten,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch A. Wiedmann und T. Henze als Bevollmächtigte,

–        der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und J.‑C. Halleux als Bevollmächtigte im Beistand von A. Lepièce, avocate,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Mölls und W. Roels als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Juni 2013

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 56 EG und 58 EG.

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Welte, dem Witwer einer in der Schweiz verstorbenen schweizerischen Staatsangehörigen, und dem Finanzamt Velbert (im Folgenden: Finanzamt) über die Berechnung der Erbschaftsteuern auf ein in Deutschland belegenes bebautes Grundstück, dessen Eigentümerin die Erblasserin war.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3        Art. 1 der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages (Artikel aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam) (ABl. L 178, S. 5) lautet:

„(1)      Unbeschadet der nachstehenden Bestimmungen beseitigen die Mitgliedstaaten die Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Gebietsansässigen in den Mitgliedstaaten. Zur Erleichterung der Durchführung dieser Richtlinie wird der Kapitalverkehr entsprechend der Nomenklatur in Anhang I gegliedert.

(2)      Die mit dem Kapitalverkehr zusammenhängenden Zahlungstransaktionen erfolgen zu den gleichen Devisenbedingungen, die bei Zahlungen für laufende Transaktionen gelten.“

4        Zu den im Anhang I der Richtlinie 88/361 aufgeführten Kapitalbewegungen gehören „Direktinvestitionen“ in Rubrik I, „Immobilieninvestitionen (soweit nicht unter I erfasst)“ in Rubrik II und der „Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter“ in Rubrik XI, der insbesondere Erbschaften und Vermächtnisse umfasst.

Deutsches Recht

5        Das Erbschaftsteuer‑ und Schenkungsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (BGBl. 1997 I S. 378), geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer‑ und Bewertungsrechts vom 24. Dezember 2008 (BGBl. 2008 I S. 3018, im Folgenden: ErbStG), enthält folgende Bestimmungen:

§ 1 Steuerpflichtige Vorgänge

(1)      Der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) unterliegen

1.      der Erwerb von Todes wegen;

2.      die Schenkungen unter Lebenden;

§ 2 Persönliche Steuerpflicht

(1)      Die Steuerpflicht tritt ein

1.       in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer … ein Inländer ist, für den gesamten Vermögensanfall. Als Inländer gelten

a)      natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b)      deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben,

3.      in allen anderen Fällen für den Vermögensanfall, der in Inlandsvermögen im Sinne des § 121 des Bewertungsgesetzes [im Folgenden: BewG] besteht …

§ 3 Erwerb von Todes wegen

(1)      Als Erwerb von Todes wegen gilt

1.      der Erwerb durch Erbanfall …

§ 15 Steuerklassen

(1)      Nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser oder Schenker werden die folgenden drei Steuerklassen unterschieden:

Steuerklasse I:

1.      der Ehegatte,

§ 16 Freibeträge

(1)      Steuerfrei bleibt in den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Erwerb

1.      des Ehegatten in Höhe von 500 000 Euro …

(2)      An die Stelle des Freibetrags nach Absatz 1 tritt in den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 3 ein Freibetrag von 2 000 Euro.

§ 19 Steuersätze

(1)      Die Erbschaftsteuer wird nach folgenden Prozentsätzen erhoben:

Wert des steuerpflichtigen Erwerbs (§ 10) bis einschließlich … Euro Prozentsatz in der Steuerklasse
I II III
75 000  7 30 30
300 000 11 30 30
600 000 15 30 30

…“

6        § 121 („Inlandsvermögen“) BewG in der Fassung des Art. 2 des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer‑ und Bewertungsrechts vom 24. Dezember 2008 bestimmt:

„Zum Inlandsvermögen gehören:

2.      das inländische Grundvermögen;

…“

 

 

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

7        Frau Welte-Schenkel, die in Deutschland geboren wurde, jedoch nach ihrer Heirat mit Herrn Welte, einem schweizerischen Staatsangehörigen, schweizerische Staatsangehörige wurde, verstarb am 27. März 2009 in der Schweiz, wo sie mit ihrem Ehemann wohnte. Dieser ist ihr einziger Erbe.

8        Die Erblasserin war Eigentümerin eines Grundstücks in Düsseldorf (Deutschland), dessen Wert das Finanzamt Düsseldorf-Süd zum Tag ihres Todes mit 329 200 Euro feststellte. Nach den dem Gerichtshof vorgelegten Angaben stand auf diesem Grundstück das Haus der Eltern der Erblasserin, und sie hatte es beim Tod ihrer Mutter geerbt. Ferner war die Erblasserin Inhaberin von Konten bei zwei Banken in Deutschland, die Guthaben von insgesamt 33 689,72 Euro aufwiesen. Zudem war sie Inhaberin von Konten bei Schweizer Banken mit Guthaben von insgesamt umgerechnet 169 508,04 Euro.

9        Mit Bescheid vom 31. Oktober 2011 setzte das Finanzamt gegen Herrn Welte Erbschaftsteuer in Höhe von 41 450 Euro fest. Dieser Betrag wurde ermittelt, indem von der Bemessungsgrundlage, die allein anhand des Werts des in Düsseldorf belegenen Grundstücks abzüglich einer Pauschale von 10 300 Euro für Erbfallkosten gebildet wurde, ein Freibetrag von 2 000 Euro abgezogen wurde, der in § 16 Abs. 2 ErbStG für Erwerbe von Todes wegen zwischen Gebietsfremden vorgesehen ist.

10      Mit Bescheid vom 23. Januar 2012 wies das Finanzamt den Einspruch zurück, den Herr Welte im Hinblick auf die Inanspruchnahme des Freibetrags in Höhe von 500 000 Euro eingelegt hatte, der in § 16 Abs. 1 ErbStG bei Beteiligung zumindest eines Gebietsansässigen an der Erbschaft zugunsten des Ehegatten vorgesehen ist.

11      Herr Welte erhob gegen diesen Bescheid eine Klage beim Finanzgericht Düsseldorf, mit der er geltend machte, dass die Ungleichbehandlung Gebietsansässiger und Gebietsfremder hinsichtlich der Zahlung der Erbschaftsteuer gegen die durch den EG-Vertrag gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit verstoße.

12      Das vorlegende Gericht hält die Vereinbarkeit von § 16 Abs. 2 ErbStG mit den Art. 56 Abs. 1 EG und 58 EG für zweifelhaft. Nach der erstgenannten Bestimmung stehe nämlich Herrn Welte als beschränkt Steuerpflichtigem für seinen Erwerb von Todes wegen nur ein Freibetrag von 2 000 Euro zu. Hätte die Erblasserin oder er selbst aber zum Zeitpunkt des Erbfalls den Wohnsitz in Deutschland gehabt, stünde ihm nach § 16 Abs. 1 ErbStG ein Freibetrag von 500 000 Euro zu, so dass er keine Erbschaftsteuer hätte entrichten müssen.

13      Das vorlegende Gericht führt aus, im Urteil vom 22. April 2010, Mattner (C‑510/08, Slg. 2010, I‑3553, Randnr. 56), habe der Gerichtshof entschieden, dass die Art. 56 EG und 58 EG einer Bestimmung wie § 16 Abs. 2 ErbStG entgegenstünden, die hinsichtlich der Berechnung der Schenkungsteuer vorsehe, dass der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage im Fall der Schenkung eines in Deutschland belegenen Grundstücks, wenn der Schenker und der Beschenkte zur Zeit der Ausführung der Schenkung ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat gehabt hätten, niedriger sei als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest einer von ihnen zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz im erstgenannten Mitgliedstaat gehabt hätte.

14      Das vorlegende Gericht weist jedoch darauf hin, dass sich der vorliegende Rechtsstreit in zwei Punkten von dem Sachverhalt unterscheide, zu dem das Urteil Mattner ergangen sei. Zum einen hätten die Erblasserin und Herr Welte zum Zeitpunkt des Erbfalls ihren Wohnsitz nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, sondern in einem Drittland gehabt. Zum anderen gehörten zu dem von Herrn Welte geerbten Vermögen nicht nur das Grundstück der Erblasserin, sondern auch Guthaben bei deutschen und Schweizer Banken. Es könnte daher gerechtfertigt sein, Herrn Welte nicht den Freibetrag von 500 000 Euro, sondern nur den von 2 000 Euro zuzubilligen, da nur ein Teil des in Deutschland befindlichen Nachlassvermögens besteuert worden sei.

15      Das vorlegende Gericht bezweifelt allerdings, dass diese Argumente die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Ungleichbehandlung gebietsansässiger und gebietsfremder Personen rechtfertigen können, wobei es auf die Urteile vom 18. Dezember 2007, A (C‑101/05, Slg. 2007, I‑11531), und Mattner Bezug nimmt. Dass Herrn Welte nur ein Freibetrag von 2 000 Euro gewährt werde, gehe insbesondere über das für eine Gleichbehandlung zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden Erforderliche hinaus. Im vorliegenden Fall sei nämlich das Grundstück in Düsseldorf, das das in Deutschland besteuerte Nachlassvermögen darstelle, mit 329 200 Euro bewertet worden, einem Betrag, der etwa 62 % des gesamten Nachlasswerts von ermittelten 532 397,76 Euro ausmache. Die Nichtbesteuerung von etwa 38 % des Nachlasswerts könne daher kaum als Rechtfertigung für einen Freibetrag von 2 000 Euro statt eines Freibetrags von 500 000 Euro dienen.

16      Das Finanzgericht Düsseldorf hat deshalb beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Sind die Art. 56 EG und 58 EG dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats über die Erhebung der Erbschaftsteuer entgegenstehen, die bei dem Erwerb durch Erbanfall eines im Inland belegenen Grundstücks von einer gebietsfremden Person für den gebietsfremden Erwerber nur einen Freibetrag von 2 000 Euro vorsieht, während bei einem Erwerb durch Erbanfall ein Freibetrag von 500 000 Euro gewährt würde, wenn der Erblasser oder der Erwerber zur Zeit des Erbfalls seinen Wohnsitz in dem betreffenden Mitgliedstaat hätte?

Zur Vorlagefrage

17      Das vorlegende Gericht möchte mit seiner Frage wissen, ob die Art. 56 EG und 58 EG dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats über die Berechnung von Erbschaftsteuern entgegenstehen, die für den Fall des Erwerbs eines im Gebiet dieses Staates belegenen Grundstücks durch Erbanfall vorsieht, dass der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage dann, wenn der Erblasser und der Erwerber – wie unter den Umständen des Ausgangsverfahrens – zum Zeitpunkt des Erbfalls ihren Wohnsitz in einem Drittland wie der Schweizerischen Eidgenossenschaft hatten, niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest eine dieser beiden Personen zu diesem Zeitpunkt ihren Wohnsitz in dem genannten Mitgliedstaat gehabt hätte.

18      Art. 56 Abs. 1 EG verbietet allgemein Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern.

19      In Ermangelung einer Definition des Begriffs „Kapitalverkehr“ im Vertrag hat der Gerichtshof der Nomenklatur in Anhang I der Richtlinie 88/361 Hinweischarakter zuerkannt, wobei die in diesem Anhang enthaltene Liste laut seiner Einleitung nicht erschöpfend ist (vgl. u. a. Urteile vom 23. Februar 2006, van Hilten-van der Heijden, C‑513/03, Slg. 2006, I‑1957, Randnr. 39, und vom 10. Februar 2011, Missionswerk Werner Heukelbach, C‑25/10, Slg. 2011, I‑497, Randnr. 15).

20      Hierzu ist in ständiger Rechtsprechung entschieden worden, dass es sich bei Erbschaften, mit denen das Vermögen eines Erblassers auf eine oder mehrere Personen übergeht und die unter die Rubrik XI („Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter“) des Anhangs I der Richtlinie 88/361 fallen, mit Ausnahme der Fälle, die mit keinem ihrer wesentlichen Elemente über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen, um Kapitalverkehr im Sinne von Art. 56 EG handelt (vgl. u. a. Urteile vom 11. Dezember 2003, Barbier, C‑364/01, Slg. 2003, I‑15013, Randnr. 58, van Hilten‑van der Heijden, Randnrn. 40 bis 42, und vom 19. Juli 2012, Scheunemann, C‑31/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 22).

21      Ein Sachverhalt, bei dem eine Person, die ihren Wohnsitz zum Zeitpunkt ihres Todes in der Schweiz hatte, einer anderen Person, ebenfalls mit Wohnsitz in diesem Staat, eine Gesamtheit von Gegenständen vererbt, darunter ein in Deutschland belegenes Grundstück, das in diesem Mitgliedstaat zur Erbschaftsteuer veranlagt wird, kann nicht als rein innerstaatlicher Sachverhalt angesehen werden. Die im Ausgangsverfahren fragliche Erbschaft stellt somit einen Vorgang dar, der unter den Kapitalverkehr im Sinne des Art. 56 Abs. 1 EG fällt.

22      Zu prüfen ist daher zunächst, ob, wie sowohl Herr Welte im Ausgangsverfahren als auch die Europäische Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen vor dem Gerichtshof geltend machen, eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche eine Beschränkung des Kapitalverkehrs darstellt.

Zum Vorliegen einer Beschränkung des freien Kapitalverkehrs im Sinne von Art. 56 Abs. 1 EG

23      Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den Maßnahmen, die bei Erbschaften als Beschränkungen des Kapitalverkehrs nach Art. 56 Abs. 1 EG verboten sind, solche, die eine Wertminderung des Nachlasses dessen bewirken, der in einem anderen Mitgliedstaat als dem ansässig ist, in dessen Gebiet sich die betreffenden Vermögensgegenstände befinden und der deren Erwerb von Todes wegen besteuert (vgl. u. a. Urteil Barbier, Randnr. 62, Urteile vom 11. September 2008, Eckelkamp u. a., C‑11/07, Slg. 2008, I‑6845, Randnr. 44, und Arens-Sikken, C‑43/07, Slg. 2008, I‑6887, Randnr. 37, sowie Urteil Missionswerk Werner Heukelbach, Randnr. 22).

24      Im vorliegenden Fall sieht die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung vor, dass bei einem Nachlass, der ein in Deutschland belegenes Grundstück umfasst, der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage dann, wenn der Erblasser und der Erwerber zum Zeitpunkt des Erbfalls ihren Wohnsitz nicht in diesem Mitgliedstaat hatten, niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn entweder der Erblasser oder der Erwerber zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz in Deutschland gehabt hätte.

25      Es ist festzustellen, dass eine solche Regelung, die im Fall der betreffenden Immobilie die Anwendung eines Freibetrags auf die Bemessungsgrundlage vom Wohnsitz des Erblassers und des Erwerbers zum Zeitpunkt des Erbfalls abhängig macht, dazu führt, dass Erwerbe von Todes wegen zwischen Gebietsfremden, die einen solchen Gegenstand umfassen, einer höheren Besteuerung unterliegen als Erwerbe, an denen zumindest ein Gebietsansässiger beteiligt ist, und daher eine Wertminderung des betreffenden Nachlasses bewirken (vgl. entsprechend Urteile Eckelkamp u. a., Randnrn. 45 und 46, Mattner, Randnrn. 27 und 28, sowie Missionswerk Werner Heukelbach, Randnr. 24).

26      Daraus folgt, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs im Sinne von Art. 56 Abs. 1 EG darstellt.

Zur Anwendung des Art. 57 Abs. 1 EG betreffend Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs im Verhältnis zu Drittländern

27      Die deutsche und die belgische Regierung sowie die Kommission vertreten jedoch die Auffassung, dass eine solche Beschränkung, soweit sie den Kapitalverkehr mit Drittländern betrifft, nach Art. 57 Abs. 1 EG zulässig sein könne.

28      Nach dieser Bestimmung berührt Art. 56 EG nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen auf dritte Länder, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher Rechtsvorschriften oder aufgrund von Rechtsvorschriften der Union für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestanden.

29      Hierzu ist festzustellen, dass Art. 57 Abs. 1 EG, der eine erschöpfende Liste von Kapitalbewegungen aufführt, die der Anwendung des Art. 56 Abs. 1 EG entzogen sein können, Erbschaften nicht nennt. Diese Bestimmung ist jedoch als Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs eng auszulegen (vgl. entsprechend Urteil Eckelkamp u. a., Randnr. 57).

30      Sowohl die deutsche Regierung als auch die Kommission, denen sich die belgische Regierung anschließt, weisen indessen darauf hin, dass Art. 57 Abs. 1 EG auf den Kapitalverkehr im Zusammenhang mit „Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien“ anwendbar sei. Eine sich auf eine Immobilie erstreckende Erbschaft stelle eine solche Investition dar, da bei einer solchen Erbschaft der Erwerber angesichts des Umstands, dass alle Rechte und Pflichten des Erblassers auf dessen Erben übergingen, hinsichtlich des Eigentums an der Immobilie an die Stelle des Erblassers trete. Sie stelle daher eine Form des Immobilienerwerbs dar, die einer Anlage in Immobilien gleichzusetzen sei.

31      Es ist jedoch festzustellen, dass Erbschaften, wie bereits in Randnr. 20 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, unter die Rubrik XI („Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter“) des Anhangs I der Richtlinie 88/361 fallen, „Direktinvestitionen“ wie auch „Immobilieninvestitionen“ hingegen zu anderen Rubriken, nämlich den Rubriken I bzw. II dieses Anhangs, gehören.

32      Zwar sind die letztgenannten Begriffe im Vertrag nicht definiert, doch folgt aus der Aufzählung in der genannten Rubrik I sowie den dazugehörigen Begriffsbestimmungen, denen der Gerichtshof bereits Hinweischarakter zuerkannt hat, dass der Begriff „Direktinvestitionen“ Investitionen durch natürliche oder juristische Personen zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter und direkter Beziehungen zwischen denjenigen, die die Mittel bereitstellen, und den Unternehmen betrifft, für die die Mittel zum Zweck einer wirtschaftlichen Tätigkeit bestimmt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Mai 2007, Holböck, C‑157/05, Slg. 2007, I‑4051, Randnrn. 34 und 35 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Schon nach der Überschrift der Rubrik II des Anhangs I der Richtlinie 88/361 erfassen jedoch die in dieser Rubrik bezeichneten „Immobilieninvestitionen“ nicht die in Rubrik I dieses Anhangs bezeichneten Direktinvestitionen.

34      Unter diesen Umständen ist entsprechend den Ausführungen des Generalanwalts in Nr. 55 seiner Schlussanträge davon auszugehen, dass mit der Bezugnahme in Art. 57 Abs. 1 EG auf „Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien“ nur diejenigen Anlagen in Immobilien gemeint sind, die unter die Rubrik I des Anhangs I der Richtlinie 88/361 fallende Direktinvestitionen darstellen.

35      Dagegen fallen „Vermögensanlagen“ in Immobilien wie die im Ausgangsverfahren fraglichen, die sich auf das Haus der Eltern der Erblasserin beziehen, zu privaten Zwecken getätigt wurden und nicht mit der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit verbunden sind, nicht in den Anwendungsbereich des Art. 57 Abs. 1 EG.

36      Diese Schlussfolgerung, die der engen Auslegung entspricht, die bei dieser Bestimmung als Ausnahme vom freien Kapitalverkehr geboten ist, kann entgegen der Auffassung der Kommission keineswegs durch das Urteil Scheunemann in Frage gestellt werden.

37      Zwar hat der Gerichtshof in Randnr. 35 jenes Urteils für Recht erkannt, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats, wonach bei der Berechnung der Erbschaftsteuer die Anwendung bestimmter Steuervergünstigungen auf einen Nachlass in Form der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat ausgeschlossen ist, vorwiegend nicht den freien Kapitalverkehr, sondern die Ausübung der Niederlassungsfreiheit berührt, sofern diese Beteiligung es ihrem Inhaber ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der betreffenden Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen. Der Gerichtshof hat sich also bei der Bestimmung der auf den fraglichen Sachverhalt anwendbaren Grundfreiheit nicht auf die Nomenklatur in Anhang I der Richtlinie 88/361 gestützt.

38      Die vorliegende Rechtssache betrifft jedoch die Auslegung einer Ausnahme vom freien Kapitalverkehr in einer Fallgestaltung, bei der feststeht, dass diese Freiheit anwendbar ist. Dabei sind die im Vertrag anerkannten Grundfreiheiten weit auszulegen, während die Ausnahmen von einer solchen, wie bereits in den Randnrn. 29 und 36 des vorliegenden Urteils hervorgehoben worden ist, eng auszulegen sind.

39      Daher kann eine Beschränkung wie die im Ausgangsverfahren fragliche, die die Verkehrsfreiheit im Verhältnis zu einem Drittland wie der Schweizerischen Eidgenossenschaft betrifft, der Anwendung des Art. 56 Abs. 1 EG nicht auf der Grundlage von Art. 57 Abs. 1 EG entzogen sein.

40      Unter diesen Umständen ist zu prüfen, inwieweit die in dieser Weise festgestellte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs möglicherweise nach den Bestimmungen des Vertrags gerechtfertigt ist.

Zum Vorliegen einer Rechtfertigung der Beschränkung des freien Kapitalverkehrs nach Art. 58 Abs. 1 und 3 EG

41      Nach Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG „berührt [Art. 56 EG] nicht das Recht der Mitgliedstaaten, … die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln“.

42      Diese Bestimmung in Art. 58 EG ist, da sie eine Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs darstellt, eng auszulegen. Sie kann somit nicht dahin verstanden werden, dass jede Steuerregelung, die zwischen Steuerpflichtigen nach ihrem Wohnort oder nach dem Mitgliedstaat ihrer Kapitalanlage unterscheidet, ohne Weiteres mit dem Vertrag vereinbar wäre (vgl. Urteil vom 17. Januar 2008, Jäger, C‑256/06, Slg. 2008, I‑123, Randnr. 40, sowie Urteile Eckelkamp u. a., Randnr. 57, Arens-Sikken, Randnr. 51, und Mattner, Randnr. 32).

43      Die in Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG vorgesehene Ausnahme wird nämlich ihrerseits durch Abs. 3 dieses Artikels eingeschränkt, wonach die in Art. 58 Abs. 1 genannten nationalen Vorschriften „weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital‑ und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 56 darstellen [dürfen]“ (vgl. Urteile Jäger, Randnr. 41, Eckelkamp u. a., Randnr. 58, Arens-Sikken, Randnr. 52, und Mattner, Randnr. 33).

44      Deshalb ist zwischen den nach Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG erlaubten Ungleichbehandlungen und den nach Abs. 3 dieses Artikels verbotenen willkürlichen Diskriminierungen zu unterscheiden. Aus der ständigen Rechtsprechung ergibt sich, dass eine nationale Steuerregelung wie die im Ausgangsverfahren streitige – die für die Festsetzung der Erbschaftsteuer bei einer in dem betroffenen Mitgliedstaat belegenen Immobilie in Bezug auf die Höhe des auf die Bemessungsgrundlage anzuwendenden Freibetrags danach unterscheidet, ob der Erblasser oder der Erwerber seinen Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat hat oder beide in einem anderen Mitgliedstaat wohnen – nur dann mit den Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr vereinbar sein kann, wenn die unterschiedliche Behandlung Situationen betrifft, die objektiv nicht miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Außerdem kann die unterschiedliche Behandlung nur gerechtfertigt sein, wenn sie nicht über das hinausgeht, was zum Erreichen des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels erforderlich ist (vgl. Urteil vom 7. September 2004, Manninen, C‑319/02, Slg. 2004, I‑7477, Randnr. 29, sowie Urteile Eckelkamp u. a., Randnrn. 58 und 59, Arens-Sikken, Randnrn. 52 und 53, und Mattner, Randnr. 34).

Zur Vergleichbarkeit der fraglichen Situationen

45      Die deutsche Regierung, unterstützt durch die belgische Regierung, trägt vor, die Situationen bei einem Gebietsfremde betreffenden Erwerb durch Erbanfall und bei einem solchen Erwerb, an dem ein Gebietsansässiger beteiligt sei, seien objektiv unterschiedlich. Im ersten Fall werde nämlich der Erwerber, der in Deutschland der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterliege, in diesem Mitgliedstaat nur mit den in § 121 BewG aufgezählten Vermögensgegenständen besteuert, die einen Bezug zu diesem Staat aufwiesen und das „Inlandsvermögen“ bildeten. Dagegen werde im zweiten Fall der Erwerber, der in Deutschland unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig sei, in diesem Mitgliedstaat nach dem Prinzip des „Weltvermögens“ unabhängig davon, worin das Vermögen bestehe und an welchem Ort es belegen sei, mit dem gesamten Vermögensanfall besteuert.

46      Nach Ansicht dieser Regierungen steht die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung insoweit in Einklang mit der mit dem Urteil vom 14. Februar 1995, Schumacker (C‑279/93, Slg. 1995, I‑225), begründeten Rechtsprechung, wonach grundsätzlich der Wohnsitzstaat dazu berufen sei, die Gesamtsteuerkraft des Gebietsansässigen zu beurteilen und diesem dabei gegebenenfalls aufgrund der Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse Freibeträge zu gewähren, wobei das im Hoheitsgebiet eines Staates von einem Gebietsfremden erzielte Einkommen meist nur einen Teil seiner Gesamteinkünfte darstelle. Dementsprechend sei aber im vorliegenden Fall die Bemessungsgrundlage für die von einem Gebietsfremden zu entrichtende Erbschaftsteuer grundsätzlich niedriger als die eines Gebietsansässigen.

47      Weiter machen die deutsche und die belgische Regierung zu diesem Punkt in Übereinstimmung mit dem vorlegenden Gericht geltend, dass der Gerichtshof dieser Argumentation im Urteil Mattner, das die gleiche unterschiedliche Behandlung wie die im Ausgangsverfahren fragliche betroffen habe, zwar nicht gefolgt sei, dass dieses Urteil aber auch keine Berechnung der Erbschaftsteuer auf den gesamten Vermögensanfall, sondern die Berechnung der Schenkungsteuer für eine einzige Immobilie betroffen habe, so dass in jenem Fall zwischen einer Schenkung bei beschränkter Steuerpflicht und einer Schenkung bei unbeschränkter Steuerpflicht kein objektiver Situationsunterschied bestanden habe.

48      Zu beachten ist jedoch, dass diese Argumentation vom Gerichtshof nicht nur, wie diese Regierungen vortragen, hinsichtlich der Berechnung der Schenkungsteuer für eine Immobilie zurückgewiesen worden ist (Urteil Mattner, Randnrn. 35 bis 38), sondern auch hinsichtlich der Berechnung der für einen solchen Gegenstand zu entrichtenden Erbschaftsteuer (vgl. Urteile Jäger, Randnr. 44, Eckelkamp u. a., Randnrn. 61 bis 63, und Arens-Sikken, Randnrn. 55 bis 57).

49      Insoweit hat der Gerichtshof befunden, dass es in Bezug auf die Höhe der Erbschaftsteuer, die für ein in Deutschland belegenes Grundstück anfällt, keinen objektiven Unterschied gibt, der es rechtfertigen würde, die Situation von Personen, von denen keine in diesem Mitgliedstaat wohnt, und die Situation, in der zumindest eine der beteiligten Personen in diesem Staat wohnt, ungleich zu behandeln. Die Höhe der Erbschaftsteuer für ein in Deutschland belegenes Grundstück wird nach dem ErbStG nämlich nach dem Wert dieser Immobilie und zugleich nach dem persönlichen Verhältnis zwischen Erblasser und Erben berechnet. Weder das eine noch das andere dieser beiden Kriterien ist aber vom Ort des Wohnsitzes dieser Personen abhängig (vgl. in diesem Sinne Urteile Jäger, Randnr. 44, Eckelkamp u. a., Randnr. 61, und Arens-Sikken, Randnr. 55).

50      Außerdem gilt nach der deutschen Regelung grundsätzlich sowohl derjenige als erbschaftsteuerpflichtig für in Deutschland belegene Immobilien, der eine Immobilie durch eine Vererbung zwischen Gebietsfremden erwirbt, als auch derjenige, der eine Immobilie durch eine Vererbung erwirbt, bei der zumindest ein Beteiligter gebietsansässig ist. Nur in Bezug auf den Freibetrag auf die Bemessungsgrundlage behandelt diese Regelung für die Zwecke der Ermittlung der Erbschaftsteuer für in Deutschland belegene Immobilien Erwerbe durch Vererbung unter Gebietsfremden und Erwerbe unter Beteiligung eines Gebietsansässigen unterschiedlich. Hingegen erfolgt die Bestimmung der Steuerklasse und des Steuersatzes gemäß den §§ 15 und 19 ErbStG nach den gleichen Regeln.

51      Wenn eine nationale Regelung für die Zwecke der Besteuerung einer von Todes wegen erworbenen Immobilie, die in dem betreffenden Mitgliedstaat belegen ist, gebietsfremde Erben, die diese Immobilie von einem gebietsfremden Erblasser erworben haben, einerseits und gebietsfremde oder gebietsansässige Erben, die eine solche Immobilie von einem gebietsansässigen Erblasser erworben haben, sowie gebietsansässige Erben, die diese Immobilie von einem gebietsfremden Erblasser erworben haben, andererseits auf die gleiche Stufe stellt, kann sie diese Erben im Rahmen dieser Besteuerung hinsichtlich der Anwendung eines Freibetrags auf die Steuerbemessungsgrundlage für diese Immobilie nicht unterschiedlich behandeln, ohne gegen die Vorgaben des Unionsrechts zu verstoßen. Indem der nationale Gesetzgeber Erwerbe von Todes wegen durch diese beiden Personengruppen – außer in Bezug auf die Höhe des Freibetrags, den der Erbe gegebenenfalls in Anspruch nehmen kann – gleich behandelt, hat er nämlich anerkannt, dass zwischen ihnen im Hinblick auf die Modalitäten und die Voraussetzungen für die Erhebung der Erbschaftsteuer kein objektiver Situationsunterschied besteht, der eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnte (vgl. entsprechend Urteile Eckelkamp u. a., Randnr. 63, Arens-Sikken, Randnr. 57, und Mattner, Randnr. 38).

