„Sinnlose“ Erklärung kann in einen Einspruch umgedeutet werden

Wird gegenüber dem Finanzamt eine Stellungnahme zu einer streitigen Frage abgegeben, die nicht als Einspruch ausgelegt werden kann, kommt gleichwohl nach dem Rechtsgedanken des § 140 BGB eine Umdeutung in einen Einspruch in Betracht. Dies hat der 8. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 12. Januar 2023 (Az. 8 K 1080/21) entschieden.

Im Hinblick auf eine beabsichtigte Haftungsinanspruchnahme für Steuerschulden einer KG richtete das Finanzamt schriftliche Anfragen an die beiden Kläger. Nachdem bis auf einen Fristverlängerungsantrag des Prozessvertreters der beiden Kläger keine weitere Rückmeldung erfolgt war, erließ das Finanzamt jeweils Haftungsbescheide, die es beiden Klägern an ihre Privatanschrift zustellte. Innerhalb der Einspruchsfrist nahm der Prozessbevollmächtigte für beide Kläger inhaltlich zu den zuvor gestellten Anfragen Stellung. Die Haftungsbescheide waren ihm zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Schreiben nicht bekannt. Nach Kenntnisnahme der Bescheide trug der Prozessvertreter vor, seine Schreiben seien als Einsprüche zu werten. Da die Einspruchsfrist zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war, verwarf das Finanzamt die Einsprüche wegen Fristablaufs als unzulässig.

Die Klage, mit der die Kläger lediglich die isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidungen beantragten, hatte Erfolg. Der 8. Senat des Finanzgerichts Münster hat ausgeführt, dass das Finanzamt die Einsprüche zu Unrecht als unzulässig verworfen habe. Die Haftungsbescheide seien zunächst wirksam an die Privatadressen der Kläger zugestellt worden, da der Prozessvertreter zuvor keine Vollmachten vorgelegt habe. Die innerhalb der Einspruchsfrist eingegangenen Schreiben könnten zwar nicht als Einsprüche ausgelegt, aber in solche umgedeutet werden.

Eine Auslegung scheitere daran, dass der wirkliche Wille nicht auf Anfechtung der Haftungsbescheide gerichtet gewesen sein könne, weil dem Prozessvertreter die Bescheide nicht bekannt gewesen seien.

Nach dem Rechtsgedanken des § 140 BGB komme jedoch eine Umdeutung in Betracht. Diese zivilrechtliche Vorschrift regelt, dass ein nichtiges Rechtsgeschäft, das den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts entspricht, in ein wirksames Rechtsgeschäft umgedeutet werden kann, wenn ein entsprechender Wille anzunehmen ist. Grundsätzlich sei die Umdeutung auch im Steuerrecht anerkannt.

Nach Auffassung des Gerichts seien wegen des Gebots effektiven Rechtsschutzes auch „sinnlose“ Verfahrenserklärungen umdeutungsfähig. Im Streitfall sei erkennbares Ziel der beiden Stellungnahmen des Prozessvertreters, auf dessen Kenntnishorizont abzustellen sei, die Verhinderung der Haftungsinanspruchnahme der Kläger gewesen. Dieses Ziel habe er aber nach Erlass der Haftungsbescheide nur durch Einlegung von Einsprüchen erreichen können. Es sei kein vernünftiger Grund ersichtlich, weshalb er nicht gegen die Bescheide Einsprüche eingelegt hätte, wenn ihm deren Existenz bekannt gewesen wäre.

Einer Umdeutung stehe auch nicht entgegen, dass die Stellungnahmen von einem Rechtsanwalt verfasst wurden, deren Verfahrenserklärungen grundsätzlich beim Wort zu nehmen seien. Hiervon sei eine Ausnahme zu machen, wenn dem Rechtskundigen die tatsächliche Verfahrenssituation nicht bekannt gewesen sei. Da die Umdeutung ein verschuldensunabhängiges Rechtsinstitut darstelle, sei schließlich unerheblich, dass die Kläger ihren Prozessvertreter schuldhaft nicht rechtzeitig über die Zustellung der Haftungsbescheide informiert hätten.

Der Senat hat die Revision zugelassen. Diese ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VII R 7/23 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.02.2023 zum Urteil 8 K 1080/21 vom 12.01.2023 (nrkr – BFH-Az.: VII R 7/23)

Rechtswidrige Ermessensentscheidung aufgrund erstmals im Klageverfahren vorgetragener Umstände

Der 4. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 19. Dezember 2022 (Az. 4 K 1158/20 L) entschieden, dass im Klageverfahren gegen einen Haftungsbescheid vom Haftungsschuldner erstmals vorgetragene Umstände dazu führen können, dass sich die vom Finanzamt getroffene Ermessensentscheidung als rechtswidrig erweist.

Der Kläger wurde vom Finanzamt als Geschäftsführer einer GmbH für deren Steuerrückstände nach § 69 AO in Haftung genommen. Nachdem er im Einspruchsverfahren gegenüber dem Finanzamt nicht den vollständigen Sachverhalt dargelegt hatte, gab er im Klageverfahren erstmals wahrheitsgemäß an, dass er lediglich als sog. Strohmann fungiert habe und tatsächlich von einem faktischen Geschäftsführer von der Geschäftsführung ausgeschlossen gewesen sei. Ferner stellte sich im Klageverfahren heraus, dass der Kläger seine Geschäftsführerstellung bereits vor Beginn des Haftungszeitraums aufgrund rechtskräftiger Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung kraft Gesetzes verloren hatte.

Der 4. Senat des Finanzgerichts Münster hat der Klage stattgegeben. Er hat bei seiner Entscheidung offen gelassen, ob bereits die Tatbestandsvoraussetzungen einer Haftungsinanspruchnahme des Klägers wegen des Wegfalls seiner nominellen Geschäftsführerstellung entfallen sind. Jedenfalls habe sich die Ermessensentscheidung des Finanzamts nachträglich als fehlerhaft erwiesen. Dem Finanzamt sei zwar keine Ermittlungspflichtverletzung vorzuwerfen, weil vielmehr der Kläger versäumt habe, den Sachverhalt im Einspruchsverfahren vollständig und zutreffend darzulegen. Dies führe jedoch nicht dazu, dass nachträglich bekannt gewordene Umstände nicht mehr berücksichtigt werden dürften.

Vielmehr sei der im Haftungsbescheid getroffenen Ermessensentscheidung im Klageverfahren in zweifacher Hinsicht der Boden entzogen worden. Durch die rechtskräftige Verurteilung des Klägers wegen Insolvenzverschleppung habe er sein Amt als Geschäftsführer kraft Gesetzes verloren. Der Rechtsschein des Handelsregisters, in dem er weiterhin als Geschäftsführer eingetragen war, reiche für eine Haftung nach § 69 AO nicht aus. Ferner habe das Finanzamt sein ihm wegen der Existenz eines faktischen Geschäftsführers zustehendes Auswahlermessen nicht erkannt. Diese neu bekannt gewordenen Umstände seien geeignet, eine für den Kläger günstigere Ermessensentscheidung zumindest zu ermöglichen.

Die vom Senat zugelassene Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VII R 4/23 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.02.2023 zum Urteil 4 K 1158/20 L vom 19.12.2022 (nrkr – BFH-Az.: VII R 4/23)

Aufspaltung führt zur Zurechnung der Vorbesitzzeit im Sinne von § 6a GrEStG

Mit Urteil vom 12. Januar 2023 (Az. 8 K 169/21 F) hat der 8. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass die für Zwecke der Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG erforderliche Vorbesitzzeit bei Aufspaltung einer KG der Gesellschafterin im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zugerechnet wird.

Eine KG war seit 1993 alleinige Gesellschafterin einer GmbH, die Grundstücke hielt. Die beiden Kommanditisten gründeten im Jahr 2010 jeweils als Alleingesellschafter die Klägerin und eine weitere GmbH und brachten zunächst ihre jeweils hälftigen Kommanditanteile in die beiden Gesellschaften ein. Dieser Vorgang löste unstreitig gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG Grunderwerbsteuer aus. Ebenfalls im Jahr 2010 wurde ein Spaltungs- und Übernahmevertrag geschlossen, nach dem das Vermögen der KG dahingehend aufgeteilt wurde, dass ein Teilbetrieb, der die Beteiligung an der Grundstücks-GmbH umfasste, an die Klägerin und ein weiterer Teilbetrieb an die andere Kommanditistin übertragen wurden. Im Jahr 2013 wurde die Grundstücks-GmbH auf die Klägerin verschmolzen.

Das Finanzamt lehnte die von der Klägerin für den Verschmelzungsvorgang beantragte Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG unter Hinweis auf die nicht eingehaltene Vorbehaltensfrist von fünf Jahren ab. Demgegenüber vertrat die Klägerin die Auffassung, dass ihr die Vorbesitzzeit der KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zuzurechnen sei.

Der 8. Senat des Finanzgerichts Münster hat der Klage stattgegeben. Durch die Verschmelzung werde ein Erwerbstatbestand ausgelöst, der aber nach § 6a GrEStG steuerfrei sei. An der Verschmelzung, die auf Grundlage der Vorschriften des Umwandlungsgesetzes erfolgt sei, seien die Klägerin als herrschendes Unternehmen und die Grundstücks-GmbH als abhängige Gesellschaft beteiligt gewesen.

Die weitere Voraussetzung, dass die Klägerin innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren vor der Verschmelzung mittelbar oder unmittelbar zu mindestens 95 % an der Grundstücks-GmbH beteiligt gewesen sein muss (Vorbehaltensfrist), sei ebenfalls erfüllt. Sie selbst sei seit 2010 zu 100 % beteiligt gewesen. Darüber hinaus sei ihr als Gesamtrechtsnachfolgerin der KG deren 100%ige Beteiligung gemäß § 45 AO zuzurechnen.

Die Gesamtrechtsnachfolge umfasse nicht nur Forderungen und Schulden, sondern erstrecke sich auf alle steuerlich relevanten Umstände. Zivilrechtlich sei die Klägerin im Zuge der Aufspaltung Gesamtrechtsnachfolgerin der KG geworden, denn bei der Aufspaltung komme es zu einer geteilten Gesamtrechtsnachfolge hinsichtlich des jeweils übertragenen Vermögens.

Der Zurechnung stünden auch keine Normen oder Prinzipien des Grunderwerbsteuerrechts entgegen. Zwar sei die Gesamtrechtsnachfolge im Hinblick auf die in §§ 5 und 6 GrEStG enthaltenen Vor- und Nachbehaltensfristen schädlich. Diese Sichtweise sei aber nicht auf § 6a GrEStG übertragbar, da diese Fristen in den jeweiligen Normen unterschiedliche Zielsetzungen verfolgten. Bei §§ 5 und 6 GrEStG, die Rechtsträgerwechsel zwischen Gesamthand und Gesamthändern von der Steuer ausnehmen, dienten die Vor- und Nachbehaltensfristen der Missbrauchsvermeidung. Demgegenüber solle § 6a GrEStG aus wirtschaftspolitischen Gründen die Umstrukturierung von Unternehmen erleichtern, wobei die Vor- und Nachbehaltensfristen vornehmlich dazu dienten, die als verschonungswürdig qualifizierten Sachverhalte zu umschreiben und zu begrenzen. Vor diesem Hintergrund erscheine es systemgerecht, die Vorbesitzzeit der KG der Klägerin zuzurechnen, denn es würde Umstrukturierungen erschweren, wenn der Rechtsnachfolger mit Blick auf die Vorbesitzzeit wieder „bei Null“ anfangen müsste.

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.02.2023 zum Urteil 8 K 169/21 vom 12.01.2023

Geänderte Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug 2023 – Anwendung ab dem 01.04.2023

Das BMF hat im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder die geänderten Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug 2023 bekannt gemacht.

Die geänderten Programmablaufpläne berücksichtigen die Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags auf 1.230 Euro und des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende auf 4.260 Euro durch das Jahressteuergesetzes 2022. Weitere Änderungen gegenüber den am 18.11.2022 bekanntgemachten Programmablaufplänen wurden nicht vorgenommen. Die geänderten Programmablaufpläne sind ab dem 01.04.2023 anzuwenden.

Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

  • BMF-Schreiben
  • Geänderter Programmablaufplan für die maschinelle Berechnung der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer, des Solidaritätszuschlags und der Maßstabsteuer für die Kirchenlohnsteuer für 2023
  • Geänderter Programmablaufplan für die Erstellung von Lohnsteuertabellen für 2023 zur manuellen Berechnung der Lohnsteuer (einschließlich der Berechnung des Solidaritätszuschlags und der Bemessungsgrundlage für die Kirchenlohnsteuer)

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2361 / 19 / 10008 :008 vom 13.02.2023

Steuerbonus für Handwerkerleistungen helfen kaum gegen Steuerhinterziehung

Steuerermäßigungen für Handwerkerleistungen sind kein sinnvolles Mittel gegen Steuerhinterziehung. Sie würden den Staat viel Geld kosten, würden aber die Steuerehrlichkeit unter Haushalten nur geringfügig erhöhen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Ludwig Erhard ifo Zentrums für Soziale Marktwirtschaft unter knapp 2.000 Privathaushalten in Deutschland. „55 Prozent der Befragten würden sich eine ordentliche Rechnung ausstellen lassen, auch wenn sie keine Steuerermäßigung bekämen“, sagt Sarah Necker, Leiterin des Ludwig Erhard ifo Zentrums für Soziale Marktwirtschaft.

„Wenn die Politik mit Steuervergünstigungen Anreize dafür schaffen möchte, dass sich die Verbraucher bei Handwerksarbeiten eine Rechnung ausstellen lassen, sollte sie insbesondere den Aufwand für die Haushalte vereinfachen und den finanziellen Vorteil transparenter machen. Schweden hat diesen Weg bereits eingeschlagen. Dort wickelt der Handwerker die Abrechnung mit dem Finanzamt ab und die Steuerermäßigung schlägt sich sofort in einem niedrigeren Preis nieder“, sagt Necker. Dies ist besonders kosteneffizient, wenn Haushalte über den finanziellen Vorteil durch die Steuerermäßigung informiert werden. Haushalte sind dann bereit, einen um 49 Prozent höheren Preis für ein Angebot mit Rechnung zu zahlen. Damit steigt die Effektivität ebenso stark, wie bei einer um 10 Prozentpunkte höheren Erstattungsrate.

In Deutschland können Haushalte 20 Prozent der Arbeitskosten für Handwerkerleistungen über die Einkommensteuererklärung absetzen. Die Umfrage zeigt, dass Haushalte bei dieser Art der Subvention bereit sind, einen 35 Prozent höheren Preis für ein Angebot mit Rechnung zu zahlen. Allerdings ist die Zahlungsbereitschaft nur geringfügig höher, als wenn es keine Steuervergünstigung gibt. Ohne eine Steuervergünstigung wären die Haushalte bereit, einen 27 Prozent höheren Preis für ein Angebot mit Rechnung zu bezahlen.

„Unsere Ergebnisse gelten vor allem für die kleineren Handwerksarbeiten im Haushalt, wie zum Beispiel das Streichen von Wänden. Bei größeren Arbeiten gehen wir von einer noch höheren Bereitschaft aus, sich eine Rechnung ausstellen zu lassen, da hier Garantie oder ein Nachweis auf Papier noch wichtiger sind“, sagt Necker.

Die Studie basiert auf zwei Umfragen unter 1.974 deutschen Eigenheimbesitzern. Die Teilnehmenden wurden in die Situation versetzt, in der sie jemanden beauftragen wollten, Handwerksarbeiten in ihrem Haushalt zu erbringen. Sie konnten mehrfach zwischen zwei Angeboten entscheiden. Diese unterschieden sich insbesondere hinsichtlich des Preises und der Frage, ob die Dienstleistung auf Rechnung erbracht wird oder nicht.

Quelle: ifo Institut, Pressemitteilung vom 14.02.2023

Startschuss für European Tech Champions Initiative

Gemeinsame Presseinformation des Bundesministeriums der Finanzen (BMF), des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und der KfW Bankengruppe (Kreditanstalt für Wiederaufbau)

Die Bundesregierung stellt eine Milliarde Euro bereit, um junge, innovative Hightech-Unternehmen in Europa in der späten Wachstumsphase zu unterstützen und die technologische Souveränität Europas zu stärken. Gemeinsam mit Ministerinnen und Ministern aus vier weiteren EU-Mitgliedstaaten haben Bundesfinanzminister Christian Lindner und die Start-up Beauftragte des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, Dr. Anna Christmann in Vertretung für Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck, in Brüssel die Mandatsvereinbarung für die European Tech Champions Initiative (ETCI) unterzeichnet.

Ziel der ETCI ist es, vielversprechenden europäischen Wachstumsunternehmen für späte Finanzierungsrunden Kapital zur Verfügung zu stellen und dadurch die Abhängigkeit von ausländischen Investitionen zu reduzieren. Zum Start beteiligen sich Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und Belgien sowie die Europäische Investitionsbank-Gruppe (Europäische Investitionsbank und Europäischer Investitionsfonds) und stellen Mittel in Höhe von bis zu 3,75 Milliarden Euro zur Verfügung – darunter eine Milliarde Euro von deutscher Seite.

„Wir haben in Europa bereits Weltklasse-Unternehmen und -Branchen mit Zugang zu einer soliden technischen und finanziellen Infrastruktur. Damit die europäischen Tech-Champions von morgen genauso auf internationaler Ebene mitspielen und Europas Wettbewerbsfähigkeit sichern können, müssen wir einen Schritt weiter gehen. Mit der European Tech Champions Initiative schließen wir jetzt eine Lücke in der Finanzierungslandschaft für Start-ups und stärken Europas strategische Autonomie.“

Bundesfinanzminister Christian Lindner

„Start-ups spielen bei der Transformation unserer Wirtschaft hin zur Klimaneutralität eine entscheidende Rolle. Die European Tech Champion Initiative ist daher ein wichtiger Meilenstein für eine Europäischen Start-up-Förderung und eine unabhängigere Unternehmensaufstellung. Diese gilt es nun weiterzuentwickeln. Nur gemeinsam können wir Europa zu einem starken und wettbewerbsfähigen Start-up-Standort machen.“

Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck

„Mit der European Tech Champions Initiative ist nun ein weiterer Baustein des Zukunftsfonds, den unsere Beteiligungstochter KfW Capital koordiniert und die KfW treuhänderisch finanziert, hinzugekommen. Der Zukunftsfonds des Bundes stärkt das VC-Ökosystem nachhaltig. Junge Unternehmen werden künftig besseren Zugang zu Kapital in einer entscheidenden Phase des Wachstums haben. Mit diesem Schritt stärken wir insofern den Technologiestandort Deutschland bzw. Europa.“

Der Vorstandsvorsitzende der KfW Bankengruppe Stefan Wintels

Die European Tech Champions Initiative wurde im Februar 2022 als Eckpfeiler der gesamteuropäischen Scale-up-Initiative von Frankreich und Deutschland auf den Weg gebracht. Sie soll öffentliche Mittel von beteiligten EU-Ländern und der EIB-Gruppe bündeln und in große Risikokapitalfonds investieren, die ihrerseits Wachstumskapital an europäische Technologieunternehmen vergeben. Damit soll die ETCI zielgerichtet privates Kapital mobilisieren.

Die Mittel für die deutsche ETCI-Zusage in Höhe von einer Milliarde Euro kommen aus dem Beteiligungsfonds für Zukunftstechnologien („Zukunftsfonds“; 800 Millionen Euro treuhänderisch durch die KfW bereit gestellt) und aus dem ERP-Sondervermögen (200 Millionen Euro).

Zur Start-up Finanzierung der Bundesregierung

Der Zukunftsfonds der Bundesregierung, der bis zum Jahr 2030 auf 10 Milliarden Euro anwachsen soll, umfasst mehrere Komponenten zur Förderung der verschiedenen Entwicklungsphasen innovativer Technologieunternehmen – mit einem Schwerpunkt auf der Wachstumsfinanzierung. Darüber hinaus beteiligen sich das ERP-Sondervermögen, die KfW, KfW Capital und der Europäische Investitionsfonds sowie weitere öffentliche und private Investoren an verschiedenen Komponenten des Zukunftsfonds. Er wird dazu beitragen, den Wagniskapitalmarkt und die Finanzierungsbedingungen für innovative, technologieorientierte Wachstumsunternehmen nachhaltig zu stärken und dabei privates Kapital in erheblichem Umfang zu mobilisieren.

Die Bundesregierung hat die KfW mit der Umsetzung des Zukunftsfonds beauftragt, die KfW Capital ist für die Koordination innerhalb der KfW Bankengruppe zuständig. Die ersten Bausteine wurden 2021 aufgelegt. Weitere Bausteine befinden sich in der Konzeptionsphase und werden entsprechend den Bedürfnissen des Marktes eingeführt.

Auch außerhalb des Zukunftsfonds setzt die Bundesregierung die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag zur Stärkung der Start-up-Finanzierung mit Mitteln aus dem ERP-Sondervermögen um: Dieses kann nach einzelnen Finanzierungsphasen (Vorgründungs-, Früh-/Seedphase, Gründungsphase, Wachstumsphase) und unterschiedlichen Zielgruppen differenziert werden. Neben Direktbeteiligungen an Unternehmen, etwa über den High-Tech Gründerfonds, richtet es sich z. B. im Rahmen der ERP-EIF Fazilität auch an Fondsinvestoren und VC-Fonds, um wichtige Impulse für die Entwicklung eines tragfähigen VC-Ökosystems in Deutschland und Europa zu setzen.

Quelle: BMF/BMWK/KfW, Pressemitteilung vom 13.02.2023

Befugnis zu beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen

Umfang der Beratungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine; Befugnis zu beschränkter
Hilfeleistung in Steuersachen nach § 4 Nr. 11 StBerG

Das BMF hat die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zum Umfang der Beratungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine in Steuersachen nach § 4 Nr. 11 StBerG veröffentlicht.

U. a. wurden die Erlasse um Einzelheiten zur Beratungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine in Zusammenhang mit steuerbefreiten Photovoltaikanlagen (§ 3 Nr. 72 EStG) ergänzt.

Die neuen Erlasse treten mit Veröffentlichung im Bundessteuerblatt Teil I an die Stelle der Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 15.11.2021 (BStBl I S. 2325).

Quelle: FinMin Baden-Württemberg, Erlass (gleich lautender Erlass) FM3-S 0820-2/75 vom 13.02.2023

Hinzurechnung einer Gewinnausschüttung bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags

Bei Eintritt in die Rechtsstellung einer übertragenden Gesellschaft ist nach den Vorschriften des UmwStG wegen Zurechnung der Vorbesitzzeiten eine Kürzung des Gewinns gemäß § 9 Nr. 2a GewStG (sog. Schachtelprivileg) auch dann vorzunehmen, wenn die Beteiligung bei der übernehmenden Gesellschaft nicht „zu Beginn des Erhebungszeitraumes“ bestand.

Der 14. Senat des Finanzgerichts Düsseldorf hatte über die Hinzurechnung einer Gewinnausschüttung bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags zu entscheiden.

Die Klägerin war eine GmbH, deren Alleingesellschafter A ebenfalls zu 100 % an der B-GmbH beteiligt war. Die Klägerin war zudem Komplementärin einer GmbH & Co. KG, deren alleiniger Kommanditist wiederum A war. Die Anteile des A an der B-GmbH wurden in dessen Sonder-Betriebsvermögen bei der GmbH & Co. KG bilanziert.

Im April 2016 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin eine Stammkapitalerhöhung. Die auf den neuen Geschäftsanteil zu leistende Stammeinlage war im Wege des Anteilstauschs dadurch zu leisten, dass A als Übernehmer des neuen Geschäftsanteils die von ihm gehaltene Beteiligung an der B-GmbH in die Klägerin einbrachte. Die Abtretung des Geschäftsanteils erfolgte mit sofortiger Wirkung. Die eingebrachte Beteiligung wurde von der Klägerin als sog. qualifizierter Anteilstausch behandelt und mit dem Buchwert angesetzt. Im September 2016 erhielt die Klägerin als nunmehrige Alleingesellschafterin der B-GmbH eine Gewinnausschüttung.

Im Gewerbesteuermessbescheid 2016 lehnte das beklagte Finanzamt eine Kürzung des durch die Gewinnausschüttung erhöhten Gewerbeertrags ab, weil die Beteiligung an der B-GmbH nicht schon zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens 15 % betragen habe und die Voraussetzungen des sog. Schachtelprivilegs (§ 9 Nr. 2a GewStG) damit nicht vorlägen. Mit ihrer Klage vertrat die Klägerin dagegen die Auffassung, dass sie in die Rechtsstellung der übertragenden Gesellschaft, die zu Beginn des Erhebungszeitraums mit mindestens 15 % am Stammkapital beteiligt gewesen sei, eingetreten sei.

Der 14. Senat gab der Klage statt. Für Zwecke des Schachtelprivilegs gelte zwar das Stichtagsprinzip, sodass es auf den Beginn des Erhebungszeitraumes ankomme. Im Falle eines – hier gegebenen – qualifizierten Anteilstausches trete die Klägerin aber in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Gesellschaft ein. Deshalb seien der Klägerin auch die Vorbesitzzeiten der Rechtsvorgängerin nach den Vorschriften des UmwStG zuzurechnen.

Die Entscheidung, zu der der Senat die Revision zugelassen hatte, war zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses noch nicht rechtskräftig.

Quelle: FG Düsseldorf, Mitteilung vom 13.02.2023 zum Urteil 14 K 392/22 G,F vom 24.11.2022 (nrkr)

Aufspaltungsbedingter Übertragungsgewinn ist Organträgerin zuzurechnen

Folgen aus dem BFH-Urteil vom 11. August 2021

Der BFH führt in dem zu einer Aufspaltung einer Organgesellschaft ergangenen Urteil vom 11. August 2021, I R 27/18, BStBl II 2023 S. …, in Randnummer 25 aus, dass eine Umwandlung auch zu einem Wert oberhalb des Buchwerts und bis zum gemeinen Wert vorgenommen werden könnte, um so bei der Organgesellschaft bestehende vororganschaftliche Verluste zu nutzen.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung des Urteils Folgendes:

Eine Verrechnung vororganschaftlicher Verluste ist entgegen den Ausführungen in Randnummer 25 des Urteils nur unter den Voraussetzungen des § 15 Satz 1 Nummer 1 KStG zulässig. Hiernach wird ein Verlustabzug nach § 10d EStG bei der Organgesellschaft untersagt. Während des Bestehens der Organschaft können laufende Verluste der Organgesellschaft nicht zu einem Verlustvortrag auf Ebene der Organgesellschaft führen. Ebenso können vorvertragliche Verluste der Organgesellschaft nicht auf den Organträger übertragen werden und somit in den Organkreis einfließen.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil 1 veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 2 – S-2770 / 19 / 10006 :008 vom 10.02.2023

Die wirtschaftliche Lage in Deutschland im Februar 2023

  • Zum Jahresende 2022 hat sich die Dynamik der deutschen Wirtschaft spürbar abgeschwächt. Im vierten Quartal 2022 ist das Bruttoinlandsprodukt um 0,2 % gegenüber dem Vorquartal zurückgegangen. Das Jahresergebnis wurde auf 1,8 % um ein Zehntel nach unten korrigiert. Vor allem der private Konsum und die Investitionen dürften sich im vierten Quartal schwächer entwickelt haben. Die Industrie wird weiterhin von hoher Unsicherheit und hohen Energiepreisen belastet.
  • Aktuelle Indikatoren belegen die erwartete wirtschaftliche Abschwächung im Winterhalbjahr 2022/23. Diese dürfte aber insgesamt mild ausfallen. Dennoch belasten die zunehmend bei den Verbrauchern ankommenden Preissteigerungen, Unsicherheiten über die wirtschaftlichen Perspektiven und steigende Zinsen die konjunkturelle Entwicklung zu Jahresbeginn. Sie sorgen für eine Investitionszurückhaltung.
  • Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich gemäß ifo Umfragen im Januar weiter aufgehellt. Fast alle Wirtschaftsbereiche waren zuversichtlicher als zuvor. Das ist ein weiteres Indiz dafür, dass die wirtschaftliche Abschwächung im Winter milde ausfallen dürfte.
  • Die Industrieproduktion erhielt zum Jahresende einen Dämpfer. Die Automobilindustrie konnte zwar merklich expandieren, aber in anderen Bereichen wie dem Maschinenbau ging die Ausbringung derweil deutlich zurück. Bei den Auftragseingängen im Verarbeitenden Gewerbe setzte sich im Dezember indes der seit Februar letzten Jahres zu beobachtende Abwärtstrend erst einmal nicht weiter fort.
  • Das Weihnachtsgeschäft ist im Einzelhandel schwach ausgefallen. Die Umsätze sind im Dezember gegenüber dem Vormonat deutlich zurückgegangen. Bei der Stimmung unter den Verbrauchern hielt der positive Trend hingegen an.
  • Die Inflationsrate lag im Januar mit voraussichtlich +8,7 % weiter spürbar unter der 10 %-Marke. Auch auf den vorgelagerten Absatzstufen war in den letzten Monaten in Anbetracht nachlassender Energiepreise eine gewisse Entspannung zu beobachten.
  • Der Arbeitsmarkt bleibt ungeachtet der wirtschaftlichen Abschwächung angespannt. Der Beschäftigungsaufbau hat sich zuletzt weiter fortgesetzt, die Zahl der Arbeitslosen fiel saisonbereinigt. Frühindikatoren deuten auf eine steigende Einstellungsbereitschaft und eine weiter abnehmende Arbeitslosigkeit hin.

Schwacher Jahresausgang, gedämpfte Perspektiven zu Jahresbeginn

Die deutsche Wirtschaftsleistung ist im Schlussquartal 2022 gemäß der Schnellmeldung des Statistischen Bundesamts gegenüber dem Vorquartal preis-, kalender- und saisonbereinigt leicht um 0,2 % zurückgegangen. Damit stellte sich die wirtschaftliche Dynamik zum Jahresende etwas schwächer dar als zunächst angenommen. Entsprechend wurde vom Statistischen Bundesamt auch das BIP-Jahresergebnis 2022 auf 1,8 % korrigiert. Vor allem der private Konsum und die Investitionen dürften sich im vierten Quartal schwächer entwickelt haben. Bei den privaten Haushalten dämpfen die zunehmend spürbaren Preissteigerungen und die damit verbundenen Kaufkraftverluste. Das wirkt sich auch auf die konsumnahen Dienstleistungsbereiche aus. Angesichts der unsicheren wirtschaftlichen Perspektiven und steigenden Zinsen könnten auch Investitionsprojekte zunächst zurückgestellt werden.

Die Lage in der Industrie hat sich zum Jahresende spürbar abgeschwächt. Besonders die energieintensiven Branchen drosselten abermals ihre Produktion. Im Baugewerbe dürften sich neben der kalten Witterung Mitte Dezember auch die steigenden Zinsen und weiterhin hohen Materialkosten negativ ausgewirkt haben. Positive Signale kommen von den zuletzt gestiegenen Auftragseingängen in der Industrie, die laut Umfragen optimistischeren Geschäftsaussichten in allen Branchen sowie die abnehmenden Materialengpässe. Zusammen mit den immer noch gut gefüllten Auftragsbüchern deutet dies darauf hin, dass es im Winterhalbjahr 2022/23 zwar zu einer spürbaren wirtschaftlichen Abschwächung kommt, die allerdings nicht gravierend ausfallen dürfte.

Abkühlung in der Weltwirtschaft

Aktuelle Indikatoren zeigen eine insgesamt schwache Entwicklung des globalen Umfeldes. Der Welthandel nahm im November spürbar um 2,5 % gegenüber dem Vormonat ab, nachdem es bereits im Oktober zu einer Abnahme um 1,4 % gekommen war. Die weltweite Industrieproduktion verringerte sich um 0,2 % (Oktober: -0,8 %). Die Stimmungsindikatoren am aktuellen Rand sprechen für eine weiterhin verhaltene Entwicklung in den kommenden Monaten.

Markanter Rückgang bei ex- und Importen

Der nominale Wert aller Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen hat sich im Berichtsmonat Dezember gegenüber dem Vormonat deutlich verringert (-4,9 %). Auch die Einfuhren von Waren und Dienstleistungen wiesen in nominaler Rechnung einen starken Rückgang auf (-5,7 %). Im Gegensatz zu den Vormonaten ist der deutliche Rückgang bei den Aus- und Einfuhren nicht vorrangig durch die Preisentwicklung getrieben. Die Ausfuhrpreise blieben im Vormonatsvergleich mit einer Veränderungsrate von +0,1 % nahezu konstant, die Einfuhrpreise gaben mit -1,6 % leicht nach. Der größte Teil des nominalen Rückgangs bei den Aus- und Einfuhren dürfte daher in realer Rechnung bestehen bleiben.

Die aktuelle Schwäche der Weltwirtschaft ist somit im deutschen Außenhandel angekommen. Bei den Ausfuhren wurden leichte Gewinne in den Vormonaten durch den schlechten Dezember vollends aufgezehrt. Allerdings bedeuten die weiterhin fallenden Importpreise eine leichte Verbesserung der Terms of Trade der deutschen Volkswirtschaft. Die monatliche Handelsbilanzüberschuss stieg im Dezember erneut und lag mit 10,6 Mrd. Euro etwas über dem Niveau des Vormonats. Auf dem Höhepunkt der Energiepreiskrise im August hatte die Handelsbilanz noch mit einem negativen Saldo von 1,6 Mrd. Euro abgeschlossen.

Der Ausblick für den Außenhandel bleibt aufgrund des weltwirtschaftlichen Abschwungs verhalten. Der Stimmungsindikator von S&P Global legte zwar im Januar zum zweiten Mal in Folge leicht zu, er befindet sich mit 49,8 Punkten jedoch weiterhin knapp unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Im Dienstleistungsbereich war die Stimmung besser als im Verarbeitenden Gewerbe. Die ifo Exporterwartungen konnten im Januar auf niedrigem Niveau leicht zulegen. Sie liegen jetzt bei +4,3 Saldenpunkten. Zum Vergleich: Vor Ausbruch des Kriegs in der Ukraine lag der Index noch bei rund 15 Saldenpunkten. Eine positive Nachricht ist, dass sich die Erholung bei den Materialengpässen weiter fortsetzt. So gaben in der ifo Umfrage vom Dezember nur noch 50,7 % der Unternehmen an, von Knappheiten bei Vorprodukten betroffen zu sein. Im Vormonat waren es noch 59,3 %. Auch die Containerfrachtraten auf der Verbindung Asien – Europa sind mittlerweile fast wieder auf Vorkrisenniveau gefallen.

Die Industrieproduktion erhält Dämpfer zum Jahresende, Aussichten aber positiv

Die Produktion im Produzierenden Gewerbe ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Dezember gegenüber dem Vormonat spürbar zurückgegangen (-3,1 %). Insbesondere der Ausstoß im Baugewerbe sank vor allem wegen der kalten Witterung Mitte Dezember kräftig (-8,0 %). In der Industrie kam es zu einem Minus von 2,1 %. Der Bereich Energie und Wasserversorgung war nach einer Erholung im Vormonat wieder rückläufig (-2,3 %).

In den einzelnen Industriebranchen verlief die Entwicklung der Produktion differenziert: Zwar konnte der gewichtige Bereich Kfz und Kfz-Teile auch im Dezember merklich expandieren (+3,3 %), der ähnlich große Maschinenbau ging derweil allerdings deutlich zurück (-3,8 %). Die besonders energieintensiven Wirtschaftszweige entwickelten sich am Jahresende unterdurchschnittlich. Insbesondere die Herstellung chemischer Erzeugnisse (-11,2 %) sowie der Bereich Papier und Pappe (-7,6 %) waren stark rückläufig. Die Herstellung pharmazeutischer Erzeugnisse konnte hingegen mit +12,9 % kräftig zulegen.

Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe sind im Dezember gegenüber dem Vormonat um 3,2 % gestiegen. Damit setzten die Bestellungen ihren seit Februar letzten Jahres zu beobachtenden Abwärtstrend nicht weiter fort. Ohne Großaufträge kam es zu einem leichten Rückgang um 0,6 %. Insgesamt lagen die Bestellungen zuletzt in arbeitstäglich bereinigter Rechnung 10,1 % unter ihrem Niveau im Vorjahresmonat. Im Vormonatsvergleich haben sowohl die Inlands- als auch die Auslandsnachfrage zugelegt (+5,7 % bzw. +1,2 %). Besonders kräftig nahmen dabei die Bestellungen aus dem Euroraum mit +9,8 % zu, während aus dem Nicht-Euroraum 3,8 % weniger Aufträge eingingen.

Die Stimmung in der deutschen Industrie hat sich im Januar erneut aufgehellt. Die Geschäftserwartungen waren merklich weniger pessimistisch und die Beurteilung der aktuellen Lage verbesserte sich. Dies sowie die gut gefüllten Auftragsbücher und die abnehmenden Materialengpässe deuten auf eine insgesamt recht milde wirtschaftliche Abschwächung im Winterhalbjahr hin.

Einzelhandelsumsatz zuletzt spürbar schwächer

Die Umsätze im Einzelhandel ohne Kfz haben sich im Dezember trotz Weihnachtsgeschäft gegenüber dem Vormonat um 5,3 % verringert. Im Vergleich zum Dezember 2021 meldete der Einzelhandel ein (reales) Umsatzminus von 6,6 %, was zu einem beträchtlichen Teil auch die hohen Preissteigerungen im Einzelhandel, insbesondere für Lebensmittel, widerspiegelt. So kam es in nominaler Rechnung, also ohne Preisbereinigung, binnen Jahresfrist zu einem Umsatzplus von 3,9 %. Der Handel mit Lebensmitteln verzeichnete im Dezember im Vergleich zum Vormonat ein reales Umsatzminus von 4,7 % (ggü. Vorjahresmonat -9,1 %). Der Handel ohne Nahrungsmittel ging um 3,7 % zurück (ggü. Vorjahresmonat +2,6 %). Der Internet- und Versandhandel verbuchte im Dezember eine Abnahme um 3,8 % (ggü. Vorjahresmonat -7,2 %). Im Gesamtjahr 2022 gingen die Umsätze im Einzelhandel gegenüber dem Vorjahr um 0,6 % zurück. Besonders kräftig fiel das Umsatzminus im Internet- und Versandhandel aus (-7,2 %). Im Vergleich zu der Zeit vor der Corona-Krise (Dezember 2019) sank der Umsatz um 1,9 %.

Die Neuzulassungen von Pkw durch private Halter sind im Januar sehr kräftig um 39,8 % gefallen, nachdem sie allerdings im November und Dezember um 14,6 % bzw. 21,5 % zugelegt hatten. Die Entwicklung zum Jahresende hin dürfte stark durch die Reduzierung bzw. das Auslaufen der Förderung von E-Autos und Pkw mit Hybrid-Antrieb geprägt worden sein.

Das Klima bei den privaten Verbrauchern hat sich zum Jahresanfang 2023 weiter aufgehellt. Laut dem GfK Konsumklima ist im Februar mit der vierten Verbesserung in Folge zu rechnen. Die Stimmung unter den Verbrauchern liegt zwar noch auf einem niedrigen Niveau, aber es ist ein positiver Trend sichtbar. Dass der starke Pessimismus wieder nachgelassen hat, dürfte nicht zuletzt auch auf die Stabilisierungsmaßnahmen der Bundesregierung zurückzuführen sein, die neben den gesunkenen Preisen an den Märkten wieder für niedrigere Energiekosten gesorgt haben. Auch beim ifo Geschäftsklima im Einzelhandel setzte sich im Januar die positive Tendenz fort. Dies gilt sowohl für die Beurteilung der aktuellen Lage, die per Saldo nur noch leicht negativ war, als auch für die Geschäftserwartungen.

Inflationsrate bleibt unter 10 %

Die Inflationsrate, d. h. der Anstieg des Preisniveaus binnen Jahresfrist, lag im Januar voraussichtlich bei 8,7 %. Gegenüber dem Vormonat erhöhten sich die Verbraucherpreise im Januar damit um 1,0 %. Das Statistische Bundesamt hat mit dem Berichtsmonat Januar 2023 eine turnusmäßige Revision auf das neue Basisjahr 2020 vollzogen. Wie üblich, wurden noch keine Ergebnisse für einzelne Gütergruppen ausgewiesen. Außerdem ist ein Vergleich der jetzt bekannt gegebenen Werte für den Januar 2023 mit den Zeitreihen auf Basis des Warenkorbs aus dem Jahr 2015 nur bedingt sinnvoll.

Durch die ab Januar wirksam werdenden Gas- und Strompreisbremsen sollten im weiteren Jahresverlauf die Höchststände aus dem letzten Jahr mit Inflationsraten von über 10 % überwunden sein. Dafür spricht auch, dass auf den vorgelagerten Absatzstufen in den letzten Monaten in Anbetracht nachlassender Energiepreise eine gewisse Entspannung zu beobachten war. So hat sich der Preisauftrieb auf Erzeugerebene im Dezember im Vormonatsvergleich zum dritten Mal in Folge abgeschwächt (-0,4 %, Nov.: -3,9 %; Okt.: -4,2 %), v. a. weil die Energiepreise gegenüber Vormonat zurückgegangen sind (-1,0 %, Nov.: -9,6 %; Okt.: -10,4 %). Die Großhandelsverkaufspreise verringerten sich im Dezember ebenfalls im Vergleich zum November (-1,6 %). Im Vorjahresvergleich stiegen sie aber noch um 12,8 %. Ähnlich verhielt es sich mit den Importpreisen im Dezember (-1,6 % ggü. Vormonat; +12,6 % ggü. Vorjahr).

Die Bundesregierung geht in ihrer Jahresprojektion vom 25. Januar für das Jahr 2023 von einem Verbraucherpreisanstieg um 6,0 % aus. Die Gas- und Strompreisbremsen federn die verzögerte Weitergabe der höheren Beschaffungspreise durch die Energieversorger an die privaten Haushalte ab, auch schon rückwirkend für Januar und Februar.

Aussichten am Arbeitsmarkt hellen sich weiter auf

Trotz der wirtschaftlichen Abschwächung zum Jahreswechsel verläuft die Entwicklung am Arbeitsmarkt insgesamt positiv: Der zu Jahresanfang übliche Anstieg der registrierten Arbeitslosigkeit fiel vergleichsweise gering aus, so dass es in saisonbereinigter Rechnung zu einem Rückgang um 15.000 Personen kam. Die Erwerbstätigkeit legte im Dezember weiter zu (+24.000 Personen). Bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung gab es im November ebenfalls ein merkliches Plus (+30.000 Personen). Die Inanspruchnahme der Kurzarbeit erhöhte sich im November auf rund 210 Tausend Personen. Sie dürfte im Dezember auf erhöhtem Niveau geblieben sein.

Die Frühindikatoren haben sich derweil merklich aufgehellt. Die Zahl der gemeldeten Stellen hat sich stabilisiert. Die Arbeitsmarktbarometer von ifo und IAB deuten auf eine steigende Einstellungsbereitschaft und eine weiter abnehmende Arbeitslosigkeit hin. Im konsumnahen Handel sind die Aussichten zwar noch verhalten, aber auch hier haben sich die Beschäftigungsaussichten deutlich verbessert. Tatsächlich ist mittlerweile der Arbeitskräftemangel in vielen Betrieben das drängendere Problem. Der Arbeitskräfteknappheits-Index des IAB stieg im Januar auf einen neuen Rekordstand.

Quelle: BMWK, Pressemitteilung vom 13.02.2023

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