Datenschutz: aktuelle Hinweise zu Microsoft 365 in Anwaltskanzleien

Das System Microsoft 365 wird auch in vielen Anwaltskanzleien genutzt. Microsoft hat Anfang Januar neue Datenschutzbedingungen für die Nutzung veröffentlicht. Die BRAK informiert über aktuelle Bedenken der Datenschutzbehörden gegen den Einsatz von Microsoft 365 Cloud.

Das Cloud-System Microsoft 365 wird in vielen Anwaltskanzleien eingesetzt, auch Kanzleisoftwarehersteller empfehlen den Einsatz. Die Datenschutzbehörden haben seit Jahren Bedenken geäußert, ob das System in einer nicht lokal installierten Version datenschutzkonform nutzbar ist.

In einem aktualisierten Merkblatt informiert die BRAK darüber, dass die Datenschutzkonferenz im November 2022 auf der Grundlage der damals geltenden Microsoft-Datenschutzbedingungen eine datenschutzkonforme Nutzung von Microsoft 365 für unmöglich erklärt hat. Microsoft ist dem mit einer Stellungnahme entgegengetreten und hat Anfang Januar überarbeitete Datenschutzbedingungen vorgelegt.

Gegenwärtig sind der BRAK keine konkreten aufsichtsbehördlichen Beanstandungen des Einsatzes von Microsoft 365 in Rechtsanwaltskanzleien bekannt. Sie weist jedoch darauf hin, dass sich dies nach Prüfung der neuen Microsoft-Bedingungen durch die Datenschutzbehörden durchaus ändern kann; dann könnten öffentlich-rechtliche Stellen, potenziell aber auch Anwaltskanzleien von Aufsichtsmaßnahmen betroffen sein.

In dem Merkblatt erläutert die BRAK zudem berufsrechtliche Implikationen der Nutzung von Microsoft 365.

Quelle: BRAK, Mitteilung vom 25.01.2023

BGH zum beA: technisch unmögliche Einreichung unverzüglich glaubhaft zu machen

Anwältinnen und Anwälte, die aus technischen Gründen ein Dokument nicht per beA bei Gericht einreichen können, müssen bereits mit der Ersatzeinreichung auf Papier darlegen und glaubhaft machen, warum das der Fall war, wenn ihnen die Gründe dafür bereits zu diesem Zeitpunkt bekannt sind. Nachträglicher Vortrag genügt in diesem Fall nicht. Das hat der BGH in einem jüngst veröffentlichten Beschluss entschieden.

In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um die Zahlung von Steuerberaterhonorar. Gegen die Abweisung der Zahlungsklage hatte der Kläger Berufung eingelegt. Das OLG verlängerte die Frist zur Begründung der Berufung antragsgemäß bis zum 10.01.2022. Am 08.01. ging ein auf den 09.01. datierter Schriftsatz per Post beim OLG ein, mit dem der Kläger seine Berufung begründete und zwecks weiterer Begründung eine weitere Verlängerung der Begründungsfrist beantragte.

Das Berufungsgericht wies darauf hin, dass die Berufung unzulässig sein könnte, weil sie nicht elektronisch eingereicht worden sei. Mit erneut nicht elektronisch eingereichtem Schriftsatz, der am 25.01. beim OLG einging, erläuterte der Kläger, es sei ihm nicht möglich gewesen, die Berufungsbegründung per beA einzureichen, weil bei der beA-Karte seines Prozessbevollmächtigten die Funktionalität zur Abgabe elektronischer Empfangsbekenntnisse und zum Versand gefehlt habe. Sein Prozessbevollmächtigter habe daraufhin auf Rat der Bundesnotarkammer eine beA-Karte Mitarbeiter erworben, die zu deren Nutzung erforderliche PIN und PUK sei ihm aber erst am 17.01. zugegangen.

Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Klägers hatte beim BGH ebenfalls keinen Erfolg.

Nach Ansicht des BGH wahrt ein Schriftsatz die Rechtsmittelbegründungsfrist nicht, wenn er nicht in der nach § 520 V i. V. m. § 130d ZPO vorgeschriebenen elektronischen Form eingereicht wird. Die Berufungsbegründung des Klägers war, so der BGH, auch nicht als Ersatzeinreichung nach § 130d S. 2, 3 ZPO zulässig. Denn der Kläger habe nicht bereits bei Einreichung der Berufungsbegründung am 08.01. vorgetragen und glaubhaft gemacht, weshalb eine elektronische Einreichung technisch unmöglich sei, obwohl ihm bereits zu diesem Zeitpunkt die Hinderungsgründe bekannt waren und ihm die sofortige Glaubhaftmachung jener Umstände möglich gewesen sei. In einem solchen Fall sei es ohne Wirkung, wenn die Voraussetzungen für eine Ersatzeinreichung nachträglich dargelegt und glaubhaft gemacht würden.

Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass man die vorübergehende technische Unmöglichkeit möglichst gleichzeitig mit der Ersatzeinreichung glaubhaft machen müsse. Ein unverzügliches Nachholen der Glaubhaftmachung sei nur denkbar, wenn die Anwältin oder der Anwalt das technische Defizit erst kurz vor Fristablauf bemerke und daher nicht mehr genügend Zeit habe, die entsprechenden Umstände in dem ersatzweise einzureichenden Schriftsatz darzulegen und glaubhaft zu machen.

Dass dies der Fall gewesen wäre, habe der Kläger aber nicht dargelegt. Vielmehr habe er selbst ausgeführt, dass sein Prozessbevollmächtigter bereits im Dezember 2021 von der fehlenden Funktionsfähigkeit seiner beA-Karte gewusst habe.

Quelle: BRAK, Mitteilung vom 25.01.2023

Übergangsregelung vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren im Jahressteuergesetz 2010 ist mit dem Grundgesetz teilweise unvereinbar

Körperschaftsteuerminderungspotenzial II

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die Übergangsregelung des § 36 Abs. 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der Fassung von § 34 Abs. 13f KStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 (im Folgenden: § 36 Abs. 4 KStG) mit Art. 14 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) teilweise unvereinbar ist. Sie führt bei einer bestimmten Eigenkapitalstruktur zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial. Dieses unterfällt, soweit es im Zeitpunkt des Systemwechsels vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren realisierbar war, dem Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG. Der Eingriff in dieses Schutzgut ist nicht gerechtfertigt.