52      Zwar ist einzuräumen, dass, wie die deutsche und die belgische Regierung geltend machen, die Bemessungsgrundlage bei der Erbschaft eines gebietsfremden Erben, der in Deutschland beschränkt erbschaftsteuerpflichtig ist, nach den eigenen Worten dieser Regierungen „grundsätzlich“ niedriger ist als die bei einem gebietsansässigen oder gebietsfremden Erben, der in diesem Mitgliedstaat unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig ist.

53      Dies kann jedoch die vorstehenden Feststellungen nicht in Frage stellen, da sich die Höhe des in der im Ausgangsverfahren fraglichen Regelung vorgesehenen Freibetrags keineswegs je nach dem Betrag der Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer ändert, sondern unabhängig von diesem Betrag gleich bleibt. Wie sich nämlich aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten ergibt, wird dieser Freibetrag jedem Erben allein wegen seiner Eigenschaft als in Deutschland Erbschaftsteuerpflichtiger ohne Weiteres gewährt, um durch die Herabsetzung der Höhe der Erbschaft die Steuerfreiheit eines Teils des Familienvermögens sicherzustellen. Ebenso wie diese Eigenschaft als Steuerpflichtiger aber in keiner Weise vom Wohnsitz abhängig ist – da die fragliche Regelung unabhängig davon, ob Erblasser und Erbe in Deutschland wohnhaft sind oder nicht, jeden Erwerb einer dort belegenen Immobilie der Erbschaftsteuer unterwirft –, erfasst der Zweck der teilweisen Steuerbefreiung des Familienvermögens in gleicher Weise alle in Deutschland erbschaftsteuerpflichtigen gebietsansässigen oder gebietsfremden Personen, da diese Befreiung auf die Herabsetzung der Gesamthöhe der Erbschaft abzielt.

54      So kann eine Person, die von Todes wegen erworben hat und deren Steuerbemessungsgrundlage in Deutschland – wie bei Herrn Welte im Ausgangsverfahren – auf eine in diesem Mitgliedstaat belegene Immobilie beschränkt ist, im Gegensatz zu Herrn Welte einen Freibetrag von 500 000 Euro beanspruchen, sofern sie die Immobilie von einem Erblasser mit Wohnsitz in Deutschland erworben hat, dessen Ehegatte sie war, oder wenn sie dort ihren Wohnsitz hatte und diesen Gegenstand von einem nicht dort wohnenden Erblasser erworben hat.

55      Da demnach die Höhe des Freibetrags nicht von der Höhe der Steuerbemessungsgrundlage abhängig ist, sondern dem Erben aufgrund seiner Eigenschaft als Steuerpflichtiger zuerkannt wird, ist die beschränkte Steuerpflicht des gebietsfremden Erben eines gebietsfremden Erblassers kein Umstand, der im Hinblick auf den Freibetrag zu einem objektiven Unterschied zwischen der Situation dieses Erben einerseits und der Situation eines gebietsfremden Erben eines gebietsansässigen Erblassers oder der eines gebietsansässigen Erben eines gebietsansässigen oder gebietsfremden Erblassers andererseits führen könnte.

56      Folglich ist die Situation von Herrn Welte im Ausgangsverfahren mit der Situation jedes Erben vergleichbar, der eine in Deutschland belegene Immobilie von Todes wegen von einem Erblasser erwirbt, der in diesem Mitgliedstaat seinen Wohnsitz hatte und dessen Ehegatte er war, sowie mit der Situation eines in Deutschland wohnenden Erben, der eine solche Immobilie von einem nicht in diesem Mitgliedstaat wohnenden Erblasser, der sein Ehegatte war, erwirbt.

57      Zu prüfen ist daher, ob, wie die deutsche Regierung hilfsweise vorträgt, eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche aus einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses objektiv gerechtfertigt sein kann.

Zum Bestehen eines zwingenden Grundes des Allgemeininteresses

58      Die deutsche Regierung macht erstens geltend, die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung diene dem Gebot der steuerlichen Kohärenz. Bei der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht werde nämlich der Vorteil der geringeren Steuerbemessungsgrundlage durch den Nachteil eines geringeren Freibetrags ausgeglichen, während bei der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht der Vorteil des höheren Freibetrags durch den Nachteil einer höheren Steuerbemessungsgrundlage ausgeglichen werde.

59      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zwar die Notwendigkeit, die Kohärenz einer Steuerregelung zu gewährleisten, eine Beschränkung der Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten rechtfertigen kann. Jedoch ist eine solche Rechtfertigung nur zulässig, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem betreffenden steuerlichen Vorteil und dessen Ausgleich durch eine bestimmte steuerliche Belastung dargetan ist (vgl. Urteile Manninen, Randnr. 42, und vom 17. September 2009, Glaxo Wellcome, C‑182/08, Slg. 2009, I‑8591, Randnrn. 77 und 78).

60      Im vorliegenden Fall genügt die Feststellung, dass der steuerliche Vorteil, der sich in dem Mitgliedstaat, in dem die Immobilie belegen ist, die den Gegenstand eines Erwerbs durch Erbanfall bildet, daraus ergibt, dass ein unverminderter Freibetrag von der Bemessungsgrundlage abgezogen wird, sofern an diesem Erwerb mindestens eine Person mit Wohnsitz im Inland beteiligt ist, in diesem Staat durch keine bestimmte steuerliche Belastung im Rahmen der Erbschaftsteuer ausgeglichen wird (vgl. entsprechend Urteil Mattner, Randnr. 54).

61      Die im Ausgangsverfahren streitige Regelung lässt sich daher nicht mit der Notwendigkeit rechtfertigen, die Kohärenz der deutschen Steuerregelung zu wahren.

62      Zweitens trägt die deutsche Regierung vor, die im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Rechtsvorschriften dienten der Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen. Die Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (ABl. L 336, S. 15) lege nämlich einen Rahmen für die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten fest, den es zwischen diesen und den zuständigen Behörden eines Drittstaats nicht gebe, wenn dieser Staat keine Verpflichtung zur gegenseitigen Amtshilfe eingegangen sei. Die deutsche Steuerverwaltung habe aber nicht die Möglichkeit, den Nachlass eines Erblassers, der seinen Wohnsitz in der Schweiz habe, sicher zu erfassen. So gälten die Pflichten der Standesämter zur Anzeige der eingetretenen Sterbefälle, die Anzeigepflichten der Gerichte und Notare betreffend eröffnete Verfügungen von Todes wegen oder die Erteilung von Erbscheinen sowie die Anzeigepflichten bestimmter Vermögensverwahrer und ‑verwalter nur für deutsche Stellen. Unter diesen Umständen bleibe der nationalen Steuerverwaltung nichts anderes übrig, als die Angaben des Erben ungeprüft zu übernehmen.

63      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es, wenn die Regelung eines Mitgliedstaats die Gewährung eines Steuervorteils von der Erfüllung von Bedingungen abhängig macht, deren Einhaltung nur in der Weise nachgeprüft werden kann, dass Auskünfte von den zuständigen Behörden eines Drittlands eingeholt werden, grundsätzlich gerechtfertigt, dass dieser Mitgliedstaat die Gewährung des Vorteils verweigert, wenn es sich, insbesondere wegen des Fehlens einer vertraglichen Verpflichtung des Drittlands zur Auskunftserteilung, als unmöglich erweist, die Auskünfte von diesem Staat zu erhalten (vgl. Urteile A, Randnr. 63, vom 28. Oktober 2010, Établissements Rimbaud, C‑72/09, Slg. 2010, I‑10659, Randnr. 44, und vom 19. Juli 2012, A, C‑48/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 36).

64      Wie jedoch der Generalanwalt in den Nrn. 76 und 77 seiner Schlussanträge festgestellt hat, können die von der deutschen Regierung angeführten Auskünfte, die insbesondere Erbscheine und durch die Standesbeamten des Staates der Nachlasseröffnung ausgestellte Schriftstücke betreffen, von den Erben oder gegebenenfalls den Steuerbehörden dieses Staates im Rahmen der Anwendung eines bilateralen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung übermittelt werden und bedürfen in der Regel keiner komplexen Beurteilung.

65      Jedenfalls kann nach der nationalen Regelung ein Erbe mit Wohnsitz in Deutschland den vollen Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage beanspruchen, wenn er eine in diesem Mitgliedstaat belegene Immobilie durch Erbanfall von einer Person erwirbt, die zum Zeitpunkt ihres Todes ihren Wohnsitz in einem Drittland hatte.

66      Auch bei einer solchen Erbschaft bedarf es jedoch – genau wie bei der, um die es im Ausgangsverfahren geht – der Prüfung von Angaben, die einen in einem Drittland wohnenden Erblasser betreffen, durch die zuständigen deutschen Behörden.

67      Daher kann die deutsche Regierung nicht damit gehört werden, dass die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung, soweit sie bei einer Vererbung zwischen in einem Drittland wie der Schweiz wohnenden Personen dem Erben nicht den vollen Freibetrag gewähre, erforderlich sei, um die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen zu wahren.

68      Demgemäß ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Art. 56 EG und 58 EG dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats über die Berechnung von Erbschaftsteuern entgegenstehen, die für den Fall des Erwerbs eines im Gebiet dieses Staates belegenen Grundstücks durch Erbanfall vorsieht, dass der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage dann, wenn der Erblasser und der Erwerber – wie unter den Umständen des Ausgangsverfahrens – zum Zeitpunkt des Erbfalls ihren Wohnsitz in einem Drittland wie der Schweizerischen Eidgenossenschaft hatten, niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest eine dieser beiden Personen zu diesem Zeitpunkt ihren Wohnsitz in dem genannten Mitgliedstaat gehabt hätte.

Kosten

69      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Die Art. 56 EG und 58 EG sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats über die Berechnung von Erbschaftsteuern entgegenstehen, die für den Fall des Erwerbs eines im Gebiet dieses Staates belegenen Grundstücks durch Erbanfall vorsieht, dass der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage dann, wenn der Erblasser und der Erwerber – wie unter den Umständen des Ausgangsverfahrens – zum Zeitpunkt des Erbfalls ihren Wohnsitz in einem Drittland wie der Schweizerischen Eidgenossenschaft hatten, niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest eine dieser beiden Personen zu diesem Zeitpunkt ihren Wohnsitz in dem genannten Mitgliedstaat gehabt hätte.

Unterschriften


Zukunftssicherungsleistungen und 44-Euro-Freigrenze

Es wurde die Frage aufgeworfen, ob für Beiträge des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers (z. B. private Pflegezusatzversicherung und Krankentagegeldversicherung) die 44-Euro-Freigrenze für Sachbezüge (§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG; ab 2014: § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG) anzuwenden ist.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird auf Folgendes hingewiesen:

Arbeitslohn sind alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen (§ 19 EStG, § 2 Abs. 1 LStDV 1990). Zum Arbeitslohn gehören auch Ausgaben, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahestehende Personen für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern – Zukunftssicherung – (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LStDV 1990).

Dem Arbeitnehmer fließt Arbeitslohn in Form von Barlohn zu, wenn er Versicherungsnehmer ist und der Arbeitgeber die Beiträge des Arbeitnehmers übernimmt (BFH-Urteile vom 26. November 2002 – VI R 161/01 -, BStBl II 2003, Seite 331 und vom 13. September 2007 – VI R 26/04 -, BStBl II 2008, Seite 204).

Auch wenn der Arbeitgeber Versicherungsnehmer ist und die versicherte Person der Arbeitnehmer, führt die Beitragszahlung des Arbeitgebers in der Regel zum Zufluss von Barlohn. Die 44-Euro-Grenze ist damit nicht anzuwenden.

Der BFH führt in ständiger Rechtsprechung aus, dass die Arbeitslohnqualität von Zukunftssicherungsleistungen, bei denen die Leistung des Arbeitgebers an einen Dritten (Versicherer) erfolgt, davon abhängt, ob sich der Vorgang – wirtschaftlich betrachtet – so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck seiner Zukunftssicherung verwendet hat (zuletzt BFH-Urteil vom 5. Juli 2012 – VI R 11/11 -, BStBl II 2013, Seite 190). Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer – wirtschaftlich betrachtet – die Beiträge zur Verfügung, ist eine Qualifizierung als Barlohn gerecht-fertigt.

An der Qualifizierung als Barlohn ändert auch das BFH-Urteil vom 14. April 2011 – VI R 24/10 – (BStBl II Seite 767) nichts. Der BFH hatte entschieden, dass die Gewährung von Krankenversicherungsschutz in Höhe der geleisteten Beiträge Sachlohn ist, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags von seinem Arbeitgeber ausschließlich Versicherungsschutz und nicht auch eine Geldzahlung verlangen kann.

Die Anwendung der 44-Euro-Freigrenze auf Zukunftssicherungsleistungen würde im Übrigen auch zu Wertungswidersprüchen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung führen, in der die Steuerfreistellung der Arbeitgeberbeiträge über § 3 Nr. 56 und 63 EStG in eine nachgelagerte Besteuerung nach § 22 Nr. 5 EStG mündet. Bei Zukunftssicherungsleistungen gilt im Einkommensteuerrecht ein eigenes Freistellungssystem, dem die 44-Euro-Freigrenze wesensfremd ist.

Die vorstehenden Grundsätze sind erstmals auf den laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der für einen nach dem 31. Dezember 2013 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge, die nach dem 31. Dezember 2013 zufließen.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2334 / 13 / 10001 vom 10.10.2013

Verfassungswidrige Absenkung der Wesent-lichkeitsgrenze führt nicht zur Anerkennung eines fiktiven Veräußerungsverlustes

Mit Urteil vom 22. August 2013 (Az. 3 K 3371/11 E) hat der 3. Senat des Finanzgerichts Münster zur Berechnung eines Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG unter Berücksichtigung der teilweise für verfassungswidrig erklärten Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze auf 1 % Stellung genommen.

Die Klägerin veräußerte einen GmbH-Anteil von 1,33 %, den sie für rund 50.000 Euro erworben hatte, im Jahr 2008 für 150.000 Euro. Nachdem das Bundesverfassungsgericht am 7. Juli 2010 (BVerfGE 127, 61) entschieden hatte, dass die Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze in § 17 EStG auf 1 % insoweit verfassungswidrig ist, als Wertzuwächse der Besteuerung unterworfen werden, die bis zur Verkündung der Gesetzesänderung am 31. März 1999 entstanden waren, begehrte die Klägerin die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlustes. Zur Begründung trug sie vor, dass ihre Anteile zum Aufteilungsstichtag einen Wert von 290.000 Euro gehabt hätten. Das Finanzamt setzte demgegenüber einen Veräußerungsgewinn von 0 Euro an.

