Buchführung | BMF bleibt mit Modernisierung der GoBS hinter Erwartungen zurück (DStV)

Mit dem Entwurf eines BMF-Schreibens zu den „Grundsätzen zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) plant das Bundeministerium der Finanzen (BMF) eine Zusammenfassung und Aktualisierung der bisherigen Regelungen (GoBS und GDPdU) auf den aktuellen technischen Stand. 

Zwar stellt das BMF-Schreiben nunmehr klar, dass auch eine E-Mail, die lediglich als eine Art „Papierumschlag“ für eine angehängte elektronische Rechnung dient, nicht zwingend vom Steuerpflichtigen aufzubewahren ist. Weitere wesentliche zeitgemäße Anpassungen enthält das Schreiben hingegen nicht. Vielmehr ist es durch teilweise Ungenauigkeiten und unzeitgemäße Darstellungen geprägt. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hat in seiner Stellungnahme S 04/13 unter anderem folgende Punkte aufgezeigt, die es für eine tatsächliche Modernisierung der bisherigen Grundsätze zu überarbeiten gilt:

  • Der enge zeitliche Zusammenhang von Geschäftsvorfall und grundbuchmäßiger Erfassung ist mit längstens 10 Tagen nicht praktikabel.
  • Die derzeitige Forderung nach einer zusätzlichen Protokollierung von Änderungen und Löschungen ist ungenau und berücksichtigt nicht die gegenwärtigen technischen Möglichkeiten.
  • Das Erfordernis der Kontierung von Belegen ist ebenfalls nicht mehr zeitgemäß. Insbesondere sofern die Prüfbarkeit der Geschäftsvorfälle auch über alternative Arbeitsprozesse sichergestellt ist, sollte eine zusätzliche Kontierung auf den Belegen entbehrlich sein.
  • Einer generellen Pflicht zur Aufbewahrung von Anschaffungsbelegen bis zum Ende der Nutzungsdauer ist nicht zuzustimmen. Vielmehr sollte der gesetzlichen Diskussion zur Verkürzung der Aufbewahrungspflichten auch im BMF-Schreiben entsprechend Rechnung getragen werden.

Stellungnahme der Wirtschaftsverbände zum Entwurf des BMF für GoBD

03. Mai 2013

Mit Schreiben vom 2. Mai 2013 nehmen die acht Spitzenverbände der deutschen gewerblichen Wirtschaft Stellung zum Entwurf des Bundesfinanzministeriums für  Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD).

Die Verbände begrüßen in der Stellungnahme einerseits die im Entwurf enthaltenen Konkretisierungen, sehen andererseits die teilweisen Verschärfungen aber kritisch.

Die Bundesregierung erhofft sich von der GoBD Bürokratieentlastungen. Es besteht daher die Hoffnung, dass das Bundesfinanzministerium im weiteren Prozess bereit sein wird, auf die Wirtschaft zuzugehen und im Dialog praktikable Regelungen zu entwickeln.

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  • – Stellungnahme GoBD
  • – BMF-Entwurf GoBD

 

Niemand hinterzieht Steuern, weil das System zu kompliziert ist

Neuer Podcast „Schäuble zur Sache“: Steuerehrlichkeit

Im aktuellen Video-Podcast der Reihe „Schäuble zur Sache“ antwortet der Bundesfinanzminister auf drei Bürgerfragen zum Thema Steuerehrlichkeit. Die Kompliziertheit des deutschen Steuerrechts kommt dabei ebenso zur Sprache wie die weitere Zusammenarbeit mit der Schweiz in Steuerangelegenheiten. Der Bundesfinanzminister erinnert außerdem daran, dass die Bundesregierung die Voraussetzungen der strafbefreienden Selbstanzeige 2011 erheblich verschärft hat.

Seit Neuestem gibt es im Bundesfinanzministerium eine Videobox, in der die Besucherinnen und Besucher des BMF ihre Fragen direkt an den Bundesfinanzminister richten können. Drei dieser Fragen zum Thema Steuerehrlichkeit beantwortet Dr.Wolfgang Schäuble in der neuesten Folge seiner Podcast-Reihe „Schäuble zur Sache“.

Zur Frage, wie das Strafrecht auf Steuerdelikte angewendet werden soll, unterstreicht der Bundesfinanzminister, dass es sich bei Steuerhinterziehung um eine schwere Straftat handele. Möglicher Kritik an der strafbefreienden Selbstanzeige hält er entgegen, dass die Voraussetzungen für eine wirksame Selbstanzeige auf Initiative der Bundesregierung 2011 erheblich verschärft worden seien und weitere Schritte zur Modifikation dieses Rechtsinstituts geprüft würden.

Hinsichtlich der weiteren Steuerzusammenarbeit mit der Schweiz erläutert der Bundesfinanzminister die Strategie, über eine Ausweitung der EU-Zinsrichtlinie zu einem umfassenden Informationsaustausch mit dem südlichen Nachbarland zu kommen. Er verweist darauf, dass Steuereinnahmen in Milliardenhöhe, wie sie durch die Nachbesteuerung für die Vergangenheit im Rahmen des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens möglich gewesen wären, durch die Blockade der Mehrheit im Bundesrat verhindert worden seien. Auch ein Informationsaustausch für die Zukunft, wie ihn andere Länder bereits mit der Schweiz vereinbart haben, führe nicht rückwirkend zu einer Aufhebung des dort geltenden Steuergeheimnisses.

Auf die Frage, ob ein pauschaler Steuersatz für alle nicht einfacher und gerechter sei und damit auch zu größerer Steuerehrlichkeit führe, hat der Minister eine klare Antwort: „Die Kompliziertheit des Steuerrechts ist eine faule Ausrede für diejenigen, die Steuern hinterziehen.“ Zwar stehe das Thema Steuervereinfachung immer auf der Agenda. Jedoch sei für ihn ein gerechtes Steuersystem, bei dem jeder nach seiner Leistungsfähigkeit zu den Einnahmen des Staates beitrage, einer „Flatrate-Besteuerung“, die alle Unterschiede glattbügle und damit das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung verletze, vorzuziehen.

Den Podcast finden Sie unter www.bundesfinanzministerium.de/zursache.

Einkommensteuer | Abfärbewirkung bei nachträglich erkannter Betriebsaufspaltung (BFH)

Abfärbung auf sämtliche Einkünfte einer ansonsten vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft bei nachträglich erkannter Betriebsaufspaltung

 Gesetze

EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1
,
EStG § 16 Abs. 3
,
EStG § 15 Abs. 1
,
EStG § 4 Abs. 1
,
FGO § 48 Abs. 1
Nr. 1, GG Art. 3 Abs. 1

 Instanzenzug

Hessisches FG Urteil vom 15.06.2010 8 K 3660/02 BFH IV R 37/10

 Gründe

1  A. Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind A und B sowie die „S-Grundstücksgemeinschaft Gesellschaft bürgerlichen Rechts” (GbR), an der in den Streitjahren (1998 bis 2000) A und B je zur Hälfte beteiligt waren. Zudem waren A und B zu gleichen Teilen auch Gesellschafter der Z-GmbH. Diese betreibt seit ihrer Gründung im Jahr 1979 einen Großhandel. Die GbR vermietete seit Fertigstellung (1980) ein zu ihrem Gesamthandsvermögen gehörendes bebautes Grundstück in X teilweise an die Z-GmbH (ca. 48 v.H. der Gebäudenutzfläche) und teilweise an fremde Dritte. Der an die Z-GmbH vermietete Gebäudeteil wird für Verwaltungs- und Lagerzwecke genutzt. Daneben nutzt die Z-GmbH ein weiteres Grundstück an einem anderen Standort (Y) ebenfalls für eigenbetriebliche Zwecke.

2  Aufgrund notariell beurkundeten Schenkungsvertrags vom 22. Dezember 2000 übertrug B jeweils 12,50 v.H. seines hälftigen Geschäftsanteils an der GbR auf seine beiden volljährigen Kinder. Ausweislich des zugleich geänderten Gesellschaftsvertrags sind die Gesellschafter gemeinschaftlich zur Geschäftsführung und Vertretung der GbR berechtigt. Eine Übertragung von Gesellschaftsanteilen an der Z-GmbH auf die Kinder erfolgte nicht.

3  In den für die GbR abgegebenen Feststellungserklärungen wurden bis einschließlich 1999 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) zunächst in seinen Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Feststellungsbescheiden) für die Jahre bis einschließlich 1998.

4  Zwar wurde bereits im Rahmen steuerlicher Außenprüfungen in den Jahren 1981 und 1984 die Möglichkeit einer Betriebsaufspaltung zwischen der GbR als Besitzunternehmen und der Z-GmbH als Betriebsunternehmen in Betracht gezogen. Der Innendienst des FA vertrat gleichwohl die Auffassung, dass es an einer sachlichen Verflechtung fehle, und stellte dementsprechend Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung fest.

5  Anlässlich einer (weiteren) Außenprüfung im Jahr 1999 ging der Prüfer von einer Betriebsaufspaltung aus; die Einkünfte aus der Vermietung an die Z-GmbH seien deshalb als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren, während die Einkünfte aus der Vermietung an fremde Dritte solche aus Vermietung und Verpachtung seien. Das FA schloss sich dieser Auffassung an und erließ entsprechende —zwischenzeitlich bestandskräftige— geänderte Feststellungsbescheide für die Jahre 1994 bis 1997.

6  Ende 2000 erließ das FA für 1998 einen geänderten und für 1999 einen erstmaligen —von der Feststellungserklärung abweichenden— Feststellungsbescheid; in beiden Bescheiden qualifizierte das FA die gesamten Einkünfte aus der Vermietungstätigkeit als gewerblich.

7  Anschließend änderte das FA seine Auffassung erneut und stellte —nunmehr der Auffassung der vorgenannten Außenprüfung folgend— in geänderten Bescheiden für die Jahre 1998 und 1999 nur noch die Einkünfte aus der Vermietung an die Z-GmbH als solche aus Gewerbebetrieb fest; im Übrigen ging das FA wieder von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus.

8  Erstmals in der Feststellungserklärung für 2000 wurde diese Beurteilung des FA übernommen. Dieses erließ einen entsprechenden Feststellungsbescheid 2000, jedoch ohne die Berücksichtigung eines Aufgabegewinns.

9  Nach Ablauf der Einspruchsfrist beantragten die Kläger die Änderung der zuletzt jeweils unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Feststellungsbescheide 1998 bis 2000 dahingehend, sämtliche Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung festzustellen.

10  Mit Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2002 lehnte das FA die beantragte Änderung ab. Zugleich änderte es die streitgegenständlichen Feststellungsbescheide nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) dahingehend, dass es wiederum sämtliche Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb und für 2000 erstmals einen Aufgabegewinn feststellte. Das FA vertrat nunmehr die Auffassung, dass die GbR im Rahmen der Betriebsaufspaltung gewerbliche Einkünfte erziele, die wegen der Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch die Einkünfte aus der Vermietung des Gebäudes an fremde Dritte umfassten. Deshalb seien das gesamte Gebäude und der gesamte Grund und Boden notwendiges Betriebsvermögen. Nach der personellen Entflechtung und der damit einhergehenden Beendigung der Betriebsaufspaltung Ende 2000 seien bei der Ermittlung des Aufgabegewinns den gemeinen Werten der Wirtschaftsgüter des (Sonder-)Betriebsvermögens die historischen (fortgeführten) Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten —ggf. abzüglich bisheriger Absetzungen für Abnutzung (AfA)— gegenüberzustellen.

11  Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

12  Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Zur Begründung tragen sie u.a. vor, § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG sei im Streitfall schon nach seinem Wortlaut nicht anzuwenden, denn die GbR übe nur eine einheitliche Tätigkeit aus. Auch könne die Vorschrift bei verfassungskonformer Auslegung nicht gelten, wenn eine leicht vollziehbare Ausweichgestaltung nicht möglich sei. Schließlich verbiete sich deren Anwendung im Streitfall nach dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Ein Aufgabegewinn dürfe nur unter Einbeziehung des an die Z-GmbH vermieteten Grundstücksteils ermittelt werden. Zudem seien bei der Gewinnermittlung anstelle der historischen (fortgeführten) Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten die höheren Teilwerte zum 1. Januar 1994 anzusetzen, denn aus Gründen des Vertrauensschutzes dürften nur die Wertsteigerungen zwischen 1994 und 2000 in die Besteuerung einbezogen werden.