Nach dem bis Ende 2000 geltenden Anrechnungsverfahren wurden nicht ausgeschüttete steuerbare Gewinne von Körperschaften mit (zuletzt) 40 % Körperschaftsteuer belastet (Tarifbelastung). Kam es später zu Gewinnausschüttungen, reduzierte sich der Steuersatz auf (zuletzt) 30 % (Ausschüttungsbelastung). Für die Körperschaft entstand so ein Körperschaftsteuerminderungspotenzial in Höhe der Differenz zwischen Tarif- und Ausschüttungsbelastung, also in Höhe von zuletzt 10 Prozentpunkten. Beim Anteilseigner erfolgte die Besteuerung der Ausschüttung mit dem individuellen Einkommensteuersatz des Steuerpflichtigen unter Anrechnung der von der Kapitalgesellschaft entrichteten Körperschaftsteuer. Nach dem Halbeinkünfteverfahren wird auf der Ebene der Körperschaft für Gewinne nur noch eine einheitliche und endgültige Körperschaftsteuer in Höhe von (seit 2008) 15 % erhoben. Auf der Ebene des Anteilseigners unterliegt der ausgeschüttete Kapitalertrag nur zur Hälfte (seit 2009 zu 60 %) der Einkommensteuer.

§ 36 KStG ist Teil der Übergangsvorschriften, die den Wechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren regeln. Danach wurden die unter dem Anrechnungsverfahren gebildeten, unterschiedlich mit Körperschaftsteuer belasteten und die nicht belasteten Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals in mehreren Schritten zusammengefasst und umgegliedert. Das in den verbleibenden belasteten Eigenkapitalteilen enthaltene Körperschaftsteuerminderungspotenzial wurde in ein Körperschaftsteuerguthaben umgewandelt, das während einer mehrjährigen Übergangszeit abgebaut werden konnte. Bei der Verrechnung der nicht steuerbelasteten Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals untereinander blieb der in § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1999 bezeichnete Teilbetrag des verwendbaren Eigenkapitals (EK 04), in dem offene und verdeckte Einlagen der Gesellschafter erfasst waren, unberücksichtigt. Dies führt in bestimmten Fällen zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial. Die davon betroffene Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen auf § 36 Abs. 4 KStG beruhende finanzbehördliche und finanzgerichtliche Entscheidungen sowie mittelbar gegen die Vorschrift selbst.

Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. § 36 Abs. 4 KStG ist mit Art. 14 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar, soweit die Regelung zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial führt, weil sie den in § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1999 bezeichneten Teilbetrag des verwendbaren Eigenkapitals nicht in die Verrechnung der unbelasteten Teilbeträge einbezieht.

Die Entscheidung ist mit 6:1 Stimmen ergangen.

Sachverhalt

Während der Geltung des Anrechnungsverfahrens wurde das verwendbare Eigenkapital (vEK) der Gesellschaft entsprechend seiner Vorbelastung mit Körperschaftsteuer in verschiedene „Eigenkapitaltöpfe“ (EK) gegliedert. Eine Belastung des einbehaltenen Gewinns mit 45 % wurde im sog. EK 45 vermerkt, eine Belastung mit 40 % im „EK 40“. Diese belasteten Eigenkapitalteile enthielten ein Körperschaftsteuerminderungspotenzial in Höhe der Differenz zwischen Tarif- und Ausschüttungsbelastung. Steuerfreie Vermögensmehrungen wurden im „EK 0“ erfasst. Dieses unterteilte sich in die nach Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien ausländischen Gewinne und Verluste (EK 01), Altrücklagen aus den Jahren vor 1977 (EK 03), offene und verdeckte Einlagen der Gesellschafter (EK 04) sowie sonstige der Körperschaftsteuer nicht unterliegende Vermögensmehrungen (EK 02). Das EK 02 und das EK 03 wurden bei einer Ausschüttung mit dem Ausschüttungssteuersatz von 30 % nachbelastet, sie enthielten also ein Steuererhöhungspotenzial.

Den Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren gestaltete der Gesetzgeber durch die mit dem Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 neu in das Körperschaftsteuergesetz eingefügten §§ 36 bis 40 KStG. Gemäß § 36 KStG wurden die unterschiedlich mit Körperschaftsteuer belasteten Teilbeträge des Eigenkapitals in mehreren Umrechnungsschritten zusammengefasst und umgegliedert und die so ermittelten Endbestände gesondert festgestellt. Diese Feststellung bildete die Grundlage für die Ermittlung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 Abs. 1 KStG einerseits und der Nachbelastung mit Körperschaftsteuer gemäß § 38 KStG andererseits. Mit Beschluss vom 17. November 2009 (BVerfGE 125, 1 – Körperschaftsteuerminderungspotenzial I) erklärte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts § 36 Abs. 3 und 4 KStG in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes für mit dem Grundgesetz unvereinbar, soweit die Regelung durch die Umgliederung von EK 45 in EK 40 unter gleichzeitiger Verringerung des EK 02 zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial führte.

Daraufhin änderte der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2010 die Übergangsvorschriften der §§ 36 und 37 KStG durch Einfügung von § 34 Abs. 13f, 13g KStG. Nach der Neuregelung wurde die vorrangige Umgliederung von EK 45 in EK 40 durch § 36 Abs. 3 KStG gestrichen. Gemäß § 36 Abs. 4 KStG findet nunmehr in einem ersten Schritt eine Verrechnung der unbelasteten Eigenkapitalteile EK 01, EK 02 und EK 03 statt. Ist die Summe dieser Teilbeträge negativ, so sind sie zunächst untereinander und sodann mit den mit Körperschaftsteuer belasteten Teilbeträgen in der Reihenfolge zu verrechnen, in der ihre Belastung zunimmt, also EK 30 vor EK 40 vor EK 45. Der Teilbetrag im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1999 (EK 04) bleibt dabei unberücksichtigt.

Im Fall der Beschwerdeführerin, einer Bank in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft, führte die Nichtberücksichtigung von EK 04 bei der Umgliederung des vEK zu einer Verringerung des im Zeitpunkt des Systemwechsels realisierbaren Körperschaftsteuerminderungspotenzials. Der deshalb eingelegte Einspruch der Beschwerdeführerin und ihre anschließende Klage vor den Fachgerichten blieben ohne Erfolg.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG). Neben den zugrundeliegenden Verwaltungs- und Fachgerichtsentscheidungen greift sie mittelbar § 36 Abs. 4 KStG an.

Wesentliche Erwägungen des Senats

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet.

I. 1. Der Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst nicht nur das zivilrechtliche Sacheigentum, sondern auch andere dingliche und sonstige gegenüber jedermann wirkende Rechte sowie schuldrechtliche Forderungen. Er ist nicht auf bestimmte vermögenswerte Rechte beschränkt. Geschützt sind nur Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen, nicht jedoch bloße Interessen, Chancen und Verdienstmöglichkeiten.

