BFH: Keine Erbschaftsteuer bei Erwerb durch ausländisches Vermächtnis

In Deutschland belegene Immobilien können steuerfrei vermacht werden, wenn der Erblasser dem Begünstigten die Immobilie durch ausländisches Vermächtnis zuwendet. Dies hat der Budesfinanzhof (BFH) durch Urteil vom 23.11.2022 – II R 37/19 – entschieden. Voraussetzung ist jedoch, dass weder der Erblasser noch der Begünstigte Deutsche sind und beide im Ausland leben.

Die im Jahr 2013 verstorbene Erblasserin hatte bis zu ihrem Tod in der Schweiz gewohnt. Sie vermachte ihrer in den USA lebenden Nichte, der Klägerin, eine Immobilie in München. Im Jahr 2014 wurde das Vermächtnis erfüllt und die Klägerin wurde als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Das Finanzamt verlangte von ihr Erbschaftsteuer für diesen Immobilienerwerb. Die Klägerin war hingegen der Auffassung, sie schulde aufgrund ihres ausländischen Wohnsitzes und ihrer dadurch nur beschränkten Steuerpflicht in Deutschland keine Steuer.

Der BFH bestätigte diese Auffassung. Wendet ein im Ausland lebender Erblasser einer ebenfalls im Ausland lebenden Person durch Vermächtnis inländischen Grundbesitz zu, muss der ausländische Begünstigte hierauf keine deutsche Erbschaftsteuer bezahlen. Anders als deutsche Staatsangehörige und Personen mit Wohnsitz oder dauerhaftem Aufenthalt in Deutschland sind ausländische Erben oder Vermächtnisnehmer nur in beschränktem Umfang steuerpflichtig. Sie zahlen Erbschaftsteuer ausschließlich für den Eigentumserwerb an bestimmten gesetzlich definierten Vermögenswerten, darunter grundsätzlich inländische Immobilien. Werden sie jedoch im Testament des Erblassers durch Vermächtnis mit solchen Immobilien bedacht, bleibt dies ausnahmsweise steuerfrei. Insoweit besteht eine Gesetzeslücke. Grund dafür ist, dass beim Vermächtnis der Begünstigte nicht die Immobilie selbst, sondern nur einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dieser Immobilie erwirbt. Die Eigentumsumschreibung muss dann noch separat im Anschluss erfolgen und bedarf der notariellen Beurkundung. Anders verhält es sich, wenn ausländische Erben im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge inländischen Grundbesitz erhalten. Denn dann geht das Eigentum an der inländischen Immobilie direkt mit dem Tod des ausländischen Erblassers auf den ebenfalls ausländischen Erben über. Darauf fällt deutsche Erbschaftsteuer an.

Nach der Bestätigung durch den BFH kann die Praxis den steuerfreien Erwerb inländischer Immobilien durch ausländische Vermächtniseinsetzung als legales Gestaltungsmodell nutzen. Seit 2015 und dem Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung ist bei Erbfällen im EU-Ausland allerdings Vorsicht geboten: In bestimmten EU-Ländern, z. B. Polen, entfaltet ein Vermächtnis direkte Wirkung. Das bedeutet, dass auch die durch Vermächtnis begünstigte Person direkt das Eigentum an dem inländischen Grundvermögen erbt. Ein steuerfreier Erwerb inländischer Immobilien ist dann nicht möglich.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 14/23 vom 28.02.2023 zum Urteil II R 37/19 vom 23.11.2022

Finanzausschuss lehnt Familiensplitting ab

Der Finanzausschuss im Bundestag hat am 01.03.2023 mit den Stimmen aller anderen Fraktionen zwei Anträge der AfD-Fraktion für eine steuerliche Entlastung von Familien und für die Einführung eines Familiensplittings abgelehnt. In der vom Vorsitzenden Alois Rainer (CSU) geleiteten Sitzung stimmte nur die AfD-Fraktion für ihre Anträge.

Im ersten Antrag (20/4668) fordert die AfD-Fraktion, dass Dienstleistungen und Artikel mit Kinderbezug nur noch mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent statt bisher 19 Prozent besteuert werden. Derzeit ermäßigt besteuerte Artikel, die keinen erkennbaren Beitrag zur grundsätzlichen Versorgung der Bevölkerung leisten würden, sollten mit dem Normalsatz von 19 Prozent besteuert werden. Die AfD-Fraktion sieht Gründe für den weit verbreiteten Kindermangel und die Kinderlosigkeit auch in den hohen Kosten, die Kinder verursachen würden. Im zweiten Antrag (20/4672) fordert die AfD-Fraktion die Erweiterung des bisherigen Ehegattensplittings zu einem Familiensplitting. Anstelle der heutigen steuerlichen Behandlung der Kinder durch die Kinderfreibeträge sollten Kinder in das Ehegattensplitting mit einbezogen und auch beim Grundfreibetrag entsprechend berücksichtigt werden. Die Maßnahmen sollen auch für Alleinerziehende gelten. Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, damit Familien ab dem dritten Kind bis zu einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro keine Einkommensteuer mehr zahlen müssen. Das Kindergeld soll weiterhin unabhängig vom Familiensplitting erhalten bleiben.

In der Aussprache des Ausschusses verwies die SPD-Fraktion auf die von der Koalition geplante Kindergrundsicherung. Daher sei der Antrag auf Einführung eines Familiensplittings völlig überflüssig.

Die CDU/CSU-Fraktion bezeichnete die Anträge als handwerklich schlecht gemacht. So habe sich die AfD nicht mit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU auseinandergesetzt, die die Möglichkeit von Änderungen einschränke.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wies darauf hin, dass Mehrwertsteuersenkungen nicht voll bei den Betroffenen ankommen würden. Auch gebe es Abgrenzungsschwierigkeiten bei Kinderbedarfsartikeln. Das Familiensplitting sei keine Lösung, weil es tendenziell Familien mit hohem Einkommen am stärksten entlaste.

Nach Ansicht der FDP-Fraktion muss das Mehrwertsteuersystem dringend überarbeitet worden. Solche Anträge wie die von der AfD-Fraktion seien immer wieder gestellt worden. Durch zahlreiche Änderungen sei das System so unübersichtlich geworden.

Die AfD verwies darauf, dass 20 Prozent aller Kinder in Armut leben würden. Daran würden die anderen Fraktionen eine gewisse Mitschuld tragen. Dass den Anträgen der AfD-Fraktion jetzt mit einer gewissen Überheblichkeit entgegengetreten werde, sei bedauerlich. In Deutschland gebe es aufgrund von Lobby-Interessen Mehrwertsteuerbegünstigungen für die abseitigsten Produkte. Andererseits sei das Mehrwertsteuersystem „familienblind“.

Die Fraktion Die Linke bezeichnete das Familiensplitting als sozial zutiefst ungerecht. Die Familien, die am dringendsten Förderung und Entlastung bräuchten, würden davon am wenigsten profitieren. Die Förderung von Familien habe im Steuerrecht nicht viel zu suchen, weil es immer die Ungerechtigkeit gebe, dass Familien mit hohem Einkommen stärker entlastet würden als andere. Die Einführung einer Kindergrundsicherung sei der bessere Weg.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 01.03.2023

Neue kostenfreie Telefonhotline zur Beratung über die Energiepreisbremsen geht an den Start

Ab dem 1. März 2023 stellt die das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) über die dena eine kostenfreie Telefonhotline zur Beratung über die Energiepreisbremsen unter der Nummer 0800-78 88 900 zur Verfügung. Mit dieser Hotline können sich alle Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen über die Funktions- und Wirkungsweise der Strompreis-, Gaspreis- und Wärmepreisbremse informieren.

Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Stefan Wenzel: „Die Preisbremsen sind so gestaltet, dass sich das Energiesparen lohnt und Verbraucherinnen und Verbraucher, kleine und mittlere Unternehmen sowie Industrie vor steigenden Energiekosten geschützt werden. Die Preisbremsen sind einfach und pauschal. Mit diesem Angebot einer Telefonhotline wollen wir es noch einfacher machen, die Entlastungen und Energieeinsparanreize der Strompreis-, Gaspreis- und Wärmepreisbremse zu verstehen und allgemeine Fragen hierzu in kompetenter Weise beantwortet zu bekommen.“

Das BMWK hat der dena den Auftrag erteilt, die Hotline ab dem 1. März 2023 zu betreiben. Diese Hotline ist ab sofort unter der Telefonnummer 0800-78 88 900 zu erreichen.

Darüber hinaus werden weiterhin alle Antworten auf häufige Fragen (FAQ) sowie Informationen zur Wirkungsweise der Energiepreisbremsen auf der zentralen Seite des BMWK unter https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Artikel/Energie/strom-gaspreis-bremse.html bereitgestellt.

Die Hotline berät auch über die allgemeinen Fragen zur Abschöpfung von Zufallsgewinnen im Rahmen der Strompreisbremse, damit betroffene Anlagenbetreiber eine möglichst vollständige und korrekte Eigenerklärung abgeben. Das hierfür erforderliche Excel-Tool für die erstmals für den Abrechnungszeitraum 01.12.2022 bis 31.03.2023 einzureichende Eigenerklärung wird in Kürze durch die Übertragungsnetzbetreiber bereitgestellt.

Quelle: BMWi, Pressemitteilung vom 01.03.2023

Nullsteuersatz für Umsätze im Zusammenhang mit bestimmten Photovoltaikanlagen (§ 12 Absatz 3 UStG)

Inhaltsverzeichnis

I.Allgemeines1
1.Einführung1
2.Unentgeltliche Wertabgabe2
II.Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses3
Anwendungsregelung9
Schlussbestimmungen10

I. Allgemeines

1. Einführung

1 Durch das Jahressteuergesetz 2022 (BStBl. I 2023 S. 7) wurde ein neuer Absatz 3 in § 12 Umsatzsteuergesetz (UStG) angefügt. Nach § 12 Absatz 3 Nummer 1 Satz 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 0 Prozent für die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird.

Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister (MaStR) nicht mehr als 30 kW (peak) beträgt oder betragen wird.

§ 12 Absatz 3 UStG ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Auch die Einfuhr, der innergemeinschaftliche Erwerb und die Installation unterliegt dem Nullsteuersatz, wenn es sich um begünstigte Solarmodule, Speicher oder wesentliche Komponenten im Sinne des § 12 Absatz 3 Nummer 1 UStG handelt.

2 Wird ein Gegenstand, bei dessen Erwerb eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug bestand, zum Nullsteuersatz geliefert, stellt dies alleine keine Änderung der Verhältnisse i. S. v. § 15a UStG dar.

2. Unentgeltliche Wertabgabe

3 Nach § 3 Absatz 1b und Absatz 9a Nr. 1 UStG sind bestimmte unentgeltliche Leistungen als sog. unentgeltliche Wertabgaben einer Leistung gegen Entgelt gleichgestellt, sofern der dabei entnommene, zugewendete oder verwendete Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Danach erfolgt die Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe nur, wenn der Unternehmer zuvor einen Vorsteuerabzug geltend gemacht hat oder zulässigerweise hätte geltend machen können.

4 Ein Unternehmer konnte eine vor dem 1. Januar 2023 angeschaffte Photovoltaikanlage voll seinem Unternehmen zuordnen (vgl. Abschnitt 2.5 Abs. 13 UStAE). Wenn er auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG verzichtet hat, ist er zum vollen Vorsteuerabzug aus der Anschaffung berechtigt. Der dezentral (privat) verbrauchte Strom unterliegt dann der Wertabgabenbesteuerung nach § 3 Absatz 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, wodurch der rechtlich zunächst zulässige Vorsteuerabzug systemgerecht nachgelagert ausgeglichen wird. Auch nach dem 31. Dezember 2022 ist in diesen Fällen wie bisher weiterhin grundsätzlich eine unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern.

5 Die Entnahme oder unentgeltliche Zuwendung einer Photovoltaikanlage, die vor dem 1. Januar 2023 erworben wurde und die zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, unterliegt nach § 3 Abs. 1b UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer.

Eine Entnahme des gesamten Gegenstandes ist nur möglich, wenn zukünftig voraussichtlich mehr als 90 % des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Hiervon ist auszugehen, wenn der Betreiber beabsichtigt, zukünftig mehr als 90 % des mit der Anlage erzeugten Stroms für unternehmensfremde Zwecke zu verwenden. Davon ist aus Vereinfachungsgründen insbesondere auszugehen, wenn ein Teil des mit der Photovoltaikanlage erzeugten Stroms z. B. in einer Batterie gespeichert wird. Ausreichend ist auch, wenn eine Rentabilitätsrechnung eine Nutzung für unternehmensfremde Zwecke von über 90 % nahelegt.

6 Erwirbt ein Unternehmer ab dem 1. Januar 2023 eine Photovoltaikanlage unter Anwendung des Nullsteuersatzes, erübrigt sich mangels Steueranfall (Steuersatz 0 %) ein Vorsteuerabzug. Anders als in den Altfällen ist daher für ein systemgerechtes Ergebnis kein Ausgleich eines Vorsteuerabzuges erforderlich. Die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG liegen nicht vor. Anders als bisher erfolgt in diesen Fällen daher keine Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe. Auch die Entnahme oder unentgeltliche Zuwendung einer Photovoltaikanlage, die ab dem 1. Januar 2023 unter Anwendung des Nullsteuersatzes erworben wurde, stellt keine unentgeltliche Wertabgabe dar.

7 Unter den übrigen Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UStG unterliegt diese unentgeltliche Wertabgabe dem Nullsteuersatz, wobei dies dann auch für bereits installierte Anlagen gilt. Die Entnahme nur eines Teils eines ursprünglich zulässigerweise dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes (vgl. Abschnitt 15.2c UStAE) ist nicht möglich.

II. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

(…)

Anwendungsregelung

9 Die Regelungen dieses Schreibens sind erstmals auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2022 bewirkt werden. Es wird nicht beanstandet, wenn die Regelungen in Abschnitt 12.18 Abs. 1 Sätze 11 und 12 erst ab dem 1. April 2023 angewendet werden.

Schlussbestimmungen

10 Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 – S-7220 / 22 / 10002 :010 vom 27.02.2023

Entschädigung für annullierte Flüge und Ersatz für kurzfristig gebuchte Ersatzflüge

Der Beginn eines Familienurlaubs schien durch eine lediglich einen Tag vor geplantem Abflug erfolgte Flugannullierung gefährdet.

Das Landgericht Köln entschied nun, dass der Familie eine Entschädigung für die annullierten Flüge und Ersatz für die kurzfristig gebuchten Ersatzflüge zusteht.

Der Kläger buchte für sich, seine Ehefrau und die gemeinsamen zwei Kinder bei der Beklagten, einer bekannten deutschen Fluggesellschaft, für den 27.07.2022 einen Flug in der Economy Class von Frankfurt/Main nach Los Angeles. Einen Tag vor der geplanten Abreise wurde der Flug durch die Beklagte – ohne eine Ersatzbeförderung anzubieten – annulliert. Für den 27.07.2022 waren kurzfristig Streiks u. a. des Bodenpersonals am Flughafen in Frankfurt/Main angekündigt worden. Auf eine per Chat bei der Beklagten gestellte Anfrage nach Flugalternativen für den 27.07.2022 wurde erklärt, es seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Alternativen zu dem Flug verfügbar, es solle eine andere Option gewählt werden oder ein späterer Versuch unternommen werden. Der Kläger musste sich daraufhin selbst um einen Ersatzflug bemühen. Für ihn und seine Familie konnte schließlich eine Flugverbindung mit einer anderen Fluggesellschaft von Frankfurt/Main über Toronto nach Los Angeles in der Business Class zum Preis von umgerechnet 20.845,62 Euro gebucht werden. Eine vorgerichtliche anwaltliche Aufforderung der Beklagten zur Erstattung dieser Kosten blieb erfolglos.

Der Kläger begehrte daher gerichtlich für sich und seine Familie Ersatz der Kosten des Ersatzflugs sowie Ausgleichzahlungen in Höhe von insgesamt weiteren 2.400,00 Euro. Das Landgericht Köln ist diesem Antrag nun gefolgt.

Das Gericht führt aus, dass der Kläger von der Beklagten gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. c) Verordnung (EG) Nr. 261/2004 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 lit. c) Verordnung (EG) Nr. 261/2004 die begehrte Ausgleichszahlung verlangen könne. Die Voraussetzungen lägen vor, da die Beklagte als ausführendes Luftfahrtunternehmen im Rahmen eines Vertrages mit dem Kläger und dessen Angehörigen einen gebuchten Flug nicht durchgeführt und ihn damit i.S.v. Art. 2 lit. 1) Verordnung (EG) Nr. 261/2004 annulliert habe. Der Kläger sei berechtigt, wegen dieser Annullierung Ausgleichsansprüche für sich und seine Familie, letzteres aus abgetretenem Recht, geltend zu machen, denn sie seien Fluggäste, die auf einem Flughafen im Gebiet der Europäischen Union diesen Flug hätten antreten wollen und über eine bestätigte Flugbuchung verfügt hätten. Die Unterrichtung des Klägers sei am Vortag des vorgesehenen Fluges und damit in einem Zeitraum von weniger als 2 Wochen vor der gebuchten Abfahrtszeit, ohne dass seitens der Beklagten eine anderweitige Beförderung angeboten worden ist, erfolgt. Der Höhe nach belaufe sich der danach bestehende Anspruch auf Ausgleichszahlung nach Art. 7 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 auf 600,00 Euro pro Fluggast, da die Entfernung von Frankfurt/Main nach Los Angeles Luftlinie mehr als 3.500 km betrage.
Des Weiteren könne der Kläger gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 S. 1 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 Schadensersatz in Höhe von weiteren 20.845,62 Euro verlangen. Die Beklagte habe mit der Annullierung ihre Pflicht aus dem Vertragsverhältnis zur Beförderung des Klägers und seiner Angehörigen verletzt, indem sie den Flug annulliert habe, ohne dem Kläger und seinen Angehörigen ein Angebot für eine anderweitige Beförderung nach Art. 8 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 anzubieten. Diese Pflichtverletzung sei auch schuldhaft, denn die insoweit darlegungsbelastete Beklagte trage diesbezüglich nichts zu ihrer Entlastung vor. Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung habe es nicht bedurft, da die Erklärung der Beklagten, zum damaligen Zeitpunkt seien keine Alternativen zu dem gebuchten Flug verfügbar, verbunden mit der Bitte, eine andere Option zu wählen oder es später· noch einmal zu versuchen, als Erfüllungsverweigerung i. S. v. § 281 Abs. 2 BGB zu sehen sei.

Ein anspruchsminderndes Mitverschulden des Klägers oder seiner Angehörigen i. S. v. § 254 BGB sei für das Gericht nicht erkennbar. Dem stehe nicht entgegen, dass der gebuchte Ersatzflug in der Business Class und damit höherwertig erfolgt sei, als der bei der Beklagten gebuchte Flug in der Economy Class. Der Kläger habe dargetan, dass für ihn und seine Angehörigen nur die gebuchte Flugverbindung bei der anderen Fluggesellschaft verfügbar gewesen sei und dort auch nur noch ein einziger Platz in der Economy Class zur Verfügung gestanden habe, während für 4 Personen nur noch Plätze in der Business Class vorhanden gewesen seien. Die Aufteilung der Familie des Klägers dahingehend, dass ein Familienmitglied in der Economy Class, die anderen drei Personen in der Business-Class transportiert würden, sei für den Kläger und seine Familie unzumutbar. Dass eine anderweitige günstigere Flugverbindung vorhanden gewesen sei, sei von der Beklagten, nicht dargetan. Hiergegen spreche auch, dass die Beklagte sich selbst nicht in der Lage gesehen habe, dem Kläger und seinen Angehörigen eine anderweitige Ersatzverbindung anzubieten.

Die am 09.02.2023 verkündete Entscheidung zum Az. 30 0 270/22 ist nicht rechtskräftig.

Quelle: LG Köln, Mitteilung vom 28.02.2023 zum Urteil 30 0 270/22 vom 09.02.2023 (nrkr)

KfW-Mittelstandspanel: Cyberkriminalität betrifft insbesondere die Vorreiter der Digitalisierung

Rund 29 % aller mittelständischen Unternehmen in Deutschland sind in den Jahren 2018-2020 Opfer von Cyberkriminalität geworden. Die Betroffenheit steigt mit der Breite und Intensität von Digitalisierungsaktivitäten und der Größe der mittelständischen Unternehmen. Wesentlicher Grund hierfür ist eine Kombination aus einer größeren Angriffsfläche dieser Unternehmen und unzureichenden Schutzvorkehrungen. Dies zeigt eine Sonderauswertung des jüngsten repräsentativen KfW-Mittelstandspanels.

Der stark ausgeprägte Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und der Betroffenheit von Cyberkriminalität zeigt sich darin, dass 28 % der kleineren Unternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten Cyberkriminellen zum Opfer gefallen sind, aber 49 % der Unternehmen mit 100 oder mehr Beschäftigten. Ein wichtiger Grund hierfür ist, dass Cyberkriminelle vor allem umsatzstärkere Unternehmen im Blick haben. Die Analyse macht zudem deutlich, dass größere mittelständische Unternehmen häufiger zu den digitalen Vorreitern zählen und damit eine größere Angriffsfläche für potenzielle Cyberattacken bieten. Dabei nimmt die Betroffenheit von Cyberangriffen sowohl mit der thematischen Breite als auch mit der Intensität von Digitalisierungsaktivitäten zu. So waren insgesamt 45 % der Unternehmen mit vier oder mehr verschiedenen Projektarten sowie 43 % der Unternehmen mit Digitalisierungsausgaben in Höhe von mindestens 10.000 Euro von Cyberkriminalität betroffen. Unter den Unternehmen mit Digitalisierungsstrategie, welche als Indikator für besonders ambitionierte Digitalisierungsaktivitäten gilt, waren mit 37 % ebenfalls überdurchschnittliche viele Unternehmen Opfer von Cyberattacken. Zwischen einzelnen Wirtschaftszweigen gibt es dagegen kaum Unterschiede. So waren im Untersuchungszeitraum in allen Wirtschaftszweigen zwischen 28 % und 30% der Unternehmen von Cyberkriminalität betroffen. Lediglich Unternehmen des Forschungs- und Entwicklungsintensiven Verarbeitenden Gewerbes waren mit 35 % vergleichsweise häufiger von Angriffen betroffen.

Die Hauptbedrohung im Cyberraum geht von der Erpressung von Löse- oder Schweigegeld aus. Auch die gezielte Überlastung von Internetseiten ist eine weit verbreitete Angriffsmethode. Die Notwendigkeit von Schutzvorkehrungen zur Abwehr solcher Bedrohungen wird dabei insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen verkannt. Oft fehlt es ihnen an Personal mit fachlicher Expertise zum Thema IT-Sicherheit. Folglich bleiben notwendige Investitionen in IT-Sicherheit aus. Mittelständler, welche sich der Bedrohungslage bewusst sind, haben angesichts des Fachkräftemangels bei IT-Experten oftmals große Schwierigkeiten, geeignetes Personal zu rekrutieren oder geeignete externe IT-Dienstleister zu identifizieren.

„Vor allem kleine und mittlere Unternehmen müssen für die Bedrohungen durch Internetkriminalität sensibilisiert und dabei unterstützt werden, Know-how zur IT-Sicherheit aufzubauen“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. Eine Bündelung bestehender Informationsplattformen könnte ein Weg sein, um die Transparenz hinsichtlich der von Cyberkriminalität ausgehenden Bedrohungslage zu erhöhen. Darüber hinaus ließen sich viele IT-Sicherheitsvorfälle durch entsprechende Schulungen, Trainings und regelmäßige Auffrischungskurse vermeiden. „Verbesserte Kenntnisse im Bereich IT-Sicherheit in den Unternehmen ermöglichen einen höheren Schutz vor Cyberkriminalität. Gleichzeitig können sie zu einer Stärkung der Digitalisierungsaktivitäten im Mittelstand beitragen. Denn die Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit sind immer noch das am häufigsten genannte Digitalisierungshemmnis im Mittelstand,“ so Dr. Fritzi Köhler-Geib.

Quelle: ZEW, Pressemitteilung vom 23.02.2023

Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO)

Das BMF-Schreiben enthält Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) zu §§ 4, 15, 18, 30, 31, 31a, 31b, 67, 67a, 73, 85, 93a, 109, 122, 129, 149, 150, 152, 169, 170, 172-177, 175, 176, 181, 182, 197, 233a, 235, 237, 238, 239, 240, 251 und 361.

Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 3 – S-0062 / 22 / 10006 :001 vom 23.01.2023

Zur Entschädigung wegen Benachteiligung bei der Besetzung der Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten

Die 16. Kammer des LAG Niedersachsen entscheidet über Entschädigung wegen Benachteiligung bei der Besetzung der Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten.

Der Kläger macht die Zahlung einer Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz geltend, da er wegen seines Geschlechts zu Unrecht benachteiligt worden sei.

Die Beklagte – eine Hochschule – schrieb eine Stelle als Gleichstellungsbeauftragte aus. Das Niedersächsische Hochschulgesetz (NHG) sieht für die Besetzung des Amtes der Gleichstellungsbeauftragten eine Frau vor. Der Kläger – der sich als keinem Geschlecht zugehörig ansieht – bewarb sich hierauf und beschrieb sich in seiner Bewerbung als nicht-binäre Person. Er wurde von der Hochschule für die Stellenbesetzung nicht berücksichtigt. Die Hochschule sah sich durch § 42 NHG schon formell an der Einstellung einer nicht weiblichen Bewerberin gehindert.

Das Arbeitsgericht Braunschweig hatte die Entschädigungsklage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos.

Der Kläger wurde gegenüber weiblichen Bewerberinnen ungleich behandelt. Die Ablehnung der Bewerbung des Klägers auch aufgrund seines Geschlechts ist nicht schon deshalb nach § 8 AGG zulässig, weil § 42 NHG die Besetzung des Amtes der Gleichstellungsbeauftragten mit einer Frau gebietet. Diese gesetzliche Beschränkung auf ein bestimmtes Geschlecht des Stelleninhabers führt nicht zwingend zur Rechtfertigung einer auf sie gestützten Maßnahme. Diese ist ihrerseits nur wirksam, wenn bezüglich des geregelten Sachverhalts u. a. die Vorgaben nach § 8 AGG inhaltlich erfüllt sind. Danach ist eine unterschiedliche Behandlung u. a. wegen des Geschlechts zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Dementsprechend kann das Geschlecht nur dann i. S. d. § 8 Abs. 1 AGG eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung bilden, wenn die Tätigkeit ohne das Merkmal jedenfalls nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Abzustellen ist auf die konkret vom Arbeitnehmer auszuübende Tätigkeit, die sich nach dem vom Arbeitgeber festgelegten Unternehmenskonzept richtet.

Dies ist vorliegend nach dem Stellen- und Aufgabenzuschnitt der Beklagten zu bejahen. Zur Erbringung eines Teils der der Gleichstellungsbeauftragten obliegenden Tätigkeiten ist das weibliche Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung. Zwar kann ein Mann grundsätzlich in gleicher Weise wie eine Frau an der Gleichberechtigung von Männern und Frauen mitwirken und Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie entwickeln. Das gilt aber nach der Stellenanzeige der Beklagten nicht für einen nicht nur unerheblichen Teil der Aufgaben. Nach der Stellenanzeige der Beklagten und dem beschriebenen Aufgabenbereich berät die Gleichstellungsbeauftragte u. a. Hochschulangehörige in allen Fragen der Gleichstellung, der Vereinbarkeit von Studium und Beruf mit Familien- und Care-Aufgaben sowie in Fällen von Diskriminierung, sexueller Belästigung etc. Die Gleichstellungsbeauftragte dient danach insbesondere als Ansprechpartnerin bei sexuellen Belästigungen, deren Hauptbetroffene Frauen sind. Insoweit ist davon auszugehen, dass Erwartungen Dritter, die auf deren Schamgefühl beruhen, ebenso wie die Notwendigkeit einer bestimmten Geschlechtszugehörigkeit zur Authentizität der Aufgabenwahrnehmung legitim sind und ihnen kein diskriminierender Charakter innewohnt. Gleiches gilt, wenn ein Vertrauensverhältnis zu einer bestimmten Gruppe erforderlich ist und dieses erfordert, dass der fragliche Arbeitnehmer selbst dieser Gruppe angehört, wie dies der Fall ist, wenn Opfer von Diskriminierung beraten und betreut werden.

Vor diesem Hintergrund konnte die Hochschule den Bewerberkreis für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten im Ergebnis auf Frauen beschränken.

Die Revision gegen das Urteil hat die Kammer nicht zugelassen.

Quelle: LAG Niedersachsen, Pressemitteilung vom 28.02.2023 zum Urteil 16 Sa 671/22 vom 24.02.2023

Gesetzliche Neuregelungen März 2023

Energiepreisbremse, Einmalzahlung für Studierende und klimafreundliches Bauen

Die Energiepreisbremsen kommen, Studierende können eine Einmalzahlung beantragen, Energiesparmaßnahmen gelten weiter, Corona-Schutzmaßnahmen entfallen – und der Bau besonders klimafreundlicher Gebäude wird mit günstigen Krediten gefördert. Die gesetzlichen Neuregelungen im März 2023 im Überblick.

Energie

Energiepreisbremsen

Die Strom-, Gas- und Wärmepreisbremsen entlasten Privathaushalte und Unternehmen von den stark gestiegenen Energiekosten. Sie kommen zum 1. März 2023, gelten aber rückwirkend ab Januar 2023.

Einmalzahlung für Studierende – Antragstellung ab Mitte März

Studierende sowie Fachschülerinnen und Fachschüler erhalten in Kürze – auf Antrag – eine einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 200 Euro. Auf einer neuen Website können sie sich über die Einmalzahlung von 200 Euro informieren. Es gibt Hinweise zur Antragstellung sowie zur Auszahlung. Zudem hilft eine Hotline weiter.

Weiter Energie sparen

Die seit September 2022 geltenden Energiesparmaßnahmen werden bis zum 15. April 2023 verlängert: In öffentlichen Arbeitsstätten gilt eine maximale Raumtemperatur von 19 Grad Celsius. Gebäude, Denkmäler und Werbeflächen dürfen zu bestimmten Zeiten nicht beleuchtet werden.

Vorrang für Energietransporte auf der Schiene

Kohle und Mineralöl können bis zum 31. März 2024 vorrangig auf der Schiene transportiert werden, sollte es beim Güterverkehr oder in der Binnenschifffahrt eng werden. Damit wird die Energieversorgung gesichert.

Klima und Bau

Klimafreundlicher Bau lohnt sich

Die Bundesregierung fördert ab dem 1. März 2023 den Bau besonders klimafreundlicher Gebäude mit günstigen Krediten. Eine höhere Förderung gibt es für Gebäude mit dem Qualitätssiegel „Nachhaltiges Gebäude Plus“. Ziel ist, den CO2-Ausstoß beim Bauen zu verringern.

Corona

Weitere Test- und Maskenpflichten entfallen

Die Infektionslage ist seit Wochen stabil. Deshalb fallen nun weitere Corona-Schutzmaßnahmen weg: In Krankenhäusern und Pflegeheimen entfällt die Testpflicht. Das Tragen einer Maske bleibt nur noch für Besucherinnen und Besucher verpflichtend.

Keine Corona-Testpflicht für Einreisende aus China mehr

Wer aus China nach Deutschland einreiste, musste vor Reiseantritt einen Antigenschnelltest vorlegen. Das ist nicht mehr nötig, denn China gilt seit dem 22. Februar 2023 nicht mehr als Virusvarianten­gebiet.

Verbraucherschutz

Die Grenzwerte für den Energieverbrauch von TV-Geräten werden strenger. Mit der zweiten Stufe der EU-Ökodesign-Verordnung gelten neue Mindestanforderungen an die Energieeffizienz von Geräten.

Quelle: Bundesregierung, Mitteilung vom 27.02.2023

Verkäufer einer Solaranlage muss nicht ohne Weiteres darüber aufklären, dass keine Notstromfunktion vorhanden ist

Der Verkäufer einer Photovoltaikanlage muss den Käufer nicht ohne Weiteres darüber aufklären, dass die verkaufte Anlage nur Strom liefert, wenn auch das öffentliche Netz funktioniert. Dies hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal in einem Urteil klargestellt. Sie hat daher der Kaufpreisklage der Firma gegen den Besteller einer Solaranlage vollumfänglich stattgegeben.

Ein Ehepaar aus Neustadt wollte gern vom öffentlichen Stromnetz unabhängig sein und ließ sich eine Photovoltaikanlage auf das Dach ihres Wohnhauses montieren. Damit die Anlage funktioniert, muss jedoch Strom aus dem öffentlichen Netz bereitstehen: Bei Stromausfall schaltet sich die PV-Anlage automatisch ab. Einheiten, die über eine eine sog. Notstrom- oder Inselfunktion verfügen, sind erheblich teurer, als das bestellte und montierte System. Das Ehepaar war der Ansicht, auf diesen Umstand hätte der Anbieter der Anlage sie hinweisen müssen. Dann hätten sie für 5.000 Euro Aufpreis ein anderes, notstromfähiges System bestellt. Jetzt bestehe nur noch die Möglichkeit, die gelieferte Anlage umzurüsten, zu nahezu dem dreifachen des ursprünglichen Aufpreises für diese Funktion. Diese Mehrkosten seien vom Verkäufer zu tragen, weswegen das Ehepaar in dieser Höhe die Zahlung des Kaufpreises verweigerte.

Dem ist die 6. Zivilkammer nicht gefolgt und hat das Ehepaar zur Zahlung des vollen Kaufpreises verurteilt. Der Verkäufer einer Photovoltaikanlage müsse nicht von sich aus darüber aufklären, dass die Anlage nicht über eine Sonderausstattung, wie eine Notstromfunktion verfüge. Die Aufklärungs- und Beratungspflichten dürften nicht überspannt werden. Dass die Eheleute bei den Vertragsverhandlungen klargemacht hätten, dass es ihnen auf die Notstromfunktion ankomme, haben sie nach Ansicht der Kammer nicht beweisen können. Etwaige mögliche Energieengpässe könnten zwar zu einer anderen Betrachtung führen. Die seien im Kaufzeitpunkt aber noch kein allgemeines Thema gewesen.

Das Urteil ist rechtskräftig; eine zunächst eingelegte Berufung zum Oberlandesgericht Zweibrücken ist zurückgenommen worden.

Quelle: LG Frankenthal, Pressemitteilung vom 28.02.2023 zum Urteil 6 O 79/22 vom 15.08.2022 (rkr)

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