13
Die Kläger beantragen, die Feststellungsbescheide 1998 bis 2000 unter Änderung der Einspruchsentscheidung des FA und unter Aufhebung des Urteils des Hessischen Finanzgerichts (FG) vom 15. Juni 2010 in den Feststellungsbescheiden 1998 bis 2000 nur die Einkünfte aus der Vermietung an die Z-GmbH als Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt werden, im Feststellungsbescheid 2000 nur der auf die Vermietung an die Z-GmbH entfallende Grundstücksteil bei der Berechnung des Aufgabegewinns (§ 16 EStG ) berücksichtigt wird, im Feststellungsbescheid 2000 nur die Wertsteigerung zwischen dem 1. Januar 1994 (erstmalige Bejahung der Betriebsaufspaltung durch das FA) und dem 22. Dezember 2000 (Beendigung der Betriebsaufspaltung) bei der Ermittlung des Aufgabegewinns berücksichtigt wird.

14  Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

15  B. Die Revision ist unbegründet. Sie wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass zu den Klägern neben A und B auch die GbR zählt und das Rubrum des angefochtenen Urteils gemäß § 107 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechend zu berichtigen ist.

16  I. Das FG hat als Kläger A und B, die Gesellschafter der GbR, ausgewiesen, ohne die GbR zum Verfahren beizuladen. Klage und Revision sind jedoch dahin zu verstehen, dass sie von A und B nicht nur persönlich, sondern auch für die GbR eingelegt worden sind; einer Entscheidung über deren (notwendige) Beiladung bedarf es somit nicht.

17  1. Nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 FGO ist eine Außen-GbR im finanzgerichtlichen Verfahren wegen gesonderter und einheitlicher Gewinnfeststellungsbescheide sowohl beteiligtenfähig als auch subjektiv klagebefugt, unbeschadet der Art der von ihr erzielten Einkünfte (Urteil des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 19. April 2007 IV R 28/05 , BFHE 218, 75 , BStBl II 2007, 704, m.w.N.). Die genannte Regelung ist dahin zu verstehen, dass die Personengesellschaft als Prozessstandschafterin für ihre Gesellschafter und ihrerseits vertreten durch ihre(n) Geschäftsführer Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid erheben kann, der sich inhaltlich nicht an die Gesellschaft, sondern an die einzelnen Gesellschafter als Subjekte der Einkommensteuer richtet. Den Gesellschaftern steht daneben eine eigene Klagebefugnis nur zu, soweit in ihrer Person die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Nrn. 3 bis 5 FGO erfüllt sind.

18  2. Nach dem Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung (z.B. BFH-Urteil in BFHE 218, 75 , BStBl II 2007, 704) ist im Zweifel anzunehmen, dass dasjenige Rechtsmittel eingelegt werden sollte, das zulässig ist. Zwar hat das FG A und B zutreffend als Kläger behandelt. Denn nachdem auch ein vom FA mit dem Wegfall der Betriebsaufspaltung begründeter, im Streitjahr 2000 festgestellter Aufgabegewinn streitig ist, sind A und B als Gesellschafter der GbR im Hinblick auf ihr bei der Ermittlung des Aufgabegewinns zu berücksichtigendes Sonderbetriebsvermögen (Gesellschaftsanteile an der Z-GmbH) nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO (auch) persönlich klagebefugt. Soweit der Streitfall jedoch die Qualifikation der Einkünfte betrifft, ist die GbR nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 FGO klagebefugt. Insoweit konnten A und B als vertretungsberechtigte Geschäftsführer der GbR auch für diese eine zulässige Klage erheben. Ausweislich der Klageschrift ist die Klage von A und B „als vertretungsberechtigte Geschäftsführer und Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts” erhoben worden. Mangels entgegenstehender Feststellungen des FG geht der erkennende Senat davon aus, dass A und B entsprechend den Angaben in der Klageschrift auch nach der Übertragung von Geschäftsanteilen durch B auf seine Kinder vertretungsberechtigte Geschäftsführer der GbR gewesen sind. Im Übrigen hat das FA gegen die Behandlung (auch) der GbR als Beteiligte des Revisionsverfahrens keine Einwendungen erhoben.

19  3. Die Berichtigung des Rubrums kann der BFH auch noch im Revisionsverfahren vornehmen (BFH-Urteil vom 31. Mai 2007 IV R 25/06 , BFH/NV 2007, 2086 , m.w.N.).

20  II. Das FG hat die Grundstücksvermietung durch die GbR an die Z-GmbH zu Recht als gewerbliche Tätigkeit im Rahmen einer Betriebsaufspaltung qualifiziert (B.II.1.). Die Ausübung (auch) einer gewerblichen Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG hat nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zur Folge, dass die gesamte Tätigkeit der GbR als Gewerbebetrieb gilt; damit hat die GbR in den Streitjahren ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt; das vermietete Grundstück ist insgesamt dem steuerlichen Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft zuzuordnen (B.II.2.). Schließlich ist dem FG auch darin zu folgen, dass bei der Ermittlung des Aufgabegewinns die Differenz zwischen den gemeinen Werten der Wirtschaftsgüter des (Sonder-)Betriebsvermögens und den historischen (fortgeführten) Herstellungs- und Anschaffungskosten —abzüglich bisheriger AfA— maßgebend ist (B.II.3.).

21  1. Zu Recht ist das FG von einer Betriebsaufspaltung zwischen der GbR und der Z-GmbH ausgegangen. Die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung —sachliche und personelle Verflechtung (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440 , BStBl II 1972, 63, seither ständige Rechtsprechung)— lagen bis Ende Dezember 2000 vor. Das Vorliegen einer personellen Verflechtung ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Die sachliche Verflechtung ergibt sich daraus, dass das von der GbR als Besitzgesellschaft an die Z-GmbH als Betriebsgesellschaft vermietete und für deren Zwecke errichtete Büro- und Lagergebäude nach den für die Betriebsaufspaltung geltenden Grundsätzen —von Anfang an— eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage der Z-GmbH darstellte.

22  a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG hat die Betriebsgesellschaft auf dem von der GbR an sie vermieteten Grundstücksteil ihre wirtschaftlichen Aktivitäten seit Betriebsbeginn entfaltet. In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das FG auf einen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen der Errichtung des Betriebsgebäudes und dessen Vermietung durch die GbR einerseits und der Aufnahme des Betriebs der Z-GmbH in diesem Gebäude andererseits abgestellt und hieraus gefolgert, dass das Gebäude durch seine Gliederung und Bauart dauernd für den Betrieb der Z-GmbH eingerichtet oder nach Lage, Größe und Grundriss auf den Betrieb zugeschnitten war (vgl. BFH-Urteil vom 12. September 1991 IV R 8/90 , BFHE 166, 55 , BStBl II 1992, 347, unter 1. der Gründe).

23  Den an die Z-GmbH vermieteten Grundstücksteil konnte das FG aber auch deshalb als wesentliche Betriebsgrundlage ansehen, weil das Gebäude von der Z-GmbH für büro- und verwaltungsmäßige sowie für Lagerzwecke genutzt wurde. Sowohl Bürogebäude als auch Lagerhallen können eine besondere wirtschaftliche Bedeutung für das Betriebsunternehmen haben (zu einem Bürogebäude BFH-Urteil vom 23. Mai 2000 VIII R 11/99 , BFHE 192, 474 , BStBl II 2000, 621, unter II.b der Gründe; zu einer Lagerhalle BFH-Urteil vom 19. Juli 1994 VIII R 75/93 , BFH/NV 1995, 597 , unter b bb der Gründe).

24  b) Die Eigenschaft als wesentliche Betriebsgrundlage wird —nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung— nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Betriebsgesellschaft jederzeit am Markt ein für ihre Belange gleichermaßen geeignetes Gebäude mieten oder kaufen kann (BFH-Urteile vom 26. Mai 1993 X R 78/91 , BFHE 171, 476 , BStBl II 1993, 718, sog. Dachdecker-Urteil; vom 19. März 2009 IV R 78/06, BFHE 224, 428 , BStBl II 2009, 803, unter II.2.c aa der Gründe).

25  c) Der Würdigung des FG steht auch nicht entgegen, dass die Z-GmbH ein weiteres Grundstück in Y genutzt hat. Denn für die sachliche Verflechtung ist die Überlassung bereits einer wesentlichen Betriebsgrundlage an die Betriebsgesellschaft ausreichend (BFH-Urteile vom 24. August 1989 IV R 135/86 , BFHE 158, 245 , BStBl II 1989, 1014, unter 3. der Gründe; vom 18. August 2009 X R 22/07, BFH/NV 2010, 208 , unter II.1.c der Gründe, m.w.N.). Zudem ist nach den Feststellungen des FG davon auszugehen, dass das in X belegene Grundstück innerhalb der Betriebsstruktur weder quantitativ noch qualitativ von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung war (vgl. Schmidt/ Wacker, EStG , 31. Aufl., § 15 Rz 812).

26  2. In Folge der Betriebsaufspaltung sind die Einkünfte der GbR aus der Vermietung des Grundstückteils an die Z-GmbH in solche aus Gewerbebetrieb umzuqualifizieren und die (anteiligen) Wirtschaftsgüter (Grund und Boden, Gebäude, Außenanlagen und der Geschäftsanteil an der Z-GmbH) dem (Sonder-)Betriebsvermögen zuzuordnen (§ 21 Abs. 3, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 2 EStG ). Dies hat im Streitfall zur Folge, dass nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auch die Einkünfte aus der Vermietung des übrigen Gebäudeteils an fremde Dritte als gewerbliche Einkünfte der GbR zu qualifizieren und die diesbezüglichen Wirtschaftsgüter (Gebäudeteile sowie der anteilige Grund und Boden, u.a.) ebenfalls dem Betriebsvermögen zuzuordnen sind.

27  a) Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt in vollem Umfang als Gewerbebetrieb die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer oHG, KG oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt. Die GbR ist eine Personengesellschaft im Sinne dieser Norm (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 11. Mai 1989 IV R 43/88 , BFHE 157, 155 , BStBl II 1989, 797, unter I.3.c der Gründe; vom 19. Februar 1998 IV R 11/97, BFHE 186, 37 , BStBl II 1998, 603).

28  b) Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist es erforderlich, dass die Personengesellschaft „auch” eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Es muss sich also um eine eigenständige gewerbliche Tätigkeit handeln, die von mindestens einer weiteren Tätigkeit, auf die sich die Abfärbung auswirken soll, getrennt werden kann. Die Personengesellschaft muss demzufolge —wovon die Kläger zutreffend ausgehen— zumindest noch eine weitere Tätigkeit ausüben, die isoliert betrachtet zu einer anderen Einkunftsart (Gewinn- oder Überschusseinkunftsart) führen würde (Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach —HHR—, § 15 EStG Rz 1425; Reiß in Kirchhof, EStG , 11. Aufl., § 15 Rz 143; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15 Rz 186). Anders als die Kläger meinen, ist die Vorschrift im Streitfall nach ihrem Wortlaut anwendbar. Dabei braucht nicht entschieden zu werden, ob sich eine Vermietungstätigkeit bei Nichtberücksichtigung des Rechtsinstituts der Betriebsaufspaltung auch als eine einheitliche Tätigkeit darstellen könnte. Bei der Vermietung an unterschiedliche Personen handelt es sich einkommensteuerrechtlich jedenfalls dann um zwei trennbare unterschiedliche Tätigkeiten, wenn sie isoliert betrachtet —wie hier— unterschiedliche Einkunftsarten auslösen würden. Entscheidend ist deshalb, dass es sich bei der Vermietungstätigkeit der GbR um trennbare Tätigkeiten handelt, wobei die Vermietung an die Z-GmbH in Folge der Betriebsaufspaltung zu gewerblichen Einkünften führt, die Vermietung an fremde Dritte hingegen —ohne Berücksichtigung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG — zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Bei normspezifischer Auslegung liegen demnach im Streitfall zwei trennbare Tätigkeiten i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vor.

29  c) Auch die weiteren Einwendungen der Kläger gegen die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kommen nicht zum Tragen.