Das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Wesentlichen durch Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsfähigkeit über das Eigentumsobjekt gekennzeichnet. Vermögenswerte öffentlich-rechtliche Rechtspositionen hat das Bundesverfassungsgericht in den Schutz der Eigentumsgarantie einbezogen, wenn sie eine Rechtsstellung begründen, die der des Eigentums entspricht und die so stark ist, dass ihre ersatzlose Entziehung dem rechtsstaatlichen Gehalt des Grundgesetzes widersprechen würde. Hierfür ist neben der Privatnützigkeit der Rechtsposition und einer zumindest eingeschränkten Verfügungsbefugnis des Inhabers insbesondere von Bedeutung, inwieweit eine derartige Rechtsstellung sich als Äquivalent eigener Leistung erweist.

2. Die Eigentumsgarantie gebietet nicht, einmal ausgestaltete Rechtspositionen für alle Zukunft in ihrem Inhalt unangetastet zu lassen. Der Gesetzgeber kann insbesondere, wenn sich eine Reform des geltenden Rechts als notwendig erweist, vor der Entscheidung stehen, bisher eingeräumte rechtliche Befugnisse zu beseitigen oder zu beschränken. Im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ist er bei der Neuordnung eines Rechtsgebiets zur Umgestaltung individueller Rechtspositionen im Wege einer angemessenen und zumutbaren Überleitungsregelung befugt.

Er unterliegt dabei jedoch besonderen verfassungsrechtlichen Schranken. Der Eingriff in die nach früherem Recht entstandenen Rechte muss mit Blick auf die in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltene subjektive Rechtsstellungsgarantie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sein. Darüber hinaus ist der Gesetzgeber an den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG auch bei der inhaltlichen Festlegung von Eigentümerbefugnissen und -pflichten gebunden.

3. Bei der Umgestaltung komplexer Regelsysteme steht dem Gesetzgeber für die Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse ein weiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung. Der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht unterliegt nur, ob der Gesetzgeber bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenze der Zumutbarkeit überschritten hat.

II. Nach diesen Maßstäben ist § 36 Abs. 4 KStG mit Art. 14 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit die Vorschrift zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial führt, weil sie den in § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1999 bezeichneten Teilbetrag des verwendbaren Eigenkapitals (EK 04) nicht in die Verrechnung der unbelasteten Teilbeträge einbezieht.

1. Das unter dem Anrechnungsverfahren angesammelte Körperschaftsteuerminderungspotenzial unterfällt in dem Umfang, in dem es im Zeitpunkt des Systemwechsels vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren realisierbar war, dem Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG. Es erfüllt die Kriterien der Privatnützigkeit und jedenfalls eingeschränkten Verfügbarkeit. Ferner beruht es auf einer eigenen Leistung der Körperschaft, weil es sich aus der von dieser in Höhe der Tarifbelastung entrichteten Körperschaftsteuer ableitet. Bei dem Körperschaftsteuerminderungspotenzial handelt es sich, soweit es im Zeitpunkt des Systemwechsels realisierbar war, nicht lediglich um eine bloße Chance oder zukünftige Verdienstmöglichkeit, sondern um eine vermögenswerte Rechtsposition, die der Körperschaft bereits zustand und konkret bezifferbar war.

Da die Realisation des Körperschaftsteuerminderungspotenzials eine Ausschüttung oder einen anderen Realisationstatbestand voraussetzte, hatte dieses noch nicht die Qualität eines Anspruchs auf Erstattung zu viel gezahlter Steuern, der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG anerkannt ist. Auch konnte die Höhe des Körperschaftsteuerminderungspotenzials im Laufe der Zeit variieren und aufgrund von Verlusten gegebenenfalls sogar auf Null absinken. Die konkrete Höhe des durch die Vornahme einer Ausschüttung aufschiebend bedingten Körperschaftsteuerguthabens hing in einem bestimmten Zeitpunkt von der jeweiligen Liquiditätsausstattung der Körperschaft und der Zusammensetzung des verwendbaren Eigenkapitals sowie einer daraus etwa resultierenden handelsrechtlichen Ausschüttungssperre ab.

Ungeachtet dessen war aber für jeden Zeitpunkt konkret bezifferbar, in welcher Höhe maximal, das heißt bei einer Vollausschüttung, das Körperschaftsteuerminderungspotenzial aktuell realisierbar und für die Körperschaft in Form eines Körperschaftsteuerguthabens nutzbar war. Entsprechend ließ sich auch im Zeitpunkt des Systemwechsels zwischen Anrechnungs- und Halbeinkünfteverfahren konkret berechnen, in welcher Höhe den betroffenen Körperschaften aufgrund des ihnen zugeordneten Körperschaftsteuerminderungspotenzials im Falle seiner Realisierung ein Körperschaftsteuerguthaben zustand. In dieser Höhe war es nicht lediglich eine Chance oder zukünftige Verdienstmöglichkeit, sondern ein von der Körperschaft bereits gegenwärtig nutzbarer Vermögensgegenstand.

2. In das im Zeitpunkt des Systemwechsels zwischen Anrechnungs- und Halbeinkünfteverfahren bestehende Körperschaftsteuerminderungspotenzial greift § 36 Abs. 4 KStG bei einer bestimmten Eigenkapitalstruktur nachteilig ein.

a) Unter der Geltung des Anrechnungsverfahrens entsprach der handelsrechtlich maximal ausschüttbare Betrag in etwa dem Saldo aus sämtlichen Teilbeträgen des verwendbaren Eigenkapitals. Bei einer Vollausschüttung hätten zwar in Anbetracht der gesellschaftsrechtlichen Ausschüttungsbeschränkungen negative Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals Einfluss auf die maximal zulässige Höhe der Gewinnausschüttungen gehabt. Die nicht auf das Nennkapital geleisteten Einlagen (positives EK 04) hätten aber den handelsrechtlich ausschüttbaren Betrag erhöht.

Negative Teilbeträge wurden bei der Ermittlung des zur Ausschüttung verwendeten Eigenkapitals grundsätzlich übersprungen. Eine handelsrechtliche Ausschüttungssperre wirkte sich deshalb bei der Ermittlung des zur Ausschüttung verwendbaren Eigenkapitals wie eine Verrechnung negativer Teilbeträge mit den positiven Teilbeträgen in der umgekehrten Verwendungsreihenfolge des § 28 Abs. 3 KStG 1999 in Verbindung mit §§ 30, 54 Abs. 11 Satz 5 KStG 1999 aus. Infolgedessen konnte bei einer Vollausschüttung das gesamte in einem positiven EK 45 und/oder EK 40 gespeicherte Körperschaftsteuerminderungspotenzial realisiert werden, wenn beziehungsweise soweit der Saldo aller übrigen Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals nicht negativ war.

b) Davon weicht § 36 Abs. 4 KStG zum Nachteil der steuerpflichtigen Körperschaft ab.

Nach der Regelung des § 36 Abs. 4 KStG sind bei einer negativen Summe der unbelasteten Teilbeträge im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 KStG 1999 (EK 01 bis EK 03) diese zunächst untereinander zu verrechnen. Sodann sind sie mit den belasteten Teilbeträgen in der Reihenfolge zu verrechnen, in der ihre Belastung zunimmt. Der Teilbetrag im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1999 (EK 04) bleibt unberücksichtigt.

Das hat zur Folge, dass eine Verrechnung mit EK 40 und/oder EK 45 und damit zugleich eine Minderung des unter dem Übergangsrecht noch realisierbaren Körperschaftsteuerminderungspotenzials auch dann eintritt, wenn die negative Summe aus EK 01, EK 02 und EK 03 nicht oder nicht vollständig durch einen positiven Teilbetrag im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KStG 1999 (EK 30) neutralisiert wird. Bei einer Vollausschüttung unter Einbeziehung eines positiven EK 04 hätte dagegen das gesamte EK 45 und/oder EK 40 oder jedenfalls ein größerer Teil davon für eine Ausschüttung und damit auch für eine Realisierung des Körperschaftsteuerminderungspotenzials zur Verfügung gestanden.

3. Der darin liegende Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Körperschaftsteuerminderungspotenzial ist nicht durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt.

a) Bei dem Wechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren verfolgte der Gesetzgeber die legitimen Ziele, eine wettbewerbsfähige, europataugliche und leistungsgerechte Unternehmensbesteuerung zu schaffen. Nach dem Systemwechsel sollte ein einfaches und transparentes Körperschaftsteuerrecht zur Verfügung stehen. Infolge des Wechsels zum Halbeinkünfteverfahren wurde die Eigenkapitalgliederung, die für Ausschüttungen unter dem Anrechnungsverfahren die jeweilige Vorbelastung des zur Ausschüttung kommenden Eigenkapitals auswies, überflüssig. Es war daher auch ein legitimes (Zwischen-)Ziel des Gesetzgebers, diese Eigenkapitalgliederung abzubauen. Das gilt umso mehr, als er dabei anstrebte, die bei Fortgeltung des Anrechnungsverfahrens im Falle einer Ausschüttung künftig entstandenen Körperschaftsteuerminderungen im Ergebnis zu erhalten. Auch der Übergang vom alten zum neuen Körperschaftsbesteuerungssystem sollte möglichst einfach abgewickelt werden.

b) Zum Abbau der Eigenkapitalgliederung und zur Vereinfachung war die Regelung von § 36 KStG einschließlich des hier streitgegenständlichen Absatzes 4 grundsätzlich geeignet. Nicht geeignet war sie allerdings wegen der Außerachtlassung von EK 04 zum vollständigen Erhalt des bei einer Vollausschüttung im Zeitpunkt des Systemwechsels realisierbaren Körperschaftsteuerminderungspotenzials.

c) Insgesamt war die Regelung und der damit bei einer bestimmten Eigenkapitalstruktur einhergehende Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele jedenfalls nicht erforderlich. Ein Eingriff in die subjektive Rechtsstellungsgarantie von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG im Zusammenhang mit der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ist nur dann erforderlich, wenn kein anderes gleich wirksames, eigentumsrechtlich geschützte Interessen weniger einschränkendes Mittel zur Verfügung steht. Das ist hier nicht der Fall.

Mit der Einbeziehung des EK 04 könnten sämtliche vom Gesetzgeber verfolgten Ziele ohne Einschränkung erreicht werden. Die Erforderlichkeit der Außerachtlassung von EK 04 ergab sich weder daraus, dass EK 04 als steuerliches Einlagekonto auch im System des Halb- beziehungsweise Teileinkünfteverfahrens benötigt wird, noch daraus, dass die im EK 04 repräsentierten Einlagen und der Buchwert der Beteiligung nicht auseinanderfallen sollen. Durch die Einbeziehung des EK 04 in die Verrechnung gemäß § 36 Abs. 4 KStG findet weder eine Minderung der Einlagen noch eine Verringerung des Buchwerts der Beteiligung statt. Es handelt sich um einen bloßen Rechenschritt zum Zwecke der Berücksichtigung negativer vEK-Bestandteile bei der Ermittlung des realisierbaren Körperschaftsteuerminderungspotenzials, welche von der sich anschließenden Feststellung und Realisation des sich daraus ergebenden Körperschaftsteuerguthabens (vgl. § 37 KStG) zu trennen ist.

d) Die Außerachtlassung des EK 04 innerhalb der Verrechnungsregel des § 36 Abs. 4 KStG ist ferner mit der Bindung des Gesetzgebers an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) bei der Festlegung und Beschränkung von Eigentümerbefugnissen nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht vereinbar. Eigentumsgestaltende Belastungen müssen bei wesentlich gleichen Sachverhalten gleich verteilt werden; Differenzierungen bedürfen eines hinreichenden sachlichen Grundes. Daran fehlt es hier.

aa) Das EK 04 unterscheidet sich nicht wesentlich von den übrigen Bestandteilen des unbelasteten vEK, insbesondere nicht von den in die Verrechnung gemäß § 36 Abs. 4 KStG einbezogenen Teilbeträgen (EK 01, EK 02 und EK 03).

bb) § 36 Abs. 4 KStG behandelt Körperschaften, die in der Summe einen positiven Bestand oder den Bestand null an unbelastetem verwendbaren Eigenkapital (EK 0) aufweisen, unterschiedlich, je nachdem, ob bereits die Teilsumme des EK 01, EK 02 und EK 03 positiv ist oder ob diese Teilsumme negativ ist und erst durch einen positiven EK 04-Bestand ausgeglichen wird. Im ersten Fall unterbleibt eine Verrechnung mit den belasteten Teilbeträgen, so dass es nicht verrechnungsbedingt zu einem Untergang von Körperschaftsteuerminderungspotenzial kommt. Im zweiten Fall ist die negative Teilsumme aus EK 01, EK 02 und EK 03 mit den mit Körperschaftsteuer belasteten Teilbeträgen in der Reihenfolge zu verrechnen, in der ihre Belastung zunimmt, auch wenn der Bestand an EK 0 aufgrund eines positiven EK 04 in der Summe positiv oder jedenfalls null ist. Soweit es hierbei zu einer Verrechnung mit dem EK 40 oder dem EK 45 kommt, führt dies zu einem Untergang des darin enthaltenen, bei einer Vollausschüttung realisierbaren Körperschaftsteuerminderungspotenzials.

cc) Für diese Ungleichbehandlung fehlt ein einleuchtender Grund. Die unterschiedliche Struktur der Kapitalausstattung genügt dafür nicht. Etwas Anderes lässt sich auch nicht dem Beschluss des Ersten Senats vom 17. November 2009 (BVerfGE 125, 1) entnehmen. Ein sachlicher Grund für die Differenzierung ist schon deshalb nicht erkennbar, weil der Gesetzgeber auch bei einer Einbeziehung des EK 04 in den Verrechnungsschritt des § 36 Abs. 4 KStG sämtliche von ihm mit dem Übergangsrecht verfolgten Ziele uneingeschränkt hätte erreichen können. Eine erhebliche Ungleichbehandlung, die jeglichen sachlichen Grundes entbehrt, weil alle vom Gesetzgeber angestrebten Regelungsziele auch unter Vermeidung der ungleichen Belastung und ohne Inkaufnahme anderer Nachteile erreicht werden können, braucht von den Betroffenen nicht hingenommen zu werden.

e) Bei einer Gesamtabwägung überschreitet die angegriffene Regelung auch unter Berücksichtigung des dem Gesetzgeber bei der Überleitung bestehender Rechtslagen und Berechtigungen zustehenden weiten Gestaltungsspielraums sowohl mit Blick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG die Grenze der Zumutbarkeit.

III. Wegen der Unvereinbarkeit von § 36 Abs. 4 KStG mit Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verletzen auch der hierauf gestützte Bescheid des Finanzamts sowie die Urteile des Finanzgerichts und des Bundesfinanzhofs die Beschwerdeführerin in ihren Rechten.

IV. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, den festgestellten Verfassungsverstoß bis zum 31. Dezember 2023 rückwirkend zu beseitigen. Diese Verpflichtung erfasst alle noch nicht bestandskräftigen Entscheidungen, die auf den für verfassungswidrig erklärten Vorschriften beruhen. Bis zu einer Neuregelung dürfen Gerichte und Verwaltungsbehörden die Normen im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden, laufende Verfahren sind auszusetzen.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung vom 26.01.2023 zum Beschluss 2 BvR 1424/15 vom 24.11.2022

Zur wettbewerbsrechtlichen Haftung für Affiliate-Partner

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Betreiber eines Affiliate-Programms nicht für die irreführende Werbung eines Affiliate-Partners haftet, wenn dieser im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig geworden ist und es deshalb an einer Erweiterung des Geschäftsbetriebs des Betreibers des Affiliate-Programms fehlt.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Matratzenherstellerin. Die Beklagten sind Gesellschaften der Amazon-Gruppe und in unterschiedlichen Funktionen am Betrieb der Online-Verkaufsplattform „Amazon“ beteiligt. Im Rahmen des von der Beklagten zu 1 betriebenen Amazon-Partnerprogramms steht es Dritten, sog. Affiliates, frei, auf der eigenen Webseite Links auf Angebote der Verkaufsplattform zu setzen. Wird dadurch ein Verkauf vermittelt, erhält der Affiliate als Provision einen prozentualen Anteil am Kaufpreis. Im Jahr 2019 warb ein Affiliate auf seiner Webseite, die sich im weitesten Sinne mit den Themen Schlaf und Matratzen befasste und zumindest optisch einem redaktionellen Online-Magazin entsprach, unter anderem für Matratzen unter Verwendung von Links auf entsprechende Angebote auf der Verkaufsplattform. Die Klägerin hält die Werbung des Affiliates für irreführend und hat die Beklagten, denen der Wettbewerbsverstoß ihres Affiliates gemäß § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen sei, auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Bisheriger Prozessverlauf

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die beanstandete Werbung sei zwar irreführend und daher wettbewerbswidrig. Die Beklagten hafteten für diesen Wettbewerbsverstoß des Affiliates aber nicht als Täter oder Teilnehmer. Auch die Voraussetzungen einer Haftung des Unternehmensinhabers für Beauftragte nach § 8 Abs. 2 UWG lägen nicht vor.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten gemäß § 8 Abs. 2 UWG liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber. Unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Amazon-Partnerprogramms sowie der beanstandeten Webseite des Affiliates fehlt es im Streitfall an einer solchen Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu 1 und damit am inneren Grund der Zurechnung gemäß § 8 Abs. 2 UWG. Entwickeln Affiliates eigene Produkte oder Dienstleistungen – hier eine Internetseite mit redaktionell gestalteten Beiträgen zu den Themen Schlaf und Matratzen -, deren Inhalt sie nach eigenem Ermessen gestalten und zum Verdienst von Provisionen bei verschiedenen Anbietern einsetzen, ist die Werbung über den Affiliate-Link ein Teil des Produkts, das inhaltlich von den Affiliates in eigener Verantwortung und im eigenen Interesse gestaltet wird. Die Links werden von ihnen nur gesetzt, um damit zu ihren Gunsten Provisionen zu generieren. Ein solcher eigener Geschäftsbetrieb eines Affiliates stellt keine Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu 1 dar.

Es fehlt im Streitfall auch an der für eine Haftung nach § 8 Abs. 2 UWG erforderlichen Beherrschung des Risikobereichs durch die Beklagte zu 1. Der Affiliate wird bei der Verlinkung nicht in Erfüllung eines Auftrags bzw. der mit Amazon geschlossenen Vereinbarung tätig, sondern im Rahmen des von ihm entwickelten Produkts und allein im eigenen Namen und im eigenen Interesse. Die Beklagte zu 1 musste sich einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auch nicht sichern, weil sie mit dem Produkt des Affiliates ihren Geschäftsbetrieb nicht erweitert hat.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 3 Abs. 1 UWG

Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UWG

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. …

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

Quelle: BGH, Pressemitteilung vom 26.01.2023 zum Urteil I ZR 27/22 vom 26.01.2023

Übergangsweise Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für Zweitwohnungen

Zweitwohnungsinhaber sind aufgrund der Übergangsregelung im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 auf Antrag von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien. Unerheblich ist hierfür, auf welchen Namen das Beitragskonto einer von mehreren Wohnungsinhabern bewohnten Hauptwohnung bei der Rundfunkanstalt geführt wird. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 25.01.2023 in drei Revisionsverfahren entschieden.

Mit Urteil vom 18. Juli 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit unvereinbar ist, als Inhaber mehrerer Wohnungen über den Beitrag für eine Wohnung hinaus zur Leistung von Rundfunkbeiträgen herangezogen werden. Zugleich hat es eine Übergangsregelung dahingehend getroffen, dass ab dem Tag der Verkündung dieses Urteils bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung diejenigen Personen, die nachweislich als Inhaber einer Wohnung ihrer Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Abs. 1 und 3 RBStV nachkommen, auf Antrag von einer Beitragspflicht für weitere Wohnungen zu befreien sind.

Gestützt hierauf stellten die verheirateten Kläger der drei Verfahren für ihre Zweitwohnungen jeweils einen Antrag auf Befreiung bei der beklagten Rundfunkanstalt. Der Beklagte lehnte die Anträge mit der Begründung ab, dass das Beitragskonto der Hauptwohnung auf den Namen des jeweiligen Ehepartners geführt werde und die Voraussetzungen der richterrechtlichen Befreiungsregelung deshalb nicht gegeben seien. Den auf Befreiung gerichteten Klagen hat das Verwaltungsgericht Dresden in zwei Verfahren stattgegeben, das für das dritte Verfahren zuständige Verwaltungsgericht Chemnitz hat demgegenüber die Klage abgewiesen. In den Berufungsverfahren hat das Oberverwaltungsgericht Bautzen entschieden, dass den Klägern der geltend gemachte Befreiungsanspruch nicht zustehe.

Die hiergegen von den Klägern eingelegten Revisionen hatten Erfolg. Denn die Übergangsregelung ist wegen ihres Wortlauts und aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität weit zu verstehen. Darüber hinaus hängt es oft vom Zufall ab, auf wessen Namen das Beitragskonto für die Hauptwohnung geführt wird. Auf diese Weise gewährleistet die Übergangsregelung umfassend, dass Inhaber mehrerer Wohnungen nicht über einen vollen Beitrag in Anspruch genommen werden. Hiervon unberührt bleibt der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei einer Neuregelung, die dieser mittlerweile in § 4a RBStV getroffen hat.

Quelle: BVerwG, Pressemitteilung vom 25.01.2023 zu den Urteilen 6 C 6.21, 6 C 7.21 und 6 C 9.21 vom 25.01.2023

Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer für den Eigenheimkauf

Ein Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer für Ersterwerber von Wohneigentum kann aus Sicht mehrerer Experten dem Problem des oftmals zu geringen Eigenkapitals für den Immobilienerwerb entgegenwirken. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen am Montagnachmittag deutlich. Dabei wurde auch angeregt, nicht nur den Neubau von Eigenheimen, sondern auch den Bestandskauf bei der Förderung in den Fokus zu nehmen. Diskutiert wurden die dazu in einigen Kommunen aufgelegten Förderprogramme wie etwa „Jung kauft Alt“.

Gegenstand der Anhörung war ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Traum von den eigenen vier Wänden ermöglichen“ (20/1855). Darin wird die Bundesregierung unter anderen aufgefordert, es den Ländern zu ermöglichen, beim Ersterwerb von selbstgenutztem Wohneigentum einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer von 250.000 Euro pro Erwachsenen und 150.000 Euro pro Kind einzuführen.

Die Eigentumsbildung sei nach wie vor ein viel gehegter Wunsch in weiten Teilen der Bevölkerung und müsse ein zentrales Ziel staatlichen Handelns sein, weshalb die dafür nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden müssten, sagte Kai H. Warnecke, Präsident von Haus und Grund Deutschland, dem Zentralverband der Deutschen Eigentümer. Wohneigentum sei ein wichtiger Teil der Altersvorsorge und auch ein Beitrag zur sozialen Gleichheit. Eigentumsbildung sollte also durch den Staat unterstützt werden, sagte Warnecke. „Zumindest sollte sie in Zukunft nicht mehr durch den Staat verhindert werden“, fügte er hinzu. Benötigt werde unter anderem mehr Bauland, eine Entschlackung des Baurechts sowie die Anpassung der Fördermittel „insbesondere, wenn man an die energetische Sanierung des Bestandes geht“.

Auch aus Sicht von Peter Wegner, Erster Vizepräsident des Verbandes Wohneigentum, ist der Kauf einer Immobilie „oft der einfachste Weg zum Vermögensaufbau“ und eine wichtige Säule der Altersvorsorge. Die Sehnsucht danach sei unverdrossen. Wegner forderte, die Nebenkosten für den Erwerb zu reduzieren. An aller erster Stelle stehe da die Abschaffung der Grunderwerbsteuer beim Ersterwerb – auch mit einer Freibetragslösung könne er aber leben. Festzustellen sei, dass die derzeit hohen Haushaltskosten in den jungen Familien einen Kapitalaufbau verhinderten. Es brauche also ein Zuschussprogramm. Die für Mitte 2023 angekündigte Eigentumsförderung für Familien sei zu begrüßen, müsse jedoch auf Bestandserwerb ausgeweitet werden, sagte er.

Für die auch im Koalitionsvertrag erwähnten eigenkapitalersetzenden Darlehen sprach sich Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft aus. Solche Darlehen könnten der Bund oder die KfW am Kapitalmarkt refinanzieren und die Konditionen an die Haushalte weitergeben. Eine weitere Möglichkeit der Unterstützung bestehe in der Einführung einer Hypothekenversicherung nach niederländischem Vorbild. Trotz niedriger Zinsen sei in den vergangenen zehn Jahren die Eigentumsquote nicht gestiegen, sagte Voigtländer. Grund dafür sei das fehlende Eigenkapital gewesen. Gerade einmal 15 der Prozent der Mieter hätten mehr als 60.000 Euro Finanzvermögen. Das benötigte Eigenkapital liege aber vielfach noch darüber.

Aus Sicht des Wirtschaftswissenschaftlers Daniel Fuhrhop löst Neubau nicht die Probleme des Wohnungsmarktes. Die entscheidenden Gründe für Wohnungsmangel seien in der Verteilung der Wohnfläche zu suchen, im Wohnverhalten und den zugrundeliegenden gesellschaftlichen Veränderungen wie Alter und Haushaltsgröße. Hier müsse angesetzt werden, verlangte er und sprach sich dafür aus, das Modell „Jung kauft Alt“ mithilfe von Bundesmitteln flächendeckend anzubieten. So werde Wohnraum im Bestand geschaffen. Eine andere Variante sei die Vermittlung von Wohnpaaren mit Jung und Alt, die generationenverbindend zusammenleben. Auch das trage dazu bei, dass Menschen länger in ihren angestammten vier Wänden bleiben können. Um solches Zusammenwohnen der Generationen zu unterstützen, wäre seiner Meinung nach die Gründung eines bundesweiten Netzwerks zur Beratung und Förderung hilfreich, sagte Fuhrhop.

Anders als Fuhrhop sprach sich Christian König, Hauptgeschäftsführer beim Verband der Privaten Bausparkassen, für die Ausweisung von mehr Bauland und die Stärkung der Akzeptanz von Neubau aus. Eine zentrale Rolle komme der frühzeitigen Eigenkapitalbildung durch zweckgerichtetes Sparen zu. Die Verbesserung der Wohnungsbauprämie nach 25 Jahren sei ein längst überfälliger Schritt gewesen, befand König. Die Anpassung an die Inflationsentwicklung sollte seiner Auffassung nach künftig in kürzeren Abständen erfolgen. Um die Vermögensbildung für Menschen mit niedrigeren und mittleren Einkommen voranzutreiben, müsse auch die Arbeitnehmersparzulage verbessert werden. Es brauche mindestens eine Anpassung an die Inflationsentwicklung seit der letzten Erhöhung im Jahr 1999. König plädierte auch für die Schaffung eines Grunderwerbsteuerfreibetrages.

Wohneigentum sollte ein politisches Ziel sein, machte Detlev W. Kalischer, Bereichsleiter Mittelstandsbank & Private Kunden bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), deutlich. Es schütze vor Altersarmut, gebe langfristige Sicherheit und sei ein Schutz gegen steigende Mieten. Volkswirtschaftlich gesehen entspanne eine hohe Eigentumsquote die Mietmärkte. Gleichwohl gebe es in Deutschland eine deutlich rückläufige Zahl an Ersterwerbern – also denjenigen, die vom Mieter zum Eigentümer werden. Gründe dafür seien gestiegene Immobilienpreise, gestiegene Baustoffpreise, der Fachkräftemangel, steigende Zinsen und die anhaltende Inflation. Zinsgestützte KfW-Kredite ermöglichten dennoch vielen den Kauf oder den Neubau, „die es sonst nicht schaffen“. 2022 seien 34.000 Vorhaben mit Krediten über rund 3,2 Milliarden Euro unterstützt worden, sagte Kalischer.

Stefan Kofner von der Hochschule Zittau/Görlitz verwies darauf, dass derzeit das Zinsniveau wie 2010 bei 4 Prozent für zehnjährige Zinsbindung liege, die Immobilienpreise sich im Vergleich zu damals aber verdoppelt hätten. „Das führt zu einer katastrophalen Verschlechterung der Erschwinglichkeit“, sagte er. Wohneigentumsbildung sei „bis weit in die Mittelschicht keine realistische Option mehr“. Wichtig sei es, sich um die Flaschenhälse zu kümmern. Dazu gehören der Kapitalmarkt, der Baumarkt und der Bodenmarkt. Blieben diese Elemente weiterhin wenig elastisch, brächten auch weitere Subventionen nichts, sagte Kofner. Wenig attraktiv sind aus seiner Sicht die Konditionen des KfW-Wohneigentumsprogramms. Die Zinsbindungen seien zu kurz. Er plädiere für 30-jährige Volltilgerdarlehen zu 3 Prozent.

Einen „dritten Weg“ – neben selbstgenutztem Privateigentum und fremdvermieteten Immobilien – stellte David Robotham, Projektmanager der Wohnungsbaugenossenschaft „Am Ostseeplatz“ in Berlin, mit dem genossenschaftlichen Wohnen vor. Genossenschaftliche Angebote seien durchschnittlich günstiger als Angebote am freien Markt, die Bestände im besseren Zustand und für ihre Mitglieder ein hoher Garant für sicheres Wohnen, sagte er. So werde der Wunsch nach den eigenen vier Wänden erfüllt. Genossenschaftliches Wohnen böte in diesen volatilen Zeiten ein zeitgemäßes Angebot zur preisgünstigen Wohnraumversorgung. Dadurch werde dem individuellen Bedürfnis nach risikoarmer Freiheit und Flexibilität begegnet. Daher, so Robotham, müsse auch auf Bundesebene die Förderkulisse explizit für Genossenschaften verbessert werden.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 23.01.2023

Bundeskabinett beschließt vorzeitiges Ende der Corona-Arbeitsschutzverordnung

SARS-CoV-2-Arbeits­schutzverordnung wird zum 2. Februar 2023 aufgehoben

Die Bundesregierung hat in der heutigen Sitzung des Bundeskabinetts die vorzeitige Aufhebung der SARS-CoV-2-Arbeits­schutzverordnung beschlossen. Die Aufhebung der sogenannten Corona-Arbeits­schutzverordnung erfolgt damit zeitgleich zur Aufhebung der Maskenpflicht im Personenfernverkehr.

Die Corona-Arbeits­schutzverordnung hat in der Vergangenheit und insbesondere in den Hochphasen der Pandemie wichtige Dienste geleistet. Dank der umfangreichen Schutz­maßnahmen konnten Ansteckungen im Betrieb verhindert und Arbeits- und Produktions­ausfälle vermieden werden. Angesichts der Tatsache, dass durch die zunehmende Immunität in der Bevölkerung die Anzahl der Neuerkrankungen stark fällt, sind bundesweit einheitliche Vorgaben zum betrieblichen Infektions­schutz nicht mehr nötig.

Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales

In Einrichtungen der medizinischen Versorgung und Pflege sind allerdings weiterhin corona-spezifische Regelungen des Infektions­schutz­gesetzes zu beachten. In allen anderen Bereichen können Arbeitgeber und Beschäftigte jedoch künftig eigen­verantwortlich festlegen, ob und welche Maßnahmen zum Infektions­schutz am Arbeitsplatz erforderlich sind.

Quelle: BMAS, Pressemitteilung vom 25.01.2023

Geldwäsche-Prävention: frühzeitig im Portal für Verdachtsmeldungen registrieren!

Bis spätestens Anfang 2024 müssen Anwältinnen und Anwälte sich im Meldeportal für Geldwäsche-Verdachtsmeldungen (goAML) der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) registrieren. Eine frühzeitige Registrierung wird empfohlen.

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind in bestimmten Fällen Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz (GwG). Hierzu zählen nach § 2 I Nr. 10 GwG etwa die Beratung bei Finanz- oder Immobilientransaktionen oder bei Zusammenschlüssen und Übernahmen sowie die steuerliche Beratung. Mit der Novelle des GwG im Jahr 2020 aufgrund der EU-Geldwäscherichtlinie wurde auch die Pflicht eingeführt, sich – unabhängig von der Abgabe einer konkreten Verdachtsmeldung – bei der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit – FIU) zu registrieren (§ 45 I 2 GwG). Die FIU stellt hierfür das elektronische Meldeportal goAML Web zur Verfügung. Die Pflicht zur Registrierung besteht mit Inbetriebnahme des neuen Informationsverbundes der FIU, spätestens jedoch ab dem 01.01.2024.

Die FIU empfiehlt, sich frühzeitig im Meldeportal goAML Web zu registrieren. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sollten sich außerdem bereits im Vorfeld mit Ihren Pflichten im Zusammenhang mit der Meldepflicht nach §§ 43 ff. GwG befassen, um im Bedarfsfall unverzüglich eine Verdachtsmeldung abgeben zu können. Im Meldeportal und auf der Website der FIU finden sich zudem Publikationen der FIU zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, die als Hilfestellung dienen können. Mit einer Registrierung signalisiert man der Aufsichtsbehörde im Falle einer Kontrolle, dass man sich als Verpflichteter bereits mit den sich aus dem GwG ergebenden Meldepflichten auseinandergesetzt hat.

Über die anwaltlichen Pflichten im Zusammenhang mit Geldwäscheprävention informiert die BRAK unter anderem regelmäßig im BRAK-Magazin sowie auf ihrer Website.