Das Gericht wies die Klage ab. Ein unter 0 Euro liegender Betrag könne nicht berücksichtigt werden, da der Klägerin tatsächlich kein Verlust aus der Veräußerung ihrer Anteile entstanden sei. Das Bundesverfassungsgericht habe die Gesetzesänderung lediglich insoweit wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot für verfassungswidrig erklärt, als Wertzuwächse erfasst werden, die vor Verkündung des Gesetzes steuerfrei hätten realisiert werden können. Aus der Entscheidung lasse sich nicht entnehmen, dass auch ein fiktiver Veräußerungsverlust bei der Besteuerung zu berücksichtigen sei. Ausgangspunkt der Berechnung sei stets der tatsächlich erzielte Veräußerungsgewinn. Die Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 41/13 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.10.2013 zum Urteil 3 K 3371/11 vom 22.08.2013 (nrkr – BFH-Az.: IX R 41/13)

Umsatzsteuer für die Abgabe von Speisen an Arbeitnehmer bemisst sich nach dem markt-üblichen Entgelt

Stellt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern in einer Kantine, die von einem Subunternehmer bewirtschaftet wird, verbilligt Mittagessen zur Verfügung, sind die Umsätze weder nach dem tatsächlich gezahlten Entgelt noch nach der Mindestbemessungsgrundlage, sondern vielmehr nach dem marktüblichen Entgelt zu bemessen, wenn dieses unterhalb der Mindestbemessungsgrundlage liegt. Das hat der 5. Senat des Finanzgerichts Münster mit Gerichtsbescheid vom 05.08.2013 (Az. 5 K 3191/10 U) entschieden.

Die Klägerin bietet ihren Arbeitnehmern Mittagsmahlzeiten in einer im Betrieb liegenden Kantine an, die von einem Subunternehmer gegen Entgelt bewirtschaftet wird. In den Streitjahren konnten die Arbeitnehmer bei der Klägerin Essensmarken für 2,60 Euro bzw. 3 Euro pro Mahlzeit erwerben und in der Kantine einlösen. Die Klägerin unterwarf das für die Essensmarken gezahlte Entgelt der Umsatzsteuer. Demgegenüber setzte das Finanzamt die Mindestbemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 i. V. m. Abs. 4 Nr. 3 UStG) in Höhe des Wareneinkaufs und der von der Klägerin an den Subunternehmer gezahlten Dienstleistungspauschale an.

Der Senat gab der Klage teilweise statt, indem er das zwischen den beiden Beträgen liegende marktübliche Entgelt der Umsatzbesteuerung zugrunde legte, das nach der übereinstimmenden Schätzung der Beteiligten 4,72 bzw. 4,76 Euro pro Mahlzeit betrug. Zwar sei der Anwendungsbereich der Mindestbemessungsgrundlage grundsätzlich eröffnet, weil die der Klägerin entstandenen Kosten für die Mahlzeiten das von den Arbeitnehmern gezahlte Entgelt überstiegen. Die Regelung in § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG stelle jedoch eine Sondermaßnahme dar, die nach den Bestimmungen der 6. EG-Richtlinie bzw. der Mehrwertsteuersystemrichtlinie nur unter der Voraussetzung zulässig sei, Steuerhinterziehungen oder -umgehungen zu verhindern. Da diese Gefahr nur bestehe, soweit das marktübliche Entgelt unterschritten werde, sei eine entsprechende europarechtskonforme Anwendung der Vorschrift geboten und nur das marktübliche Entgelt anzusetzen. Die vom Senat zugelassene Revision gegen den Gerichtsbescheid ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen XI R 37/13 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.10.2013 zum Gerichtsbescheid 5 K 3191/10 U vom 05.08.2013 (nrkr – BFH-Az.: XI R 37/13)

Steuerpflicht der dem Arbeitgeber seitens des Arbeitsamtes ausgezahlten Lohnzuschüsse – Berücksichtigungsfähigkeit von Beteiligungsverlusten

 Leitsatz

1. Die dem Arbeitgeber vom Arbeitsamt zur Förderung seiner Arbeitnehmer ausgezahlten Lohnkostenzuschüsse sind steuerpflichtige Betriebseinnahmen und weder nach § 3 Nr. 2 noch nach § 3 Nr. 11 EStG steuerbefreit. Eine analoge Anwendung der ausschließlich Arbeitnehmer begünstigenden Vorschriften scheidet aus.

2. Die ausnahmsweise Berücksichtigung des Verlustes aus der Auflösung einer wesentlichen Beteiligung vor Abschluss der Liquidation erfordert die Darlegung, dass mit einer wesentlichen Änderung des bereits festgestellten Verlustes nicht mehr zu rechnen ist. Dies lässt sich nicht vermuten, wenn bereits die – hier: vom Steuerpflichtigen als Liquidator – gem. § 71 GmbH zu erstellende Liquidations-Eröffnungsbilanz nicht existiert.

 Gesetze

EStG § 3 Nr. 2
EStG § 3 Nr. 11
EStG § 4 Abs. 4
EStG § 17 Abs. 2
EStG § 17 Abs. 4
GmbHG § 71 Abs. 1

 Tatbestand

Streitig sind die Feststellungen einer Betriebs- und Steuerfahndungsprüfung und hierbei insbesondere die Steuerfreiheit von Zahlungen des Arbeitsamts B. und von Krankenkassen sowie die Berücksichtigungsfähigkeit von Verlusten aus Beteiligungen.

Die Klägerin, eine Diplom-Ingenieurin für Ökonomie, unterhielt in den Streitjahren verschiedene gewerbliche Einzelunternehmen, die u.a. ein Ingenieurbüro für technische Fachplanung, die Überlassung von Arbeitskräften, Dienstleistungen im Baugewerbe- und Koordinierung, private Arbeitsvermittlung und Unternehmensberatung umfassten. Ihre Gewinne ermittelte die Klägerin durch eine zusammengefasste Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) i.S.d. § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) .

Daneben war die Klägerin (neben weiteren Beteiligungen) zu 60% an der C. GmbH mit 29.337 DEM und zu 72% an der D. GmbH mit 35.205 DEM, d.h. insgesamt i.H.v. 64.542 DEM, wesentlich beteiligt. Geschäftsgegenstand beider zeitgleich im Dezember 1999 errichteten und im Folgejahr in die jeweiligen Handelsregister eingetragenen GmbH’s war die Überlassung von Arbeitnehmern. Im August 2000 wurde zeitgleich bei beiden Gesellschaften die Auflösung und Liquidation beschlossen und die Klägerin jeweils zur Liquidatorin bestellt. Die Liquidation der C. GmbH endete im Jahr 2006 und die der Z. GmbH im Jahr 2004. Das beklagte Finanzamt (FA) erkannte die Beteiligungsverluste im Veranlagungsverfahren (zunächst) an.

Das FA führte in den Jahren 2005 bis 2008 eine Betriebsprüfung durch, die in ein Steuerstrafverfahren mündete. Die Prüferin hatte u.a. festgestellt, dass auf dem Bankkonto des minderjährigen Sohnes der Klägerin (bei der E. Bank) die streitgegenständlichen Zahlungen für die bei den verschiedenen Einzelunternehmen der Klägerin angestellten Arbeitnehmer eingegangen und von der Klägerin nicht als Betriebseinnahmen erfasst worden waren. Es handelt sich dabei um folgende Zahlungen:

 

 1999

 2000

 2001

 Lohnkostenzuschüsse vom Arbeitsamt

 92.439,68 DEM

 37.623,00 DEM

 13.685,50 DEM

 Lohnfortzahlungen von Krankenkassen (KK)

 976,80 DEM

 2.143,40 DEM

 1.365,56 DEM

 Arbeitgeberbeitragserstattungen von KK

   0,00 DEM

   44,62 DEM

   8.040,50 DEM

 93.416,48 DEM

 39.811,02 DEM

 23.091,56 DEM

 

Diese Geldbeträge hatte die Klägerin anschließend vom Bankkonto ihres Sohnes auf ihr betriebliches Konto überwiesen und in ihrer Buchführung (gewinnneutral) als Privateinlagen behandelt. Die Prüferin behandelte diese Zahlungen als Betriebseinnahmen und erhöhte die Gewinne entsprechend. Demgegenüber hatte die Klägerin in den Jahren 2000 und 2001 die vom Arbeitsamt auf ein betriebliches Konto überwiesenen Lohnkostenzuschüsse in ihren Gewinnermittlungen als Betriebseinnahmen erfasst (in der Gewinnermittlung jeweils unter #2743 „Zuschüsse”).

Zudem versagte die Prüferin den bislang gewährten Verlustabzug für die Beteiligungsverluste im Jahr 2000, weil die Klägerin keinen wirtschaftlichen Verlust erlitten habe. Die Stammeinlagen seien kurz nach ihrer Bankeinzahlung wieder ausgezahlt worden, sodass die Stammeinlagen nicht wirksam geleistet worden seien.

Den Feststellungen der Prüferin folgend erließ das FA noch vor Abschluss der Bp am 20. Dezember 2007 Änderungsbescheide. Da das FA den Einkommensteuerbescheid 1999 falsch zugestellt hatte, erließ es unter dem 29. Januar 2008 diesen nochmals inhaltsgleich an die zutreffende Empfangsbevollmächtigte. Im weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid 2000 hatte das FA im Gegensatz zum Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2000 versehentlich die Beteiligungsverluste (noch) nicht gestrichen.

Im Rahmen des sich dagegen richtenden Einspruchsverfahrens trug die Klägerin lediglich hinsichtlich der Beteiligungsverluste vor, dass die beiden GmbH’s wirtschaftlich aktiv und in die entsprechenden Handelsregister eingetragen gewesen seien und nicht nur die Klägerin über die Bankkonten hätte verfügen können. Demgegenüber meinte das FA, die Klägerin habe selbst in einem Schreiben vom Juni 2000 gegenüber der Stadt L. mitgeteilt, dass die Gesellschafter das Stammkapital nicht aufbringen könnten. Den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 sowie die übrigen Einsprüche mit Ausnahme der Einsprüche betreffend das Streitjahr 2000 wies das FA jeweils mit Einspruchsbescheid vom 18. März 2008 zurück.

Dagegen richtet sich die vorliegende Klage, welche beim vormals zuständigen 2. Senat unter dem Az. 2 K 600/08 fristgerecht einging. Zur Begründung vertieft die Klägerin ihre Auffassung zur Steuerfreiheit der Zahlungen des Arbeitsamts und zur Berücksichtigungsfähigkeit der Beteiligungsverluste.

Nachdem das FA mit geändertem Einkommensteuerbescheid 2000 vom 8. April 2008 im noch offenen Einspruchsverfahren nunmehr die Beteiligungsverluste gestrichen und den Einspruch mit Einspruchsbescheid vom 10. Juni 2010 zurückgewiesen und der Kläger dagegen fristgerecht Klage unter dem Aktenzeichen 5 K 969/10 eingereicht hatte, wurde dieses Verfahren mit dem vorliegenden Verfahren verbunden. Über den Einspruch wegen dem Gewerbesteuermessbetrag 2000 entschied das FA (versehentlich) nicht.

Nachdem der vormals zuständige 2. Senat in seinem Beschluss über die Aussetzung der Vollziehung (AdV) vom 13. November 2008 an der Zurechnung von auf dem Konto des Sohnes eingegangenen Zahlungen an die Einzelunternehmen der Klägerin ernstliche Zweifel geäußert und AdV gewährt hatte, soweit Zahlungen für GmbH’s, an der die Klägerin beteiligt war, bestimmt waren, strich das FA in den Änderungsbescheiden vom 9. Mai 2012 diese Betriebseinnahmen. Das FA hatte dabei auch hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrages 2000 einen entsprechenden Änderungsbescheid erlassen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin wegen dem noch nicht beschiedenen Einspruch gegen den Gewerbesteuermessbetrag 2000 unter Zustimmung des FA Sprungklage erhoben; das neue Klageverfahren (mit dem Aktenzeichen 5 K 626/13) wurde vom Senat mit dem vorliegenden Klageverfahren verbunden.

Die Klägerin beantragt,

  • die Einkommensteuerbescheide 1999 vom 20. Dezember 2007 und vom 29. Januar 2008 und den hierzu ergangenen Einspruchsbescheid vom 18. März 2008 sowie den Änderungsbescheid vom 9. Mai 2012 ersatzlos aufzuheben;
  • die Einkommensteuerbescheid 2000 vom 20. Dezember 2007 und vom 8. April 2008 und den hierzu ergangenen Einspruchsbescheid vom 10. Juni 2010 sowie den Änderungsbescheid vom 9. Mai 2012 ersatzlos aufzuheben;
  • die Bescheide vom 20. Dezember 2007 über Einkommensteuer 2001 und über Gewerbesteuermessbetrag 1999, 2000, 2001 und den hierzu ergangenen Einspruchsbescheid vom 18. März 2008 sowie die Änderungsbescheide vom 9. Mai 2012 ersatzlos aufzuheben.

 

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA vertieft seine bisherigen Ausführungen.

Die Klägerin ist seit dem Jahr 2011 rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung für die Jahre 1999 und 2000 verurteilt, weil die Klägerin die Zahlungen des Arbeitsamts und der Krankenkassen nicht als Betriebseinnahmen erklärt sowie im Jahr 2000 zu Unrecht die Beteiligungsverluste abgezogen hatte.

Dem Senat haben bei seiner Entscheidung sechs Bände Verwaltungakten und fünf Bände Bp-Arbeitsakten vorgelegen, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

 Entscheidungsgründe

Die Klage ist zwar zulässig, insbesondere auch hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrages 2000, weil die Klägerin insoweit mit Zustimmung des FA im Termin wirksam Sprungklage i.S.d. § 45 Finanzgerichtsordnung (FGO) erhoben hat. Die Klage ist aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO .

Das FA hat zutreffend die auf dem Konto des minderjährigen Sohnes eingegangenen Zahlungen als Betriebseinnahmen erfasst (siehe unter 1.) und die von der Klägerin geltend gemachten Beteiligungsverluste nicht anerkannt (siehe unter 2.). Auch im Übrigen begegnet die Rechtmäßigkeit der Bescheide infolge Bp keinen Bedenken (siehe unter 3.).

1. Bei den in Rede stehenden der Höhe nach unstreitigen Zahlungen, wegen deren Hinterziehung in den Jahren 1999 und 2000 die Klägerin auch rechtskräftig verurteilt ist, handelt es sich um steuerpflichtige Betriebseinnahmen. Die Zahlungen waren für die Einzelunternehmen der Klägerin bestimmt, die die Klägerin wegen der dort beschäftigten Arbeitnehmer erhalten hat. Entgegen der im vorliegenden Verfahren geäußerten Ansicht der Klägerin ist eine Steuerbefreiungsvorschrift nicht einschlägig. Die auf dem Konto ihres minderjährigen Sohnes eingegangen Zahlungen sind auch offensichtlich der Klägerin gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO ) als wirtschaftlicher Eigentümerin zuzurechnen; die Klägerin hat insoweit auch nichts anderes behauptet.

a) Soweit in den Jahren 2000 und 2001 eingegangenen Zahlungen jeweils Rückerstattungen von Arbeitgeberbeiträgen diverser Krankenkassen enthalten waren, erschließt sich dem Senat von vornherein nicht, wie die Klägerin hierfür eine Steuerfreiheit behaupten kann. Denn die von der Klägerin umgekehrt für ihre Arbeitnehmer an die Krankenkassen gezahlten Arbeitgeberbeiträge stellten ihrerseits Betriebsausgaben dar. Daher liegt es auf der Hand, dass rückerstattete Arbeitgeberbeiträge bei der EÜR im Zuflussjahr (§ 11 Abs. 1 EStG ) zu steuerpflichtigen Betriebseinnahmen führen.

b) Soweit in den streitigen Zahlungen in allen Streitjahren Lohnfortzahlungen von Krankenkassen enthalten waren, kann auch hier der Senat die Berufung der Klägerin auf Steuerfreiheit nicht nachvollziehen. Nach dem in den Streitjahren noch gültigen Entgeltfortzahlungsgesetz (von 1994) konnten unter bestimmten Voraussetzungen (die die Klägerin offensichtlich erfüllte) Arbeitgeber die gesetzlichen Krankenkassen an den von ihnen bis zum Eintritt der Zahlungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen entstandenen Lohnfortzahlungskosten beteiligen (sog. Lohnausgleichszahlungen). Da die Mittel für die Ausgleichszahlungen an die Arbeitgeber durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht wurden und diese als Betriebsausgaben abzugsfähig waren, stellten die an die Klägerin als Arbeitgeberin geleisteten Ausgleichszahlungen unzweifelhaft bei der EÜR im Zuflussjahr Betriebseinnahmen dar.

c) Aber auch die Lohnkostenzuschüsse des Arbeitsamts zur Arbeitsförderung der bei den Einzelunternehmen der Klägerin beschäftigten Arbeitnehmer sind Betriebseinnahmen, weil offenkundig weder die von der Klägerin bemühten § 3 Nr. 2 und 11 EStG noch ein anderer Befreiungstatbestand einschlägig sind. Im Einzelnen:

aa) Schon nach dem Wortlaut ist die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 EStG nicht einschlägig, da diese eine Zahlung an Arbeitnehmer und (gerade) nicht an Arbeitgeber voraussetzt. Steuerfrei sind danach

„das Arbeitslosengeld, das Teilarbeitslosengeld, das Kurzarbeitergeld, das Winterausfallgeld, die Arbeitslosenhilfe, das Übergangsgeld, das Unterhaltsgeld, die Eingliederungshilfe, das Überbrückungsgeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch oder dem Arbeitsförderungsgesetz sowie das aus dem Europäischen Sozialfonds finanzierte Unterhaltsgeld und die aus Landesmitteln ergänzten Leistungen aus dem Europäischen Sozialfonds zur Aufstockung des Überbrückungsgeldes nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch oder dem Arbeitsförderungsgesetz und die übrigen Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch oder dem Arbeitsförderungsgesetz und den entsprechenden Programmen des Bundes und der Länder, soweit sie Arbeitnehmern oder Arbeitsuchenden oder zur Förderung der Ausbildung oder Fortbildung der Empfänger gewährt werden, sowie …  ”

Weshalb die Klägerin in ihrer Klageschrift den entscheidenden Regelungsteil des § 3 Nr. 2 EStG , der vorstehend fett gedruckt und unterstrichen ist, weggelassen hat, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen.

Im Übrigen ist höchstrichterlich geklärt, dass auch eine analoge Anwendung der ausschließlich Arbeitnehmer begünstigenden Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 EStG auf Lohnkostenzuschüsse des Arbeitsamts an den Arbeitgeber nicht in Betracht kommt (BFH-Urteil vom 25. September 2002 IV B 139/00 , BFH/NV 2003 ).

bb) Die Lohnkostenzuschüsse unterfallen offenkundig auch nicht § 3 Nr. 11 EStG , wobei vorliegend lediglich die Ausbildungsförderung in Betracht kommt. Nach dessen Wortlaut sind steuerfrei,

„Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu fördern. Darunter fallen nicht Kinderzuschläge und Kinderbeihilfen, die auf Grund der Besoldungsgesetze, besonderer Tarife oder ähnlicher Vorschriften gewährt werden. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass der Empfänger mit den Bezügen nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet wird.”

Auch hier erschließt sich dem Senat nicht, wie die Klägerin übersehen kann, dass sie selbst als Arbeitgeberin die Lohnkostenzuschüsse zur Arbeitsförderung ihrer Arbeitnehmer erhalten hat. Wie sich aus § 3 Nr. 11 EStG deutlich ergibt, ist aber Voraussetzung für die Steuerfreiheit von (öffentlichen) Mitteln zur Ausbildungsförderung, dass die (von einer öffentlichen Stelle direkt an den Empfänger gewährten) Bezüge die Ausbildung des Empfängers unmittelbar fördern. An dieser Unmittelbarkeit fehlt es aber, wenn der Empfänger, d.h. die Klägerin als Arbeitgeberin, die Ausbildung eines Dritten fördert und die dabei entstehenden Kosten bei ihr auch zu Betriebsausgaben führen.

Selbst wenn der Senat unterstellen würde – was im Übrigen die Klägerin nicht einmal behauptet hat und auch nicht aus den Akten zu erkennen ist –, dass die Klägerin Mittel zur Ausbildungsförderung lediglich als Durchlaufstelle an ihre Arbeitnehmer weitergereicht hätte, stünde der Steuerfreiheit entgegen, dass die Empfänger unstreitig Arbeitnehmer der Klägerin waren und sich nach Aktenlage nicht in einem Ausbildungsverhältnis ohne jede Verpflichtung zu einer Arbeitnehmertätigkeit bei der Klägerin befunden haben.

cc) Auch der Einwand, bei den Lohnkostenzuschüssen handele es sich um eine Subvention i.S.d. regelmäßigen Subventionsberichte der Bundesregierung, geht fehl. An Betriebe ausgereichte Subventionen für deren betriebliche Tätigkeiten bzw. betriebliche Investitionen sind grundsätzlich steuerpflichtige Betriebseinnahmen, weil sie eben der Förderung der Betriebe dienen sollen. Anderes gilt ausnahmsweise nur dann, soweit – woran es vorliegend fehlt – ausdrücklich eine gesonderte Steuerbefreiungsvorschrift greift, wie dies z.B. namentlich insbesondere bei der von der Klägerin bemühten Investitionszulage in § 10 Investitionszulagengesetz (InvZulG) 1996, § 9 InvZulG 1999 , § 8 InvZulG 2005 , § 12 InvZulG 2007 und § 13 InvZulG 2010 der Fall ist.

dd) Im Übrigen neigt der Senat zu der Auffassung, dass es sich bei der Berufung der Klägerin auf Steuerbefreiungsvorschriften um eine reine Schutzbehauptung handelt. Es ist nicht nachvollziehbar, sondern vielmehr augenfällig, dass die Klägerin nur die auf dem betrieblichen Konto eingegangenen Lohnkostenzuschüsse (zutreffend) als Betriebseinnahmen erfasst hat und sich dem widersprechend nur für die auf dem Konto ihres Sohnes eingegangenen Zahlungen auf eine (angebliche) Steuerbefreiung beruft.

2. Das FA hat auch zu Recht die von der Klägerin i.S.d. § 17 Abs. 4 EStG geltend gemachten Beteiligungsverluste gestrichen. Dabei kann der Senat sowohl offenlassen, ob nicht schon eine Bindung an die rechtskräftig gewordene strafrechtliche Verurteilung der Klägerin besteht als auch, ob die Stammeinlagen wirksam geleistet worden sind.

Denn selbst wenn der Senat zu Gunsten der Klägerin insbesondere unterstellen würde, dass die Klägerin ihre Stammeinlagen wirksam geleistet hätte, hat die darlegungs- und beweispflichtige Klägerin trotz der entsprechenden Ausführungen im AdV-Beschluss weder vorgetragen geschweige denn nachgewiesen, dass der auch zur Liquidatorin bestellten Klägerin bereits im Jahr 2000 ein endgültiger Verlust i.S.d. § 17 Abs. 4 EStG aus der zivilrechtlichen Auflösung der beiden GmbH’s entstanden ist. Auch aus den dem Senat zur Verfügung stehenden Akten ist nichts dergleichen erkennbar. Im Einzelnen:

a) Zwar wurden durch die Gesellschaftsbeschlüsse im Jahr 2000 die beiden ZIB-GmbH’s i.S.d. § 17 Abs. 4 EStG zivilrechtlich wirksam gem. § 60 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG ) aufgelöst. Jedoch muss – woran es vorliegend fehlt – für einen Verlustabzug von Stammkapital gem. § 17 Abs. 4 EStG feststehen, dass die Klägerin bereits im Jahr 2000 nicht mehr mit Zuteilungen und Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen rechnen konnte und, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende Veräußerungs- oder Aufgabekosten anfallen werden. Ob und in welcher Höhe dem Steuerpflichtigen aus seiner Beteiligung ein Verlust entstanden ist, lässt sich – wie vorliegend – im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft mit anschließender Liquidation  regelmäßig  erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation beurteilen (z.B. BFH-Urteil vom 27. November 2001 VIII R 36/00 , BStBl 2002 II S. 731 ). Vorliegend waren die Liquidationen der C. GmbH aber (erst) im Jahr 2006 und die der Z. GmbH (erst) im Jahr 2004 und nicht bereits im Jahr 2000 beendet.

b) Soweit ausnahmsweise der Zeitpunkt, in dem der Auflösungsverlust realisiert ist, schon vor Abschluss der Liquidation liegen kann, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits festgestellten Verlustes nicht mehr zu rechnen ist und dies z.B. dann der Fall ist, wenn die Gesellschaft bereits im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses vermögenslos war (z.B. BFH-Urteil vom 27. November 2001, a.a.O. m.w.N.), ist ein solcher Ausnahmefall trotz der entsprechenden Ausführungen im AdV-Beschluss von der darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin auch danach noch nicht behauptet worden. Abgesehen davon, kann der Senat aus den ihm vorliegenden Akten nicht feststellen, dass die beiden GmbH’s bereits im Jahr 2000 endgültig vermögenslos waren, d.h. dass insbesondere das jeweilige Stammkapital bereits im Jahr 2000 vollständig aufgezehrt war.

aa) Obwohl die Klägerin als Liquidatorin beider GmbH’s gem. § 71 Abs. 1 GmbHG verpflichtet war, eine (Liquidations-)Eröffnungsbilanz und einen die Eröffnungsbilanz erläuternden Bericht sowie bis zum Liquidationsabschluss für jedes Jahr eine Schlussbilanz und einen Lagebericht aufzustellen, hat die Klägerin nichts dergleichen getan oder veranlasst. Der Prozessbevollmächtigte hat auf die entsprechende Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass Eröffnungs- und/oder Schlussbilanzen nicht existieren. Dies geht zu Lasten der darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin.

bb) Auch aus dem sonstigen Akteninhalt und dem Sachvortrag der Klägerin vermag der Senat keinerlei Anhaltpunkte dafür zu erkennen, die eindeutig auf die endgültige Vermögenslosigkeit der beiden Gesellschaften bereits im Jahr 2000 schließen lassen.

(1) Betreffend die C. GmbH befindet sich zwar in den Bp-Arbeitsakten (S. 351 Bd. I/V Bp-Arbeitsakten) zumindest deren (Vor-)Jahresabschluss zum 31.12.1999. Daraus ergibt sich aber, dass das gesamte Stammkapital zum 31.12.1999 noch vorhanden war. Dieses Stammkapital stellte zwar (mit Ausnahme eines weiteren kleineren Betrags) das wesentliche Vermögen dar. Jedoch kann der Senat daraus aber gerade nicht ableiten, dass die C. GmbH im Jahr 2000 offenkundig endgültig vermögenslos gewesen sein muss, weil das gesamte Stammkapital nach den Grundsätzen des Bilanzenzusammenhangs zum nachfolgenden Stichtag jedenfalls am 1.1.2000 noch vorhanden gewesen sein muss. Gegen die zwingende Annahme einer Vermögenslosigkeit bereits im Jahr 2000 spricht nach Ansicht des Senats zudem der Umstand, dass die Liquidation der C. GmbH erst im Jahre 2006 beendet wurde.

(2) Betreffend die D. GmbH liegen dem Senat keinerlei Unterlagen über deren Vermögenslage weder für das Jahr 2000 noch für sonstige Jahre davor und danach vor. Dies steht der Annahme einer endgültigen Vermögenslosigkeit im Jahr 2000 ebenso entgegen wie der Umstand, dass die im Jahr 2000 begonnene Liquidation der D. GmbH erst im Jahre 2004 beendet war.

3. Soweit die durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene Klägerin sowohl in ihrer Klageschrift als auch im Termin zur mündlichen Verhandlung die Aufhebung der Bescheide infolge der Bp begehrt hat, hat die Klägerin damit sämtliche Prüfungsfeststellungen der Prüferin angefochten. Allerdings hat sich der weitere Sachvortrag der Klägerin nur auf die unter 1. und 2. dargelegten Einwände gegen die angefochtenen Bescheide beschränkt und sich nicht auch auf die übrigen Prüfungsfeststellungen erstreckt. In Ermangelung solcher Einwendungen und wegen dem Fehlen entsprechender Anhaltspunkte in den Akten, vermag der Senat im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz FGO ) nach Ergehen der Änderungsbescheide vom 9. Mai 2012 keine rechtswidrigen Prüfungsfeststellungen zu erkennen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO .

 

Schenkungsteuer§ 13a ErbStG bei Übertragung eines KG-Anteils unter Nießbrauchsvorbehalt

Leitsatz

Die Steuerverschonungsvorschrift nach § 13a ErbStG findet bei Übertragung eines Kommanditanteils unter Nießbrauchsvorbehalt keine Anwendung, wenn sich der Nießbraucher (auch) die gesellschaftsrechtlichen Stimmrechte vorbehalten hat.

 Gesetze

EStG § 15
HGB § 161
ErbStG § 13a

 Tatbestand

Streitig ist, ob bei der Übertragung eines Kommanditanteils unter Nießbrauchsvorbehalt im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein Mitunternehmeranteil im Sinne der Steuerbefreiung des § 13a des Erbschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (ErbStG ) vorliegt.

Mit notariellem Vertrag vom 03.06.2005 (GmbH-Gründungsvertrag, Urkundenrolle 2005 Nr. 343 Ht des Notars I, aus N) gründete der Kläger die F Beteiligungs GmbH. Sie sollte laut GmbH-Gesellschaftsvertrag vom 03.06.2005 die Komplementär-Stellung in der zu gründenden F Vermögensverwaltungs GmbH & Co KG übernehmen. Sowohl der Kläger als auch der Vater des Klägers, Herr H F, wurden zu Geschäftsführern bestellt, wobei nur Herr H F Alleinvertretungsbefugnis erhielt, III. des GmbH-Gesellschaftsvertrages.

Mit weiterem notariellem Vertrag vom 03.06.2005 (KG-Gründungsvertrag, Urkundenrolle 2005 Nr. 345 Ht des Notars I, aus N) gründete Herr H F als alleiniger Kommanditist mit der F Beteiligungs GmbH die F Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG (KG) zur Verwaltung von Vermögen verschiedener Art nebst allen damit verbundenen Geschäften (§ 2 Ziff. 1 des KG-Gesellschaftsvertrages). Die Komplementär-GmbH erbrachte keine Einlage und war nicht am Vermögen der Gesellschaft beteiligt. Herr H F übernahm eine Kommanditeinlage in Höhe von 100.000 Euro, die er durch die Einbringung von Grundstücken erbrachte (I. § 2, II. des KG-Gründungsvertrages vom 03.06.2005 sowie § 4 des KG-Gesellschaftsvertrages vom 03.06.2005). Gem. § 6 Ziff. 1 des KG-Gesellschaftsvertrages war zur Geschäftsführung der KG die Komplementär-GmbH berufen. Unter Ziff. 2 hieß es weiter:

„Die persönlich haftende Gesellschafterin bedarf zur Vornahme von Handlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen, der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung:

Als solche außergewöhnlichen Geschäfte gelten insbesondere:

  • Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie den diesen Verfügungen zugrundeliegenden schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäften;
  • Aufnahme neuer und Aufgabe bestehender Geschäftszweige;
  • Errichtung und Aufhebung von Zweigniederlassungen und Zweigbetrieben;
  • Erwerb und Veräußerung von Betrieben und dauernden Beteiligungen;
  • Abschluss, Änderung und Aufhebung von Betriebsüberlassungs- und Ergebnisübernahmeverträgen;
  • alle Rechtsgeschäfte und/oder Maßnahmen, die die Gesellschaft im Einzelfall mit mehr als Euro 10.000 belasten.

 

Die Gesellschafter können weitere Handlungen bestimmen, die die persönlich haftende Gesellschafterin nur mit Zustimmung vornehmen darf.”

§ 7 Ziff. 2 des KG-Gesellschaftsvertrages lautete:

„Die Gesellschafterversammlung ist insbesondere zuständig für:

A)          Überwachung der Geschäftsführung und Entlastung;

B)          Feststellung des Jahresabschlusses;

C)          Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung;

D)          Erhöhung und Herabsetzung des Gesellschaftskapitals;

E)           Satzungsänderungen;

F)           Aufnahme neuer Gesellschafter und Ausschluss bisheriger Gesellschafter;

G)          die Liquidation der Gesellschaft;

H)          sämtliche außergewöhnlichen Geschäfte im Sinne von § 6 Abs. 2.”

 

Gem. § 7 Ziff. 5 des KG-Gesellschaftsvertrages waren Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu fassen, sofern nicht das Gesetz oder dieser Gesellschaftsvertrag eine andere Mehrheit vorsah. Je 500 Euro eines Kommanditanteils ergaben eine Stimme.

Jede Verfügung über einen Kommanditanteil bedurfte nach § 8 Ziff. 1 des KG-Gesellschaftsvertrages der schriftlichen Zustimmung der Gesellschafter. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen.

Mit weiterem notariellen Vertrag vom 03.06.2005 (Urkundenrolle 2005 Nr. 347 Ht des Notars I, aus N) übertrug Herr H F weitere Grundstücke auf die F Vermögensverwaltungs GmbH & Co KG.

Auf Antrag erfolgten dann die Handelsregistereintragungen der F Beteiligungs GmbH (Handelsregister B des Amtsgerichts C Nr. 9716) und der F Vermögensverwaltungs GmbH & Co KG (Handelsregister A des Amtsgerichts C Nr. 6234).

Mit notariellem Vertrag vom 11.11.2005 (Urkundenrolle 2005 Nr. 675 Ht des Notars I, aus N) schloss Herr H F (handelnd für sich selbst und als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der F Beteiligungs GmbH) mit seiner Ehefrau, der Mutter des Klägers, Frau V F und dem Kläger (handelnd für sich selbst) einen Übertragungsvertrag, in dem er unter II. mit sofortiger Wirkung seinen Kommanditanteil einschließlich damit verbundener Gesellschafter-Verrechnungskonten zu einem Viertel auf Frau V F und zu drei Vierteln auf den Kläger übertrug. Unter VI. „Nießbrauchsvorbehalt” vereinbarten die Vertragsparteien:

„1. Der Erschienene zu 1., Herr H F, behält jeweils sich den lebenslangen und rechnungsfreien Nießbrauch an den hier von ihm übertragenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen und den damit verbundenen Gesellschafter-Verrechnungskonten vor.

Der Erschienene zu 1., Herr H F ist berechtigt, die Nutzungen aus den von ihm übertragenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen und den damit verbundenen Gesellschafter-Verrechnungskonten zu ziehen und deren Rechte wahrzunehmen. Er ist gleichzeitig verpflichtet, die mit diesen gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen verbundenen privaten und öffentlichen Lasten zu tragen.

Die Beteiligten sind darüber einig, dass der Nießbrauchsberechtigte hinsichtlich der mit den Nießbrauchsrechten belasteten Kommanditanteile auch das Stimmrecht ausübt. Insofern erteilen Frau V F und Herr U F dem Nießbrauchsberechtigten, Herrn H F, Stimmrechtsvollmacht und zwar ausdrücklich auch hinsichtlich der unter § 6 Abs. 2 und § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages geregelten Angelegenheiten.

2. die Nießbrauchrechte erlöschen mit dem Ableben des Erschienenen zu 1., Herrn H F

3. die Erschienenen zu 2. und 3., Frau V F und Herr U F , erklären hiermit ihr Einverständnis zu den vorstehenden Nießbrauchsvereinbarungen”

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen.

Mit notariellem Vertrag vom 16.11.2005 (Urkundenrolle 2005 Nr. 698 Ht des Notars I, aus N) zwischen Frau V F, Herrn H F (handelnd für sich und als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der F Beteiligungs GmbH) und dem Kläger (handelnd für sich selbst und als gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer der F Beteiligungs GmbH) übertrug Frau V F ihren Kommanditanteil an der F Vermögensverwaltungs GmbH & Co KG mit sofortiger Wirkung unter Anerkennung des fortbestehenden Nießbrauchsrechts des Herrn H F auf den Kläger, der damit alleiniger Kommanditist wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 17.10.2007 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger die Schenkungsteuer aus der Schenkung vom 16.11.2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) ) ohne Anwendung des § 13a ErbStG auf 40.110 Euro fest und stundete die Steuer teilweise nach § 25 ErbStG .

Gegen diesen Bescheid wandte sich der Kläger mit dem Einspruch vom 15.11.2007: § 13a ErbStG sei anzuwenden, da er trotz des Vorbehaltsnießbrauchs eine Mitunternehmerstellung mit Mitunternehmerinitiative erlangt habe. Er habe bereits aktiv bei der Gründung der KG mitgewirkt. Es sei von Anfang an geplant gewesen, dass alle drei Beteiligten sämtliche Entscheidungen gemeinsam treffen sollten. Hinsichtlich des Klägers sei dies auch bereits an der F Beteiligungs GmbH ersichtlich, die in der KG die Geschäftsführung übernehme und zwar vertreten sowohl durch den Kläger als auch Herrn H F. Zudem habe Herr H F keine Maßnahmen veranlasst, die nicht die Zustimmung des Klägers und von Frau V F gefunden hätten. So sei zweifelsfrei ersichtlich, dass beide jederzeit die Geschicke der Gesellschaft beeinflusst hätten. Alle Beteiligten hätten somit seit Gründung der KG tatsächlich anders verfahren, als es in der Nießbrauchsregelung im Übertragungsvertrag vom 11.11.2005 auf Anraten des Steuerberaters vereinbart worden sei.

Nach zwischenzeitlicher Verfahrensruhe entschied der Beklagte mit Einspruchsentscheidungen vom 08.03.2012. Er ließ die Steuerfestsetzung unverändert, passte jedoch die Höhe der Stundungsbeträge an, da er nunmehr den Jahreswert des Nießbrauchs antragsgemäß mit 60.000 Euro berücksichtigte. Den Nachprüfungsvorbehalt hob er auf.

Der Beklagte war der Auffassung, dass der Kläger aufgrund der Regelung des Schenkungsvertrages vom 11.11.2005 im Zeitpunkt der Zuwendung nach objektiven Gesichtspunkten keine rechtliche Möglichkeit zur Ausübung der Gesellschafterrechte gehabt habe. Die Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte seien durch die Übertragung der Kommanditanteile zwar formal auf den Kommanditistenübergegangen. Aufgrund des umfassenden Nießbrauchsvorbehaltes, der nicht nur die Stimmrechte sondern auch die in §§ 6 Nr. 2 und 7 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags geregelten Kontroll- und Widerspruchsrechte umfasse, könne der Kläger diese Rechte jedoch nicht ausüben.

Eine tatsächlich abweichende Handhabung ändere an der rechtlichen Beurteilung nichts. Denn der Schenker sei aus rechtlichen Gründen jederzeit in der Lage gewesen, von den vorbehaltenen und ihm zusätzlich im Wege der Vollmacht erteilten Rechte (wieder) uneingeschränkt Gebrauch zu machen. Von entscheidender Bedeutung sei, dass der Schenker befugt sei, sämtliche gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte in Gesellschafterversammlungen sowie bei Beschlussfassungen bei der KG allein wahrzunehmen.

Auch die Geschäftsführer-Position des Klägers in der Komplementär-GmbH ändere nichts an der fehlenden Mitunternehmerinitiative. Die F Beteiligungs GmbH halte keine KG-Anteile, sodass sie nicht an der Gesellschafterversammlung teilnehmen dürfe. Zudem sei der Schenker ebenfalls Geschäftsführer der GmbH, sodass er auch hier ein wesentliches Mitbestimmungsrecht innehabe.

Da die fehlende Mitunternehmerinitiative eines Kommanditisten nicht durch ein vorhandenes Mitunternehmerrisiko geheilt werden könne, sei die Steuervergünstigung nach § 13a ErbStG nicht zu gewähren.

Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Die Anwendung des § 13a ErbStG sei zu Unrecht verweigert worden.

Hierzu sei zunächst auf die tatsächlichen Umstände des Schenkungsvertrages hinzuweisen. Herr H F sei zu diesem Zeitpunkt 79 Jahre alt gewesen. Steuerliche Interessen hätten bei der Übertragung nicht im Vordergrund gestanden, sondern die unternehmerische Nachfolge in sein Lebenswerk. Hieraus ergebe sich auch, dass die Übertragung der Mitunternehmerinitiative ein unverzichtbarer Teil der Interessen des Herrn H F und des Klägers gewesen sei, zumal der Kläger über überragende Fachkompetenz als Architekt verfüge.

Der Kläger könne auch in Ansehung der getroffenen Vereinbarungen hinreichende Mitunternehmerinitiative entfalten.

Schon aus zivilrechtlichen Gründen seien die Kommanditisten nicht generell daran gehindert, ihre Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte auszuüben. Soweit der Beklagte auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 10.12.2008 (II R 34/07, BStBl II 2009, 312 ) rekurriere, sei bereits der Sachverhalt nicht vergleichbar. Aus zivilrechtlichen Gründen könne mit der Übertragung (bzw. dem Vorbehalt) der Wahrnehmung von Gesellschafterrechten durch den Nießbraucher allein die Erteilung einer Stimmrechtsvollmacht gemeint sein. Die Theorie des BFH von der „vorsorglichen” Stimmrechtsvollmacht verfehle die dogmatischen Grundsätze des Personenhandelsgesellschaftsrechts. Denn aufgrund des zwingenden Abspaltungsverbotes sei eine Übertragung des Stimmrechts nicht möglich. Der Bundesgerichtshof (BGH) habe klargestellt, dass Gestaltungen, aufgrund derer ein anderer (etwa der Nießbraucher) das Stimmrecht rechtlich wie ein eigenes Recht ausüben können soll, ebenso unzulässig seien wie verdrängende Vollmachten, einschließlich unwiderruflicher Stimmrechtsvollmachten mit Stimmverzicht des Gesellschafters (Verweis auf Baumbach/Hopt, HGB , 35. Auflage, § 119 Rn. 19). Zulässig sei, Stimmrechte zur Ausübung zu überlassen. Eine alleinige Wahrnehmung der Mitwirkungsrechte durch den Nießbraucher sei daher zivilrechtlich nicht möglich. Wenn der BFH in dem zitierten Urteil von der (nicht zulässigen) Übertragung der Verwaltungsrechte auf die Unwiderruflichkeit der Vollmacht schließe, unterliege er einem Zirkelschluss.

Darüber hinaus gehe die Auslegung des Schenkungsvertrages vom 11.11.2005 durch den Beklagten fehl: VI. regele unter Ziff. 1. den sog. Ertragsnießbrauch (§§ 1068 ff. BGB ) und konkretisiere ihn in Abs. 2 dahin, dass der Nießbraucher berechtigt sei, die Nutzungen aus den Gesellschafterrechten zu ziehen und deren, also die diesbezüglichen Rechte wahrzunehmen. Diese Inbezugnahme mache deutlich, dass nur die „Rechte” im Sinne eines Fruchtziehungsrechts gemeint seien. Nicht gemeint sei hingegen das Recht des Nießbrauchers, generell die Rechte des Gesellschafters wahrzunehmen.

Aus Abs. 3 ergebe sich dann die Einräumung eines Ausübungsrechts bezüglich der Stimmrechte in Form einer Stimmrechtsvollmacht. Dies wiederhole – wegen der dogmatischen Grundsätze zum Abspaltungsverbot und zur Kernbereichslehre – jedoch nur, was die Nießbrauchsbestellung allein nicht leisten könne, weil eine Vollrechtsübertragung der Stimmrechte nicht erfolgen könne. Da die Stimmrechtsvollmacht „insofern” erteilt werde, sei sie auch nicht additiv oder „vorsorglich” erteilt worden. Vielmehr sei sie die ausschließliche Grundlage für die Stimmrechtsausübung und weder verdrängend noch unwiderruflich erteilt worden. Das Stammrecht verbleibe beim Kommanditisten.

Soweit die Stimmrechtsvollmacht „auch” die unter § 6 Abs. 2 und § 7 Abs. 2 des KG-Gesellschaftsvertrages geregelten Angelegenheiten erfasse, sei dies nicht so zu verstehen, dass alle Rechte gemeint seien. Vielmehr beziehe sich diese Regelung nur auf die Rechte, die den Nießbrauch beträfen, allerdings additiv unter Erstreckung auf diesbezügliche Beschlusstatbestände in § 6 Abs. 2 und § 7 Abs. 2 des KG-Gesellschaftsvertrages. Damit sei der Nießbraucher aber keineswegs in die Lage versetzt, sämtliche Mitwirkungsrechte allein auszuüben. Vielmehr sei angesichts der BGH-Rechtsprechung davon auszugehen, dass dem Nießbraucher über § 1071 BGB ohnehin ein Zustimmungsrecht in diesem Bereich zustehe.

Der Kernbereich der Grundmitgliedschaftsrechte könne dem Gesellschafter nicht entzogen werden. Hinzu komme, dass aus Gründen der Treuepflicht gegenüber dem Kommanditisten der Nießbraucher die Vollmacht nicht zulasten der Kernrechte des Gesellschafters ausüben könne. Dem Gesellschafter könnten nicht durch Mehrheitsbeschluss zusätzliche Leistungen auferlegt werden. Daher könne ein derivatives Recht wie die Vollmacht den Bevollmächtigten erst recht nicht in diese Position versetzen.

Es sei zudem zu berücksichtigen, welche (gefährlichen) Folgen die vom Beklagten vorgenommene Auslegung für den Kommanditisten hätte. Diese Auslegung bilde den im Vertrag zum Ausdruck kommenden Willen der Parteien schon deshalb nicht sachgerecht ab.

Ferner stünden dem Kläger auch hinreichende Widerspruchs- und Kontrollrechte zu. Das Widerspruchsrecht des Kommanditisten aus § 164 HGB sei zwar dispositiv, es bestünden jedoch Zweifel, ob dies außerhalb des Gesellschaftsvertrages oder eines Gesellschafterbeschlusses zulässig sei. Jedenfalls könne der nur eingeschränkten Übertragung von Stimmrechten per Stimmrechtsvollmacht nicht im Wege der Auslegung ein Ausschluss des Widerspruchsrechts entnommen werden.

Die Kontrollrechte aus § 166 HGB seien zwar einschränkbar, aber nicht gänzlich abdingbar. Zudem bestehe ein unabdingbares außerordentliches Informationsrecht (Verweis auf Baumbach/Hopt, HGB , § 166 Rn. 18 f.).

Aus dem Schenkungsvertrag vom 16.11.2005 ergebe sich nichts anderes, da sich das Nießbrauchsrecht hierdurch nicht verändert habe. Es bleibe aber festzuhalten, dass – auch wenn dem keine konstitutive Bedeutung zukomme – der Kläger im Anschluss an diese Schenkung alleiniger Kommanditist geworden sei.

Vor diesem Hintergrund entspreche die Nießbrauchsausstattung bestenfalls dem gesetzlichen Grundmodell. Jedenfalls verblieben aber hinreichende Initiativrechte.

Zu diesem Ergebnis gelange man zwar auch ohne Einbeziehung der Beteiligung des Klägers an der F Beteiligungs GmbH. Gleichwohl verstärke sie dessen Initiativrechte noch. Die GmbH habe, auch wenn sie keinen Kapitalanteil halte, Mitgliedschaftsrechte in der KG. Aus dem KG-Gesellschaftsvertrag ergebe sich zudem eine Teilnahmepflicht der GmbH an den Gesellschafterversammlungen der KG (§ 7 Abs. 3, 6). Das Stimmrecht der GmbH sei nicht ausgeschlossen, auch nicht mittelbar über § 7 Abs. 5 Unterabs. 3 des KG-Gesellschaftsvertrages. Ferner verfüge die GmbH auch über Kontrollrechte.

Die unternehmerische Initiativfunktion sei in einer GmbH & Co KG bei der Komplementär-GmbH angesiedelt. Hier könne der Kläger als alleiniger Gesellschafter der GmbH der Geschäftsführung Weisungen erteilen und so die Geschicke der KG bestimmen und zwar auch ohne alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH zu sein.

Darüber hinaus trage der Kläger auch Mitunternehmerrisiko. Insbesondere habe er bis zu seiner Handelsregistereintragung gem. § 176 Abs. 2 HGB unbeschränkt für Verbindlichkeiten gehaftet. Im Übrigen werde auch hinsichtlich der Gewinn- und Verlustbeteiligung nicht vom Normalbild des Nießbrauchs abgewichen. Er sei auch an den stillen Reserven des Anlagevermögens und am Geschäftswert beteiligt.

Hinsichtlich der Schenkung vom 16.11.2005 verbleibe keine steuerpflichtige Bereicherung, wenn man von einem Bruttoerwerb in Höhe von 484.935 Euro einen Freibetrag von 225.000 Euro, den Bewertungsabschlag in Höhe von 90.977,25 Euro (35%), den anteiligen Kapitalwert der Beteiligung in Höhe von 73.015 Euro und den Freibetrag in Höhe von 205.000 Euro abziehe.

Der Kläger beantragt,

die Schenkungsteuer aus der Schenkung vom 16.11.2005 unter Abänderung der Einspruchsentscheidung vom 02.05.2012 unter Berücksichtigung des Freibetrages gem. § 13a Abs. 1 Nr. 2 ErbStG in Höhe von 225.000 Euro und den Bewertungsabschlag gem. § 13a Abs. 2 ErbStG in Höhe von zumindest 90.977,25 Euro auf 0 Euro festzusetzen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Er verweist zunächst auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Im Anschluss an das BFH-Urteil vom 11.10.1988 VIII R 328/83 , BStBl II 1989, 762, sei davon auszugehen, dass Kontrollrechte allein eine Mitunternehmerinitiative nicht begründen könnten. Durch den Vertrag vom 11.11.2005 sei geregelt, dass sich die Stimmrechtsvollmacht auf sämtliche übertragenen und nießbrauchsbelasteten Anteile beziehe. Insoweit könnten die Kommanditisten kein eigenes Stimmrecht mehr ausüben. Der Vertragstext sei eindeutig formuliert. Die Stimmrechtsübertragung betreffe auch eindeutig die Grundlagengeschäfte der KG. Eine ausdrückliche Bevollmächtigung sei neben der Stimmrechtsübertragung nicht erforderlich gewesen, weshalb diese als „vorsorglich” zu verstehen sei.

Auch die Beteiligung an der F Beteiligungs GmbH ändere hieran nichts, weil sich die Mitunternehmer-Stellung unmittelbar aus den übertragenen Anteilen ergeben müsse (Verweis auf BFH II R 42/08 ; 3 K 5062/06 Erb). Im Übrigen bedürfe es laut GmbH-Vertrag nur bei außergewöhnlichen Geschäften der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Ferner bleibe der Beklagte bei seiner Auffassung, dass der GmbH in der KG kein Stimmrecht zukomme.

Zwar sei das Mitunternehmerrisiko im Streitfall zu bejahen, hierauf komme es jedoch nicht mehr an.

Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 14.02.2013 erörtert. Auf das Protokoll wird Bezug genommen.

Der Senat hat am 04.07.2013 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

 Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist unbegründet.

Die Schenkungsteuerfestsetzung im Bescheid vom 17.10.2007 sowie die Einspruchsentscheidung vom 02.05.2012 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) . Der Beklagte hat die Übertragung zu Recht als Schenkung ohne die Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG besteuert.

1.

Der Annahme einer Schenkung der Frau V F an den Kläger steht nicht entgegen, dass diese den übertragenen Kommanditanteil erst am 11.11.2005, also nur wenige Tage vor der Übertragung, erhalten hatte. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass Frau V F kein eigener Dispositionsspielraum zugestanden oder dass sie einer Weitergabeverpflichtung unterlegen hätte und so eine mittelbare Schenkung des Herrn H F in Betracht zu ziehen wäre, sieht der Senat – wie schon der Beklagte – nicht.

2.

Gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG gelten der Freibetrag sowie der verminderte Wertansatz gem. § 13a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ErbStG für inländisches Betriebsvermögen beim Erwerb u.a. eines Anteils an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG .

Auch bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft – wie im vorliegenden Fall – ist Voraussetzung, dass der Beschenkte trotz des vorbehaltenen Nießbrauchs nicht nur zivilrechtlich Inhaber des Kommanditanteils sondern auch im ertragsteuerlichen Sinn Mitunternehmer geworden ist.

Mitunternehmer ist, wer Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. Beide Elemente müssen vorhanden, können aber in ihrer Gewichtigkeit unterschiedlich ausgeprägt sein. Fehlt eines der Elemente ganz, ist eine Mitunternehmerstellung nicht gegeben.

Mitunternehmerinitiative bedeutet vor allem Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen. Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person bestimmenden Umstände zu würdigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kommanditist gemäß § 164 Satz 1 HGB ohnehin von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist. Lediglich bei außergewöhnlichen Geschäften im Sinne des § 116 Abs. 2 HGB bedarf es der Zustimmung des Kommanditisten. Darüber hinaus haben die Kommanditisten nur die Informations- und Kontrollrechte gemäß § 166 Abs. 1 HGB , die sich auf den Jahresabschluss beziehen (BFH-Urteil vom 16.12.2009 II R 44/08 , BFH/NV 2010, 690 mit weiteren Nachweisen).

Geht es allerdings darum, die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander zu verändern, also um sog. Grundlagengeschäfte, sind die Kommanditisten nach § 161 Abs. 2 i. V. m. § 119 Abs. 1 HGB uneingeschränkt zu beteiligen (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 690 mit weiteren Nachweisen).

Vor diesem Hintergrund ist nach der Rechtsprechung dem Erfordernis der Mitunternehmerinitiative bereits dann genügt, wenn die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschafterrechten besteht, die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten nach dem HGB zustehen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Möglichkeit zur Teilnahme an den Grundlagengeschäften bei dem Gesellschafter verblieben ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 690 mit weiteren Nachweisen). Ein nach den Vorgaben des BGB ausgestalteter Nießbrauch lässt die Mitunternehmerinitiative des den Nießbrauch bestellenden Erwerbers einer Kommanditbeteiligung nicht entfallen.

2.

In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze liegt eine Mitunternehmerstellung des Klägers mangels Mitunternehmerinitiative nicht vor. Die Ausgestaltung des Nießbrauchs, den sich Herr H F im Vertrag vom 11.11.2005 (unter VI.) an der übertragenen Kommanditbeteiligung vorbehalten hat und der auch nach der Übertragung vom 16.11.2005 fortbestand, weicht in einer Weise vom gesetzlichen Grundmodell des Nießbrauchs nach §§ 1068 ff. BGB ab, dass aufseiten des Klägers eine dem HGB -Regelstatut des Kommanditisten angenäherte Stellung nicht mehr besteht. Nach Auffassung des Senates lässt bereits die – vorgenommene und zivilrechtlich zulässige – Stimmrechtszuordnung zum Nießbraucher auch für den Bereich der außergewöhnlichen und der Grundlagengeschäfte der KG die Möglichkeit des Klägers entfallen, Mitunternehmerinitiative zu entfalten. Im Übrigen wäre dies aber spätestens mit der darauffolgenden Einräumung der Stimmrechtsvollmacht der Fall.

Aufgrund der beim Kommanditisten ohnehin nur im Mindestmaß vorhandenen Initiativrechte kommt es vor diesem Hintergrund auf Fragen des Widerspruchs- und Kontrollrechts des Kommanditisten ebenso wenig an wie auf Fragen des Mitunternehmerrisikos.

Die Stellung des Klägers als Alleingesellschafter der Komplementärin, der F Beteiligungs GmbH, hat auf die Qualifizierung des erworbenen Kommanditanteils als Mitunternehmeranteil ebenso wenig Einfluss wie eine etwaig von den vertraglichen Regelungen abweichende tatsächliche Handhabung der Vertragsparteien und der Umstand, dass der Kläger durch die Übertragung alleiniger Kommanditist der KG wurde.

a.

Die von den Vertragsparteien im Übertragungsvertrag vom 11.11.2005 vorgenommene uneingeschränkte Zuordnung der Stimmrechtsausübung zum Vorbehaltsnießbraucher ist für die Begründung von Mitunternehmerinitiative beim Kläger schädlich.

Das Stimmrecht ist das wichtigste Mitverwaltungsrecht in der Personengesellschaft. Es vermittelt die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, eine Unternehmerinitiative zu entfalten, soweit diese Unternehmerinitiative nicht dem geschäftsführenden Gesellschafter überlassen ist (BFH-Urteil vom 11.04.1973 IV R 67/69 , BStBl II 1973, 528 ). Stehen die Stimmrechte in der KG nach der Übertragung des Kommanditanteils unter Nießbrauchsvorbehalt uneingeschränkt und in vollem Umfang dem früheren Kommanditisten zu, fehlt es dem Anteilserwerber daher an dem Element der Mitunternehmerinitiative (vgl. bereits FG Münster, Urteil vom 24.05.2012 3 K 1771/11 Erb , EFG 2012, 2033 – Revision anhängig, Az. II R 40/12).

Das Stimmrecht wurde aufgrund des in VI. des Übertragungsvertrages vom 11.11.2005 bestellten Nießbrauchsvorbehaltes im vorliegenden Fall vollständig dem nießbrauchberechtigten Schenker zugeordnet. Dies hat zur Folge, dass der Schenker die Rechtsmacht hat, auch in den Grundlagenbereichen der KG allein tätig zu werden, während der Kläger seine Stimmrechte insoweit nicht mehr ausüben kann. Zweifel an der Wirksamkeit der Nießbrauchsbestellung bestehen nicht, insbesondere ist die von den Vertragsparteien geregelte Zuordnung des Stimmrechts zum Nießbraucher zivilrechtlich wirksam und daher für die Rechtsausstattung des Kommanditanteils maßgebend.

b.

Bei einem gesetzestypischen Nießbrauch geht der Senat hinsichtlich der Verteilung der Stimmrechte zwischen Gesellschafter und Nießbrauchsberechtigtem einer Personen(handels)gesellschaft davon aus, dass das Stimmrecht in der Weise aufgeteilt ist, dass dem Nießbraucher das Stimmrecht in laufenden Angelegenheiten zusteht, während das Stimmrecht in außerordentlichen Angelegenheiten oder Grundlagengeschäften beim Gesellschafter verbleibt (vgl. auch BFH-Urteil vom 01.03.1994 VIII R 35/92 , BStBl II 1995, 241 unter III. 3. c) aa) bbb): „Verteilung der Kompetenzen zur Ausübung der Mitwirkungsrechte”, „ein das Mitwirkungsrecht des Gesellschafters ausschließendes eigenes Stimmrecht”; sowie OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.01.2013 8 W 25/13 , ZEV 2013, 347, zur a. A. vgl. K. Schmidt in MüKo-HGB , Vor § 230 HGB , Rn. 21 ff.). Von der Ausstattung eines gesetzestypischen Nießbrauchs sind hinsichtlich der Stimmrechtsverteilung zwischen Nießbraucher und Kommanditisten indes Abweichungen im Wege der vertraglichen Vereinbarung zulässig (BFH-Urteil in BStBl II 2009, 312, FG Münster, Urteil in EFG 2012, 2033 , Niedersächsisches FG, Urteil vom 22.12.2004 3 K 277/03 , EFG 2005, 639 , wohl auch Hessisches FG, Urteil vom 28.11.2006 1 K 3292/05 , EFG 2007, 944 ; ebenso K. Schmidt in MüKo-HGB , Vor § 230 HGB , Rn. 21, vgl. auch OLG Stuttgart, Beschluss in ZEV 2013, 347: Übertragung der Verwaltungsrechte insgesamt auf den Nießbraucher). Eine derartige vertragliche Vereinbarung führt zu einer Verteilung der Mitwirkungsrechte zwischen Nießbraucher und Gesellschafter, die von der Aufteilung beim gesetzestypischen Nießbrauch abweicht. Es bleibt aber – wie im vorliegenden Fall – mangels abweichender Vereinbarung dabei, dass wie im Fall des gesetzestypischen Nießbrauchs die Zuständigkeit zur Wahrnehmung der Rechte nur jeweils entweder dem Gesellschafter oder dem Nießbraucher zusteht. Hieraus ergibt sich, dass, soweit dem Nießbraucher die Stimmrechte zugeordnet sind, der Gesellschafter grundsätzlich von der Stimmrechtsausübung ausgeschlossen ist, was – wie im vorliegenden Fall – durch eine umfassende Zuordnung der Stimmrechte zum Nießbraucher auch zum Wegfall der Mitunternehmerinitiative führen kann.

c.

Die Auslegung des Übertragungsvertrages vom 11.11.2005 sowie des Gesellschaftsvertrages der F Vermögensverwaltungs GmbH & Co KG ergibt, dass dem Nießbraucher die Stimmrechtsausübung zeitlich unbeschränkt zugeordnet ist und zwar ausschließlich und auch im Bereich der außerordentlichen und der Grundlagengeschäfte der KG. Entgegen der Auffassung des Klägers liegt weder lediglich eine Stimmrechtsvollmacht vor, noch ist die Stimmrechtsausübung durch den Nießbraucher allein auf Geschäfte beschränkt, die dessen Nießbrauchsrecht betreffen.

Nach VI. Ziff. 1 Abs. 1 des Übertragungsvertrages vom 11.11.2005, der auch nach dem Übertragungsvertrag vom 16.11.2005 bestehen blieb, bezieht sich die Vereinbarung des Nießbrauchsvorbehaltes ausdrücklich auf die gesellschaftsrechtliche Beteiligung, also auf den Kommanditanteil selbst. Die weitere Ausgestaltung der Rechtsposition des Nießbrauchers wird in den folgenden Absätzen geregelt. In Abs. 2 wird die Nießbrauchsbestellung zunächst dahin konkretisiert, dass der Nießbraucher auch die „Rechte” aus den „gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen” wahrzunehmen berechtigt ist. Diese Wahrnehmung der Rechte aus den gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen (und nicht etwa die Rechte aus den Nutzungen) ist damit im Abs. 2 – ohne weitere Beschränkung – dem Nießbraucher zugeordnet. Abs. 3 greift dann aus der so angelegten Rechtsausstattung des Nießbrauchs das Stimmrecht heraus und ordnet die Stimmrechtsausübung dem Nießbraucher zu, wenn es dort heißt, dass „der Nießbrauchsberechtigte hinsichtlich der mit den Nießbrauchrechten belasteten Kommanditanteilen auch das Stimmrecht ausübt”. Mit dem Vorbehalt der „Stimmrechtsausübung” (als Teil der „Rechte” aus Abs. 2) durch Herrn H F ist diesem ausdrücklich das Stimmrecht verblieben und zwar ohne weitere Einschränkung und nicht lediglich zur zusätzlichen Ausübung neben dem Kommanditisten, also in Bezug auf die gesamte Zuständigkeit der Gesellschafter-Versammlung, die sowohl außergewöhnliche Geschäfte (§ 6 Abs. 2 des KG-Gesellschaftsvertrages) als auch Grundlagengeschäfte (§ 7 Abs. 2 des KG-Gesellschaftsvertrages) erfasst. Insbesondere lässt sich der Formulierung entgegen der Auffassung des Klägers nicht entnehmen, dass eine Beschränkung auf die für die Ziehung der Nutzungen erforderlichen Gesellschaftsrechte besteht.

Diese Auslegung im Sinne einer unbeschränkten Stimmrechtszuordnung zum Nießbraucher wird durch den Zusammenhang mit der sich anschließenden Vollmachtserteilung für Herrn H F bekräftigt. Soweit es dort lautet, „insofern” werde eine Stimmrechtsvollmacht „ausdrücklich auch” hinsichtlich der außergewöhnlichen und der Grundlagengeschäfte (§§ 6 Abs. 2, 7 Abs. 2 des KG-Gesellschaftsvertrages) erteilt, ergibt sich hieraus, dass die Vertragsparteien davon ausgingen, dass auch das vorbehaltene Stimmrecht selbst im Umfang unbeschränkt sein soll. Denn es ist hinsichtlich des Umfangs der Zuordnung des Stimmrechts kein Grund erkennbar, warum die Einräumung der Stimmrechtsvollmacht in Satz 2 weiter gehen sollte, als die Zuordnung des Stimmrechts selbst. Daher überzeugt bei systematischer Auslegung des Absatzes 3 nur eine kongruente Auslegung, die eben auch die außergewöhnlichen und die Grundlagengeschäfte erfasst. Hinsichtlich der Reichweite der Stimmrechtszuordnung ist „ausdrücklich auch” daher im Sinne einer Klarstellung zu verstehen. Eine überschießende Einräumung ist nicht geregelt.

Nach Auffassung des Senates ermöglicht es die vertragliche Regelung Herrn H F als Nießbraucher, die Stimmrechte in der KG zusammen mit den übrigen Rechten (vgl. Abs. 2) sachlich und zeitlich unbeschränkt auszuüben. Da die Nießbrauchsbestellung nach den obigen Ausführungen grundsätzlich zur Folge hat, dass eine Aufteilung der Stimmrechte zwischen Nießbraucher und Gesellschafter erfolgt, führt die vorliegende Vereinbarung zu einer ausschließlichen, lebenslänglichen Stimmrechtszuständigkeit des Nießbrauchers. Für eine gleichzeitige Mitberechtigung des Kommanditisten, im Sinne eines parallelen Stimmrechts, gibt es keine Anhaltspunkte.

Für diese Lesart des Nießbrauchvorbehaltes spricht im Übrigen auch der Vortrag des Klägers im Einspruchsverfahren, es sei seit Gründung der KG anders verfahren worden als in der Nießbrauchsregelung im Übertragungsvertrag vom 11.11.2005 auf Anraten des Steuerberaters vereinbart, da alle Entscheidungen tatsächlich gemeinsam getroffen worden seien. Dies impliziert, dass jedenfalls rechtlich eine Stimmrechtszuordnung zum Nießbraucher beabsichtigt war und hiervon – was der Senat offenlassen kann – nur tatsächlich abweichend verfahren werden sollte. Angesichts dieser beabsichtigten Divergenz von Rechtsausstattung und Handhabung können aus einem etwaigen Verhalten der Vertragsparteien auch keine Schlüsse auf die Auslegungen des Vertrages gezogen werden.

Dem Senat ist zudem bewusst, dass die so verstandene Nießbrauchsregelung dem Vorbehaltsnießbraucher weitestgehende Gestaltungsmöglichkeiten in der KG eröffnet. Er sieht aber für eine andere Auslegung keine hinreichenden Anhaltspunkte im Vertrag. Außerdem zeigt der soeben dargestellte Vortrag aus dem Einspruchsverfahren, dass die Vertragsparteien bewusst eine weitgehende Rechtsausstattung gewählt haben und sie diese – nach eigenem Bekunden – allein auf der tatsächlicher Ebene abweichend (restriktiv) handhaben wollten.

d.

Der erkennende Senat ist der Auffassung, dass eine solche ausschließliche Zuordnung des Stimmrechts zum Nießbraucher auch in Grundlagenbereichen der KG weder aufgrund des gesellschaftsrechtlichen Abspaltungsverbotes noch aufgrund der Kernbereichslehre, noch des vom Kläger herangezogenen Belastungsverbotes oder einer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht unwirksam ist.

Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass die Bestellung eines gesetzestypischen Nießbrauchs an einem Gesellschaftsanteil als solche nicht gegen das Abspaltungsverbot (vgl. § 717 Satz 1 BGB ) verstößt (vgl. nur BGH-Urteil vom 03.07.1989 II ZB 1/89 , NJW 1989, 3152 III. 4. b) cc), Ulmer/Schäfer in MüKo-BGB , § 717 BGB , Rn. 12). Handelt es sich aber beim Nießbrauch um eine mitgliedschaftliche Teilhabe des Nießbrauchers am belasteten Gesellschaftsanteil, führt die Nießbrauchsbestellung nach Auffassung des Senates unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung nicht zu einer Abspaltung einzelner Mitgliedschaftsrechte vom betroffenen Gesellschaftsanteil. Vielmehr bleibt der Gesellschaftsanteil in seiner Rechtsausstattung unberührt. Es kommt lediglich zu einer Belastung des nämlichen, unveränderten Gesellschaftsanteils. Richtigerweise handelt es sich daher – bezogen auf den betroffenen Gesellschaftsanteil – auch nicht um eine „Übertragung” von Rechten auf den Nießbraucher sondern vielmehr nur um eine interne Zuordnung der Zuständigkeit zur Ausübung des Stimmrechts (vgl. auch BFH-Urteil in BStBl II 1995, 241 unter III. 3. c) aa) bbb); anders dagegen in den Fällen der Übertragung auf Mitgesellschafter, vgl. etwa BGH-Urteil vom 14.05.1956 II ZR 229/54 , WM 1956, 857).

Auch die vom Kläger herangezogenen Grundsätze zur Kernbereichslehre und zum schlechthin unentziehbaren und unverzichtbaren Kernbestand der Gesellschafterrechte ändern nichts an der Zulässigkeit der vollständigen Stimmrechtszuordnung zum Nießbraucher. Ebenso wie ein etwaiges Belastungsverbot stellt die Kernbereichslehre ein Institut zum Schutz des Gesellschafters gegenüber beherrschendem Einfluss von Mitgesellschaftern dar (Schutz der Minderheitsrechte, vgl. etwa BGH-Urteil in WM 1956, 857). Aus der Sicht des Senates ist diese Gefährdungslage auf die Gesellschafter-Nießbraucher-Konstellation, die, wie ausgeführt, anteilsinterne Fragen betrifft, nicht übertragbar. Anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen des BGH im Urteil vom 09.11.1998 (II ZR 213/97, NJW 1999, 571 ), dass dem Gesellschafter die Kompetenz, bei Grundlagengeschäften selbst abzustimmen, durch die Einräumung eines Nießbrauchs an seinem Anteil „grundsätzlich nicht genommen werde”. Denn zum einen lag der Entscheidung ein gesetzestypischer Nießbrauch ohne weitere Regelungen zum Stimmrecht zugrunde und zum anderen hat der BGH die Frage der Zuordnung durch ausdrückliche Anordnung ausdrücklich offengelassen.

Hinsichtlich der Frage gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten sowie des vom Kläger angeführten Belastungsverbotes ist ferner darauf hinzuweisen, dass der Nießbraucher selbst nicht Gesellschafter der KG wird und zum Gesellschafter des nießbrauchsbelasteten Gesellschaftsanteils auch keine gesellschaftsrechtlichen Beziehungen bestehen.

e.

Im Übrigen fehlt es mit den Erwägungen des BFH in BStBl II 2009, 312 auch dann an Mitunternehmerinitiative, wenn man mit dem Kläger von der Unzulässigkeit einer verdrängenden Stimmrechtszuordnung ausginge. Dann wäre die Zuordnung der Stimmrechte zwar nichtig. Gleichwohl bliebe die erkennbare Absicht der Vertragsparteien bestehen, den Nießbraucher lebenslänglich mit der Möglichkeit zur alleinigen und umfassenden Stimmrechtsausübung auszustatten. In einer solchen Konstellation ist die Stimmrechtsvollmacht – entgegen der Regel des § 168 Satz 2 BGB – als unwiderruflich anzusehen, was sich angesichts der fehlenden zeitlichen Beschränkung aus der lebenslänglichen Rechtszuordnung zum Nießbraucher und dem Zweck der Sicherstellung seiner Stimmrechtsausübung ergibt. Eine derartige unwiderrufliche Vollmacht ist mit dem BFH in BStBl II 2009, 312 als schädlich anzusehen, weil die Position des Klägers in der KG so geschwächt ist, dass von einer Mitunternehmerstellung nicht mehr gesprochen werden kann.

f.

Der Umstand, dass der Kläger Gesellschafter der Komplementär-GmbH und im Anschluss an die Schenkung zudem alleiniger Kommanditist der KG war, ändert nichts daran, dass ihm der übertragene Kommanditanteil keine hinreichenden Initiativrechte vermittelt hat.

Bei der schenkungsteuerlichen Beurteilung ist maßgebend, wie sich der Schenkungsgegenstand zum Schenkungsstichtag darstellt. In den Urteilen des FG Münster in EFG 2012, 2033 und in EFG 2008, 1734 wird zudem zum Ausdruck gebracht, dass unberücksichtigt bleiben muss, was dem Kläger bereits zeitlich vor dem Übertragungsstichtag zustand. Hieran hält der Senat fest. Darüber hinaus ist Schenkungsgegenstand hier allein der Kommanditanteil, sodass auch aus diesem Grund nicht auf die Stellung des Klägers in der GmbH zurückgegriffen werden kann. Der Kommanditanteil selbst muss die erforderliche Mitunternehmerinitiative vermitteln, um Mitunternehmeranteil im Sinne des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG zu sein (vgl. BFH-Urteile vom 16.05.2013 II R 5/12 , DStR 2013, 1380 sowie vom 23.02.2010 II R 42/08, BStBl II 2010, 555 ).

g.

Ebenfalls aus Gründen der Stichtagsbetrachtung ist eine etwaige abweichende tatsächliche Handhabung der Willensbildung in der F Vermögensverwaltungs GmbH & Co KG unbeachtlich. Zwar stellt der BFH in jüngeren Entscheidungen unter Rekurs auf § 41 AO auf das tatsächliche Verhalten der Gesellschafter und des Nießbrauchsberechtigten in Übereinstimmung mit dem vertraglich Geregelten ab, um die Frage der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit der vertraglichen Vereinbarung offenzulassen. Nach Auffassung des Senates ist das tatsächliche Verhalten der Vertragsparteien grundsätzlich und im vorliegenden Fall für die Frage der Mitunternehmerstellung nicht entscheidend. Der Schenkungsgegenstand muss zum Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung aus Rechtsgründen ein Mitunternehmeranteil sein. Dies kann eine (spätere) tatsächliche Handhabung nicht mehr bewirken und zwar unabhängig davon, ob – was angesichts der Angehörigeneigenschaft der Vertragsparteien und der fehlenden Schriftform zweifelhaft ist – es hierdurch zu einer (konkludenten) Vertragsänderung gekommen sein sollte. Sofern das tatsächliche Verhalten nicht seinen Niederschlag in der Auslegung des Vertrages findet und damit – anders als im vorliegenden Fall – mittelbar doch die Rechtsausstattung des Kommanditisten beeinflusst, ist es nicht geeignet, eine mangelnde Rechtsausstattung zu ersetzen. Die verbliebenen Rechte des Gesellschafters und die damit verbundene Möglichkeit ihrer effektiven Durchsetzung auch im Konfliktfall sind maßgebend für das Vorliegen eines Mitunternehmeranteils und zwar bezogen auf den Schenkungsstichtag.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO .

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung sowie zur Fortbildung des Rechts insbesondere hinsichtlich der Mitunternehmerinitiative bei vorbehaltener Stimmrechtsausübung sowie deren zivilrechtlicher Zulässigkeit, § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Alt.1 FGO zuzulassen.

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