30  aa) Nicht gefolgt werden kann den Klägern, soweit sie mit Blick auf das BFH-Urteil vom 13. Juli 2006 IV R 25/05 (BFHE 214, 343 , BStBl II 2006, 804, unter II.3. der Gründe) die Rechtsprechungsgrundsätze zur Aufteilung von Gebäuden sowie Grund und Boden in Nutzungs- und Funktionszusammenhänge (seit Beschluss des Großen Senats des BFH vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132, unter II.3.d der Gründe) als systematisch vorrangig gegenüber der Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG erachten. Weder stehen diese Grundsätze der Abfärbewirkung entgegen noch gehen sie dem § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vor. Während diese Norm eine Einkünftezuordnungsentscheidung trifft, besagen die Grundsätze zur Aufteilung von Gebäuden sowie Grund und Boden in Nutzungs- und Funktionszusammenhänge, dass ein Gebäude und der damit im Zusammenhang stehende Grund und Boden in unterschiedliche Wirtschaftsgüter aufgeteilt werden können. Für ein Rangverhältnis des Vorrangs einer spezielleren gegenüber einer allgemeineren Norm fehlt es insoweit bereits an konkurrierenden Merkmalen.

31  bb) Sinn und Zweck des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG stehen dessen Anwendung im Streitfall nicht entgegen. Zweck der Norm ist —wie auch von den Klägern nicht in Frage gestellt wird— die Vereinfachung durch Typisierung zur Vermeidung von Schwierigkeiten bei der Einkünfteermittlung (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts —BVerfG— vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04 , BVerfGE 120, 1 , unter C.II.3.a der Gründe; sowie ausführlich zum Vereinfachungszweck: Groh, Der Betrieb 2005, 2430 f.). Aus dem Normzweck der Vereinfachung lässt sich indes nicht im Umkehrschluss herleiten, dass bei (vermeintlich) einfacher Aufteilung der Einkünfte und der zur Einkünfteerzielung genutzten Wirtschaftsgüter die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ausgeschlossen sein soll. Eine solche Auslegung würde zudem den Wortsinn und damit die zulässige Grenze der Auslegung überschreiten. Denn eine Differenzierung nach dem Grad der Erforderlichkeit einer Vereinfachung im Einzelfall ist § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht zu entnehmen.

32  cc) Auch verfassungsrechtliche Gesichtspunkte sprechen im Streitfall nicht gegen eine Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG .

33  § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist mit dem Grundgesetz (GG ), insbesondere mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG ) vereinbar (BVerfG-Beschlüsse vom 26. Oktober 2004 2 BvR 246/98, BFH/NV 2005 , Beilage 3, 259; in BVerfGE 120, 1 , unter C.II. der Gründe).

34  Die Vorschrift ist auch nicht in verfassungskonformer Auslegung einschränkend dahin zu verstehen, dass sie im Streitfall nicht zur Anwendung gelangt, weil —wie die Kläger meinen— die „Ausgliederung” der Vermietungstätigkeit an fremde Dritte, etwa auf eine beteiligungsidentische Personengesellschaft, nicht ohne weiteres möglich war.

35  Denn § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG enthält eine verfassungsrechtlich zulässige gesetzliche Typisierung. Soweit diese Typisierung Ungleichbehandlungen schafft, ist sie wegen des ihr innewohnenden Vereinfachungszwecks weder willkürlich noch sind die damit verbundenen Nachteile unverhältnismäßig gegenüber den mit der Norm verfolgten Zielen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 1 , unter C.II.3.d der Gründe). Zwar verweist das BVerfG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH (z.B. BFH-Urteile vom 13. Oktober 1977 IV R 174/74 , BFHE 123, 505 , BStBl II 1978, 73, unter 2. der Gründe; vom 29. November 2001 IV R 91/99, BFHE 197, 400 , BStBl II 2002, 221, unter 3.b cc der Gründe, m.w.N.) auf die legitime Möglichkeit einer gesellschaftsrechtlichen Ausweichgestaltung („Ausgliederungsmodell”) zur Vermeidung dieser typisierenden Wirkung. Dies bedeutet indes nicht, dass auch in jedem konkreten Einzelfall eine derartige Gestaltung ohne weiteres möglich sein muss. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist vielmehr entscheidend, dass die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in einer Vielzahl von Fällen durch eine dem Steuerpflichtigen zumutbare Mitwirkungslast (Gestaltungslast) vermieden werden könnte. Der abweichende Einzelfall kann zu keiner anderen Beurteilung führen, weil dies dem Typisierungsgedanken und dem damit einhergehenden Vereinfachungszweck zuwiderliefe.

36  dd) Auch Vertrauensschutzgesichtspunkte rechtfertigen keine anderweitige Beurteilung, insbesondere vermögen sie gesetztes Recht nicht zu verdrängen.

37   (1) Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 AO ) gebietet dem FA, eine als unrichtig erkannte Rechtsauffassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufzugeben. Das FA ist grundsätzlich an seine rechtliche Würdigung in früheren Veranlagungszeiträumen nicht gebunden (Grundsatz der Abschnittsbesteuerung). Dies gilt selbst dann, wenn das FA über eine längere Zeitspanne eine fehlerhafte, für den Steuerpflichtigen günstige Auffassung vertreten hat und der Steuerpflichtige im Vertrauen darauf disponiert haben sollte (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 30. Oktober 1997 IV R 76/96 , BFH/NV 1998, 578 , unter 2.b der Gründe, m.w.N.; vom 23. Februar 2012 IV R 13/08, BFH/NV 2012, 1112 , unter II.3.a der Gründe).

38   (2) Zu einer Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kann es nur in besonders gelagerten Fällen kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsempfinden in einem so hohen Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen. Dies kommt nach ständiger Rechtsprechung (nur) dann in Betracht, wenn dem Steuerpflichtigen eine bestimmte steuerrechtliche Behandlung zugesagt worden ist oder wenn das FA durch sein früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (z.B. BFH-Urteile vom 29. April 2008 VIII R 75/05 , BFHE 221, 136 , BStBl II 2008, 817, und vom 14. Januar 2010 IV R 86/06, BFH/NV 2010, 1096 ). Aus den das Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, die Grundlage eines Vertrauenstatbestands sein könnten, insbesondere auch nicht die über Jahre hinweg (bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1993) in den Feststellungsbescheiden konkretisierte unrichtige Rechtsauffassung des FA. Ist Letztere aber schon nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand zu schaffen, dann kann für die Kläger auch kein Vertrauen daraus erwachsen, dass sie im Hinblick auf diese (für sie günstige) rechtliche Behandlung eine gesellschaftsrechtliche Ausweichgestaltung nicht für notwendig erachteten. Im Übrigen konnte die Änderung der Rechtsauffassung durch das FA, nachdem im Rahmen von Außenprüfungen in den Jahren 1981 und 1984 frühzeitig auf die Möglichkeit einer Betriebsaufspaltung hingewiesen wurde, für die Kläger keinesfalls überraschend sein.

39  ee) Die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG scheitert auch nicht an einem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Da es für die Verfassungsmäßigkeit dieser Norm nicht darauf ankommt, dass eine gesellschaftsrechtliche Ausweichgestaltung in jedem Einzelfall möglich ist, ist es unschädlich, wenn das FG gleichwohl auf eine solche Möglichkeit hingewiesen hat.

40  ff) Soweit sich die Kläger unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (hier: verwaltungsseitiger Vertrauensschutz im Billigkeitswege durch die Finanzverwaltung, vgl. z.B. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 18. September 2001 IV A 6 -S 2240- 50/01, BStBl I 2001 , 634 ) auf Billigkeitserwägungen berufen, können sie damit in diesem Revisionsverfahren nicht gehört werden. Über eine abweichende Feststellung der Besteuerungsgrundlagen aus Billigkeitsgründen wäre in einem gesonderten Verwaltungsverfahren zu entscheiden (BFH-Urteil vom 3. September 2009 IV R 17/07 , BFHE 227, 293 , BStBl II 2010, 631, unter B.II.1.c cc der Gründe).

41  d) Folge der Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist im Streitfall, dass —wie das FG zutreffend erkannt hat— alle Einkünfte aus der Vermietungstätigkeit der GbR zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen. Denn Rechtsfolge des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist die Umqualifizierung sämtlicher von der Personengesellschaft erzielter Einkünfte zu Einkünften aus Gewerbebetrieb (sog. Abfärbewirkung). Dabei kommt es auf das Verhältnis der originär nicht gewerblichen Tätigkeit zur gewerblichen Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 EStG grundsätzlich nicht an (BFH-Urteil vom 13. November 1997 IV R 67/96 , BFHE 184, 512 , BStBl II 1998, 254, unter 2.b der Gründe). Als weitere Folge sind sämtliche Wirtschaftsgüter der Personengesellschaft dem Betriebsvermögen zuzuordnen, auch soweit sie bei isolierter Betrachtung der privaten Vermögenssphäre zuzuordnen wären (vgl. auch HHR/Stapperfend, § 15 EStG Rz 1455, m.w.N.). Diese Rechtsfolgen treten auch dann ein, wenn eine für sich betrachtet vermögensverwaltende Tätigkeit einer Personengesellschaft erst aufgrund des Rechtsinstituts der Betriebsaufspaltung als eine originär gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren ist (BFH-Urteile in BFHE 184, 512 , BStBl II 1998, 254, unter 2.c der Gründe, und vom 24. November 1998 VIII R 61/97, BFHE 187, 297 , BStBl II 1999, 483, unter II.2. der Gründe).

42  3. Das FG hat den Aufgabegewinn zutreffend ermittelt.

43  a) Die Betriebsaufspaltung endete im Streitjahr 2000 durch die teilweise Übertragung von Geschäftsanteilen des B an der GbR auf seine beiden volljährigen Kinder. Durch die Anteilsübertragung kommt es zur personellen Entflechtung, weil die Anteile des B an der Z-GmbH nicht zugleich auf die Kinder übertragen wurden und bei der GbR das Einstimmigkeitsprinzip gilt. Infolgedessen entfällt die Beherrschungsidentität (vgl. dazu Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15 Rz 825).

44  Die Beendigung der Betriebsaufspaltung hat die Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 EStG ) der Besitzgesellschaft zur Folge; die bis dahin in ihrem Betriebsvermögen —einschließlich der Anteile an der Betriebs-GmbH— gebildeten stillen Reserven sind aufzudecken.

45  b) Bei Ermittlung des Aufgabegewinns (§ 16 Abs. 3 und Abs. 2 EStG) ist dem FG darin zu folgen, diesen als Differenz zwischen gemeinem Wert der Wirtschaftsgüter des (Sonder-)Betriebsvermögens der Besitzgesellschaft und den historischen (fortgeführten) Herstellungs- und Anschaffungskosten —hinsichtlich des Gebäudes nach Abzug der AfA— zu berechnen.

46  Die bei der Ermittlung des Aufgabegewinns einbezogenen Wirtschaftsgüter (Grund und Boden, Außenanlagen, Gebäude, Beteiligung an der Z-GmbH) waren nach den vorstehenden Erwägungen von Beginn der Vermietungstätigkeit an, d.h. ab 1980, —notwendiges— (Sonder-)Betriebsvermögen.

47  aa) Bei nachträglich erkannter Betriebsaufspaltung und dementsprechend fehlender Bilanzierung der Wirtschaftsgüter des (Sonder-)Betriebsvermögens sind diese in der Anfangsbilanz auf den Beginn des ersten noch offenen Jahres anzusetzen. Dabei hat die Bewertung in der Anfangsbilanz mit den Werten zu erfolgen, die sich bei ordnungsgemäßer Fortführung einer Eröffnungsbilanz auf den Betriebsbeginn ergeben hätten. Die nachträgliche Aufnahme solcher Wirtschaftsgüter in die (Anfangs-)Bilanz ist —mangels tatsächlicher Zuführung zum Betriebsvermögen— keine Einlage i.S. des § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 5 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG , sondern eine berichtigende (technische) Einbuchung. Demgemäß bestimmt sich der Bilanzansatz für eine fehlerberichtigende Einbuchung bei unterlassener Aktivierung eines Wirtschaftsguts nach dem Wert, mit dem das bisher zu Unrecht nicht bilanzierte Wirtschaftsgut bei von Anfang an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde (BFH-Urteile in BFH/NV 1998, 578 , unter 3. der Gründe; vom 24. OKtober 2001 X R 153/97, BFHE 197, 105 , BStBl II 2002, 75, unter II.1. der Gründe, m.w.N.).

48  bb) Dieser Handhabung stehen weder die Bestandskraftwirkung der Feststellungen für frühere Veranlagungszeiträume noch der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung entgegen.

49   (1) Der Zuwachs an stillen Reserven —z.B. durch eine positive Verkehrswertentwicklung des Grundstücks— fließt nicht in die Einkünfteermittlung der zuvor angenommenen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ein und kann schon deshalb von der Bestandskraftwirkung nicht umfasst sein. Entgegen der Auffassung der Kläger sind somit Wertveränderungen an den fälschlicherweise als Privatvermögen behandelten Wirtschaftsgütern nicht durch die Bestandskraftwirkung endgültig der privaten Sphäre zugeordnet, sondern gehen in den Totalgewinn des Gewerbebetriebs mit ein (BFH-Urteil in BFH/NV 1998, 578 , unter 3.a der Gründe). Durch den Ansatz der historischen Herstellungs- und Anschaffungskosten wird nämlich —anders als die Kläger meinen— nicht rückwirkend in die Würdigung eines Dauersachverhalts eingegriffen. Die Aufdeckung der stillen Reserven im Rahmen der Betriebsaufgabe erfolgt gerade nicht in den bestandskräftigen Feststellungsbescheiden der Vergangenheit, sondern nach den Grundsätzen der Gewinnrealisation im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme der Wirtschaftsgüter der Besitzgesellschaft.

50   (2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem BFH-Urteil in BFHE 197, 105 , BStBl II 2002, 75, wonach wegen des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung die in einem Veranlagungszeitraum nicht als Betriebsausgaben berücksichtigte AfA nicht nachgeholt werden kann, wenn die betroffenen Bescheide nicht mehr änderbar sind. Dies ist konsequente Folge der gesetzlich bestimmten Zuordnung des (einkünftebezogenen) Aufwands zu einem bestimmten Zeitraum. Folgerichtig ist die zeitpunktorientierte Aufdeckung stiller Reserven im Zeitpunkt ihrer gesetzlichen Anordnung unter Betrachtung des gesamten Zeitraums der Betriebszugehörigkeit der entsprechenden Wirtschaftsgüter vorzunehmen.

51   (3) Zu einer anderen Beurteilung führt auch nicht der BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvR 748/05 , 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 (BVerfGE 127, 61 , unter B.I.2.b bb der Gründe). Zwar führt das BVerfG darin aus, dass der Wertzuwachs (stille Reserve) nicht im Zeitpunkt seiner Realisation entstehe, sondern über einen vorangegangenen (längeren) Zeitraum. Die Realisation verfestige die Wertsteigerung lediglich zeitpunktbezogen. Gleichwohl begründet eine über Jahre hinweg unrichtige, in einem Feststellungsbescheid konkretisierte, dem Steuerpflichtigen günstige Rechtsauffassung der Verwaltung keine Vermögensposition des Steuerpflichtigen. Demnach kann eine geänderte Rechtsauffassung auch nicht nachträglich zur Entwertung einer solchen Position führen.

52  c) Eine andere Beurteilung (Ansatz der Teilwerte auf den 1. Januar 1994) folgt auch nicht aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben. Soweit die Kläger sich auf die jahrelange Behandlung des Sachverhalts durch das FA berufen, gelten die oben genannten Grundsätze.

53  d) Im Streitfall ist es für die Ermittlung des Aufgabegewinns unerheblich, ob die GbR die laufenden Gewinne durch Betriebsvermögensvergleich (vgl. BFH-Urteile vom 8. März 1989 X R 9/86 , BFHE 156, 443 , BStBl II 1989, 714, unter 1.b der Gründe; vom 7. Oktober 1997 VIII R 63/95, BFH/NV 1998, 1202 , unter II.1. der Gründe) oder durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG ) hätte ermitteln müssen. Sollte die GbR ihr Wahlrecht —zu irgendeinem Zeitpunkt— zugunsten der Einnahmen-Überschussrechnung ausgeübt haben, wäre zwar auf den 1. Januar 1994 (im bestandskräftigen Feststellungsbescheid für 1994 wurde die Betriebsaufspaltung erstmals als Besteuerungsgrundlage berücksichtigt) bzw. 1998 (erstes Streitjahr) keine Anfangsbilanz mit den fortgeführten Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten aufzustellen gewesen. Spätestens im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe hätte die GbR aber zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich übergehen (§ 16 Abs. 2 Satz 2 EStG ) und die bislang nicht bilanzierten Wirtschaftsgüter mit den fortgeführten historischen Herstellungs- und Anschaffungskosten zum Ansatz bringen müssen.

Einkommensteuer | Aufwendungen zur Sicherung der Rückzahlung eines Darlehens (BFH)

Aufwendungen zur Sicherung der Rückzahlung eines Darlehens als nachträgliche Anschaffungskosten auf den Vermögensstamm

 Gesetze

EStG § 20
,
EStG § 9 Abs. 1
,
HGB § 255 Abs. 1

 Instanzenzug

FG Köln Urteil vom 22.05.2012 15 K 183/09

 Gründe

1  I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) und der Beigeladene und Beschwerdeführer (Beigeladener) waren zu jeweils 25 % als Kommanditisten an einer GmbH & Co. KG (KG) beteiligt, die im Jahr 2001 nach ihrer Liquidation vollbeendet wurde. Bei der KG handelte es sich um eine vermögensverwaltende, nicht gewerblich geprägte Kommanditgesellschaft, die Einkünfte aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte erzielte.

2  Im Jahr 1999 gewährte die KG zwei in den USA ansässigen Unternehmen verzinsliche Darlehen in Höhe von insgesamt . US-Dollar. Nachdem die Schuldner in Liquiditätsschwierigkeiten und mit den Zinszahlungen in Rückstand geraten waren, erhielt die KG nach Verhandlungen mit der an den Schuldnern beteiligten X AG (AG) den vollen Darlehensbetrag zurück und die noch rückständigen Zinsen in Höhe von . DM ausgezahlt. Die Zinsen leitete die KG unmittelbar an die AG weiter. Sie erzielte aus der Darlehenshingabe insgesamt einen Totalüberschuss.

3  In der Gewinnermittlung machte die KG die an die AG weitergeleiteten Zinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) lehnte eine Berücksichtigung der an die AG gezahlten Provision als Werbungskosten ab, da diese nicht mit der Erzielung von Einnahmen aus Kapitalvermögen, sondern mit der Rückzahlung des Darlehens in Zusammenhang gestanden habe. Das Finanzgericht (FG) gab in seinem Urteil vom 22. Mai 2012 der Klage insoweit statt, als die Zahlung an die AG auf die Realisierung der Zinsen entfallen sei (rund 7 % der Gesamtsumme des weitergeleiteten Betrags). Im Übrigen wies es die Klage ab.

4  Das FA erließ am 23. Juli 2012 einen geänderten Feststellungsbescheid für das Streitjahr 2000, in dem es die Zahlung der KG an die AG nach Maßgabe des FG-Urteils teilweise als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigte.

5  II. Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

6  1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der geänderte Feststellungsbescheid für das Streitjahr vom 23. Juli 2012. Das angefochtene FG-Urteil ist nicht wegen Ergehens dieses Änderungsbescheids aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Der geänderte Bescheid vom 23. Juli 2012 ist entsprechend § 68 i.V.m. § 127 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens geworden.

7  Zwar ist die Vorentscheidung grundsätzlich entsprechend § 127 FGO aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen, wenn während des Verfahrens über eine zulässige, aber unbegründete Nichtzulassungsbeschwerde ein Änderungsbescheid ergangen ist. Die Vorentscheidung ist jedoch nicht aufzuheben, wenn der Änderungsbescheid keine gegenüber den bisherigen Belastungen verbösernde Entscheidung enthält oder diese Entscheidung nicht streitig ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 15. Oktober 2008 X B 60/07 , BFH/NV 2009, 205 , m.w.N.). So liegt es im Streitfall, da die festgesetzte Steuer durch den geänderten Bescheid herabgesetzt worden ist.

8  2. Die Beschwerde ist unbegründet, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO nicht erfüllt sind.

9  a) Die Frage, ob die von der KG an die AG weitergeleiteten Zinsen als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes —EStG —) zu berücksichtigen sind, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist auch keine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts erforderlich.

10  Nach der Rechtsprechung des BFH ist der durch die Hingabe des Kapitals erworbene Darlehensrückerstattungsanspruch Gegenstand eines Anschaffungsvorgangs. Demgemäß gehören weder die für den Erwerb eines solchen Wirtschaftsguts anfallenden Anschaffungskosten noch die Anschaffungsnebenkosten zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (Senatsurteil vom 20. Juni 2000 VIII R 37/99, BFH/NV 2000, 1342 , m.w.N.). Dabei setzt die Zurechnung von Aufwand als Nebenkosten zu den Anschaffungskosten von Kapitalvermögen nach § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs grundsätzlich voraus, dass er einzelnen, bestimmten Kapitalanlagen zugeordnet werden kann. Zu den Anschaffungskosten gehören auch nachträgliche Anschaffungskosten auf den Vermögensstamm, die aufgewendet werden, um die notleidende Kapitalanlage zu retten. Dies ist vorliegend der Fall. Nach der Zahlungseinstellung der Schuldner in den USA schaltete die KG die AG als Vermittler ein, um ihr Kapital und die noch ausstehenden Zinsen ohne streitige Auseinandersetzung und Zwangsvollstreckung in den USA zu erhalten. Im Gegenzug verpflichtete sie sich, die Zinsen bei Zahlung unverzüglich an die AG weiterzuleiten. Die für die Vermittlungstätigkeit der AG entstandenen Aufwendungen sind danach einer bestimmten Kapitalanlage —der Darlehensgewährung— konkret zuordenbar.

11  Solche nachträglichen Anschaffungskosten können im Bereich der Überschusseinkünfte nur nach Maßgabe der —vorliegend nicht in Betracht kommenden— Sonderregelungen der §§ 17 , 23 EStG sowie des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes für die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer von Bedeutung sein. Im Übrigen ist der Werbungskostenabzug für Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten solcher Wirtschaftsgüter im Bereich der Überschusseinkünfte ausgeschlossen (Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 VIII R 22/07, BFHE 228, 28 , BStBl II 2010, 469, m.w.N.).

12  Folglich ist auch die Frage, ob hinsichtlich der Einkünfteerzielungsabsicht nicht allein auf die vollbeendete KG, sondern auch auf deren Gesellschafter abgestellt werden müsste, nicht klärungsbedürftig, da es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen nicht um Werbungskosten, sondern um nicht abziehbare nachträgliche Anschaffungsnebenkosten handelt.

13  b) Es liegt auch keine Divergenz zu der Rechtsprechung des BFH vor, nach der Aufwendungen auf Kapitalanlagen uneingeschränkt zum Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzulassen sind, wenn bei der jeweiligen Kapitalanlage die Absicht zur Erzielung steuerfreier Vermögensvorteile nicht im Vordergrund steht, d.h. nur mitursächlich für die Anschaffung der ertragbringenden Kapitalanlage ist (z.B. BFH-Urteil vom 24. November 2009 VIII R 11/07 , BFH/NV 2010, 1417 , m.w.N.). Denn dies gilt nur, wenn der Aufwand ohne Bezug zu der Kapitalanlage seiner Art nach die allgemeine vermögensverwaltende Tätigkeit abgelten soll (BFH-Urteil in BFHE 228, 28 , BStBl II 2010, 469). Dies ist vorliegend —wie bereits ausgeführt— nicht der Fall.

14  c) Das von den Klägern und dem Beigeladenen zitierte Urteil des BFH vom 28. August 1952 IV 448/51 U (BFHE 56, 690, BStBl III 1952, 265) ist weder zu einem vergleichbaren Sachverhalt noch zu einer gleichen Rechtsfrage ergangen. In dem dortigen Rechtsstreit ging es um die Frage, ob Aufwendungen eines GmbH-Gesellschafters, die ihm durch die Beratung der GmbH entstanden sind, als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind. Der BFH hat dies aufgrund der Unterbrechung der unmittelbaren Beziehung zwischen den Aufwendungen und den Einkünften aus Kapitalvermögen durch die Zwischenschaltung der juristischen Person verneint. Eine Divergenz des FG-Urteils zur Rechtsprechung des BFH ist danach nicht gegeben.