Quelle: BRAK, Mitteilung vom 25.01.2023

Lohnsteuerliche Abrechnung behördlicher Erstattungsbeträge für Verdienstausfallentschädigungen nach § 56 IfSG – Nichtbeanstandung

Anwendungsregelung

Die Grundsätze dieses Schreibens sind im Hinblick auf die lohnsteuerliche Abrechnung behördlicher Erstattungsbeträge für Verdienstausfallentschädigungen nach § 56 IfSG anzuwenden, wenn eine für die Kalenderjahre 2020 bis 2023 vorzunehmende Änderung des Lohnsteuerabzugs nicht mehr zulässig ist (§ 41c Absatz 3 EStG).

Inhaltsverzeichnis

I.Allgemeine2
II.Änderung des Lohnsteuerabzugs3
III.Abweichungen zwischen Antrags- und Erstattungsvolumen3
1.Unzutreffende Lohnversteuerung3
2.Unzutreffende Steuerfreistellung4
IV.Befreiung des Arbeitgebers von der Anzeigepflicht nach § 41c Absatz 4 EStG (Nichtbeanstandung)5

Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt bei Abweichungen zwischen der vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer gezahlten Verdienstausfallentschädigung und dem behördlichen Erstattungsbetrag nach § 56 IfSG hinsichtlich der Anzeigepflicht des Arbeitgebers nach § 41c Absatz 4 EStG Folgendes:

I. Allgemeines

1 Arbeitnehmer, die sich – ohne krank zu sein – auf Anordnung des Gesundheitsamts als Krankheits- oder Ansteckungsverdächtige in Quarantäne begeben müssen oder einem Tätigkeitsverbot unterliegen, erhalten im Falle des Verdienstausfalls im Regelfall eine Entschädigung nach § 56 Absatz 1 IfSG. Auch Arbeitnehmer, die aufgrund der vorübergehenden Schließung von Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen ihre Kinder oder behinderte Menschen selbst beaufsichtigen, erhalten im Falle des Verdienstausfalls unter den Voraussetzungen des § 56 Abs. 1a IfSG eine Entschädigung. Die Verdienstausfallentschädigung ist für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, zu zahlen.

2 Die Zahlung der Verdienstausfallentschädigung leistet der Arbeitgeber für die Entschädigungsbehörde.

3 Die gezahlte Verdienstausfallentschädigung wird dem Arbeitgeber auf Antrag von der Entschädigungsbehörde erstattet.

4 Die Verdienstausfallentschädigung ist für den Arbeitnehmer steuerfrei (§ 3 Nummer 25 EStG) und unterliegt dem Progressionsvorbehalt (§ 32b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe e EStG). Sie ist vom Arbeitgeber im Lohnkonto aufzuzeichnen und unter Nummer 15 der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (eLStB) bzw. der Besonderen Lohnsteuerbescheinigung (bes. LStB) zu bescheinigen. Ob und in welcher Höhe eine Verdienstausfallentschädigung im Sinne des § 3 Nummer 25 EStG vorliegt, wird durch die zuständige Entschädigungsbehörde bestimmt.

Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2342 / 20 / 10008 :003 vom 25.01.2023

Unterstützung für KMU bei Small Ticket-Finanzierungen – Außenwirtschaft stärken

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie das Bundesministerium der Finanzen haben sich auf ein Instrument der Außenwirtschaftsförderung geeinigt, mit dem die Exportkreditgarantien des Bundes (Hermesdeckungen) ergänzt werden. Damit wird ein Vorhaben des Koalitionsvertrages umgesetzt.

„Es ist geplant, die Forfaitierungsgarantie bis zum Ende des zweiten Quartals 2023 einzuführen. Der Bund kann mit diesem Instrument den Banken den Großteil der Risiken aus der Übernahme von bundesgedeckten Forderungsverkäufen der Exporteure aus zugrunde liegenden Exportgeschäften gegen Zahlung einer entsprechenden Prämie abnehmen. So verschaffen wir exportorientierten KMU spürbare Liquiditätsspielräume. Damit stärken wir den deutschen Mittelstand.“

Parlamentarischer Staatssekretär im BMF, Dr. Florian Toncar

„Mit dem neuen Instrument helfen wir kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU), im Auslandsgeschäft ihr volles Potenzial zu nutzen. Die neuen Garantien helfen den Unternehmen dabei, ihre Zahlungsrisiken im Auslandsgeschäft zu verringern. Damit wird eine seit Jahren bekannte Lücke bei Exportgarantien mit Auftragswerten unter 10 Mio. Euro geschlossen.“

Parlamentarische Staatssekretärin im BMWK, Dr. Franziska Brantner

Exportkreditgarantien

Reguläre Exportkreditgarantien des Bundes können gewährt werden, wenn deutsche Unternehmen Produkte an ausländische Besteller liefern. Zur Finanzierung des Kaufs nimmt der Besteller einen Exportkredit bei einer deutschen Bank auf. Zuvor prüft die Bank die Kreditwürdigkeit des ausländischen Bestellers. Der Bund bürgt der Bank gegenüber für diesen Kredit, d.h. bei Zahlungsunfähigkeit seitens des ausländischen Bestellers ersetzt der Bund der Bank den Großteil ihres Forderungsausfalls. Durch dieses Instrument wird es deutschen Unternehmen erleichtert, Liefergeschäfte mit ausländischen Unternehmen abzuschließen – ein bewährtes Instrument der Außenwirtschaftsförderung.

Der Bund hat 2022 solche Exportkreditgarantien in Höhe von etwa 15 Mrd. EUR gewährt.

Small Tickets – Forfaitierungsgarantie

Für kleinvolumige Exportgeschäfte unterhalb von 10 Mio. EUR bietet der Bund mit der Forfaitierungsgarantie jetzt ein ergänzendes Instrument an. Es handelt sich um eine für die Banken vereinfachte Form der Exportfinanzierung.

Im ersten Schritt gewährt der deutsche Exporteur seinem ausländischen Besteller einen sog. Lieferantenkredit (Zahlungsziel später als Liefertermin). Im zweiten Schritt kauft die Bank dem Exporteur diese Forderung ab (Forfaitierung) und verschafft diesem somit neue Liquidität. Der Bund garantiert der Bank gegenüber für diese Forderung, d.h. bei Zahlungsunfähigkeit des ausländischen Bestellers ersetzt der Bund der Bank den Forderungsausfall zu 80 Prozent.

Es ist geplant diese Forfaitierungsgarantie bis zum Ende des zweiten Quartals 2023 einzuführen. So verschafft der Bund exportorientierten KMU spürbare Liquiditätsspielräume und stärkt so den deutschen Mittelstand.

Quelle: BMF und BMWK, Gemeinsame Pressemitteilung vom 25.01.2023

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin