Rechtswidrigkeit eines Feststellungsbescheids nach § 251 Abs. 3 AO

Zum Wiederaufleben einer Forderung wegen Rückgewähr des Erlangten durch den Empfänger einer anfechtbaren Leistung – Absicherung einer Steuerforderung durch ein Arrestpfandrecht – Fehlen einer anfechtbaren Rechtshandlung bei Freigabeerklärung von untergeordneter Bedeutung

Schließt die Finanzbehörde einen Vergleich mit dem Insolvenzverwalter über die Rückgewähr des aus einer angefochtenen Rechtshandlung des Steuerschuldners Erlangten, tritt ohne die Mitwirkung des Steuerschuldners keine Bindungswirkung zu seinen Lasten ein. Die zwischenzeitlich getilgte Steuerforderung des Finanzamts lebt infolge der Rückgewähr an den Insolvenzverwalter nur dann gemäß § 144 Abs. 1 Insolvenzordnung wieder auf, wenn die Anfechtung des Insolvenzverwalters begründet war. Die Anfechtungsvoraussetzungen sind im finanzgerichtlichen Verfahren über die Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheides gemäß § 251 Abs. 3 Abgabenordnung vollumfänglich zu überprüfen.

Sind die Steueransprüche durch ein im Steuerstrafverfahren gemäß den §§ 111b, 111d, 111f Abs. 1 Strafprozessordnung in Verbindung mit den §§ 928, 930 Zivilprozessordnung erwirktes staatliches Arrestpfandrecht abgesichert, begründet die spätere Freigabeerklärung des Steuerschuldners am gemäß § 930 Abs. 2 Zivilprozessordnung hinterlegten Pfand keine anfechtbare Rechtshandlung gemäß § 133 Abs. 1 Insolvenzordnung, sofern das Arrestpfandrecht selbst insolvenzrechtlich unanfechtbar entstanden ist. Leistet der Steuerschuldner auf die vollziehbar festgesetzte Steuerforderung durch Freigabe aus der Hinterlegung, tritt die Freigabeerklärung hinter der rechtmäßigen, durch ein Pfandrecht abgesicherten Einziehung der titulierten Steueransprüche zurück.

Die bloße Behauptung von Dritteigentum am Pfandgegenstand lässt das Arrestpfandrecht nicht entfallen. Zugunsten des Pfandgläubigers streitet die Eigentumsvermutung gemäß § 1006 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Unabhängig davon entfaltet das Arrestpfandrecht bis zu seiner erfolgreichen Anfechtung durch den Schuldner und/oder eine drittberechtigte Person volle Wirksamkeit.

In dem Urteilsfall, den der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts am 25. November 2022 entschieden hat, stand eine Gemengelage zwischen Strafprozessrecht (Vermögensabschöpfung), Insolvenzrecht und Steuerverfahrensrecht zur Beurteilung. Im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens wegen hinterzogener Gastronomieumsätze arrestierte die Steuerfahndung aufgrund gerichtlicher Anordnung das in einem Schließfach des Steuerpflichtigen vorgefundene Bargeld nach den §§ 111b ff. Strafprozessordnung. Nach abschließender Steuerfestsetzung einigten sich die Beteiligten auf eine Verrechnung des im Zuge seiner Arrestierung hinterlegten Bargeldes mit offenen Umsatzsteuerschulden. Einige Monate später geriet der Steuerpflichtige in Insolvenz. Der Insolvenzverwalter focht die Zustimmung des Steuerpflichtigen zur Verrechnung des im Zuge des Arrestes gemäß § 930 Abs. 2 Zivilprozessordnung hinterlegten Bargeldes als insolvenzrechtlich anfechtbare Rechtshandlung (Gläubigerbenachteiligung) an, woraufhin das Finanzamt einen Teil der Verrechnungssumme in Vollzug eines Vergleichs an den Insolvenzverwalter zurückgewährte. Im Anschluss daran stritten die Beteiligten im Feststellungsverfahren gemäß § 251 Abs. 3 Abgabenordnung über das Wiederaufleben der Steuerforderung gemäß § 144 Abs. 1 Insolvenzordnung und die Rechtmäßigkeit der entsprechenden Tabellenanmeldung des Finanzamts.

Der 4. Senat gab der Klage statt, da er zu der Auffassung gelangte, dass die Anfechtung des Insolvenzverwalters nicht begründet gewesen sei und der Vergleich nicht zulasten des unbeteiligten Steuerpflichtigen wirke. Bereits mit der ersten Beschlagnahme des Bargeldes sei ein unanfechtbares staatliches Arrestpfandrecht entstanden, welches auch die Ansprüche des geschädigten Steuerfiskus abgesichert habe. Zugunsten des Finanzamts wirke zudem gemäß § 1006 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Vermutung, dass der Schließfachinhalt Eigentum des Schließfachinhabers gewesen sei.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 31.03.2023 zum Urteil 4 K 111/20 vom 25.11.2022 (rkr)

Kein Verstoß der Anforderungen des StBerG für die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen durch ausländische Steuerberatungsgesellschaften gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit

Mit Urteil vom 7. Dezember 2022 (Az. 2 K 211/21) hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts entschieden, dass die im Steuerberatungsgesetz geregelten Anforderungen an die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen durch eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässige Steuerberatungsgesellschaft nicht gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV verstoßen.

Die Klägerin, eine nach dem Recht des Vereinigten Königreichs gegründete Limited mit Sitz in den Niederlanden, trat gegenüber dem beklagten Finanzamt im Besteuerungsverfahren ihrer Mandantin als Bevollmächtigte auf und reichte für ihre Mandantin im Jahr 2019 Steuererklärungen ein. Der Beklagte wies die Klägerin im Januar 2020 gemäß § 80 Abs. 7 Abgabenordnung als Bevollmächtigte zurück. Die von der Klägerin hiergegen erhobene Klage wurde vom Finanzgericht abgewiesen. Nachdem die Klägerin für ihre Mandantin erneut eine Steuererklärung beim Beklagten eingereicht hatte, erließ der Beklagte einen weiteren Zurückweisungsbescheid. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin geschäftsmäßig Hilfeleistung in Steuersachen leiste, ohne dazu gemäß § 5 Steuerberatungsgesetz befugt zu sein.

Die Klägerin erhob gegen den Zurückweisungsbescheid Sprungklage beim Finanzgericht, der das beklagte Finanzamt zustimmte. Zur Begründung machte die Klägerin geltend, dass sie zur umfassenden geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sei. Die in den Niederlanden erworbenen Berufsqualifikationen seien nach Art. 56 AEUV und der Richtlinie 2005/36/EG zu berücksichtigen, da sich die Berufsausübungsbefugnis nach dem Recht am Ort der Niederlassung richte. § 3a Steuerberatungsgesetz sei im Streitfall nicht anwendbar, da die Klägerin die Hilfeleistung in Steuersachen nicht im Anwendungsbereich des Steuerberatungsgesetzes, sondern grenzüberschreitend von ihrem Sitz in den Niederlanden aus erbringe. Die Berufsvorbehalte des Steuerberatungsgesetzes verstießen zudem nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gegen Art. 56 AEUV. Dies werde durch das von der EU-Kommission eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren 2018/2171 bestätigt.

Der 2. Senat wies die Klage ab. Der von der Klägerin geltend gemachte Verstoß der Berufsvorbehalte des Steuerberatungsgesetzes gegen das Unionsrecht kann nach Auffassung des Senats allenfalls zur Rechtswidrigkeit des Zurückweisungsbescheids, nicht aber zu dessen Nichtigkeit führen, da es insoweit an einem schwerwiegenden Fehler im Sinne des § 125 Abs. 1 AO fehlt. Die vom Beklagten vorgenommene Zurückweisung sah der Senat als rechtmäßig an, da der Klägerin keine Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen aus § 3a Steuerberatungsgesetz zustand. Denn die Klägerin hatte weder eine Meldung nach § 3a Abs. 2 Satz 1 Steuerberatungsgesetz bei der zuständigen Steuerberaterkammer Düsseldorf vorgenommen, noch hinreichend substantiiert vorgetragen, dass der für sie handelnde gesetzliche Vertreter den Beruf des Steuerberaters in den Niederlanden während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens ein Jahr lang ausgeübt hat. Die Berufserfahrung aus einer im Inland ausgeübten steuerberatenden Tätigkeit reicht hierfür auch dann nicht aus, wenn die Tätigkeit grenzüberschreitend vom Sitz in den Niederlanden gegenüber im Inland steuerpflichtigen Personen erbracht wird. § 3a Steuerberatungsgesetz ist aufgrund der ausdrücklichen Regelung in Abs. 1 Satz 5 auch auf eine derartige grenzüberschreitende Tätigkeit anwendbar.

Die Zurückweisung der Klägerin verstößt nach Auffassung des 2. Senats nicht gegen das Unionsrecht. Er konnte es hierbei dahinstehen lassen, ob die Klägerin die Hilfeleistung in Steuersachen vom Sitz ihrer inländischen Zustellbevollmächtigten oder von ihrem Sitz in den Niederlanden aus erbracht hat. Sofern die Hilfeleistung von einer eigenen Zweigniederlassung der Klägerin am Sitz ihrer Zustellbevollmächtigten erfolgte, unterliegt die Klägerin im Rahmen der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 2 AEUV den Anforderungen des § 3 Steuerberatungsgesetz über die Zulassung zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen. Diese Anforderungen waren im Streitfall nicht erfüllt, da die Klägerin nicht gemäß § 32 Abs. 3 Satz 1 Steuerberatungsgesetz als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt ist.

Bei Fehlen einer festen Niederlassung unterliegt die Klägerin mit der vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV. Die Anforderungen des § 3a Steuerberatungsgesetz für eine derartige grenzüberschreitende Tätigkeit verstoßen nach Auffassung des 2. Senats nicht gegen Art. 56 AEUV. Die in § 3a Abs. 2 Steuerberatungsgesetz geregelten Melde- und Nachweiserfordernisse führen zwar zu einer Beschränkung der grenzüberschreitenden Hilfeleistung vom Sitz der Klägerin in den Niederlanden aus, sind aber durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die vor erstmaliger bzw. erneuter Erbringung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen zu erstattende Meldung unter Nachweis der Berufsqualifikation dient nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs der Verhinderung der Steuerhinterziehung und dem Verbraucherschutz, da sie der Steuerberaterkammer die Überprüfung der im anderen Mitgliedstaat erworbenen Berufsqualifikation ermöglicht. Die Meldepflicht geht dabei nicht über das hinaus, was zur Erreichung dieses Schutzzwecks erforderlich ist. Das von der EU-Kommission zu § 4 Steuerberatungsgesetz eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren 2018/2171 führt zu keiner abweichenden Beurteilung, da sich die Kommission in ihrer Begründung auf Ausführungen des Generalanwalts vor dem Europäischen Gerichtshof stützt, die vom Gerichtshof abgelehnt worden sind. Die Revision gegen das Urteil hat der 2. Senat nicht zugelassen.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 31.03.2023 zum Urteil 2 K 211/21 vom 07.12.2022

Das Bayerische Landesamt für Steuern warnt vor Textnachrichten per SMS mit vermeintlichen Steuerforderungen

Das Bayerische Landesamt für Steuern rät zur Vorsicht! Aktuell erhalten Bürgerinnen und Bürger vermehrt Textnachrichten, in denen ein vermeintlich ausstehender Betrag vom Finanzamt angemahnt wird. Gedroht wird mit der Pfändung des Hausrats durch den Gerichtsvollzieher. Die Betrüger fordern, den noch offenen Betrag sofort per Echtzeit-Überweisung zu zahlen.

Die Steuerverwaltung fordert niemals Informationen zu Bankdaten per SMS an. Mitteilungen über Nachzahlungen werden von den Finanzämtern zudem ausschließlich per Post bzw. per ELSTER übermittelt. Das Bayerische Landesamt für Steuern rät daher, solche Textnachrichten sofort zu löschen. Zudem sollten niemals Links angeklickt werden, bei denen nicht sicher ist, ob diese aus einer vertrauenswürdigen Quelle stammen. Geben Sie insbesondere in solchen Fällen niemals persönliche Daten an.

Quelle: BayLfSt, Pressemitteilung vom 03.04.2023

Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der Aussetzungszinsen

Der 6. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 08.03.2023 (Az. 6 K 2094/22 E) und der 3. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit einem im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung ergangenen Beschluss vom 10.02.2023 (Az. 3 V 2464/22) entschieden, dass der Zinssatz von 0,5 % pro Monat bei Aussetzungszinsen – anders als bei Nachzahlungszinsen – keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. In beiden Fällen wollten die Steuerpflichtigen den zur Höhe von Nachzahlungszinsen von ebenfalls 0,5 % pro Monat ergangenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 08.07.2021 (Az. 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17) auf die für die Dauer der Aussetzung der Vollziehung zu zahlenden Zinsen übertragen. In diesem Beschluss hatte das Bundesverfassungsgericht aufgrund der Niedrigzinsphase die Höhe der Nachzahlungszinsen ab 2014 für verfassungswidrig, das Gesetz aber erst ab 2019 für unanwendbar erklärt.

Beide Senate des Finanzgerichts Münster lehnten eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf Aussetzungszinsen ab. Das Bundesverfassungsgericht habe ausdrücklich darauf abgestellt, dass Nachzahlungszinsen durch eine verzögerte Bearbeitung der Finanzämter anfallen könnten, ohne dass der Steuerpflichtige hierauf Einfluss nehmen könne. Demgegenüber bestehe anstelle der Aussetzung der Vollziehung die Möglichkeit, den streitigen Steuerbetrag – ggf. über die Beschaffung eines zinsgünstigen Kredits – zu bezahlen und damit die Aussetzungszinsen zu vermeiden. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zu Steuerschuldnern, bei denen keine Aussetzungszinsen anfallen, liege aufgrund dieser bewussten Entscheidung nicht vor.

Der 3. Senat des Finanzgerichts Münster hat seine ablehnende Entscheidung zusätzlich darauf gestützt, dass das im Aussetzungsverfahren wegen verfassungsrechtlicher Zweifel erforderliche besondere Aussetzungsinteresse fehle, denn weder habe das Bundesverfassungsgericht Aussetzungszinsen oder einen vergleichbaren Tatbestand für nichtig erklärt noch drohten dem Antragsteller irreparable Nachteile aus der Verzinsung. Der Beschluss ist rechtskräftig.

Gegen das Urteil des 6. Senats des Finanzgerichts Münster ist ein Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof (Az. EIN 298/23) anhängig.

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 03.04.2023 zum Urteil 6 K 2094/22 E vom 08.03.2023 (nrkr) und zum Beschluss 3 V 2464/22 vom 10.02.2023 (rkr)

Ärztehotline: Sozialversicherungspflicht im Homeoffice

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass die Heranziehung von Ärzten im Rahmen einer Beratungshotline auch dann im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse erfolgen kann, wenn die Ärzte die jeweils übernommenen Bereitschaftsdienste in ihrem häuslichen Umfeld verrichten.

Geklagt hatten ein Unternehmen und eine Rettungsmedizinerin, die im Rahmen einer ärztlichen Notfallhotline für Taucher kooperieren. Die Hotlineberatung ist Teil des Unterstützungspakets einer Reise- und Auslandskrankenversicherung. Für die ständige Erreichbarkeit der Hotline werden aus einem Pool jeweils zwei Ärzte pro Schicht eingeteilt, die meist aus ihrer häuslichen Umgebung telefonische Kundenanfragen beantworten und ggf. eine Behandlungskoordination übernehmen können.

Im Statusfeststellungsverfahren stufte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) die Ärztin als abhängig beschäftigt ein. Demgegenüber gingen sie und das Unternehmen von einer selbstständigen Tätigkeit aus, da es keine Verpflichtung zu Bereitschaftsdiensten gegeben habe. Die Telefonate habe sie überall führen können, wo eine ruhige Gesprächssituation gegeben sei. Die Intensität der Beratungen habe sie völlig frei gestalten können.

Anders als die erste Instanz hat das LSG die Rechtsauffassung der DRV bestätigt. Unter dem Dach eines Rahmenvertrags habe die Ärztin die Verpflichtung übernommen, für die Dauer der zugeteilten Schichten erreichbar zu sein und die wirtschaftlichen Vorgaben des Unternehmens zu beachten. Aus der ärztlichen Eigenverantwortung bei Heilbehandlungen könne nicht ohne Weiteres auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden. Hierdurch werde sie noch nicht zur Unternehmerin. Auch der Umstand, dass sie zu Hause gearbeitet habe und keinen Weisungen zum Arbeitsort unterlegen habe, sei in Anbetracht der vielfältigen heutigen Möglichkeiten zur Arbeit im Homeoffice kein taugliches Abgrenzungskriterium mehr. Bei abhängigen Tätigkeiten bestünden gerade im Homeoffice grundsätzlich weitgehende Freiheiten bei der Festlegung der Arbeitszeiten.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Pressemitteilung vom 03.04.2023 zum Urteil L 2/12 BA 17/20 vom 20.02.2023

Grundbesitzbewertung: Anwendung der Vorschriften für die Bewertung des Grundvermögens im Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes i. d. F. des JStG 2022 vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294)

AEBew JStG 2022

Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurden die Vorschriften des Sechsten Abschnitts des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes, insbesondere zur Bewertung des Grundvermögens im Ertrags- und Sachwertverfahren sowie zur Bewertung der Sonderfälle, an die Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Immobilien und der für die Wertermittlung erforderlichen Daten (Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV) vom 14. Juli 2021, BGBl I S. 2805, für Bewertungsstichtage nach dem 31. Dezember 2022 angepasst.

Infolge der Änderungen in §§ 177, 181, 183, 184, 185, 187, 188, 189, 190, 191, 193, 194, 195 BewG sowie in den Anlagen 21 bis 25 BewG ergehen die im Erlass aufgeführten Regelungen.

Der Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder und ist für alle Bewertungsstichtage nach dem 31. Dezember 2022 anzuwenden.

Quelle: FinMin Baden-Württemberg, Erlass (koordinierter Ländererlass) FM3 – S-3010-6 / 9 vom 20.03.2023

IFRS-Foundation: Rechnungslegungstaxonomie 2023 veröffentlicht

Am 23. März 2023 hat die IFRS Foundation die IFRS-Rechnungslegungstaxonomie 2023 veröffentlicht. Es handelt es sich um eine Übersetzung der IFRS in die Unternehmensberichterstattungssprache XBRL (eXtensible Business Reporting Language).

Die IFRS-Rechnungslegungstaxonomie ermöglicht die digitale Berichterstattung über Finanzinformationen, die gemäß den IFRS-Rechnungslegungsstandards erstellt wurden. Ersteller können die IFRS-Rechnungslegungstaxonomie verwenden, um Angaben zu kennzeichnen, sodass ihre Informationen für Anleger in digitaler Form leicht zugänglich sind.

Die IFRS-Rechnungslegungstaxonomie 2023 basiert auf den IFRS-Rechnungslegungsstandards zum 1. Januar 2023, einschließlich der veröffentlichten, aber noch nicht in Kraft getretenen Standards.

Änderungen gegenüber 2022

Änderungen gegenüber der Taxonomie 2022 ergeben sich in den Punkten

  • Leasingverbindlichkeit bei Sale-and-Leaseback (aufgrund von Änderungen des IFRS 16 im September 2022) und
  • Langfristige Verbindlichkeiten mit Covenants (aufgrund von Änderungen des IAS 1 im Oktober 2022).

Darüber hinaus enthält die IFRS-Rechnungslegungstaxonomie 2023 auch Änderungen, welche die gängige Berichtspraxis von Unternehmen widerspiegeln sowie allgemeine Verbesserungen der Taxonomie (vgl. IFRS Accounting Taxonomy 2022 – Update 1).

Quelle: WPK, Mitteilung vom 31.03.2023

Ab Herbst: Digitale Kfz-Zulassung

Am 31. März 2023 stimmte der Bundesrat einer Verordnung der Bundesregierung zu, die das Verfahren zur Kfz-Zulassung digitalisiert und beschleunigt. Seine Zustimmung knüpfte der Bundesrat an – überwiegend redaktionelle – Änderungen. Setzt die Bundesregierung diese um, kann sie die Verordnung veröffentlichen und wie geplant am 1. September 2023 in Kraft treten lassen.

Antrag online – Plaketten per Post

Der Gang zur Zulassungsstelle wäre damit künftig überflüssig, Kfz-Halterinnen und Halter können alles Notwendige online beantragen. Die entsprechenden Stempelplaketten für die Nummernschilder erfolgen anschließend per Postversand. In der Zwischenzeit – bis zu 10 Tage – reicht der digitale Bescheid als Nachweis aus. Auch Autohäuser und professionelle Zulassungsdienste können die digitalen Services nutzen.

Neuerlass der Fahrzeug-Zulassungsverordnung

Der geplante komplette Neuerlass der bisherigen Fahrzeug-Zulassungsverordnung setzt zudem verschiedene Beschlüsse auf Bund-Länder-Ebene um und passt das geltende Recht an europäische Vorschriften und Begrifflichkeiten an. Dies betrifft auch die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr, zum Beispiel für Tages-Zulassung, Wiederzulassung, das Umschreiben oder Stilllegen von Fahrzeugen.

Missbrauchsgefahr

In einer begleitenden Entschließung bittet der Bundesrat die Bundesregierung um Prüfung, wie missbräuchliches Verhalten im Zusammenhang mit der Online-Zulassung verhindert bzw. abgeschwächt werden kann. Die Länder weisen auf das Risiko hin, dass Plaketten beim Postversand entwendet und bestimmungswidrig verwendet werden oder vermehrt Fahrzeuge mit ungestempelten Kennzeichen am Verkehr teilnehmen könnten.

Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Sie entscheidet, wann sie sich mit der Prüfbitte befasst. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.

Quelle: Bundesrat, Mitteilung vom 31.03.2023

Abflugflughafen als erste Tätigkeitsstätte von Piloten und Flugbegleitern

  1. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören.
  2. Werden die nach den OM-A geregelten Briefinggespräche im Regelfall im Gebäude des Arbeitgebers am Flughafen durchgeführt, zu dem der Steuerpflichtige durch seinen Arbeitsvertrag zugewiesen wurde, ist dies ausreichend, um am Flughafen eine erste Tätigkeitsstätte zu begründen, denn bei diesen Briefinggesprächen müssen bereits die wesentlichen Entscheidungen getroffen werden, z. B. über die Betankung des Flugzeugs und die Flugroute.

Die verheirateten Kläger, ein Pilot und eine Flugbegleiterin, begehrten, dass Aufwendungen aus Fahrten von der Wohnung zu ihrem regelmäßigen Abflughafen und Verpflegungsmehraufwand sowie Übernachtungskosten im Zusammenhang mit diesen Fahrten im Rahmen des Werbungskostenabzugs nach Dienstreisegrundsätzen berücksichtigt werden sollten. Der Beklagte berücksichtigte die Fahrten von der Wohnung zum Flughafen jedoch lediglich mit der Entfernungspauschale. Die Kläger vertraten die Auffassung, dass sie keine erste Tätigkeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) besäßen und daher außerhalb ihrer Wohnung stets auswärts tätig seien. Der Beklagte ging demgegenüber davon aus, dass die Kläger dauerhaft zu einer ortsfesten Tätigkeitsstätte durch den Arbeitsvertrag bzw. das Versetzungsschreiben zugeordnet seien und ihre Tätigkeit an ihrem regelmäßigen Abflughafen beginne und ende.

Das Gericht folgte der Auffassung des Beklagten und wies die Klage als unbegründet zurück.

Der Beklagte habe die geltend gemachten zusätzlichen Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Flughafen sowie für die Verpflegung und Unterkunft im Rahmen dieser Fahrten zu Recht nicht berücksichtigt, da die Aufwendungen der Kläger für die Fahrten zwischen ihrem Wohnort und dem Flughafen mit der vom Beklagten bereits berücksichtigten Entfernungspauschale abgegolten seien.