Wissensprüfung bei einem Autodidakten

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 7.3.2013, III B 134/12

Wissensprüfung bei einem Autodidakten

Tatbestand

1
I. Der Kläger war in den Streitjahren 1993 bis 1999 selbständig tätig. Er beriet Unternehmen in Fragen der Logistik, der Transportorganisation, der Führung und Organisation sowie bei Neuplanungen. Gegenstand der Tätigkeit war die Optimierung von logistischen Ablauforganisationen und Fuhrparks sowie die Projektierung von Betriebseinrichtungen, wie z.B. Logistikzentren, Niederlassungen, Zentrallagern, Palettenhochregallagern, Stahlhallen mit Krananlagen und Sägezentren.
2
Das Finanzamt erließ für die Streitjahre Gewerbesteuermessbescheide. Dagegen wandte sich der Kläger mit der Begründung, dass er eine freiberufliche Tätigkeit ausgeübt habe. Er habe als Autodidakt in Tiefe und Breite über die Kenntnisse eines Diplom-Wirtschaftsingenieurs mit Schwerpunkt Logistik verfügt und eine entsprechende berufliche Tätigkeit entfaltet.
3
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das sachverständig beratene Finanzgericht (FG) ging in seinem Urteil zwar davon aus, dass sich die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit auf einen Hauptbereich einer vergleichbaren Ingenieurtätigkeit erstreckt habe. Es sei jedoch nicht nachgewiesen, dass er der Breite und Tiefe nach über ein dem Ingenieur vergleichbares Wissen verfügt habe. Im Hinblick auf den einschlägigen Vergleichsstudiengang „Wirtschaftsingenieurwesen, Schwerpunkt Logistik“ bestünden in den Fächern Mathematik, Datenverarbeitung und Quantitative Methoden Wissensdefizite. Die vom Kläger beantragte Wissensprüfung lehnte das FG mit der Begründung ab, dass der Kläger im Hinblick auf die vom Sachverständigen in zahlreichen Fächern festgestellten Wissensdefizite keinen Vortrag zum Wissenserwerb –beispielsweise in den genannten Fächern– oder zur Wissensanwendung gehalten habe.
4
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision rügt der Kläger unter anderem eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FG habe seinen Antrag auf Durchführung einer Wissensprüfung nicht ablehnen dürfen.

Entscheidungsgründe

5
II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet; sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 FGO). Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegen vor. Das FG hätte dem Antrag des Klägers auf Durchführung einer Wissensprüfung entsprechen müssen. Die Nichterhebung dieses beantragten Beweises verletzt den Untersuchungsgrundsatz des § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO.
6
1. Die Verfahrensrüge des Klägers ist in zulässiger Form erhoben worden.
7
In der Beschwerdebegründung wurden die Voraussetzungen für einen Verfahrensmangel, nämlich die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes gemäß § 76 Abs. 1 FGO, in der von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderten Form dargelegt.
8
a) Wird mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) geltend gemacht, das FG habe zu Unrecht Beweisanträge übergangen, so sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Angaben zu den ermittlungsbedürftigen Tatsachen, den angebotenen Beweismitteln und zum Ergebnis der Beweisaufnahme erforderlich. Hat das FG –wie im Streitfall– selbst im Urteil begründet, weshalb es von der Erhebung beantragter Beweise abgesehen hat, genügt bereits die schlichte Rüge der Nichtbefolgung des Beweisantritts den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 14. August 2000 VII B 87/00, BFH/NV 2001, 147; vom 30. Dezember 2002 XI B 58/02, BFH/NV 2003, 787; vom 19. Januar 2007 IV B 51/05, BFH/NV 2007, 1089). Da es sich bei der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes um einen verzichtbaren Mangel handelt, muss grundsätzlich –auch im Fall der oben genannten Begründungserleichterung– vorgetragen werden, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt wurden oder weshalb die Rüge nicht möglich gewesen sei. Dies gilt grundsätzlich. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn sich dies aus dem Urteil oder Sitzungsprotokoll ergibt (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 787, und in BFH/NV 2007, 1089).
9
b) Im Streitfall folgt unmittelbar aus dem Sitzungsprotokoll, dass der Kläger sich nicht rügelos auf die mündliche Verhandlung eingelassen hat. Dieser hat nämlich, nachdem die Sachanträge gestellt waren, der Sachverständige sein Gutachten mündlich erläutert hatte und eine Sitzungsunterbrechung erfolgt war, seinen früheren schriftsätzlich gestellten Antrag auf Einholung eines zweiten Gutachtens zurückgenommen und ausdrücklich den Antrag auf Durchführung einer Wissensprüfung gestellt. Zudem gab der Kläger an, die vom Sachverständigen angesprochenen Wissenslücken teilweise durch weitere Arbeiten widerlegen zu können. Da die Wissensprüfung ausweislich eines Schreibens des Berichterstatters des FG zudem vor dem Termin als erforderlich („Sollte die Klage weiter verfolgt werden, dürfte der Kläger um eine umfassende Wissensprüfung nicht umhin kommen.“) erachtet worden war, kann das im Protokoll wiedergegebene Verhalten des Klägers keinesfalls als Rügeverzicht, sondern nur als ein „Bestehen auf Beweiserhebung“ gedeutet werden. Damit erübrigte sich der Vortrag in der Beschwerdeschrift, dass eine rügelose Einlassung nicht stattgefunden habe.
10
2. Die Rüge ist auch begründet.
11
a) Das Vorliegen eines (ingenieur-)ähnlichen Berufs erfordert nach ständiger Rechtsprechung des BFH, dass der ähnliche Beruf mit einem bestimmten Katalogberuf sowohl in der Ausbildung als auch in der beruflichen Tätigkeit vergleichbar ist (z.B. BFH-Urteil vom 16. Dezember 2008 VIII R 27/07, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung –HFR– 2009, 898, m.w.N.).
12
aa) Setzt der Katalogberuf (vgl. BFH-Urteile vom 28. August 2003 IV R 21/02, BFHE 203, 152, BStBl II 2003, 919; vom 6. September 2006 XI R 3/06, BFHE 215, 124, BStBl II 2007, 118, zum Beruf des Wirtschaftsingenieurs) –wie im Streitfall– eine qualifizierte Ausbildung voraus, wird auch für den ähnlichen Beruf eine vergleichbare Ausbildung verlangt. Dabei kann die vergleichbare Ausbildung nicht nur in einem förmlichen Ausbildungsgang, wie z.B. in einem Studium, stattfinden. Vielmehr kann ein Steuerpflichtiger, der eine Berufsausbildung, wie sie in den Ingenieurgesetzen der Länder vorgeschrieben ist, nicht besitzt, auch nachweisen, dass er –als Autodidakt– vergleichbare Kenntnisse im Wege der privaten Fortbildung, des Selbststudiums oder im Zusammenhang mit eigener Arbeit erworben hat (BFH-Urteil in HFR 2009, 898).
13
bb) Macht der Kläger geltend, er habe im streitigen Zeitraum über die für die Annahme einer freiberuflichen Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse verfügt, muss er Tatsachen dazu vortragen, wie er die Kenntnisse erworben und inwieweit er sie in der Praxis eingesetzt hat. Unter bestimmten Umständen kann bereits aus der Art der Tätigkeit auf das Vorhandensein der entsprechenden Kenntnisse geschlossen werden. Stehen diese Tatsachen nicht bereits zur Überzeugung des Gerichts fest, muss das FG aufgrund seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) den vom Kläger gestellten Anträgen zur Erhebung von Beweisen grundsätzlich entsprechen, die geeignet erscheinen, den erforderlichen Nachweis der Kenntnisse zu erbringen (BFH-Urteil in HFR 2009, 898).
14
cc) Dazu kann auch die Vornahme einer Wissensprüfung gehören, wenn sich aus den vorgetragenen Tatsachen zum Erwerb und Einsatz der Kenntnisse bereits erkennen lässt, dass der Kläger über hinreichende Kenntnisse verfügen könnte und ein Nachweis anhand praktischer Arbeiten nicht zu führen ist (BFH-Urteile vom 26. Juni 2002 IV R 56/00, BFHE 199, 367, BStBl II 2002, 768; vom 18. April 2007 XI R 34/06, BFH/NV 2007, 1495, und in HFR 2009, 898). Erfüllt ein auf die Durchführung einer Wissensprüfung gestellter Antrag des Steuerpflichtigen diese Voraussetzungen, dann muss das FG ihm nachgehen und kann ihn nur ablehnen, wenn es auf das Beweismittel für die Entscheidung nicht ankommt, das Gericht die Richtigkeit der durch das Beweismittel zu beweisenden Tatsachen zu Gunsten der betreffenden Partei unterstellt oder das Beweismittel nicht erreichbar ist (BFH-Urteil in HFR 2009, 898, m.w.N.).
15
b) Im Streitfall lagen die Voraussetzungen für eine Wissensprüfung vor. Das FG durfte daher nicht von der Beweiserhebung absehen.
16
aa) Der Kläger hat hinreichend Tatsachen zum Erwerb und zum Einsatz von Kenntnissen vorgetragen, die erkennen lassen, dass er über ein ingenieurähnliches Wissen in Tiefe und Breite verfügen könnte.
17
Das ergibt sich unmittelbar aus dem Sachverständigengutachten und dem Ergänzungsgutachten. Der vom FG beauftragte Sachverständige hat auf der Grundlage des ihm vom Kläger zur Verfügung gestellten Materials (Bescheinigungen über besuchte Fortbildungsveranstaltungen, Liste der im Selbststudium durchgearbeiteten Fachliteratur, Nachweis der absolvierten Technikerausbildung, zahlreiche Arbeitsproben) bestätigt, dass in allen 21 Ausbildungsmodulen des Vergleichsstudiengangs grundsätzliche, in den meisten Einzelmodulen sogar ausreichende Kenntnisse vorhanden sind. Er hat nach Auswertung des ihm vorgelegten Materials sodann die abschließende Feststellung getroffen, dass damit aber der Kenntnisstand eines Absolventen des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen (Logistik) nicht nachgewiesen worden sei. Genau eine solche Situation hatte der BFH vor Augen, als er es den Autodidakten rechtlich ermöglicht hat, im Wege einer Examinierung durch einen Sachverständigen (Wissensprüfung) den Vollbeweis eines ausreichenden Kenntnisstandes doch noch zu führen, wenn die Beweisführung auf der Basis vorgelegter Arbeitsproben u.ä. nicht möglich ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 199, 367, BStBl II 2002, 768).
18
Soweit der Sachverständige in wesentlichen Mathematikfeldern (Differenzial- und Integralgleichungen, Vektor- und Matrizenrechnung) aufgrund der überlassenen Unterlagen „unzureichende Kenntnisse sicher feststellen konnte“, stand auch diese Einschätzung der Wissensprüfung nicht entgegen. Denn der Sachverständige konnte „in letzter Instanz nicht beurteilen, ob ein Bestehen der Prüfung im Modul Mathematik möglich ist, ohne zumindest über ausreichende Kenntnisse in den wichtigen Basis-Fächern Differenzial- und Integralgleichungen, Vektor- und Matrizenrechnung zu verfügen“. Die Darlegungen des Sachverständigen zum Wissensstand in anderen Mathematikfeldern „waren bewusst so gehalten, dass dem Kläger die Möglichkeit einer Wissensprüfung offen gehalten werden sollte.“ (Zitate aus S. 6 und 7 des Ergänzungsgutachtens). Damit war der Beweis unzureichenden Kenntnisstandes im Fach Mathematik, in dem der Prüfungserfolg im Vergleichsstudiengang ausweislich des Gutachtens unabdingbar ist, gerade noch nicht erbracht. Ob die Wissensprüfung dann ausgeschlossen ist, wenn der Sachverständige aufgrund der ihm vorliegenden Unterlagen unzureichendes Wissen bereits sicher feststellen zu können glaubt, erscheint angesichts des Verbots der vorweggenommenen Beweiswürdigung zweifelhaft. Diese Frage muss im vorliegenden Verfahren jedoch nicht beantwortet werden, weil eine solche Situation gerade nicht gegeben war.
19
Hinsichtlich der vom Sachverständigen festgestellten Wissenslücken im Modul Datenverarbeitung gilt nichts anderes. Auch hier wollte der Sachverständige dem Kläger die Möglichkeit einer Wissensprüfung ausdrücklich offenhalten.
20
Weil die Anforderungen zur Durchführung einer Wissensprüfung nicht überspannt werden dürfen (BFH-Urteil in HFR 2009, 898), ist der Steuerpflichtige grundsätzlich nicht gehalten, zu jedem der vielen Einzelfächer mit ihren jeweiligen Unterdisziplinen, die in einem Vergleichstudiengang belegt werden müssen, Arbeitsproben, eine Liste der im Selbststudium durchgearbeiteten Fachliteratur oder Bescheinigungen über besuchte Fortbildungslehrgänge vorzulegen, um seiner Darlegungspflicht (Möglichkeit des Vorhandenseins von Wissen) zu genügen und zur Examinierung zugelassen zu werden. Im Streitfall musste demnach kein spezieller Vortrag erfolgen, wie der Kläger gerade zu Kenntnissen im Bereich der Matrizenrechnung gekommen sein könnte. Nur unsubstantiiertes Pauschalvorbringen zum Erwerb und zum Vorhandensein von Wissen versperrt den Zugang zur Wissensprüfung.
21
bb) Da der Nachweis ausreichender Kenntnisse anderweitig nicht geführt werden konnte und ein ausdrücklicher Antrag auf Durchführung einer Wissensprüfung vorlag, durfte dieselbe nicht unterbleiben. Die unterbliebene Beweiserhebung war auch entscheidungserheblich, denn es ist nicht auszuschließen, dass das FG nach der Examinierung des Klägers zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.
22
3. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 116 Abs. 6 FGO zu verfahren und bereits auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin die Vorentscheidung aufzuheben sowie die Sache an das FG zurückzuverweisen. Bei der Beauftragung eines Sachverständigen zum Zwecke der Examinierung des Klägers wird das FG zu beachten haben, dass der Sachverständige die erforderliche Sachkunde für die Wissensprüfung besitzt. Diese kann sich etwa daraus ergeben, dass er Mitglied eines Gremiums zur Abschlussprüfung von Kandidaten im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen (Logistik) ist.

Erb- und Pflichtteilverzichtsvertrag – Nichtzulassungsbeschwerde gegen Urteil mit Doppelbegründung

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 26.3.2013, VIII B 157/12

Erb- und Pflichtteilverzichtsvertrag – Nichtzulassungsbeschwerde gegen Urteil mit Doppelbegründung

Gründe

1
Die Beschwerde ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Beklagten und Beschwerdeführers (Finanzamt –FA–) hat die Beschwerdebegründung weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen noch deutlich gemacht, dass eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich ist.
2
Mit Entscheidungen vom 20. November 2012 VIII R 57/10 (juris) und vom 9. Februar 2010 VIII R 43/06 (BFHE 229, 104, BStBl II 2010, 818) ist höchstrichterlich geklärt, dass der vor Eintritt des Erbfalls erklärte Erb- und/oder Pflichtteilsverzicht ein erbrechtlicher –bürgerlich-rechtlich wie steuerrechtlich unentgeltlicher– Vertrag ist, welcher der Regulierung der Vermögensnachfolge dienen soll und nicht der Einkommensteuer unterliegt. Ob Zahlungen aufgrund eines solchen Vertrages einen Zinsanteil enthalten, ist eine Frage des Einzelfalls und daran zu messen, ob der Zahlung eine Kapitalüberlassung gegen Entgelt i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zugrunde liegt. Das Finanzgericht (FG) hat seine Entscheidung auf der Grundlage der vorzitierten Rechtsprechung getroffen und ist nach Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls zu dem Schluss gekommen, eine Kapitalüberlassung gegen Entgelt i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sei nicht gegeben. Wenn das FA sich gegen diese Auffassung des FG wendet, erhebt es im Ergebnis Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Ein Revisionszulassungsgrund wird damit nicht dargelegt, denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten.
3
Auf die ferner mit der Beschwerdeschrift für grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage, ob die Ertragsbesteuerung für den Fall zurücktreten muss, dass tatbestandlich ein und derselbe Vorgang sowohl der Einkommensteuer als auch der Schenkungssteuer unterliegt, kommt es daher nicht an. Denn ist das Urteil des FG –wie hier– auf mehrere Begründungen gestützt, von denen jede für sich allein das Entscheidungsergebnis trägt, so muss mit der Beschwerde für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S. von § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) schlüssig dargelegt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. November 1998 VIII B 18/98, BFH/NV 1999, 513; vom 12. Mai 2000 IV B 74/99, BFH/NV 2000, 1133; vom 16. Juli 2001 V B 44/01, BFH/NV 2001, 1620; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 28). Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerde –wie vorstehend dargelegt– nicht.
4
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Wiedereinsetzung – Unverschuldete Unkenntnis des auf dem Umschlag vermerkten Zustelldatums

UNDESFINANZHOF Beschluss vom 19.3.2013, VIII B 199/11

Wiedereinsetzung – Unverschuldete Unkenntnis des auf dem Umschlag vermerkten Zustelldatums

Gründe

1
Die Beschwerde ist begründet. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage zu Unrecht wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig abgewiesen. Entgegen der Auffassung des FG war dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Wiedereinsetzung in die Klagefrist zu gewähren. Der darin liegende Verfahrensmangel (Verstoß gegen § 56 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–) führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 116 Abs. 6 FGO).
2
1. Weist das FG die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil als unzulässig ab, anstatt zur Sache zu entscheiden, liegt nach der Rechtsprechung ein Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) vor. Das gilt insbesondere, wenn das Gericht deshalb nicht zur Sache entscheidet, weil es zu Unrecht davon ausgeht, dass die Klagefrist versäumt ist (vgl. nur Senatsbeschluss vom 26. Mai 2010 VIII B 228/09, BFH/NV 2010, 2080, m.w.N.). Als Verfahrensmangel kann deshalb auch die fehlerhafte Ablehnung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist gerügt werden (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 78 a.E.). Über das Vorliegen eines ordnungsgemäß geltend gemachten Verfahrensmangels entscheidet der Bundesfinanzhof (BFH) –auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde– grundsätzlich ohne sachliche Einschränkungen in der Sache selbst (vgl. Lange in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 228; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 94).
3
2. Der Senat muss nicht entscheiden, ob die Vorentscheidung schon deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen ist, weil die Klagefrist im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen war, denn jedenfalls war dem Kläger die nachgesuchte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist zu gewähren.
4
a) Das FG hat ein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden des Klägers angenommen. Er hätte dem zugestellten Umschlag entnehmen müssen, dass die Einspruchsentscheidung förmlich zugestellt worden war. Er sei deshalb vorwerfbar zu Unrecht von einer Bekanntgabe durch die Post ausgegangen.
5
b) Das FG hat dabei nicht berücksichtigt, dass die mangelnde Kenntnis von dem auf dem Umschlag handschriftlich eingetragenen Datum der Zustellung (vgl. § 180 Satz 3 der Zivilprozessordnung) selbst dann unverschuldet sein kann, wenn das zuzustellende Schriftstück den Stempelaufdruck „Zugestellt durch Postzustellungsurkunde“ enthält (vgl. BFH-Urteil vom 20. November 2008 III R 66/07, BFHE 223, 317, BStBl II 2009, 185). Der beschließende Senat lässt offen, ob er dieser Rechtsprechung uneingeschränkt folgen kann. Sie muss indes jedenfalls dann gelten, wenn auf dem zuzustellenden Schriftstück ein Hinweis auf die förmliche Zustellung –wie im Streitfall– fehlt und es sich um eine Naturalpartei handelt, die nicht erkannt hat, dass eine förmliche Zustellung vorliegt. Danach ist dem Kläger nicht vorzuwerfen, dass er den Umschlag nicht gesondert zur Kenntnis genommen und deshalb verkannt hat, dass es sich bei der Übersendung um eine förmliche Zustellung handelte. Auf die Frage, ob der Kläger mit einer förmlichen Zustellung durch Einwurf in den Briefkasten überhaupt rechnen musste oder ob er sich ohne Verschulden auf die während seiner, vor langer Zeit als Postzusteller erworbenen, Rechtskenntnisse verlassen durfte, nach denen eine solche Ersatzzustellung noch nicht zulässig war, kommt es nicht an.
6
c) Nach allem durfte der Kläger bei der Berechnung der Klagefrist ohne Verschulden von dem Datum des Bescheids ausgehen und eine übliche Bekanntgabe per Post zugrunde legen. Danach hat er die Klagefrist ohne eigenes Verschulden versäumt, weshalb ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war, denn auch die weiteren Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung liegen vor.

Abrechnung über nicht ausgeführte Lieferung

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 18.2.2013, XI B 117/11

Abrechnung über nicht ausgeführte Lieferung

Tatbestand

1
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine im Inland ansässige GmbH & Co. KG, hat lt. der ihr erteilten Rechnungen im Streitjahr 2002 von der B-GmbH 33 mal jeweils 500 Prozessoren „PT4-E2“ zum Stückpreis von je netto rd. 500 EUR bezogen und nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) „jedenfalls papiermäßig“ mit einem Aufschlag von 3 % steuerfrei an eine Firma C in Malaysia ohne Umsatzsteuerausweis weiterverkauft. Nach dem vorgelegten Schriftwechsel sollten die Prozessoren dort im medizinischen Bereich bzw. zu medizinischen Zwecken (Operationsanlagen) eingesetzt werden. Die Ware gelangte dabei nicht in die Geschäftsräume der Klägerin, sondern wurde vom Spediteur auf den Auftrag der Klägerin hin direkt bei der B-GmbH abgeholt und an die Firma C versandt.
2
N gab dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt –FA–), gegenüber an, die an die Klägerin gelieferten Prozessoren von einer F-AG bezogen zu haben und zog die in den vorgelegten, aber gefälschten Rechnungen der F-AG ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer ab. Gegen die für die B-GmbH Handelnden wurden Strafverfahren eingeleitet und ergingen zum Teil Strafurteile.
3
Das FA nahm dies und Feststellungen des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen zum Anlass, der Klägerin den zunächst im Umsatzsteuerbescheid für 2002 gewährten Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der B-GmbH im Änderungsbescheid vom 7. Oktober 2004 zu versagen. In der Einspruchsentscheidung vertrat es die Auffassung, der Klägerin seien zum einen nicht die in den Rechnungen angegebenen hochwertigen Prozessoren geliefert worden, sondern Billigware. Zum anderen hätte ihr auffallen müssen, dass sie in einen Umsatzsteuerbetrug einbezogen worden sei.
4
Die Klägerin machte dagegen geltend, sie habe dies weder bemerkt, noch hätte sie es bemerken können. Ihre Einschaltung sei damit zu erklären, dass die B-GmbH nach deren Angaben nur an Firmen in Deutschland habe verkaufen dürfen. Auch sei sie davon ausgegangen, die Ware dürfe nur in sog. „Reinräumen“ geöffnet werden. Nach den Aussagen eines Mitarbeiters der beauftragten Spedition, der die Ware soweit wie möglich untersucht habe, spreche viel dafür, dass es sich um Prozessoren gehandelt habe. Ihre Abnehmerin habe die bestellten Prozessoren „PT4-E2“ erhalten und abgenommen.
5
Das FG wies die Klage ab. Die Rechnungen der B-GmbH enthielten nicht die erforderliche Leistungsbeschreibung. Selbst wenn man die Abkürzung „PT4-E2“ unter Einbeziehung des zwischen den Geschäftspartnern gewechselten Schriftverkehrs als ausreichend bestimmbare Beschreibung gelten lassen wolle, fehle es an der Identität von bezeichneter und gelieferter Ware. Denn statt der angegebenen hochwertigen Prozessoren seien nur minderwertige, etwa 0,25 EUR teure Elektronikbauteile zwischen Europa und Asien hin und her geschickt worden. Dies stehe zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Feststellungen des Landgerichts … LG in den Urteilen gegen die Angeklagten E, G und H und aufgrund der dort gemachten Geständnisse bzw. Zeugenaussagen fest. Die tatsächlichen Lieferungen hätten aber dem entsprechen müssen, was nach den für einen mit den Gesamtumständen vertrauten objektiven Dritten als Inhalt der in den Rechnungen enthaltenen Leistungsbeschreibungen erscheinen müsse. Danach hätten hochwertige Prozessoren geliefert werden sollen.
6
Soweit die Klägerin bestreite, dass es sich um minderwertige Bauteile gehandelt habe, bleibe ihr Vortrag unsubstantiiert. „Insbesondere“ könne ihr Vortrag, der Mitarbeiter der von ihr beauftragten Spedition habe „die unregelmäßige Oberfläche eines Innenbehälters mit Vertiefungen und feinen Gestängen in grauer Farbe, wie es für Prozessoren üblich sei, erkennen können“, nicht die Feststellungen des LG in Frage stellen, „dass es sich nicht um hochwertige, für den Einsatz in komplexen medizinischen Geräten geeignete Prozessoren gehandelt“ habe.
7
Die Klägerin könne den Vorsteuerabzug zudem auch deshalb nicht beanspruchen, weil sie mit ihren Lieferungen in eine vorgelagerte Umsatzsteuerhinterziehung der B-GmbH einbezogen gewesen sei und dies auch hätte wissen können und deshalb als an der Hinterziehung Beteiligte anzusehen sei, weil ihr das Wissen ihrer Angestellten nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Mai 2010 XI R 78/07 (BFH/NV 2010, 2132) grundsätzlich zuzurechnen sei.
8
Die Klägerin begehrt die Zulassung der Revision.

Entscheidungsgründe

9
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
10
1. Die am 16. Dezember 2011 beim BFH eingegangene Beschwerde gegen das am 24. November 2010 ergangene und am 16. Dezember 2010 zugestellte Urteil ist fristgerecht eingegangen.
11
Das FG hat die Revision ausdrücklich nicht zugelassen, in der Rechtsmittelbelehrung aber darauf hingewiesen, gegen das Urteil stehe die Revision zu.
12
Eine einem FG-Urteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung, in der –ohne Hinweis auf die besondere Entscheidung über die Zulassung– von der Zulässigkeit der Revision ausgegangen wird, kann nur als unrichtige Rechtsmittelbelehrung verstanden werden (vgl. BFH-Beschluss vom 24. Januar 2008 XI R 63/06, BFH/NV 2008, 606, unter II.1.a, m.w.N.). Rechtsfolge einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung ist, dass sich gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Frist für das zulässige Rechtsmittel –hier die Monatsfrist gemäß § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO für die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision– auf ein Jahr verlängert (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 606, unter II.4.). Die Beschwerdeschrift ist am 16. Dezember 2011 und damit innerhalb der gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO auf ein Jahr verlängerten Beschwerdefrist beim BFH eingegangen.
13
2. a) Gemäß § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (Nr. 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO für die Zulassung der Revision dargelegt werden.
14
b) Die Revision ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen. Die Rüge der Klägerin, das FG habe den Sachverhalt unter Verletzung seiner Pflicht zur Ermittlung von Amts wegen nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO unzureichend aufgeklärt und es insbesondere unterlassen, den benannten Zeugen zu vernehmen, ist nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO begründet worden.
15
aa) Die Klägerin trägt vor, das FG habe es versäumt zu ermitteln, welche Gegenstände überhaupt geliefert worden seien und habe es abgelehnt, den benannten Zeugen zu hören. Dieser hätte bestätigen können, dass es sich tatsächlich um Prozessoren gehandelt habe bzw. Aussagen zur Beschaffenheit und dem Aussehen der gelieferten Gegenstände machen können. Dadurch wären Rückschlüsse darauf möglich gewesen, was die B-GmbH tatsächlich geliefert hat, hochwertige Prozessoren oder minderwertige Elektronikteile.
16
bb) Zum einen hätte die vor dem FG sachkundig vertretene Klägerin vortragen müssen, dass der Verstoß in der Vorinstanz gerügt wurde oder weshalb eine derartige Rüge nicht möglich war (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 49, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 7. August 2007 IV B 139/06, BFH/NV 2008, 57).
17
Denn ein Verfahrensmangel kann nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn er eine Verfahrensvorschrift betrifft, auf deren Beachtung die Prozessbeteiligten verzichten können und verzichtet haben (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung –ZPO–). Zu diesen verzichtbaren Mängeln gehört nach der ständigen Rechtsprechung des BFH auch das Übergehen eines Beweisantrags (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 15. Juni 2005 X B 180/03, BFH/NV 2005, 1843, m.w.N.; vom 6. Dezember 2010 XI B 27/10, BFH/NV 2011, 645, unter 1.b). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der betroffene Beteiligte –wie hier– sachkundig vertreten war. Das Rügerecht geht insoweit nicht nur durch eine ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge; ein Verzichtswille ist dafür nicht erforderlich (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 25. Mai 2010 X B 207/09, BFH/NV 2010, 1649; vom 27. Oktober 2011 VI B 79/11, BFH/NV 2012, 235, unter 3.). Der Verfahrensmangel muss in der (nächsten) mündlichen Verhandlung gerügt werden, in der der Rügeberechtigte erschienen ist; verhandelt er zur Sache, ohne den Verfahrensmangel zu rügen, obwohl er den Mangel kannte oder kennen musste, verliert er das Rügerecht (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 19. Juli 2010 I B 130/09, BFH/NV 2010, 2282; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 100 ff., m.w.N.).
18
Im Streitfall liegt danach ein Rügeverzicht vor. Es war für die Klägerin bzw. ihren sachkundigen Prozessvertreter in der mündlichen Verhandlung erkennbar, dass das FG den benannten, aber nicht geladenen Zeugen nicht vernehmen werde. Sie hat insoweit weder vorgetragen, dass sie das sich abzeichnende Übergehen der zuvor schriftsätzlich gestellten Beweisanträge gerügt habe oder warum ihr eine solche Rüge ggf. nicht möglich gewesen sein sollte. Nach der Sitzungsniederschrift hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin rügelos zur Sache verhandelt und den Klageantrag gestellt und damit wirksam auf das Rügerecht verzichtet (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO).
19
cc) Im Übrigen hat das FG in seinem Urteil die Tatsachen, für die der Zeuge benannt worden ist, zugunsten der Klägerin als wahr unterstellt und konnte daher auf die Einvernahme verzichten (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 3. August 2007 V B 73/07, BFH/NV 2007, 2368, m.w.N.; vom 18. Juni 2012 VI B 108/11, BFH/NV 2012, 1612).
20
Nach dem Schriftsatz der Klägerin vom 20. Februar 2007 hatte ein Mitarbeiter der Spedition den die Ware umschließenden Behälter aus dem Karton gehoben und versucht, soweit dessen Verpackung in einer Breite von ca. 5 bis 6 cm klarsichtig war, zu erkennen, was sich weiteres in dem Behälter befand. Dabei war –so die Klägerin– „die unregelmäßige Oberfläche eines Innenbehälters mit Vertiefungen und feinen Gestängen in grauer Farbe zu erkennen, wie es für Prozessoren üblich“ sei. Diese in dem Schriftsatz von der Klägerin u.a. durch Vernehmung des Zeugen X unter Beweis gestellte Aussage über die von dem Mitarbeiter gemachten Beobachtungen hat das FG als wahr unterstellt. Es ist zu der Überzeugung gelangt, dass die von dem Mitarbeiter wahrgenommenen Tatsachen nicht die Feststellungen des LG in Frage stellen könnten, dass sich in den betreffenden Behältern keine hochwertigen Prozessoren für medizinische Zwecke befunden hätten. Auch dem Vorbringen der Klägerin ist nicht zu entnehmen, dass der Mitarbeiter festgestellt habe, dass es sich um derartige Prozessoren handele.
21
c) Die Beschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
22
aa) Wird die Beschwerde –wie im Streitfall– mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet, so muss in der Beschwerdebegründung eine bestimmte –abstrakte– klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausgestellt und –unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Literatur– deren Bedeutung für die Allgemeinheit substantiiert dargetan werden (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 26, 32, m.w.N.). Entsprechendes gilt für den Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 19. November 2007 VIII B 30/07, BFH/NV 2008, 335; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 38). Kein Klärungsbedarf besteht, wenn eine Rechtsfrage bereits vom BFH geklärt worden ist oder wenn sie sich für den Streitfall aufgrund der vorliegenden Rechtsprechung des BFH ohne weiteres beantworten lässt und nur so entschieden werden kann, wie es das FG getan hat (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28).
23
bb) Die Klägerin macht geltend, klärungsbedürftig sei die Frage, ob „eine von den Parteien einer Lieferkette gewählte Bezeichnung eines Gegenstandes bereits als Leistungsbeschreibung“ ausreicht, oder ob „weitere Anforderungen an die Identifizierbarkeit des Gegenstandes zu stellen“ sind. Sie ist der Auffassung, es müsse ausreichend sein, dass die an dem Geschäftsvorfall Beteiligten den bezeichneten Gegenstand identifizieren könnten und erkennbar sei, dass es sich um eine Leistung für Zwecke des Unternehmens handele. Alles andere sei eine unangebrachte „Förmelei“. Ob die Leistungsbeschreibung in einer Rechnung eine handelsübliche Bezeichnung des Leistungsgegenstandes enthalten müsse, sei durch die bisherige Rechtsprechung nicht geklärt.
24
cc) Es kann offenbleiben, ob eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung bereits deshalb ausscheidet, weil es sich bei § 14 und § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr 2002 geltenden Fassung um ausgelaufenes Recht handelt (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2008 V B 82/08, BFH/NV 2009, 797, m.w.N.). Jedenfalls muss nach der ständigen Rechtsprechung des BFH das Abrechnungspapier (Rechnung oder Gutschrift), aus dem der Vorsteuerabzug geltend gemacht wird, Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung muss dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzungen erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. z.B. BFH-Entscheidungen vom 10. November 1994 V R 45/93, BFHE 176, 472, BStBl II 1995, 395, unter II.2.; vom 18. Mai 2000 V B 178/99, BFH/NV 2000, 1504; vom 29. November 2002 V B 119/02, BFH/NV 2003, 518; vom 16. Dezember 2008 V B 228/07, BFH/NV 2009, 620; vom 6. Juli 2010 XI B 91/09, BFH/NV 2010, 2138, jeweils m.w.N.).
25
Es ist bereits geklärt, dass diesen Anforderungen eine Abrechnung über eine nicht ausgeführte Leistung nicht genügen kann (vgl. BFH-Urteile vom 24. September 1987 V R 50/85, BFHE 153, 65, BStBl II 1988, 688, und V R 125/86, BFHE 153, 77, BStBl II 1988, 694, jeweils unter II.9.a; vom 8. September 1994 V R 70/91, BFHE 175, 463, BStBl II 1995, 32, unter II.2.b).
26
Eine derartige unrichtige, den Vorsteuerabzug ausschließende Leistungsbeschreibung hat der BFH u.a. bei einer Inrechnungstellung von Antriebsmotoren angenommen, während allenfalls die Lieferung von Schrottmotoren in Betracht kam (Fall des BFH-Beschlusses vom 21. Mai 1987 V R 129/78, BFHE 150, 90, BStBl II 1987, 652).
27
Entsprechendes gilt für die im Streitfall erteilten Abrechnungen. Sie enthalten keine Angaben tatsächlicher Art, die eine Identifizierung der von der Klägerin wirklich erbrachten Leistung ermöglichen. Vielmehr weisen sie eine andere Leistung (Lieferung von Prozessoren) aus, die nach den –nicht mit begründeten Verfahrensrügen angegriffenen (s. oben unter II.2.b)– Feststellungen des FG nicht ausgeführt worden sind. Bei den gelieferten elektronischen Bauteilen mit einem Wert von jeweils unter 1 EUR handelte es sich nicht um die in den Rechnungen aufgeführten Prozessoren zum Stückpreis von rd. 500 EUR. Über die tatsächlich gelieferte (minderwertige) Ware ist demnach nicht mit den vorgelegten Rechnungen abgerechnet worden.
28
d) Die Revision ist schließlich nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen einer Divergenz zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
29
Das FG des Saarlandes hat in dem von der Klägerin genannten Urteil vom 12. Mai 2011  1 K 1304/06 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 568) zwar ausgeführt, die Leistungsbeschreibung müsse nicht die „korrekte umsatzsteuerliche Leistungsbeschreibung“ enthalten, aber zugleich betont, der Leistungsinhalt müsse „für die Vertragspartner klar zu identifizieren sein und der tatsächlichen Leistung entsprechen“ (unter I.2.b(2)). Es hat ferner ausgeführt, die Angaben tatsächlicher Art zum Gegenstand der Leistung müssten so richtig und genau sein, dass sie –ggf. ergänzt durch Bezugnahme auf andere Geschäftsunterlagen– eine Identifizierung des Leistungsgegenstandes ermöglichen (unter I.1.b). Dies sei bei einer unrichtigen Leistungsbeschreibung (wie u.a. im Fall des BFH-Beschlusses in BFHE 150, 90, BStBl II 1987, 652) nicht der Fall.
30
Entgegen der Darstellung der Klägerin entspricht dies den Rechtsgrundsätzen, die der Vorentscheidung zugrunde liegen.
31
e) Das FG hat den begehrten Vorsteuerabzug versagt, weil die Rechnungen der B-GmbH zum einen nicht die erforderliche Leistungsbeschreibung enthielten, und zum anderen, weil die Klägerin mit ihren Lieferungen in eine vorgelagerte Umsatzsteuerhinterziehung der B-GmbH einbezogen gewesen sei.
32
Ist das angegriffene Urteil –wie auch die Klägerin zutreffend erkannt hat– kumulativ begründet, so setzt der Erfolg einer Nichtzulassungsbeschwerde voraus, dass gegen beide Begründungen des FG schlüssige und begründete Rügen erhoben werden (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 21. Juli 2011 IX B 46/11, BFH/NV 2011, 1905). Wie sich aus dem Ausgeführten ergibt, sind die von der Klägerin hinsichtlich der ersten Begründung geltend gemachten Zulassungsgründe nicht begründet. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die in der Beschwerde vorgebrachten Zulassungsgründe bezüglich der zweiten –eigenständigen– Begründung des angefochtenen Urteils ordnungsgemäß dargelegt worden sind und vorliegen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. Februar 2008 VIII B 129/07, BFH/NV 2008, 973; vom 4. Oktober 2012 XI B 46/12, BFH/NV 2013, 273).
33
Soweit die Klägerin sich in ihrem nachgereichten Schriftsatz vom 4. Februar 2013 auf die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 31. Januar 2013 C-642/11 –Stroy trans– (Der Betrieb 2013, 439) und C-643/11 –LVK– (juris) bezieht, macht sie gleichfalls nur Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend, die sich gegen die zweite Begründungsvariante des FG betreffend den Vorwurf eines Umsatzsteuerbetrugs richten.

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung wegen behaupteter Verfassungswidrigkeit

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 26.3.2013, III B 158/12

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung wegen behaupteter Verfassungswidrigkeit des § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c, Nr. 3 Buchst. b EStG

Tatbestand

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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist die Mutter von zwei am … November 1992 und … Oktober 1993 geborenen Kindern. Sie ist Staatsangehörige von Serbien-Montenegro und war zunächst im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis, wobei ihr eine selbständige Erwerbstätigkeit oder vergleichbare unselbständige Erwerbstätigkeit im Inland nicht gestattet war. Ab dem 12. November 2003 wurde der Klägerin eine unbefristete Arbeitsgenehmigung erteilt. Mit Gültigkeit ab 22. August 2005 erhielt die Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Mit Schreiben vom 24. März 2006 teilte das zuständige Landratsamt mit, dass die Klägerin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhält und sozialversicherungspflichtig erwerbstätig ist. Zugleich wurde ein Erstattungsanspruch auf das der Klägerin zustehende Kindergeld geltend gemacht.
2
Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) setzte daraufhin ab März 2006 Kindergeld zugunsten der Klägerin fest, wobei sie den Anspruch für die Monate März bis Mai 2006 durch den geltend gemachten Erstattungsanspruch des Landratsamts als erfüllt ansah und das Kindergeld ab Juni 2006 laufend an die Klägerin auszahlte.
3
Auf Anfrage der Familienkasse teilte die Klägerin mit Schreiben vom 12. Dezember 2007 mit, dass sie keiner Beschäftigung nachgehe und Arbeitslosengeld II (ALG II) beziehe. Aus weiteren Nachweisen ergab sich, dass der Klägerin eine ab dem 16. Oktober 2007 gültige Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt wurde und ein bei einer Zeitarbeitsfirma bestehendes Arbeitsverhältnis zum 10. Mai 2006 gekündigt wurde.
4
Die Familienkasse hob daraufhin mit Bescheid vom 3. Juni 2008 die Kindergeldfestsetzung ab Juni 2006 auf und forderte das für den Zeitraum Juni 2006 bis Dezember 2007 bereits ausbezahlte Kindergeld in Höhe von 5.852 EUR von der Klägerin zurück. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2008 als unbegründet zurück.
5
Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage als unbegründet ab. Zur Begründung verwies es im Wesentlichen darauf, dass die Klägerin die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c i.V.m. Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht erfüllt habe, da sie im Streitzeitraum nicht erwerbstätig gewesen sei, sondern ALG II-Leistungen erhalten habe. Ebenso habe sie die Voraussetzungen nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 (BGBl II 1969, 1438) in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30. September 1974 (BGBl II 1975, 390) nicht erfüllt, da sie keine Arbeitnehmerin im Sinne dieses Abkommens gewesen sei.
6
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–), zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).

Entscheidungsgründe

7
II. Die Beschwerde ist unzulässig und wird durch Beschluss verworfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der durch § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderten Art und Weise dargelegt.
8
1. Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der von ihr herausgestellten Rechtsfrage nicht ordnungsgemäß dargelegt.
9
a) Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausstellt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärbar ist. Dazu ist auszuführen, ob und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist. Vor allem sind, sofern zu dem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (z.B. Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2003 III B 14/03, BFH/NV 2004, 224). Macht ein Beschwerdeführer mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine gesetzliche Regelung geltend, so ist darüber hinaus eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundesfinanzhofs (BFH) orientierte Auseinandersetzung mit der Problematik erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Oktober 2010 III B 82/10, BFH/NV 2011, 38, m.w.N.).
10
b) Soweit die Klägerin die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam erachtet, ob die Regelungen in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c sowie Nr. 3 EStG verfassungsgemäß seien, entspricht die Rüge nicht den o.g. Darlegungserfordernissen.
11
aa) Die Klägerin legt dar, durch die Regelung des § 62 Abs. 2 EStG würden nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer, die lediglich im Besitz eines Aufenthaltstitels nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EStG sind, sowie langjährig geduldete Ausländer ohne sachliche Rechtfertigung schlechter gestellt werden als Deutsche und Ausländer mit hinreichendem Aufenthaltstitel. Ferner verstoße es gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), dass eine Kindergeldberechtigung im Falle eines gestatteten oder geduldeten Aufenthalts aus humanitären Gründen von über drei Jahren zwar beim Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), nicht hingegen beim Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) entstehen könne.
12
bb) Dieser Vortrag enthält keine den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügende Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des beschließenden Senats.
13
Soweit die Klägerin der Auffassung ist, es sei bereits nicht sachlich gerechtfertigt, Ausländer mit Aufenthaltstiteln der in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EStG genannten Art oder langjährig geduldete Ausländer anders zu behandeln als Deutsche und Ausländer mit hinreichendem Aufenthaltstitel, setzt sie sich zum einen bereits nicht mit dem Umstand auseinander, dass das BVerfG im Beschluss vom 6. Juli 2004  1 BvL 4/97 (BVerfGE 111, 160) das gesetzgeberische Ziel, Kindergeld nur solchen Ausländern zu gewähren, von denen zu erwarten sei, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben, als solches nicht beanstandet hat. Vielmehr hielt es die frühere Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 des Bundeskindergeldgesetzes nur für nicht geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Zum anderen geht die Klägerin auch nicht auf die Rechtsprechung des beschließenden Senats (z.B. Senatsurteil vom 22. November 2007 III R 54/02, BFHE 220, 45, BStBl II 2009, 913; Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 III S 22/08, BFH/NV 2008, 1330) ein, wonach bei der anzustellenden Prognose über die Dauer des Aufenthalts zunächst erwartet werden kann, dass sich ein Ausländer, dessen Aufenthalt lediglich geduldet ist, rechtstreu verhält und wieder ausreist oder dass ein Ausländer, der wegen eines Krieges in seinem Heimatland eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG oder eine Erlaubnis nach §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG erhalten hat, nach Wegfall der Gründe, die einer Rückkehr in sein Herkunftsland entgegenstanden, wieder heimkehrt.
14
Soweit die Klägerin meint, § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b EStG differenziere in verfassungswidriger Weise zwischen einem Bezug von Sozialleistungen nach dem SGB III und solchen nach dem SGB II, setzt sie sich nicht hinreichend mit der Senatsrechtsprechung auseinander, wonach der Gesetzgeber verfassungskonform und im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums handelte, als er typisierend gemäß § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG einen Daueraufenthalt erst bei einem mindestens dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet und bei Integration in den Arbeitsmarkt unterstellte (z.B. Senatsurteil in BFHE 220, 45, BStBl II 2009, 913).
15
Eine Auseinandersetzung mit der Senatsrechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit des § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c i.V.m. Nr. 3 EStG war auch nicht deshalb entbehrlich, weil das BVerfG mit dem auf mehrere Vorlagen des Bundessozialgerichts –BSG– (z.B. Vorlagebeschlüsse des BSG vom 3. Dezember 2009 B 10 EG 5/08 R, B 10 EG 6/08 R sowie B 10 EG 7/08 R, jeweils juris) ergangenen Beschluss vom 10. Juli 2012  1 BvL 2-4/10, 3/11 (BGBl I 2012, 1898) den mit § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b EStG wortgleichen § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchst. b des Gesetzes zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit (BErzGG) wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG für nichtig erklärt hat. Denn insoweit wäre jedenfalls eine Auseinandersetzung mit der Senatsrechtsprechung erforderlich gewesen, wonach die vom BSG vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken bei Gewährung des steuerrechtlichen Kindergeldes nicht zum Tragen kommen, weil das Kindergeld, anders als das Erziehungsgeld (s. § 8 Abs. 1 Satz 1 BErzGG), als Einkommen auf die Sozialleistungen angerechnet (z.B. § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II in der im Streitzeitraum geltenden Fassung) oder an den Sozialleistungsträger erstattet (s. § 74 Abs. 2 EStG) oder an diesen abgezweigt (§ 74 Abs. 1 Satz 4 EStG) wird (vgl. Senatsbeschluss vom 9. November 2012 III B 138/11, BFH/NV 2013, 372). Danach brächte eine Ausweitung der Kindergeldberechtigung nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer, die ihren Unterhalt mit Sozialleistungen nach dem SGB II bestreiten, für diese in der Regel keine finanziellen Vorteile (Senatsurteil vom 7. April 2011 III R 72/09, BFH/NV 2011, 1134, m.w.N.).
16
2. Aus den gleichen Gründen scheidet eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) aus. Dieser Zulassungsgrund stellt einen Spezialfall der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO dar und setzt daher ebenfalls die Darlegung einer klärungsbedürftigen und klärbaren Rechtsfrage voraus (Senatsbeschluss vom 30. Januar 2012 III B 153/11, BFH/NV 2012, 705, m.w.N.).
17
3. Eine Revisionszulassung kommt schließlich auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) in Betracht.
18
Macht der Beschwerdeführer geltend, die Revision sei zuzulassen, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordere, so muss er in der Beschwerdebegründung substantiiert aufzeigen, inwieweit über eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen bei den Gerichten bestehen oder welche sonstigen vergleichbaren Gründe eine höchstrichterliche Entscheidung gebieten (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 40 ff.).
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Die Beschwerdebegründung legt indessen weder dar, inwieweit die angegriffene Entscheidung des FG von der Entscheidung eines anderen Gerichts abweicht, noch macht sie die Voraussetzungen eines sonstigen nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO die Revisionszulassung rechtfertigenden Grundes geltend.
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4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

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