Die Gebäude am Flughafen – bzw. die dort genutzten Briefingräume – seien in den Streitjahren die erste Tätigkeitsstätte der Kläger gewesen. Dieser betrieblichen Einrichtung seien die Kläger auch dauerhaft und unbefristet zugeordnet. Dies ergebe sich aus den vorliegenden Arbeitsverträgen. Und schließlich seien die Kläger am Flughafen auch in dem erforderlichen Umfang tätig geworden. Relevant für die Beurteilung seien dabei nur die am Boden durchgeführte Tätigkeiten, während die Tätigkeiten, die im Flugzeug durchgeführt würden, nicht maßgeblich für die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 EStG seien. Die Kläger seien nach den einschlägigen Operations Manual-Allgemeines (sog. OM-A) verpflichtet, vor jedem Flug eine bestimmte Zeit vorher am Flughafen zu sein, um insbesondere Briefinggespräche durchzuführen. Für die Durchführung der Briefings seien am Flughafen spezielle Räume vorgesehen. Im Rahmen dieser Briefings müsse insbesondere die körperliche Verfassung der Flugbegleiter festgestellt und der Kenntnisstand der Crewmitglieder ermittelt werden. Diese Regelungen seien zwingend. Das Gericht ging letztlich davon aus, dass diese Briefings für die Tätigkeit der Kläger jeweils qualitativ von erheblicher, genau genommen in Einzelfällen von lebenswichtiger Bedeutung seien, weil es darin auch um Sicherheitsaspekte gehe (wie etwa die Wetterlage, Flugroute, Menge des Sprits für den Flug, körperliche Verfassung des Personals). Deshalb sei diese Tätigkeit, auch wenn sie im Vergleich zur Flug- und sonstigen Umlaufzeit einen geringen zeitlichen Umfang beanspruche, ausreichend, um eine erste Tätigkeitstätte zu begründen.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Kläger haben Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az. des BFH: VI B 4/23).

Quelle: FG Hamburg, Mitteilung vom 31.03.2023 zum Urteil 6 K 207/21 vom 24.11.2022 (nrkr – BFH-Az.: VI B 4/23)

Bundesrat billigt Sonderabgabe für Einwegkunststoff

Der Bundesrat hat am 31. März 2023 die vom Bundestag beschlossene Sonderabgabe für Hersteller von bestimmten Einwegkunststoffen gebilligt. Das Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet und kann danach wie geplant in Kraft treten.

Herstellerverantwortung für Müllentsorgung

Plastik-Produzenten müssen die Sonderabgabe künftig abhängig von der jeweils in Verkehr gebrachten Menge an Einwegkunststoffprodukten – zum Beispiel Getränkebecher, Plastiktüten, Essensverpackungen, aber auch Tabakfilter und Luftballons – in einen Fonds einzahlen. Auf diese Weise beteiligen sie sich finanziell an Beseitigung und Entsorgung von achtlos weggeworfenem Plastikmüll aus Straßen und Parks, die die Kommunen jährlich viele Millionen Euro kosten. Der Fonds wird vom Umweltbundesamt verwaltet und im Bundeshaushalt abgebildet.

Umsetzung von EU-Recht

Hintergrund ist eine EU-Richtlinie gegen die Verschmutzung durch Einwegplastik aus dem Jahr 2019, die nun in deutsches Recht umgesetzt wird. Die Pflicht zur Übernahme bestimmter Kosten im Sinne der erweiterten Herstellerverantwortung soll dazu beitragen, Kunststoffe entlang der Wertschöpfungskette nachhaltiger zu bewirtschaften, die Vermüllung der Umwelt zu bekämpfen sowie die Sauberkeit des öffentlichen Raums zu fördern, heißt es in der amtlichen Begründung.

Abgabepflicht ab nächstem Jahr

Das Gesetz soll am Tag nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten, die Abgabe- und Registrierungspflicht soll ab 1. Januar 2024 gelten.

Quelle: Bundesrat, Mitteilung vom 31.03.2023

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin